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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.01.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950131021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895013102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895013102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-31
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Vez«gS.Prei- 1» der Hauptexpedition oder den in» Stadt- bezirk und den Borortea errichteten Au«- oabestellen ab ge-alt: vierteljährlich ^4L0> bei twetmaliaer täglicher Zustellung ins Hans ^4 S.b0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich X 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung ius Aullaud: monatlich 7.Ü0. Die Morgrn-AuSgabr erscheint täglich'/,? Uh^ die Abend-Au-gabe Wochentag» b Uhr. Le-actto» und Lrpeditton: Iohaunesgafle 8. Di« Erpeditiou ist Wochentag« «nunterbroche» »räffnet »» früh 8 b/s Abend» ? Uhr. /Malen: Ltts Klemm'« Ssrli«. (Ulfre» Oahnlb Universitättstrake 1, Loui» Lösche. Katharincastr. 14, Port, und Köuigßplatz?» Mend-Ausgabe MMTlUebW Anzeiger. Organ f«r Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeschSstsverM Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklame» unter dem Redaction-ftrich (4Le ipalten) SOH» vor den Famitirunachrichte» (6 gespalten) 40 4h. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernsstz nach höherem Tarif. Optra-veilagni (gefalp), n,r mit der Worgen-Au-aab«. ohne Postbes-rdernug SV.—, »it Postbesörderüug 70 —. ^unahmeschluk für Anzeige«: «brnd-AuSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- and Festtag« früh VF Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «ine halb« Stunde früher. Anzeige» sind stet« »u die GrtzeVttw» zu richte». Druck »nd Verlag von L. Pol- k» Leipzig ^57. Donnerstag den 31. Januar 1895. 89. Jahrganz Politische Tagesschau. * Leipzig, 3l. Januar. Das Verlangen nach Beseitigung des Dictaturparagraphen in -cn Rcichslanden gehört zu den mit Borliede benutzten Requisiten jener MehrheitSgruppiruna im Reichstage, die seiner Zeit ans die Namen Windthorst, Richter und GriUenberger getauft war.' Gestern war eS der Abg. vr. Lieber, ver >rus dem Centrum gegen den Dictaturparagraphen in die Schranken trat, und die Socialdemokratic war in der Lage, zwei Vertreter auS den Reichslanden selbst vorzuschicken: Herrn Bebel, der bei dieser Gelegenheit wieder einmal allen Deutschgesinntei» in schmerzende Erinnerung brachte, daß mit Centrums-Hilfe „die rotye Fahne über Straßburg webt", und Herrn Bueb, der die jüngere Generation des Oberelsaß rcpräsentirt und als solcher wenigstens die tröstliche Gewißheit bietet, daß man sich dort zu Lande auch die letzte Spur der französischen Sprachart abgewöhnt bat. Herr Bueb spricht ein wahrhaft mustergiltiges Deutsch. Was die Vertreter der klerikalen und radikalen Opposition nebst Herrn Guer^er von der Protestler-Gruppe gegen den Dictaturparagraphen vorzubringen wußten, ist keineswegs neu für die Zuhörer im Reichstag, nur mag eS immer wieder neu für die große Masse der reickSländischen Bevölkerung sein, denn in der That weiß sie nichts, aber auch gar nichts von all dem Druck der Polizei und der brutalen Reaction, der angeblich auf ihr lastet. Wie sollte sie auch? Konnte doch zunächst der Reichskanzler und dann zur ausdrücklichen Be stätigung der gegenwärtige Staatösecretair in Straßburg, Herr von Puttkamer, feststellen, daß der Tictaturpapagraph in den neun Jahren der Statthalterschaft des Fürsten von Hohen- lohe-Scbillingsfürst, also des jetzigen Reichskanzlers, nur