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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.01.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950131019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895013101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895013101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-31
- Monat1895-01
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Vez«gS.Prelr Gl t« Hnnptexpedttiou oder de« t» Stadt« Seztrk >md de» Vororten errichteten Aut- anoestellen ahgeholt: vierteljährlich ^l4LK net Iw«bnaliaer tögllch« Zustellung int Hont S SO. Durch die Post bezogen fü, Dentschland nah Oesterreich, vierteljährlich . Direct, täglich« Krruzbandirnduag ES AnSland: monatlich 7.50. BGMaVMntgab« erschaut täglich '/,7UH^ Hßg Uhe>EIn-gnSe Wifche»t»g« ö ÜGl. NÄvrtio» vn- Erve-itüv: FnhsnneSgaff« S. Dt» Expedition ist Vochentag« »aunterbroch«» Stt Abocht ?VYr. Filiale«: Ae»«'« Eorti«. (Ulfre» H«H»X üniversitättstrad» 1« L-nls Lösche. 14, part. n»L Köntg-vlatz EL Morgen-Ausgabe. WiacrIaMalt Anzeiger. Drgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- Sgcspaltme Petitzeile 20 Pf-? Reklamen anter dem Rrdactiontstrich (4ge» spalten) 50>-, vor den Familtrnuachrichte« (6gespaltn>) 40^. Größere Schriften laut unserem PaiS- nerzeichnib. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. Eytrn-Beilagen (gefalzt), nnr mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernag >4 60—, mit Postbeförderung 70.—. Iivvatsmeschlub fir Anzeigen: Abeud-Autgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4vchr. Sonn- und Festtag« früh V»9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition z» richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^-56. Donnerstag den 31. Januar 1895. 89. Jahrgang. Für und AlrirL kau» das Leipziger Tageblatt durch alle Postanftalten des deutschen Reiches und Lesterreich-Ungarns zum Preise von 4 bezogen werden. In Leipzig abomnrt man für 3 mit Bringerlohn 3 ^ 75 ^ für beide Monate und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universttätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestelle«: ArndtstraHe 35 Herr L. 0. LLIel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrahe 1 Herr l^lvock. Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Lerm. Ae88ke, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Strafe (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OttoLranr, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Luusrck Letrer, Colonialwaarenhandlung, Marfchnerstrafte 0 Herr kaul 8eNrewer, Drogengeschäft, Nürnberger Straße 45 Herr IN. L. UdreeNt, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Orelner, Zweinaundorfer Straße 18, in Neustadt Herr Llemens 8edeit, Eisenbahnstraße 1, - Connewitz Frau Liseder, Hermannstraße 23, 1. Etage, - Plagwitz Herr U. 6rüt2inann, Zschochersche Straße 7 a, - Eutritzsch Herr Lodert Altner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5. - Reudnitz Herr N. LuMiuiui, Marschallstraße 1, - Gohlis Herr Dd. Lrltrsede ^aedt'olKer (Lnttdeslu^). Mittelstraße 5, - - Herr Lerud. Weder, Mützengeschäst. Leipziger Straße 6. - Linoena« Herr L. Outderlet, Cigarrenhandlung, Markt 22, - Thonberg Herr L. Lrintsed, Reitzenhainer Straße 58, in Bolkmarsdorf Herr 6. 4. Naumann, Conradst'r. 55 (Ecke Elisabethstr.). Peterskirchhof 5 Herr Anx Xlertd, Buchbinderei, Pfaffendorfer Straße 1 Herr 4. 