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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950213022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895021302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895021302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-13
- Monat1895-02
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»OS« «igenfälligea Mängel der Journalistentribüne energisch zur Sprache zu bringen? Und wa- muß eS auf die Unter beamten, nicht nur drS Reichstag«, für einen Eindruck macken, wenn ihre berechtigten Interessen nur durch die Social- demokratie vevtretrn werden? Ein derartige« Abdanken vor der Linien, wie man e« gestern erlebt, ist auch nach außen bin von einer Wirkung, die durch keine noch so geartete Umsturzvorlage wett gemacht werden kann." * Berlin, 12. Februar. Ueber da« Volksschulwesen der größten Städte Deutschland« entbält der soeben erschienene vierte Jahrgang de« „Statistischen Jahrbuch« deutscher Städte" (Breslau, W. G. Korn, 1895) eine Reibe von Angaben. Die Unentgeltlichkeit de« Bolköschul-UnterrichtS fft in dev bayerischen Großstädten streng durckgesübrt, in Preußen noch nicht. Eine Reihe von größeren Städten (Magdeburg, Königsberg, Altona, Halle a. S., Erfurt, Wies baden) erbeben noch für einen erheblichen Tbeil der Volks schulen Schulgeld. In den Großstädten ver übrigen deutschen Staaten geboren schulgeldsreie Volksschulen zu den Aus nahmen. In einer Reihe von großen Städten wird den Volksschulen durch ein stark entwickeltes Vorschulwesen Con- currenz gemacht. So hatte Berlin 1892/93 4201, Hamburg 2054, Breslau 1014, Frankfurt a.M. 1039, Hannover 721, Straß burg 611.Charlottendurg 463,Potsdam 328Vorschüler; obneVor- schulrn find: München, Leiprig, Dresden, Stuttgart, Chemnitz, Braunschweig, Dortmund, Mannheim, Augsburg, Karlsruhe, Kassel, Erfurt. Die Zahl der Volksschüler, auf die Be- völkerungSziffer bezogen, schwankt ganz erheblich. Sie ist am höchsten in den Industriestädten de« RdeinlandeS und West falens. Hier kommen auf 1000 Einwohner in Dortmund 165, in Barmen 163,8, in Crefeld 150, in Essen 144,6 Volks schüler. Am kleinsten ist die Zahl der Volksschüler in den jenigen großen Städten, die stark entwickelte Vor- und Mittel schulen baden. So entfallen auf 1000 Einwohner in Metz nur 64,1, in Frankfurt a. M. 73,9, in Karlsruhe 79,8, in Potsdam 85,8, in Stuttgart 86,9, in Straßburg 90,2, in Mainz 91,4, in Cbarlottenburg 91,8 Volksschüler. In Berlin kommen zur Zeit auf 1000 Einwohner 106.2 Volks schüler. Die Zahl der Vorschäler erreichte die größte Höhe in Potsdam (6 auf 1000 Einwohner), Görlitz (5,5), Cbar lottenburg (5,2) und Lübeck (5,0). Berlin siebt mit 2.6 Vor schülern auf 1000 Einwohnern etwa in der Mitte. Von den Ausgaben für daS Schulwesen entfällt in nahezu allen großen Städten über die Hälfte der Ausgaben auf die Volks schulen. Am niedrigsten ist der Procentsatz in Potsdam, wo nur 33,7 vom Hundert der Schulausgaben auf die Volks schule kommen; daun folgt Dresden mit 37,8, Hannover mit 42,7, Kassel mit 43,6 und Frankfurt a. O. mit 45,4 vom Hundert. Dagegen entfallen in München 93,4, in Mainz 87,6, in Straßburg 85,5, in Bremen 84,9, in Leipzig 81,5, in Duisburg 81,4 und in Nürnberg 80,6 vom Hundert der Schulausgaben auf den Volksschulunterricht. In Berlin be trägt die Ausgabe für die Gemeindeschule 70 vom Hundert der sämmtlichen Ausgaben für allgemeine Bildungszwecke. — Der Kaiser hat die Absicht, heute Abend nach Berlin zurückzukehren, aufgegeben und wird noch bis morgen Nach mittag auf Jagdschloß Hubertusstock verweilen. — Fürst Heinrich XIV. von Rruß j. L. ist hier an- gekommen. — Graf Caprivi wird, wie wir der „Freis. Ztg." ent nehmen, eine