zwei mal zur Anwendung gebracht wurde. Und auch der Zweck, um dessen willen er zur Zeit nicht beseitigt werden darf, liegt außerhalb der Sphäre freiheitlicher Interessen der Be völkerung von Elsaß-Lotbringen. Der Reichskanzler ver sicherte, daß man den Dictaturparagraphen nur brauche, um vorbeugend den Bestrebungen cntgegenzuwirken, die von jenseits der Grenze her sich geltend machten, um französischen Chauvinismus im Reichsland wieder zu wecken. Es sei doch für diese Nachbarschaft recht woblthätig, baß der Diktatur- Paragraph bestehe; er halte Manchen davon ab, sich ins deutsche Zuchthaus hinein zu agitireu. Staatösecretair von Puttkamer bestätigte auch diese Mittheilungcn und ergänzte sie durch sehr interessante Hinweise auf die ver schiedenen in Frankreich thätigen Vereine, die sich die „Be freiung" der Rcichslande zum Ziel gesetzt haben und die bald unter dem Deckmantel der geschäftlichen, bald durch In anspruchnahme verwandtschaftlicher Beziehungen, bald bei „Ausflügen" :c. ihre Netze in Elsaß-Lotbringen auszuwerfen suchen. Die beiden amtlichen Vertreter konnten übrigens constatiren, daß die französische Regierung und deren Be hörden im besten Einvernehmen mit der Straßburger Re gierung sieben und stets vollkommen correct verfahren; der Chauvinismus der „Patrioten" in Frankreich hat durchaus nichtamtlichen Cbarakter, aber vorhanden ist er noch allent halben, und deswegen läßt sich auch am geltenden Rechts zustand in den Rcichslanden noch nichts ändern. Das hat rie gestrige Verhandlung zwar völlig klargestellt, aber es scheint in der Protestler-Gruppe wie bei den Socialdemo- lraten noch großes Redebedürfniß vorzuberrschen, weshalb die Debatte vertagt werden mußte. Ein Schlußantrag wäre ja wiederum an der Beschlußunfähigkeit des Hauses gescheitert. In der CentrumSpresse ist man etwa- besorgt wegen der Folgen, welche die Ablehnung schärferer Vorschriften zur Wahrung der DiSeipliu im Reichstage möglicherweise nach sich ziehen könnte. Ganz im Gegensatz zur Haltung ihrer Parteifreunde in der Commission wird der einflußreichen „Köln. VolkSztg." welcher der Abg. Bachem nahesteht, Folgen des geschrieben: „Die „Präsidentenkrisis" im Reichstage wird vielleicht doch noch vermieden werden. Man möchte um dieser Sache willen nicht un- nöthsg die Lage verschärfen und ungewollte Wirkungen Hervorrufen. Vielleicht findet man, daß die Ausschließung eines Mitgliedes von einer Sitzung oder für einen Tag doch zugeslanden werden kann, zumal da diese Verschärfung der Disciplinargewalt vermuthlich mehr auf dem Papier stehen, als in der Praxis zur An- Wendung kommen würde. Steht doch auch die Entziehung des Wortes in der Geschäftsordnung, aber wer erinnert sich eines Falles, wo sie erfolgt ist? Ein „Compromiß" zur Beilegung des über flüssigen Streites ist also nicht ausgeschlossen." Dazu bemerkt die Redaction: „Unseres Erachtens könnte und sollte eine Verständigung ans Grund des Antrages Pieschel- Gamp (der jene Ausschließung wollte, aber mit Stimmengleich heit fiel) erfolgen." Hieraus darf man schließen, daß der Abg. Bachem sich bemühen wird, seine Fraction zu einem Compromiß zu bewegen. Der komische Einfall der „Franks. Ztg", daß trotz des Art. 27 der Reichsverfassung, der dem Reichstage bedingungslos die Befugniß zuspricht, seine Disciplin durch eine Geschäftsordnung zu regeln, der Ausschluß eines Reichs tags-Abgeordneten von der Theilnahme an einer Sitzung durch den tz. 106 deS ReichSstrafgesetzbucheS unmöglich gemacht sei, welcher lautet: „Wer ein Mitglied einer gesetzgebenden Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaates durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, sich an den Ort der Ver sammlung zu begeben oder zu stimmen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zwei Jahren ein" — dieser komische Einfall eines Blattes, das jeden Angriff eines Staatsanwaltes oder einer richterlichen Behörde auf die Immunität der Reichstagsmitglieder für Verfassungsbruch erklärt, wird das Centrum sicherlich nicht von der Zustimmung zu dem Anträge Pieschel-Gamp abhalten. Bei den letzten Wahlen in Norwegen hat sich gezeigt, daß die Gesammtzahl der radicalen Wähler im Lande die jenige der Moderaten und Rechten um höchstens fünfhundert übersteigt. Die Wahrnehmung dieser Thatsache bat in nicht geringem Maße dazu beigetragen, die radicalen Leidenschaften abzukühlen, und die radicalen Führer veranlaßt, etwas be scheidener aufzutreten, als bisher. Es scheint, als würben sie sich unter gewissen Voraussetzungen bereit zeigen, die so wohl aus unionellen wie aus internationalen Rücksichten un durchführbare Forderung der Errichtung eines besonderen nor wegischen Ministeriums des Aeußern aufzugeben, um eigene norwegische Consularvertretungen durchzusetzen. Dieses letztere Verlangen begegnet bei der moderaten und der Regierungspartei in Norwegen, sowie in Schweden keinem prin- cipicllen Widerspruch. Unter allen Umständen hält man aber in Schweden an dem Standpuncte fest, daß die Auflösung der nunmehr achtzigjährigen gemeinsamen Consularvertretung Schwedens-Norwegens als eine Unions-Angelegenheit behandelt werden müsse, somit nicht ohne die Zustimmung Schwedens eintreten könne. Ist einmal die Frage in dieser Weise geregelt, dann wird die Ausgestaltung des besonderen norwegischen Eon- sulatswesens insofern eine rein norwegische Angetegenbeit, als die künftigen Consularvertreter Norwegens ausschließlich von Norwegen ihre Besoldung erkalten, und ausschließlich nor wegische Handels- und Schiffsahrtsintcressen wahrzunehmen b.b.» Bon '»w-dW«:, Recht geltend gemacht, daß v Schweden die Hebung der unionellen Consularvertretung Consuln B-fugmss- der zu ernennenden neuen norwegisch^ Consu mit der größten Genauigkeit begr z ^ dürfte ohnehin Stellung der besonderen norwegischen t,onl ^>2,,bischen mannigfache Schwiengkeiten bergen, zum -^^Gesandt- Hauptstädten, wo sich schwedisch-norwegNch- Lmss! d» mu," wir? die Gefahr derartiger Collisioncn ^ Ä di- L ; LS'L °n°wl.d in,-d- x-w °i - den Radicalen thatsachl.ch nur um "ne bessere Vertretung der commerziellen Interessen Norwegens oder um emen Versuch zur Sprengung der Union zu thun »ft. Di- ErNä-u», d-- EI«-» d-S « di- Autokratie gleich seinem Vater aufrecht zu erhalten ge denke, widerlegt die mehrfach lautgewordenen Erwartungen von einer bevorstehenden const.tut.onelleu Aera m dem ur den modernen Parlamentarismus, jedenfalls noch lange nicht reifen slawischen Großstaat mit seinen annähernd 100 Millionen zum großen Theil noch auf sehr ".'^'ger Culturstu e stehenden Einwohnern. Der Zar bat spec'ell den Wunsch, dl Semstwos an den Staatsangelegenheiten theilnehmen zu lalftn, als absurde Träumerei bezeichnet, und es wird berichtet, daß er die Worte: „Möge Jedermann wissen, daß ich dre Auiokratie ebenso fest und beständig aufrecht erbalten werde, wie mein unvergeßlicher Vater" mit lauter Stimme und großer Festigkeit gesprochen habe. Was d,e SemftwoS betriftt, so versteht man darunter bekanntlich Vertretungen der Kreise und der Gouvernements, die aus theils directen, theilS mdirecten Wahlen hervorgehen, denen die Adelsmarschalle prasidiren und in denen der grundbesitzende Adel, entsprechend