0. Olassen, Colonialwaarenhandlung, Ranftsche Gasse 6 Herr Lrieär. Llseder, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Ln^elwruin, Colonialwaarenhandlung, Schützenftraße 5 Herr ^ul. 8ekümi< Neu, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr ü. Llttrled, Cigarrenhandlung, Porkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Ledus, Colonialwaarenhandlung, Amtliche Bekanntmachungen. Lekannlmachung. Ja Ergänzung unserer Bekanntmachung vom 29. November 1894 bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß noch der nach- verzeichnete Platz al« Abladeplatz für Schnee und Et- für die Dauer d«S gegenwärligeu Winters bestimmt worden ist: Parceüe Nr. 2502 der Stadtstur, gelegen zwischen der zu künftigen verlängerten Stein- und der Kaiserin Augusta- Slraße, aus der linken Seite der Bayerischen Straße vom Bayerischen Platze ans gerechnet. Dieser Platz ist durch Placattafrln bezeichnet und ist seine Be nutzung jederzeit allen Leipziger Einwohnern gestattet, auch gelten für ihn die betreffs der Schuttabladeplätze erlassenen Bestimmungen. Da der Schneeabladeplatz am Windmühlenweg vollgefahren ist, wird da- weitere Anfahren und Abladen von Schnee aus demselben, unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 30^l oder entsprechender Hast für jeden Zuwiderhandlungsfall, hiermit verboten. Leipzig, am 29. Januar l895. IL. S17. Der Math der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Stahl. Lekannlmachung. Ja Gemäßheit der 88- 2 und 7 des Regulativs für GaSrohr- leitungeu und Gasbeleuchtungsanlagen in Privatgrundstücken vom 2. März 18o3 machen wir hierdurch bekannt, daß Herr Hermann Frtedliindcr, Inhaber der Fa. Erste Sachs. Gasglühlicht-Judustrie, Schtltzenstraße Nr. 21, zur Uebernahme solcher Arbeiten bet uns sich angemeldet und den Brsitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen »achgewiesen hat. Leipzig, den 26. Januar 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. L. 129. Dr. Georgi. Wolfram. Lekannlmachung. Die Schloffer-, Pflaster-, Steinmetz-, Glaser- und Anstreicher Arbeiten am Neubau eine« Geräthejchuppens auf dem Rtttergutc Stötteritz U. Th. sind vergeben. Die unberücksichtigten Unter nehmer werden ihrer Angebote hiermit entlassen. Leipzig, am 23. Januar 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 25L. Dr. Georgi. Dr. Just. Lekannlmachung. Lom Unterzeichneten Armenamte sollen Freitag, den 1. Februar laufeuden Jahre-, Bormittags von S Uhr an t« hiesigen Stadthause verschiedene Gegenstände, als: Möbel, «eiten. Wasche, Kleidungsstücke, Hau»-, Küchen- und Wtrthschaftsgeräthe u. A. «. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 30. Januar 1895. Das Armenamt. Hentfchel. Artus. Hoh-Äuction. Freitag, den 1. Februar d. I., sollen von Vormittags S Uhr an im vnrgauer Forstreviere auf dem Mittelwaldschloge im sogenannten Pohlen), dicht am Hundewaffer der Lützschenaer Grenze »ad der Fluthrinne in Abth. 3 ITH starte Langhaufen und 202 starke Abraum Haufen unter den im Termine aushängrnde» Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem obengenannten Schlage. Leipzig, am 14. Januar 1895. De- Rath» Aorftdeputation. Nutz und Lrennhohauclion. Mittwoch, den 13. Februar d. I , sollen non Vormittags S Uhr an im vnrgauer Forstrevier auf dem Mtttelwalv- fchlage in der sogenannten vtndenanrr Gottge, dicht am Leutzsch-Leipziger Fahrweg, (in «bth. 2?e. t.) 4 Rmtr. Sichen-Rntzschette, Eichen- i Buchen- > Eschen- I vrennscheite, Rüstern- l sowie Erlen- Ltnden- 1 Pappel-Rollen, 52 Haufen Abraum und 70 - Schlagreistg (Langhaus,») unter den im Termine aushängende» Bedingungen und gegen sofortige vaarzahlnng an Ort und Stell« meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: Vormittags K NHr an dn Leutzscher Allee- Krücke. Leipzig, am 14. Januar 1895. De« Rath» Forsttzeputatton. 