größere Reise nach dem Süden durch Italien und Egypten unternehmen, vielleicht geht er auch nach Zaazib ar. — Der Gouverneur von Kamerun v. Zimmerer ist mit dem Dampfer „Stambul" am DienStag Nachmittag in Marseille rin- getroffen. — In der „Post" lesen wir: „In Sachen de« gestrigen Zwischenfalles mit dem socialdrmokratischen ReichSiagS- abaeordneten Vr. Schönlank läßt sich eine erfreuliche Ent rüstung bei der „Germania" constatirrn, welche den Aus druck „Scandal" aawendet. Der Ausdruck schließt bei dem hiesigen CentrumSblatt eine bemerkenSwerthe Verfeinerung deS moralischen Urtheils eia. Vor etwa einem Jahr- zehnt schrieb zur Zeit der Reichstagswahlen ein mittelpartei licher Abgeordneter einen Brief au einen Parteigenossen zu Köln a. Rh., der durch ein Versehen an einen gleichnamigen «ltramontaaea Abgeordneten gelangte; dieser sandte den Brief an den wirklichen Adressaten, aber erst, nachdem er den Inhalt notirt und für seine Parteizwecke nutzbar gemacht hatte. Damals nahm daS hiesige CentrumSblatt diese Handlungsweise in Schutz. Seine politische Moral hat sich demnach seitdem wesentlich gehoben, was in diesen be trübten Zeiten mit Vergnügen constatirt sein mag". — Der Antrag vr. Friedberg, v. Kardorff, Vr. Lieber, IrafMirbach und Genossen, betreffs der Währungsfrage ist von 167 ReichStagSabgeordneten unterschrieben. Darunter befindet sich eine Reihe von Namen, deren Träger nichts weniger als Anhänger des BimetalliSmuS sind. Der Antrag unterscheidet sich denn auch in einem wesentlichen Puncte von dem ursprünglichen Antragsentwurf, welcher der Wirthschaft- lichen Vereinigung Vorgelegen hatte. Während dieser als Aufgabe der Münzconferenz die Wiederherstellung des Silber« als Müuzmetall bezrichnete, will der Antrag Friedberg nur nochmal- den Versuch einer internationalen Regelung der WädrungSfrage durch die «inzuberufende Münzconferenz unternommen sehen. — Die Verhandlungen de» ZollbeiratheS über die wirthschaftlichen Interessen Deutschlands an einem Handels vertrag« mit Japan sollen nack der „N. A. Z." in der zweiten Hälfte dieses Monats stattfinden. — In der Generalversammlung des Bundes der Land- wirthe wird, wir mau der „N. Pr. Z." nnttheilt, folgender An trag eingrbracht werden: Am Tage vor der Generalversammlung findet eine Beriammlung des AusjchusjeS iu Genieiniamkeit mit den Wahlkreis- und Brzirksvorsitzenden statt. In diesem Jahr» tagt diese Versammlung eineu Tag nach der Generalversammlung. Die Satzungen sind entsprechend abzuändern. — Prof. Pfleiderer, der Rector der Berliner Univer sität, war in der „Dtsch. Univ.-Ztg." wegen der Vorgänge mit der socialwissenschastlickeu Skubentenverriniguna heftig angegriffen worden. Da der Herausgeber der „Dtsch. Univ.- Ztg.", SanilätSrath Konrad Küster, den Namen des Ver fassers dem Rector nicht bat nennen wollen, so wird, wie die „Dolksztg." hört, Prof. Pfleiderer weitere Schritte sich Vorbehalten. — Ueber die Ausländer auf deutschen Universi tät eu macht die „Berl. Corr." folgende Angaben: „Die Gesammtzabl der Studirenden an den 22 deutschen Universi täten (einschließlich der Akademie zu Münster und deS LyceumS zu Braunsberg) betrug im Durchschnitt deS Winter- und Sommersemesters im Jahre 1886 87 28 045, im Jahre 1891/92 27 486. Im Jahre 1886 87 waren darunter 15 712 Preußen, 10 651 andere Deutsche und t682 Ausländer, 1891/92 14 232 Preußen, 11 440 andere Deutsche und 1814 Ausländer. Von diesen 1814 Studirenden stammten 291 auS Oesterreich-Ungarn, 162 aus der Türkei und den Balkan- länvern, 351 auS Rußland, 24 aus Schweden, Norwegen und Dänemark, 43 aus den Niederlanden, 39 auS Belgien und Luxemberg, 138 auS Großbritannien und Irland, 27 aus Frankreich, 5 aus Spanien und Portugal, 