dem Cbarakter Rußlands als Ackerbaustaat, das Uebergewlcht hat. Die Selbstverwaltungöbefugnisse der SemstwoS stehen nur auf dem Papier und haben gar keine Bedeutung; nur soweit es sich um Aufbringung der staatlichen Lasten handelt, läßt man die Maschine selbstständig functiomren und verlangt, daß sie daS Verlangte auch gehörig leistet. Eine Er weiterung der Rechte dieser Körperschaften wäre der minimalste Anfang zu einer wirklichen Constitution. Allen Hoffnungen in dieser Richtung ist durch die Aeußerung des Zaren der Boden entzogen, und noch viel weniger ist an die Einführung eines Parlaments nach westeuropäischem Muster in absehbarer Zeit zu denken. Es fehlen thatsächlich für constitutionelle Formen noch so gut wie alle Voraussetzungen^ und wiederholt angestellte Versuche, daS Volk an der Staats verwaltung theilnehmen zu lassen, haben schlimnw Erfahrungen gezeitigt. Man braucht daher durch die Stellungnahme NicolauS II. nicht überrascht zu sein, aber man wird von ihm verlangen dürfen, daß er dahin strebt, durch Hebung der Volksbildung, der wirtbsckaftlicken Verhältnisse, durch Ver besserung der Communication und gewissenhafte, kluge Aus wahl der Vertreter des autokratischen Regimes in allen Thcilen deS Reiches jene beute noch fehlenden Voraussetzungen allmählich zu schaffen. Dazu scheint der neue Zar allerdings gewillt, der Nihilismus freilich wird bis dahi« nicht warten, sondern dem Kaiser iir seiner Art antworten. Die verbältnißmäßige Ruhe, deren sich Brasilien seit Niederwerfung des vorjährigen Flottenaufstande- untn General de Mell» erfreut hat, scheint, soweit die au« Rio de Janeiro eingetroffenen Telegramme erkennen lassen, jetzt am Vorabende einer ernsten Prüfung zu stehen. Es ist in den selben die Rede von den Umtrieben der Jakobiner, von Zetteln,»gen der Anhänger deS letzten Präsidenten Peixoto, von Prönunciamient^elüsten der Zöglinge der Cadetten anstatt u. s. w. Marschall Peixoto'- Name ist wohl kaum so ganz ohne Grund in die Telegramme geratheri. Gegen den Willen der jeweiligen Machthaber pflegt bei Haupt- und Staatsactionen so leicht nicht- in die für die größte Oeffentlichkeit bestimmten Telegramme zu ge langen. Wenn also in den unter officieller Genehmigung aus Rio de Janeiro versandten Depeschen von den „Anhängern" Peixoto'S als Gegnern des Bestehenden die Rede ist, so sind nur zwei Fälle denkbar: entweder Marschall Peixoto hat schon offen Farbe bekannt, oder aber die Regierung will ihn moralisch nötbigen, Farbe zu bekennen. Wenn Marschall Peixoto noch ebenso gesonnen ist, als er eS war, da er ohnedas geringste Zöger» oder den geringsten Vorbehalt das höchste StaatSamt seinem verfassungsmäßigen Nachfolger in der Präsidentschaft abtrat, so kann eS ihm nur lieb sein, jetzt durch ein unzweideutiges DeSaveu der mit seinem Namen von den Unruhestiftern be triebenen Reclame ein Ende zu bereiten. Wenn er aber in zwischen anderen Sinnes geworden ist, so erscheint der Aus blick in die Zukunft der brasilianischen Republik einiger maßen prekär. Denn daß zwischen dem Marschall Peixoto und der Armee intimere Beziehungen existiren, als zwischen letzterer und der jetzigen Civilregierung der Republik, liegt in der Natur der Sache; mit der Armee in der Hand aber ist Marschall Peixoto jeden Augenblick in der Lage, den öffentlichen Dingen in Brasilien die ihm gut dünkendc Richtung aufzuiiöthigeii. Für Deutschland ist es nichts weniger denn gleichgiltig, was in Brasilien passirt, da unsere Handels- und Verkchrsbeziehungen nach dort zu allen Zeiten sehr rege waren und durch die inneren Wirren nur