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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-08
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Es lautet: Aus den Mir von den commaadirenden Generalen ringereichten Nachweisungen über die Bestrafungen wegen Mißhandlung Untergebener habe Ich entnommen, wie die Fülle von Mißhandlungen in Meiner Armee in der letzten Zeit sich erheblich gesteigert haben. Mit Mißfallen habe Ich auch von der vorschriftswidrigen Behandlung einiger, zur Er- füllung ihrer Dienstpflicht einberufcnen Bolksschullehrer Kennt» niß erhalten, an der sogar mehrere Officiere brtheiligt waren und die zu einer öffentlichen Besprechung den Anlaß gegeben hat. Ich verurtheile diese Ausschreitungen, welche das Interesse des Dienstes und das Ansehen der Armee schädigen, ans Las Schärfste und will solche Zuwiderhandlungen gegen die gegebenen Befehle auf das Strengste bestraft wissen. Ich erwarte, daß durch fortgesetzte Belehrung und Erinnerung, sowie durch scharfe Ueberwachung derartigen Aus schreitungen vorgebeugt und denselben, falls sie dennoch stattfinden, durch energisches und unnachsichtliches Eingreifen ent- gcgrngetreten wird. Namentlich ist Mir aber ausgefallen, daß in mehrfachen Untersuchungen sich herausgestellt hat, wie von ein zelnen Vorgesetzten durch lange Zeit fortgesetzte Mißhandlungen und gewohnheitsmäßige Quälereien ausgeübt worden sind, welche zum Thei! schwere Nachtheile für die Gesundheit der Betreffenden herbeigeführt haben. Diese Erscheinung weist darauf hin, daß es bei der Wahl des Ausbildungspersonals für die Recruten an der durch di« Ordre vom 1. Februar 1843 zur besonderen Pflicht gemachten Sorgfalt, sowie an der erforderlichen Ueberwachung seitens der Vorgesetzten gefehlt hat. Ich mache in dieser Richtung zunächst die Compagnie-, Escadrons und Batterie.Chefs verantwortlich, weil eS ihnen bei ihrer Vertrauensstellung, ihrem unmittelbaren Einwirkungsrecht und den ihnen zu Gebote stehenden reichen Erziehuags- und Strafmitteln unter gewissenhafter Mitwirkung ihrer Officiere nicht schwer werden kann, die Unterofficirre in richtigem Geist« heranzubildeu und die widerstrebenden und nicht ferner zu duldenden Elemente rechtzeitig zu erkennen. Nicht minder liegt aber auch den höheren Vor gesetzten die Pflicht ob, darüber mit Ernst zu wachen, daß Mein ausgesprochener Wille genau zur Ausführung gelangt, und habe daher in Meiner weiteren Ordre vom heutigen Tage bestimmt» daß Mir in Zukunft von den commandirenden Generalen bei Einreichung der durch die Ordre vom 1. Februar 1843 befohlenen Nachweisung berichtet wird, welchen Vorgesetzten in Fällen gewohnheitsmäßiger und systematischer Mißhandlung von Untergebenen die Verantwortung mangelhafter Beaufsichtigung trifft und waS gegen denselben veranlaßt worden ist. Diese Meine Ordre ist mit jener vom 1. Februar 1843 in der dort vorgeschriebenen Weise bekannt zu geben. Berlin, den 6. Februar 1890. gez. Wilhelm. An den KrirgSminister. Der vorstehende Erlaß bestäubt aufs Neue die längst be kannte Thatsache, daß die Mißhandlung von Soldaten nirgends schärfer verurtheilt wird, als an den höchsten Stellen in der Armee, und daß zur Abstellung des von allen Parteien gleichmäßig beklagten schweren Uebelslandcs von keiner Seite energischer vorgegangen wird, als eben von den höchsten Stellen in der Armee. Wenn der „Vorwärts" durch seine neueste Publikation die öffentliche Meinung an diese Thatsache auf das Nachdrücklichste und Wirksamste er innert bat, so wird er bis lies in die Reihen der „Genossen" hinein das Ge gentheil der Verhetzung erzielen, die hervor zurufen er beabsichtigte. Politische Tagesschau. Leipzig. 