48 10 3 5 2 2 6 Sonnabend, den 2. Februar, Vormittags 10 Uhr, werden im Hofe des alten Johannishospüales 2 MarftaUpjcr-c an die Meistbietenden gegen Baarzahlung versteigert. Die städtische Oekonomie-Inspektion. Oer preußische Lan-wirthschastsininister und die Agrarier. L. Die Agrarier, soweit sie RechtSconservative sind, haben am 29. Januar einen bösen Tag gehabt. Sie mußten den zum preußischen Landwirthschaftsminisler gewordenen agrarischen Wortführer Freih. v. Hammerstein - Loxten als einen Gegner ihrer politisch-agitatorischen Bestrebungen kennen lernen und zwar als einen wvhlbewehrten Gegner. In all den Jahren dieses Kampfes, dessen Mittelpunkt die landwirtbschaftliche Krisis bildet, ist der Unterschied zwischen der Vertretung landwirthschaftlicherJnteressen und dem Mißbrauch dieser Inter essen zu classenpolitischen Machtzwecken noch nie so scharf heraus- gearveitet worben, wie durch oiesen hochaararischen Minister und bisherigen Führer der hannoverischen Landwirthschaft. Den Kreuzzeitungs"-Leuten, den Ploetz und Wangenkeim, ist nun auch von einem Gegner der Handelspolitik gesagt worden, sie seien keine Agrarier, nicht einmal ostelbische, denn sie schlügen den landwirthschaftlichen Interessen gerade auch des Ostens ins Gesicht. Am schonungslosesten hat der Minister den Unterschied zwischen landwirthschaftlichen Bestrebungen und der „Kreuzzeitungs" - Politik, die sich mit solchen maSkirt, bei der Erwähnung der durch die Conservativen herbeigeführten Ablehnung des Dortmund - Rhein - Eanals hervortrelen lasten. Der im Osten beheimathete Führer des Bundes der Landwirtke rühmt sich, der Industrie des Westens die Zähne gezeigt, ihr durch die Ablehnung die erste Quittung für die Annahme des russischen Handelsver trages ausgestellt zu haben. Herrn v. Hammerstein ist jene Abstimmung ein Act selbstzerfleischender Bosheit, denn die Landwirthschaft des Ostens brauche den Canal für den Ab satz ihrer Produkte nöthiger, als die Industrie des Westens für die Herbeischaffung von Material seiner bedarf. Der Minister will helfen, die Conservativen demonstriren und agitiren, jener arbeitet für den Ackerbau, diese für die Wahlen. „WaS wir nicht machen können, um das müssen Sie uns auch nicht angeben", rief Herr v. Hammerstein der Rechten zu und zeigte ihr damit, daß er ihre Taktik, das Unmögliche als das für die Agitation Dauerhafteste zu fordern, durchschaut bat. Aber er diplomatisirt nicht mit ihr. Mit größtem Freimuth erklärt er, die Dortmund-Nhein- Canalvorlage kommt wieder und noch eine dazu, ein Agrar- erbreckt und die Festsetzung von einer BerschuldungSgrenze, diese Standarten der pseudoagrarischen Kämpfer für Minister- Posten, kommen nicht, weil sie nichts taugen. Und der Antrag Kanitz? Der Antrag ist eben erst, noch dazu nur in Form einer Resolution, eingegangen, er ist auch nicht preußische Landessache, und der Minister konnte ihn nicht beurtheilen. Aber wir glauben nicht, daß ein einziger Nufer nach diesem Abenteuer am 29. d. aus dem preußischen Abgeordnetenhause gegangen ist, der nicht überzeugt gewesen wäre, daß er noch lange mit diesem »erneuten Agitations stoff", wie der Minister sich auSdrückte, seine parteipolitische Nahrung wird bestreiten können. Desgleichen aus der