eine vorübergehende Unterbrechung erlitten hatten. Dem inzwischen eingetretcncn sichtlichen Aufschwung des namentlich von Ham bürg aus betriebenen brasilianischen Geschäftes würde durch den erneuten Ausbruch innerer Wirren daselbst abermals eine arge Schädigung erwachsen. Deutsches Reich. ist Berlin, 30. Januar. Während der Tabakfabriksteuer- Vorlage der vorigen Session statistisches Material in 11 An lagen beigesügl war, hat sich die Zahl der letzteren bei den, nun beim Reichstage eingebrachten Entwurf einesTabat steuergesetzes aus 19 vermehrt. Darunter befinden sich auch die Ergebnisse der Erhebungen der Reichsbehörden über die in der Tabakindustrie beschäftigten Arbeiter. Man wird sich erinnern, daß, als die Regierung an diese Erhebungen herantrat, ein Theil der Presse die Zulässigkeit derselben bestritt. Manche Tabakfabrikanten haben sich denn auch bestimmen lassen, die verlangten Zahlen nicht zu gebe». Immerhin hat sich ein ziemlich sicherer Ueberblick über die Tabakarbeiter gewinnen lassen. Tie Zahl der in den Fabriken vollbeschäftigten Arbeiter betrug nach den statt gehabten Ermittelungen rund 107 000 Arbeiter. Davon waren in der Cigarrcnfabrikation rundst? 600, in der Cigaretten- fabrikation rund 2000, in der Kautabakfabrikation rund 3000, 343.75 35.16'^ 24 87', 31, ex io k«8t«r, «nt iMLäon. vrdolt. 8i„ icldr. :tisi» lLIlK »Lk uk näsl 152 640 640 4381, 4ot. ! SM, ii»r.« 9^, 4et.I SSI, rv... Vsirsn p«r 17^5 <4, per »7. »OM.») - 43). bei». »l«r „(4r«ee« eiiillkui»»- u »«». oxso. ist »m i 4. k,dra»r /ruilletsi,. Graf Jarl. 281 Roman von Hermann Heiberg. Nachdruck verboten. «Fortsetzung.) Endlich gesellte sich auch zu der Schätzung dieser Eigen schaften die Bewunderung ihrer wahrhaft auserlesenen Schön heit. Wo sie erschien, wandten sich die Köpfe. Er hatte immer nach einem bedeutenden weiblickien Wesen ausgesehen. Sie war es. Eduard feierte einen EitelkeitStriumph, daß gerade sie ihn wählte. Und weil er als Gegenleistung alles sich zu selbst verdanken haben wollte, um il,r dadurch einen erhöhten Respect einzuflößen, hatte er die Heirath hinausgeschoben. Sehr stark entwickeltes Selbstgefühl und brennender Ehrgeiz waren ihm eigen. Nicht minder aber war er eifersüchtig veranlagt. Erst als er gesehen, wie gleichgiltig Tessa dem Durch schnitt gegenüber trat, wie sie vielmehr das Unscheinbare achtete, als das, waS sich ein Ansehen zu geben beflissen war, batte er sich darein gefunden, daß sie lebte, wie sie lebte, daß sie nickt fortdauernd in seiner nächsten Nähe sich aufhielt. Auch war sie Anfangs mit seinem Wunsche, daß sie ganz zurückgezogen sich verhalten solle, völlig einverstanden gewesen. Der Schmerz um ihren Vater, die starke Beschäftigung mit ihm, hatte kein Verlangen nach Verkehr mit Menschen in ihr geweckt. Sie war viel in der Natur, las, mnsicirte und widmete sich der Vorbereitung für ihre nach Jahresfrist festgesetzte Heirath. Spater hatte sie dann erst erkannt, welch ein Sonderling, und wie lliibeugsam Eduard HalbcrtS veranlagt war, wie wenig befruchtend, kühn und lebendig, obgleich er den großen Zug bei anderen so hoch schätzte. Auch war er starrköpfig »nd ungleich, und in allem, waS die Beziehungen der beiden Geschlechter zu einander betraf, fast prüde zu nennen. DaS alles hatte sic dann allmählich erkaltet, sie ihm ent sreindet, und endlich, als sie Jarl kennen gelernt, war Eduard's Vild bei de» Vergleichen, die sie a»gestellt, wesenlos versunken. * H -re Tessa hatte sich mit der Erklärung auf ihr Zimmer zurück gezogen, daß sie die Hoffnung habe, zur Mittagszeit wieder erscheinen zu