8. Februar. Während der Reichstag mit der unter den jetzigen Verhältnissen zwecklosen Interpellation Hitze, betreffs der Arbeiterorganisation, seine kostbare Zeit verschwendet, häuft sich das Material, daS er bewältigen soll, in fast beängstigender Weise an. So bat die Wirthschastliche Vereinigung dcS HauseS beschlossen, einen Antrag an den Reichstag zu bringen, der die verbündeten Regierungen er suchen soll, betreffs der Münzsragen nochmals den ersten Schritt behufs Herbeiführung eines internationalen Abkommens zu unternehmen. Der Antrag wünscht nicht« weiter, als daß von deutscher Seite eine internationale Münzconferenz nochmals angeregt werde, und als Zweck der Conferenz wird nur die Wiederherstellung deS Silbers als Müuzmelall bezeichnet. Sache der verbündeten Regie- rungen würde eS demnach sein, das währungspolitische Programm zu entwerfen, welches selbstverständlich von dem jenigen Staate vorgeschlagen werden muß, der die Initiative zur Veranstaltung einer internationalen Conferenz ergreift. Auch aus die Frage der Bestimmung eines Werlhverhältnisses zwischen Gold und Silber ist in dem Antrag der Wirt schaftlichen Vereinigung nicht eingegangen. Doch versteht sich wohl, daß die verbündeten Regierungen zunächst er warten dürfen, daß ihnen die bevorstehende Verhandlung des Reichstages über dm Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung sichere Anbaltöpuncte entgegenbringt, sowohl über das erwähnte Wertbverhältniß, wie allgemein über die währungspolitischen Ziele, die etwa auf der internationalen Conferenz angestrebt werden sollen. Da der Antrag unver züglich an den Reichstag ergeben wird, ist vorherzusehen, daß die Verhandlung darüber in der nächsten Zeit stattfinvet, und jedenfalls wird dieser Antrag den Vortritt vor dem dem Hause noch nicht vorliegenden Antrag Kanitz haben. Damit eS dabei auch sein Bewenden behält, scheint es beabsichtigt zu sein, den Antrag Kanitz überhaupt nicht einzubringen, ehe der Währungsantrag im Plenum seine Erledigung gesunden hat. Die Unsicherheit der inneren politischen Lage in Deutsch land tritt kaum irgendwo deutlicher zu Tage, als in der „Umsturz-Commission" deS Reichstags. Bekanntlich ist der tz. 111 durch die Ablehnung feiner zweiten Hälfte ein un brauchbarer Torso geworden. Z. IN» (Verherrlichung von Verbrechen) ist, schwer bepackt durch neue Zutbaten, in einer Form angenommen worden, die überall Widerspruch erweckt. Jetzt ist bereits in zwei langen Sitzungen über den §. N2 (Verleitung und Aufreizung von Militairpersonen) bcralben worden, ohne daß ein Resultat erzielt worden wäre, obgleich doch über dieNotbwendigkeit, das Heer vor revolutionärer Verseuchung zu behüten, im Princip kein Zweifel bestehen sollte. Die Haupt stücke der Vorlage, die ßtz. l30 und 131 (Angriffe gegen Monarchie, Religion, Familie, Eke, Eigenthum und Ver breitung falscher Mittheilunzen) sind noch gar nicht in An griff genommen. Dazu bat das Centrum weitere Anträge gegen daS Duell eingebracht, die nicht die mindeste Aussicht auf Erlangung von Gesetzeskraft h^n und nur verzögern werden. Es 'st also , ^ l verbreitet Gerüchte über die Auslosung d« ^us parlamen- werden. Dem „Hamb. Corr. w»ro ou»» tarischen Kreisen geschrieben: Umsturzcommission „Tie Ergebmßwsigkeit der und die Erklärung eines confervatwen mid cm wenn per Mitgliedes. Lay das ganze Gesetz ^ne W rth '«» ^ , ^t werde, Hbe^'nu! AU LU^lelL w^mak'voS NmwadleN^ U Umsturzgesetz unbesehen zusnmmt. Im Übrigen ist doch auch vo nationa.liberaler Seite erklärt worden, datz der tz.1I-, der ven Richter überläßt, zu entscheiden, ob ein strafbarer Thatdeltand ti.gt, in der jetzigen Fassung unannehmbar sei. Das Zentrum) offenbar durch die Opposition im eigenen Lager welche durch sem schwankendes Verhalten bei der Berathung des tz. lila hervor gerufen worben ist, etwas eiugeschüchtert, so daß der Abg. Spahn den schon in der vorigen Sitzung angekündigten Verbesserungsantrag auch