bimetallistischen Volksbelehrung. Herr v. Hammer stein meint, eine Aenderung der Währung sei viel leicht ja für manche Verhältnisse wünschenswerth, „aber wir können doch keinesfalls damit allein Vorgehen" — beiläufig bemerkt, eine Wahrheit, die man auch in nicht populär geschriebenen Schriften deutscher Bimetallisten liest, die aber bei der Wählerbearbeitung sorgsam verheim licht wird. Der neue Minister ist bei seinem Amtsantritt von der „Kreuz-Zeitung" mit der Drohung empfangen worden, daß man ihm das Schicksal seine- Vorgängers bereiten werde, wenn er sich auf »kleine Mittel" beschränke, d. h. den Antrag Kanitz nicht acceptire, und noch in der Generaldebatte des EiatS erklärte ein Abgeordneter aus Schlesien im Vornherein, ohne die Verheißung des Getreidemonopols hieße Alle«, WaS der Minister etwa Vorbringen werde, „lrereS Stroh dreschen". Herrn v. Hammerstein hat daS offenbar nicht im Mindesten imponirt. Er zeigte in seiner Rede so wenig Furcht, daß er sogar Auswüchse der Fiveicommißeinrichtung feststellte, in Bezug auf die Forderung von Fleiß, Intelligenz und Sparsamkeit die vstrlbischrn Großgrundbesitzer — nicht ohne Unruhe rechts — in eine Reibe mit den Bauern stellte und selbst vor dem Worte „Selbsthilfe" nicht zurllckschreckte. Ist da- Verdienst, der deutschen Landwirthschaft die Blößen Derer, die sich zu ihren Führern aufwerfen möchten, gezeigt zu haben, ein großes, so wird man dem Minister in noch böherem Maße Dank wissen für das, was er zur eigentlichen Sache, der bestehenden landwirthschaftlichen Notblage, gesprochen hat. Herr v. Hammerslein erkennt diese in vollem Umfang an und bält ihr baldiges Ende, nicht aber eine weitere Verschärfung im Westen für ausgeschlossen. Die Krisis ist aber aucb für ihn, den Gegner der Handelsverträge, keineswegs die Wirkung eines wirtschaftspolitischen Systems, sondern die Folge eines universalen Umschwunges der Productions-Verkältniffe, unter dem die sreibändleriscken wie die protektionistischen Länder leiden, manche schwerer als Deutschland. Bleiben also nur die „kleinen Mittel." WaS nun der Minister an solchen im Auge hat, ist im praktischen Sinne keineswegs klein. Er scheint mft uns die Erhaltung des Rübenbaues für die Zuckererzeugung für die wichtigste Ausgabe anzusebcn und bat unter einer gar nicht höflichen Kritik der jüngsten Gesetzgebung auf diesem Gebiete eine umfassende Reform in Aussicht gestellt. Die Ausfubrprämien sollen erböht, zur er höhten Verbrauchsabgabe soll eine abgestufte Belriebssteuer treten und die Betteuerung der Melassefabrikation eingesührt werden. Der Minister folgte damit in allen wesent lichen Puncten dem von dem nationalliberalen Ab geordneten Dr. Paasch ausgearbeiteten Initiativanträge, der, verniuthlich unierstützt von Conservativen und CentrumS- iilitgliederii, demnächst iui Reichslage eingebracht werden und voraussichtlich einen Wutbausbruch der „Kreuzzeilung" über den „bauernfeindlichen" Nalionalliberalismus erzeugen wird Ferner ist eine Aenderung des Branntweinsteuergesetzes geplant. Bei beiden Unternehmungen ist die Schonung kleiner Betriebe, sowie die Beschränkung der Ueberproduclion mit ins Auge gefaßt. Ueber die bisherige und zur Zeit geplante Wasserrecbts gesetzgebung äußerte sich der Minister sehr drastisch; das vorhandene wissenschaftliche Material für Flußcorrectionen erscheint ihm durchaus unzureichend. Die Mittel für die Ansiedelung kleiner Landwirlbe genügen ihm nicht, auch für Kleinbahnen scheint er mehr aufwenden zu wollen, als