können. Frau Betty hatte fi« in liebevoller Sorge hinaufgeleitet. An dem reich besetzten, von der letzteren mit so vieler Sorgfalt hergerichteten Frühstückstisch saßen nun Pompejus und Eduard allein, und der brave Pastor, der deS Sohnes Verstimmung lediglich auf die Unpäßlichkeit seiner Braut zurückführte, machte . sein glattes, einfältig gutmüthigeS Gesicht, und sprach, nicht merkend, daß Eduard's Gedanken weitab waren, arglos und geschwätzig von hundert gleicbgiltigen Dingen. Ein solches Gefühl der Bitterkeit saß in dem jungen Mann, ja, ein solcher Drang nach Kampf und Entscheidung hatte sich in ihm entwickelt, daß er es kaum erwarten konnte, mit seiner Mutter allein zu sein, ihr alles aufzudecken, was seine Seele quälte. Sie war seit seiner Knabenzeit seine Ver traute gewesen. Er sagte ihr alles, that oft doch nur, waS er wollte, aber gab im Ganzen nicht nur viel auf ihre An sichten und ihren Rath, sondern wog ihn auch oft, bevor er handelte. Sie hatte den Verstand und den praktischen Lebens blick, der PompejuS abging. Eduard wußte auch seinem Vater einen stichhaltigen Grund anzusühren, der ihn mit Frau Betty in den Garten führte. Er klopfte dem sich willig fügenden und wieder in sein Arbeits gemach zurückziehenden Alten freundlich auf die Schulter und zog die eilfertig bereitwillige und darüber glückselige Alte hinaus. Sie war so verliebt in ihren Sohn, daß schon die gewöhn lichste Aufmerksamkeit sie rührte. Ihm gegenüber hatte sie nichts von der kritisch-selbstbewußten Art, mit der sie den Menschen häufig gegenüber trat. Ihm gegenüber war sie wie ein Kind, das selig ist, wenn man eS mitnimmt. Als sie nach gleichgiltigeren, den Garten, den Besitz und die Jahreszeit berührenden Gesprächen die Allee erreicht hatten, konnte sich Eduard nicht mehr halten. „Weißt Du Mutter", stieß er heraus und warf die vorhin entzündete Cigarre in die Gebüsche, „was ich glaube? Ich glaube, der da auf dem Schloß, der mit Menschen und Besitz gleich gewissenlos verfährt, hat Tessa umgarnt und mir ab wendig gemacht. Ich fühle es, daß etwas vor sich gegangen ist, und, Mutter, wie, wenn mein Argwohn richtig ist, da- Ende sein wird, daS will ich nicht ausdenken! So viel ist gewiß: bat Jarl meine Braut verführt — irre gemacht, eS ist der Fall! — mir sagt'- mein Herz, mein Blick, alle An zeichen deuten darauf hin — dann schieße ich ihm eine Kugel durch den Kopf." Da die kleine Frau Betty wahrlich etwa« ganz andere« erwartet hatte, als diese entsetzliche Eröffnung, flog ihr Arm förmlich an- dem ihre-Sohnes und: »Eduard, Eduard, um Gottes willen, was sind da- für Sachen!" drang aus ihrer erregten Brust. „Wie geräthst Du plötzlich auf so etwas? Sag'!" stieß sie heraus. „Du gütiger Himmel! Habe ich mich er schrocken! — Tessa und Graf Adam? Unmöglich! Was ver anlaßt Dich zu einem solchen Verdacht? „Unter meinen, unter unseren Augen? Er hat sie kaum diesmal gesehen! Nur beim Brande und die paar Abende, wo wir drüben im Schloß waren, sind sie mit einander in Berührung gekommen. Nein, nein! DaS begründet sich durch nichts; das sind eifersüchtige Regungen, mein guter Junge. Ich würde doch irgend etwas gemerkt haben —" So sprach hastig und ohne abzusetzen die Frau, sich selbst beruhigend und doch voll Angst, durch ihres SohneS weitere Erklärungen widerlegt zu werden. Sie konnte eS nicht er warten, zu hören, welchen Anhalt er für eine solche entsetzliche Vermuthung habe. Eduards Halberts hatte seinen runden Kopf während seiner Mutter Entgegnung kaum einmal bewegt. Er hatte ihr zugehört wie Jemand, den, weil ihn sein sichere« Gefühl leitet, Gegenreden