in der letzten Sitzung nur andeutetc." . Am unerklärlichsten ist. woraus daS Centrum eigentlich hinaus will. Das Verbalten seiner Mitglieder m der Com mission ist ein so zweideutiges, widerspruchsvolles, daß gar nicht zu errathen ist, wohin die Herren eigentlich steuern. Vielleicht thut man ihnen zu viel Ehre an, wenn man glaubt, baß sie in schlau ersonnener Taktik einem wohlerwogenen Hiele zustreben. Möglicherweise kommen in den Thatsachen nur die inneren Gegensätze zu Tage, die im «chooße der Fraktion bestehen. Denkbar ,st aber auch die andere schon wiederholt von uns betonte Möglichkeit: Die Cnitrums- partei will ihr parlamentarisches Schwergewicht auS- beuten; sie giebt der Regierung zu versieben: ohne die Zustimmung des CentrumS keine Annahme der Vor lage, und diese Zustimmung wird nur gegen baarei Entgelt — Iesuitengesetz — zu haben sein. Und damit die Sache ganz scdlau eingefädeit wird, bepackt die CentrumS- Partei den Gesetzentwurf mit so viel neuen Lasten, nut Para grapben gegen das Duell und gegen die llnsittlichkett und Verderbtheit in Literatur, Kunst und Wissenschaft, daß die ganze Vorlage schließlich zusammenbricht, weil auf der an deren Seite die bisher gewährte Unterstützung wegbröckelt So fein ausgesponnene Pläne sind aber meist so dünnleibig, daß ihnen im Lauf der Ereignisse der Atbem ausgeht. Jeden falls steht jetzt schon fest: die Centrumspartei wird gegen wärtig wegen ihrer Haltung von den eigenen Wählern, namentlich am Rhein und in Bayern, scharf ins Kreuzfeuer genommen. Bezüglich der Abtretung »eS CongostaateS seitens des Königs Leopold an Belgien haben in Paris der belgische Gesandte Baron d'Anethan und der französische Minister des Auswärtigen Hanotaux ein Abkommen unterzeichnet, durch welches Belgien vollständig daS Vorzugsrecht, das sich Frankreich vor der Anerkennung des Freien CongostaateS reservirt hatte, anerkennt und als Wetter geltend annimmt. DaS beißt soviel, daß Belgien, wenn eS den Congo schließlich anneckirt, sich verpflichtet, später das Congogebiet, sei eS ganz overtheilweise, nicht an eine dritte Macht zu vergeben oder zu verkaufen, ohne zuerst die französische Regierung davon in Kenntniß gesetzt unb ihr unter gleichen Bedingungen den Kauf ober die Cession angeboten zu haben. Diese Frage war bereit- er örtert worden bei Gelegenheit der Veröffentlichung des Testaments, durch welches König Leopold (Juli 1890) seine Besitzungen in Afrika an Belgien vermachte. Frankreich erhob Bedenken unv verlangte eine weitere ausdrückliche An erkennung des ihm früher gewährten Vorzugsrechtes. Die Verhandlungen gelangten jedoch damals uichl zum Abschluß; Frankreich begnügte sich einstweilen damit, sein Vorzugs recht zu betonen und den Zeitpunkt seiner Geltendmachung abzuwarten. Dieser trat ein mir der Ankündigung der Vorlage an die belgische Kammer über die sofortige Abtretung an Belgien. Das heule abgeschlossene Abkommen macht nun dieser Schwierigkeit ein Ende. ES bleibt allerdings noch abzn- warten, wie dafsrlbe von den anderen Mächten ausgenommen wird. Es kann jedoch hinzugesügt werden, daß allem Anschein nach bereits darüber geheime Verhandlungen gepflogen worden sind und daß man von keiner Seite Einwendungen machen wird. Die Erledigung der Sache ist durch die Präsidentenkrise in Frank reich verzögert worden. Was Belgien selbst anbelangt, so bat die Verzögerung der Angelegenheit eine Verschärfung der Oppo- ltion gegen die Congo Vorlage zur Folge gehabt. Bereit» haben »n Brüssel mehrere Volksversammlungen stattgefunden, in denen wider die Abtretung sehr energisch gesprochen wurde. Auch in der Provinz sind mehrere Meetings veranstaltet worden, in denen, namentlich im Hennegau, die Uebernahme des Congo bekämpft wurde. Die Fortschrittler, ein Theil der Klerikalen und die Demokraten sind entschieden