die im Etat geforderten 3 Millionen Mark. Seine »principiellr" Stellungnahme für die Staffeltarife fordert zur Zeit wohl keinen Widerspruch der Reichstheile heraus, denen die Aufhebung dieser Tarise als Aeqnivalent für die Beseitigung des Identitätsnachweises geboten worden ist. Deutsches Reich. ^ Berti», 30. Januar. Es ist lange kein Gebeimniß mehr und am wenigsten den Führern der Socialdemokratie selbst verborgen, daß bei den „Genossen" die Ungeduld täg lich zunimmt: das Hineinwachsen in den ZukunftS- staat geht ihnen viel zu langsam. Der einen Gruppe dieser Art ist kürzlich Herr Singer begegnet, als er in Rixdorf daS Ende des BierboycoltS verkünden und begründen sollte Denn Herr Singer müßte in der Geschichte der Revolutionen so gut wie gar nicht bewandert sein, wenn er dort in Rixdorf nicht jenes rohgeschnitzte Menschenmaterial wieder erkannt hätte, das zu Anfang der großen französischen Revolution auf der Gasse und von den Galerien aus dafür sorgte, daß daS Tempo der Bewegung immer mehr sich über stürzte. Aber von Zeit zu Zeit meldet sich auch eine andere Gruppe von Ungeduldigen; man umfaßt sie wohl am rich tigsten mit dem Sammelnamen der Programm-Doctrinaire — die meisten vielleicht ganz gute Menschen, nur schade, daß ihnen daS Zuviel des Bücherlesens und das Zuwenig der praktischen Ein sicht und Welterfadrung den Kopf in volle Verwirrung gebracht hat Wie immer eS um sie bestellt sei, jedenfalls sind sie sämmt lich unzufrieden mit ihrer Partei oder wenigstens mit ihrer Parteileitung. Den Grund dafür spricht jetzt wieder einma ein „Genosse" Paul Anbuth in Mainz offen aus: die Partei könnte nach seiner Auffassung thatsächlich auf friedlichem, gesetzlichem Wege den SocialiSmus verwirklichen, wenn sie nur wollte. Zwar sagt er dann nicht, daß ihr der Wille fehle, aber er stellt fest, daß sie alle- unterläßt, ja sogar hemmi und verwehrt, was das „Hineinwachsen" folgerichtig bewirken könnte, und nichts unternimmt, WaS den ZukunftSstaat näher bringt. Deshalb fühlt sich „Genosse" Anhutb gedrungen, eine Fünfzig-Pfennig Flugschrift in eigenem Verlage herauszugeben und in seiner Weise „Die Verwirklichung des SocialiSmus" anzuregen. Die kleine Sckrift bietet viel des Lehrreichen Wenn die Marxisten sich dem Wahne Hingaben, die Welt mit ihrer Lehre von der naturgemäßen Aufsaugung alle« kleinen Betriebs durch den großen, alle- großen durch den größten erfülle» zu können, so bat ihnen schon Vollmar in Frankfurt jüngst den billigen Wabn zerstört. Seine Darlegung, wie in der Landwirthschaft erhebliche Arten der Produclion kaum anders als durch den Mittel- und den erträglich guten Kleinbetrieb denkbar inv, verdient immer wieder nachgelesen zu werden. Jetzt folgt Anhulh dieser Spur und entwickelt, wie eldst der größere industrielle Betrieb öfters in die Hände vieler Besitzer als in die Hände eines noch größeren Unternehmers geräth, so daß also die Socialisten, wenn ie eS unthätig erwarten wollten, das „Hineinwachsen" nimmermehr erleben würden. Anbuth beweist des Weiteren, daß in Bezug hierauf daS gegenwärtige Verhallen der Partei gleichbedeutend mit der Unthätigkeit sei. Um dieser ein Ende u bereiten, gelangt er aber auch zu praktischen Vorschlägen, und nun ist es doch überraschend, daß dieser Genosse wiederum kein anderes Mittel zu bieten weiß, als die genossenschaftliche Selbsthilfe! Nicht nur bis Lafsalle, nein, bis aus Robert Owen gebt er zurück. So laut und aus dringlich die Eisenacher das gewerkschaftliche und