nicht zu überzeugen vermögen. Die finstre Verschlossenheit blieb in den Zügen haften, und zunächst sprach er nur ein philosopbirendes Wort, das sich ihm aus seiner Erfahrung auf die Lippen drängte. „Was Du anführst, ist kein Beweis, liebe Mutter!" bob er an. „Kein Meer hat einen so offenen, speienden Schlund, wie der Mund der Frauen, wenn sie Neid empfinden, und kein Meer e,ne solche unermeßlich unergründliche Tiefe, wie das Herz einer Frau, die liebt und auf Verheimlichung an gewiesen ist. Kein Komödiant thut eS ihr gleich an Kunst der Verstellung." ' „Warst Du dabei, wenn Tessa spazieren ging, wenn sie ihrem Zimmer^ saß und Briefe schrieb? Achtetest Du ans auf ihre Augen? Welche Capitel reden sie? „Nein, ick. weiß e«! Sie schob den Kops heut' Morgen weit Keg, als ich sie küssen wollte. Ihre Augen waren leer dann angstvoll-scbeu, dann trotzig. Ich weiß in Gesichtern zu lesen Ihr ganzes Wesen ist verändert. Früher war's leer ?,is Apathie, — e« war in ihrem Innern leer weil sie zn viel allein war, und ihr die bisherige bre-te Anregung fehlte, auch mischte sich die Schwer- muth hinem, welche den Bräuten eiaen. Jetzt ist es übervoll aber nicht m,t Gedanken für mich, sondern für einen Andern! kam ia schon mit Argwohn da- letzte Mal hierher. Doch beruhigte uh mich, da alle äußeren Diuge keinerlei Verdacht bestätigten. Graf Jarl war fort, hatte sich in Berlin umzuthun, um Erwerb zu finden und beschäftigte sich später mit seiner Nichte in seiner gewohnten Art, sich in Alles, was ihn nichts angeht, einzumischen. Als ich Tessa das letzte Mal sondirte, trat sic zwar für ihn ein, aber ihre Worte und ihr Wesen verriethen doch nichts anderes, als eine ge wisse, mehr auS ihrem Widerspruchsgeist hervorgehendc Parteinahme. „Nun aber ist er wieder hier. Weshalb? Comtcssc Campe herzubringen, hätte ein Tag genügt. Er ist fast schon eine Woche geblieben und hat doch in Berlin Pflichten zu erfüllen." „WaS Du Alles sprichst, Eduard", nahm die Alte, nicht überzeugt, das Wort. „Er hat nur seinen Aufenthalt ver längert, weil er Dich noch begrüßen wollte! Deshalb blieb er. Ich bin überzeugt, daß er schon heute kommen, und daß Du ihn finden wirst, wie immer! Tessa ist wirklich leidend. Mit Jarl hat's nichts, gar nichts zu thun. — „Er denkt nicht an sie und sie nicht an ihn. Gewiß, sie mögen sich — ich weiß eS — aber etwas Unrechtes — Nein, nein, Eduard — „Und was sollte denn auch daraus werden? Er besitzt ja nichts, gar nichts mehr! — Und wie man jetzt erfährt, war Horst ziemlich stark verschuldet. Er hat's nur ver schwiegen. „Als einzige Möglichkeit bleibt, daß er die Campe heirathet! „Lconore wird'S zu vermitteln suchen, meine ich. Campes sind ja sä,wer reiche Leute. Claudius wußte zn erzählen, daß der alte Campe den Besitz für seine Familie von dem jetzigen Inhaber erwerben wolle." „Und der ist? Weiß man noch immer nichts?" siel Eduard, den neuen Gedanken verfolgend, und sonstige Erwiderungen zunächst zurückdrängend, ei». „Ja! Man sagt, ein Baron von Hadeln, der auch einen Tag mal hier gewesen ist!" „Hadeln ?" stieß Eduard in höchster Betroffenheit heran-. Und dann jäh erbleichend: „Ab! Dann ist'S der! So, so liegen die Dinge! — Ia, ich wußte eS doch, daß ich mich nicht täuschte! — Und sag', Mutter, haben Tessa und Baron Hadeln sich gesprochen?" „Die beiden fremden Menschen! Nein! Nein! Was hast Du nun wieder, mit dem, Eduard — ?" „Es ist sehr wichtig, liebe Mutter. Denke nach. Waren Hadeln nnd Tessa zusammen?" „Nein! Sie haben sich nicht einmal gesehen, viel wenige.
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