der Vorlage feindlich. Wie sich nun aber die Sache in der Kammer gestalten wird, daS ist noch sehr zweifelhaft. Aller Wahr scheinlichkeit nach wird nur dann die Vorlage dem Hause unterbreitet werden, wenn ihr eine Majorität gesichert ist. Während die japanische Flotte, nachdem die Landforts von Wei-bai-wei und der Ort selber nach unwesentlichem Widerstand gefallen sind, die von Admiral Ting mit Zähigkeit vertheibigte Insel Liu-kung-tao und die Seeforts von Wei-hai- wei beschießt und gewaltige Anstrengungen macht, den Weg nach Peking von dieser Seite aus völlig freizulegen, beschäftigt sich die Tokioer Presse lebhaft mit der Friedensfragr und den China auszulegenden Bedingungen. Der „Nippon" erklärt eS für eine Unmöglichkeit, von China eine große Summe als Kriegsentschädigung zu erhalten. DaS Blatt führt auS: „Alles in Rücksicht gezogen, kann China nicht mehr als zehn Millionen Jen (in Gold-Jen — 41850 000 ./L, in Silber-Jen nominell 44100000 thatsächlich etwa die Hälfte) zahlen, wenn Japan sofortige Begleichung fordert. Greift man zu Abschlags- zablungen, so könnte China ohne Zweifel eine weit größere Summe aufbringen, oder wenigstens versprechen. Aber eine endlose Reihe von Schwierigkeiten würde entstehen, um diese Theilzahluugen wirklich zu erhalten von einem Lande, wo Lerrath und Doppelspiel an der Tagesordnung ist. Deshalb muß man die Annexion eines Theils des chinesischen Gebiets verlangen. China würde diesem Vorschlag voraussichtlich weit eher znstimmen, als der Zahlung einer großen Geldsumme. China ist es gewohnt, beim Schluß jedes Krieges mit dem Auslände einen Fetzen Gebiet zu verlieren. Liebe zum Golde ist die nationale Leidenschaft. Außerdem kann China, wie der Umstand zeigt, daß es wegen der Anleihe von 10 Millionen Taels sich an Len Londoner und Berliner Markt wenden mußte, gar nicht die Japan erwachsenen Krreaskosten zahlen. Sowohl Japan wie China würde eine kleine Veränderung in der Karte Lstasiens nützlich sein und diese würde daS leichteste und klügste Mittel sein zur Beendigung des Kriege?" Andere Blätter, wie der „Kokumin" und der „Hochi", stellen den Frieden Asiens und die Unabhängigkeit Koreas in den Vordergrund, erklären jedoch gleichfalls, daß ohne Ein verleibung chinesischen Gebietes die Waffen nicht ruhen dürfen. Der „Hochi" sagt rundweg, daß die Thore von Peking ein geschossen werden muffen, sonst würde das greisenhafte China nicht aus seiner Lethargie erwachen und den Pfad der Gesittung und Aufklärung beschreiten. „Die Erfahrungen, welche die Europäer mit ihm gemacht haben, FerirHetoir. Ein Liebesopfer. Boa Karl Wartenburg. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Hast Du vor einigen Tagen im Okkä c1imc»8 gespielt?" fragte er streng seinen Neffen, „viel Geld verloren?" Guido fühlte, daß ihm daS Blut bis in die Wangen, bis zur Stirne hinaus stieg. Aber mit jener unmännlichen Feig heit, die lieber eine Lüge auf sich ladet, als die Folgen der Wahrheit trägt, antwortete er: „Ich habe seit langer Zeit keine Karte angerübrt, Oheim!" Martha batte bei ihres Vaters Fragen ihre Augen erhoben und auf Guido gerichtet. Ihre Blicke begegneten den seinigen, und aus diesen heraus laS sie, daß er die Unwahrheit gesprochen. „Er hat gelogen", sagte sie sich. Ein verächtliches Zucken flog um ihren Mund. ' Guido errieth, WaS in ihrem Innern vorging; aber für ihn war daS nur ein Grund mehr, bei seinem Leugnen zu verharren. „Wie koftimst Du zn der Frage?" fragte er nun den Onkel mit geheuchelter Unbefangenbeit, in die er ein wenig Unwillen hineinzulegen suchte, wie eS gekränkte Unschuld thut. „Es wurde beute Abend in der Kaltsckmidt'schen Wein stube davon gesprochen", erklärte Herr Sieler in milderem Tone, „und obgleich kein Name genannt wurde, so glaubte ich aus gewiffen Anspielungen schließen zu