genossen- chastliche Princip als veraltet und überlebt bezeichnen: da tritt ein „Genosse" im Jahre 1895 hervor und stellt fest, daß noch nicht einmal die Generation von heute für dieses einzig wirksame Princip reis genug sei, stempelt es also wieder als Zukunfts-Ideal und verlangt demgemäß, daß die Partei und vor Allem die Parteileitung sich diesem Ideal zuwende. In kurzen Worten: sie soll mit den Arbeitergroschen Productiv genossenschaften und Consumvereine gründen, obne Staats hilfe, und soll dieselben derart pflegen und ausbreiten, bis sie alle private Erwerbstkängkeit und alles Capital in sich aus genommen haben. Dann, wenn durch Consumvereine aller Zwischenbandel beseitigt, wenn alle Production auf die Ge nossenschaften übergegangen wäre, baden diese „ihre Aufgabe erfüllt und die socialtstische Production ist fertig." Aus die Utopien, welche der „Genosse" Anhuth in der Ausmalung dieses Werdeprccesses entwickelt, braucht man nicht einzugehen. Es genügt, den Vorschlag einfach festgenagelt zu haben, damit die zünftige Parteipresse der Socialdemokratie nicht daran vorbeigebt. Tenn erstens muß sie widerlegen, was Vollmar- Anbutb über die dauernde Widerstandskraft großer Theile deS Mittelstandes bebaupten, oder sie muß es als unwider leglich zugesteben. Dann aber, wenn da« „Hineinwachsen" niemals von selbst geschieht, muß sie andere gangbare Wege zum ZukunftSstaat endlich einmal zeigen oder sie muß zuge- slehen, daß es nur den einzigen Weg der genossenschaftlichen Selbsthilfe giebt, den sie bisher Mit geflissentlichem Eifer ver sperrt gehalten hat. * Berlin, 30. Januar. (Privattelegramm.) Der Ttadthaushaltsctat Berlins für das Jahr 1895/96 schließt in der Einnahme und Ausgabe mit 91 739 025 Die Summen vertheiien sich auf die einzelnen Capitel wie folgt: Einnahmen Ausgaben Mark Mark 1) Kämmerei 740291 98174 2) Städtische Werke 6 137 090 1 873 836 3) Steuern 48 024800 499200 4> Capital und Schulden 13 994 329 17 003 100 5) Unterricht 2 620237 16272672 6) Armenwejen 1114 495 9 902 723 7) Kranken- wie Gesundheitspflege und Heimstätten für Genesende . . . 1413112 5 635 862 8) Park- und Gartenanlagen .... 12811 692 555 9) Bau 8 653 453 21 221 683 10) Verwaltungskostrn 556 031 8 339 007 11) Polizei 598900 5 483481 12) Straßen-Beleuchtung, Reinigung und Besprengung 169 776 2 783018 13) Verschiedene Einnahmen und Ausgaben 7 703 700 1 932 714 Slimma 91 739 025 91739 025 Die größte Einnahme weist daS Steuercapitel mit 48 024 800 Mark auf, der nur eine Ausgabe von 499 200 -F entgrgen- steht. Der Etat für 1894/95 schloß ab in Einnahme und Ausgabe mil 85 811451 der Etat für 1895/96 über schreitet denselben daher um 5 927 574 ^ 8 Berlin, 30.Januar. Die deutschen Gewerkvereine (Hirsch-Duncker), von deren erfreulichem Aufblühen wir im Oktober v. I. berichteten, haben auch in den letzten drei Monaten eine erhebliche Vermehrung ihrer Mitaliederzahl erfahren, so daß dieselbe nach dem in dieser Woche im „Gewerkverein" veröffentlichten Cassenbericht nunmehr 6? 058 beträgt. Am 1. Januar 1894 zählte der Verband 61 153 Mitglieder, mithin beträgt die Vermehrung im abgelaufenen Jahre ca. 6000. Das Vermögen des Verbandes vermehrte sich in derselben Zeit um mehr als 4000 nämlich von 65 558,17 auf 69 708,36 Dies ist, wie wir ausdrück lich bemerken möchten, nur da« BerbandSvermögen, denn die zum Verbände gehörenden 16 nationalen Gewerkvereine mit über 1400 OrtSvrreinen verwalten ihre eigenen Vermögen
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