dürfen, daß man Dich gemeint habe. Desto besser, wenn ich mich geirrt habe. Denn daS erkläre ich Dir ein für alle Mal: einem Manne, der spielt, würde ich meine Tochter niemals geben." „Zunächst, lieber Papa, denkt Deine Tochter nicht an's Heiratben", mischte sich Martba inS Gespräch. „Aber einmal muß man doch daran denken, liebe Martha", fiel die Mutter ein, während Guido sich stumm daS dunkle Schnurrbärtchen drehte. Herr Sieler antwortete gleichfalls nicht auf die Bemerkung seiner Tochter, aber eia leise» Lächeln der Befriedigung flog über sein Gesicht. War eS doch seine Frau, welche die Ver bindung zwischen seinem Neffen und Martha betrieb. Ihm war der junge Herr viel zu geckenbast, viel zu stutzerhaft, lange nickt ernst genug für einen richtigen Kaufmann, wie er ihn sich zum Schwiegersohn wünschte. Guido dagegen war in der schlechtesten Stimmung. Aber er suchte sich zu beherrschen. „War das Alles, was Du mir zu sagen hattest, Oheim?" fragte Guido. „Es wäre genug gewesen, um unS auf immer zu trennen", antwortete der Onkel trocken. Guido zuckte mit den Achseln. „Guten Abend, Tante — guten Abend, Obeim!" „Der arme Guido", seufzte Frau Sieler, ihrem Manne eine Taffe Tbee einschenkend, „Du bist recht streng gegen itm, Friedrich, und Du, Martha, hast ihn heute Abend auch recht gekränkt." „Ich, Mama?" Und die blauen Augen des jungen Mädchens richteten sich forschend auf die Mutter. Frau Sieler warf, bevor sie antwortete, einen fragenden Blick auf ihren Mann, gleichsam als sollte ihr dieser zu Hilfe kommen. Der Kaufherr aber batte seinen Kopf tief auf die Taffe Thee berabgesenkt und rührte mit dem silbernen Theelöffelchen den Zucker um. „Du weißt doch, wie Guido Dich liebt und wie es sein sehnlichster Wunsch ist, Dich zu besitzen." Eine dunkle Rötbe überflog Martha's Wangen. „Mir hat er davon nichts gesagt, Mama — und eS ist gut, daß er eS nicht getban bat. Ich hätte ihm sonst sagen müssen, baß ich seine", sie hielt einen Augenblick inne, „daß ich seine Neigung nicht erwidere." Es entstand eine kleine Pause und tiefe Stille. — Man horte das Ticklack der Alabasteruhr auf dem Secretair neben dem schönen Sopba. Martba hatte sich vom Tische erboben, die Stickerei bei Seite gelegt und war an daS Eckfenster getreten, hinunter- blickend auf die Straße, welche von kichlfallenden Schneeflocken mit weißer Hü'le überzogen wurde. „Wir wollen heute nicht weiter darüber sprechen", unter brach endlich Herr Sieler die beängstigende Stille, „wenn Guido niir die Gewißkeit giebt, daß er ein tüchtiger solider Kaufmann wird, dann wollen wir weiter über die Sache reden. Dann wird auch Martba als verständiges und ver nünftiges Mädchen den Wünschen ihrer Eltern folgen." Die Einwirkungen seiner Frau zu Gunsten Guido'S waren also doch nicht ganz ohne Einfluß auf Herrn Sieler geblieben. Frauenbitten und Regentropfen ähneln ein ander in ihrer Wirkung; sie machen daS Festeste mürbe. Unterdessen stand Martha noch immer am Fenster, die Stirn gegen die Fensterscheiben gedrückt. Es schlug dreiviertel acht Ubr vom Nicolaikirchtburm. Der Verkehr in dieser Gegend der Rittersiraße und des Brühls ist um diese Zeit besonders lebhaft. Aber trotz des nur un gewissen Licktes, daö die von Schneeflocken umwirbelten GaS- laternen verbreiteten, und der vielen Menschen, die zu dieser Stunde ibre Käufe für das in wenigen Tagen bevorstehende WeihnachtSsest machten, glaubte Martha in den zwei Gestalten, deren dunkle Schatten aus die schneebedeckte Straße fielen, als sie die Kreuzung zwischen Brühl und Ritterstraße überschritten, ibren Cousin Guido und den Buchhalter ihres VaterS zu erkennen. — Ja, es war kein Zweifel — sie waren eS Beide. Der längere, schlankere war Müller, der kleinere ihr Vetter Guido. ES war das erste Mal, daß sie die Beiden zusammen geben sah. Sie schlugen den Weg nach dem Gcorgenbause ein, neben welchem damals eine schmale Pforte auf die Prome nade führte. Dortbinüber lag die Post. In deren Nähe an der Promenade nach Stadt Rom zu wohnte Guido. Hatte der Buckbalter vielleicht noch Briefe abzugeben und der Zu fall die beiden Männer, die sonst nie miteinander verkehrten, zusammengefübrl? An jedem andern Tage wäre ihr daS Zusammengehen Beider weniger auffällig gewesen. Aber daß es gerade beute geschah. Sonderbarer Zufall, der diese Beiden an diesem Abend so wiederholt sich treffen ließ. Diese Leiden, von denen der Eine ihr zukünftiger Gatte werden sollte, während sie den Andern, den wortkargen Buchhalter, lieble. Ja, sie liebte ihn. Sie liebte ibn mit der glühenden, keuschen «--b- tu«»: Die erste Liebe, der erste Erfolg, da» erste Grab st« d'."s Mensch!^"""^^"^^ P«miLren in der Lebenskomödie dllles Andere versinkt im Sturme der Wie war diese Liebe entstanden zu einem Menschen^mit welchem sie kaum mehr als dreimal gesprochen, den sie nur selten sab? °°»».m s-. unscheinbaren Samenkorn, dessen zarter Trieb IN durchbricht, wächst sie empor. Zelle reibt sich an Zelle. S.e treibt Blätter, Blü.hen, - eine-^TageS glänzt duftet sic im Sonnenglan;, aber wie daS Alle- gekommen, die Blume weiß nichts davon, — aber daS Wunder ist da. So war auch in Martba's Herz die Liebe unbewußt empor gekeimt zu Gottfried Müller. Der heutige Abend batte ihr Klarheit gebracht. — Jetzt kannte sie auch den Grund ihrer Abneigung, ihres Widerwillens gegen die Aufmerksamkeiten, die Guiistbezenglingen ihres Cousins. — AlleS dies drängte aus ihr Herz ein, als sie, am Fenster stehend, hinaus iu die Winter nacht sab. — Eine Sternschnuppe siel vom Himmel. Das kleine leuchtende Meteor glänzte einen Augenblick zwischen den eichten Schneeflocken, um dann für immer zu erlöschen. Martba's Augen umflorten sich und füllten sich mit Thränen. Da rief sie des VaterS Stimme an den Tbeetisch. Sie zerdrückte die Thräne im Auge. Niemand sollte er- ahren, was in ihrem Herzen vorging. Sie kannte ibre Eltern zu gut, um nicht zu wissen, daß sie sich einer Verbindung mit dem armen Buchhalter widersetzt hätten, und daß Gotl- ried's Stellung gefährdet war, wenn ihr Vater eine Ahnung davon gehabt hätte, daß sie Len vogllänbischen armen Teufel, wie mau ihn früber genannt hatte, den er auS Mitleid einst in sein Contor ausgenommen, liebe. Während oben im reich und behaglich auSgesiatteten Faniilienzmimer deS Herrn Sieler das Gespräch zwischen ihm und seinem Neffen Guido stattfand, saß unten in dem ge wölbten Comptoir, an dessen mäcbtigem, grüngemaltem Schwieb- bogen zwei große Gasrohre binliefen, von denen das eine seinen Arm binabstreckte nach dem Pulte Gottfried'«, der Buchhalter Müller und blickte träumerisch, mit glücklichem Ausdruck iu den sonst so ernsten Zügen vor sich hin. Gottfried war ganz allein im Contor, die Anderen waren längst fort ihren Vergnügungen nach. Er hatte die Geldsendung, welche ihm Herr Sieler übergeben batte, in die Bücher ein getragen. Die kleine Arbeit war längst getban; aber er saß noch immer an seinem Platz und träumte vor sich hm. War eS doch immer ein beseligendes Gefühl für ihn, unter demselben Dache zu weilen, unter dem auch Martba wohnte. Martha! Der Name schloß für ibn alle Glückseligkeit der Welt ein. Daß sie ihn wieder liebte, daran dachte er nicht. Ein solches Glück zu träumen, erschien ihm wie eine Verwegenheit. Er war selig, daß sie sich mit ihm freundlich unterhalten hatte, daß sie Theilnahme gezeigt hatte an seinem Leben, an dem Schicksal der Seinigen. Ach, er halte die Träume vo» Glück eingesargt seit jenem Tage, an welchem ibn die bittere Nokhwendigkeit in das dunkle Contor der Firma Sieler trieb. Er hielt sein Herz und seinen
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