238 aus der Schweiz, 26 aus Italien, 361 auS den Bereinigten Staaten von Nordamerika, 32 auS dem übrigen Amerika, 66 aus Asien, 6 aus Afrika und 5 aus Australien. Den Fakultäten nach geordnet, setzten sich die 1814 Ausländer zusammen auS 147 evangelischen und 14 katholischen Theologen, 223 Juristen, 446 Medicinern und 984 Philosophen." — Gegen die Professoren Meinbold und Grafe erläßt der „Vorstand der rheinisch-westfälischen Bereinigung der Freunde des kirchlichen Bekenntnisses", d. b. der Ge sinnungsgenossen deS Pastors Dammann, eine Erklärung. — Der nationalliberaleVereio in Berlin wird den achtzigsten Geburtstag des Fürsten Bismarck am 1. April, Nachmittags 7 Uhr durcd ein Festmahl im Kaiserhof begehen. — Zu den merkwürdigen Vorgängen im Reichstagswahl kreise Lyck schreibt das christlich-sociale „Volk", das im Uebrigeu an der Wahl deS Oberpräsidenten Grafen Stol- berg nicht zweifelt: „Sollte sich Graf Stolberg nach seiner Wahl um den Eintritt in die konservative Fraktion bemühen, so würde sie allein richtig handeln, wenn sie ihn bitte, die Tbür von außen zuzumachen. Ein Mann, der in der Weise, wie es Graf Stolberg 1893 94 gethan hat, gegen die Interessen der Landwirthschaft verstoßen hat, darf nicht Mit glied der konservativen Fracrion werden. Das ist die Fraktion ihren Wählern und sich selbst schuldig." — In einer von ihm angekündigtrn Protestversammlung im Eoncrrthauie stellte sich Herr Schäfer, Lehrer der humanistischen Ge meinde, gestern alS ein vom Cultusministerium sittlich Berurtheilter vor. dem aus Grund der Labinetsordrc vom Jahre 1834 „die sittliche Gesinnung" und somit auch di» Befähigung zum sittlichen Jugend- unterricht wegen seiner pantbeistijchen Weltanschauung abgesprochen worden sei. Da es gegen eine solche Maßregelung eine gerichtliche Instanz nicht gebe, so wende er sich zu inner Bertheidigung an daS öffentliche Gewissen. Er finde die Ursache seiner Tiscreditirung weniger in dem Minister als in dem Cultus, den er zu vertreten habe, und das sei der noch nicht ganz überwundene Staatsreligionis- mus, der seiner Natur nach i» allen seinen konfessionellen Zweigen besonders gegen den Humanismus intolerant sei und zu seiner Selbfterbaltung auch sein müsse. Er, der Redner, erhebe aber aus Grund der durch das Gesetz verbürgten Religionsfreiheit und alS Dissident auf Grund der Faikschen Ministerialvrrsügung vom 14. Juni 1876 Protest ,'iir die Gleichberechtigung der natürlichen Weltanschauung mit der übernatürlichen rc. * Warlnbien in Westpreußen, 11. Februar. Die hiesigen evangelischen Kirchengemeindeorgane haben einmütbig beschlossen, an die beiden Abgeordneten von Eynern und Fried berg, welche im Abgeordnetenhaus« am 23. Januar den aus daS Andenken des Königs Gustav Adolf gerichteten Angriff eine» CentrumSrednerS zurückwiesen, eine Dank adresse zu richten, in der es beißt: „Gebe Gott, daß alle evangelisch - protestantischen Deutschen im Parlament und im Lande überall daS Bewußtsein ernster Pflicht und den Muth hätten, evangelischen Glauben und protestantische Interessen einmüthig und mannhaft zu vertheidigen und jeden An- griff Derer herzhaft zurückzuweisen, deren Interessen ultra, snwnres liegen und deren Kampfcsart, in Berstellungskunst und Lüge, in Aeichmieren und Besudeln bestehend, auch eine ultramontane ist und mit der deutschen KamvseSart nichts gemein hat." * Essen a. t. Ruhr, 12. Februar. Der Bochumer Gußstablverein hat, der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" zufolge, im Interesse seiner Beamten eine Pensionscasse für Wittwea und Waisen mit einem Grundvermögen von 700 000 gegründet. * Karlsruhe, 11. Februar. Wie gemeldet, findet die LandeSversammlungder uationalliberaleuPartri Baden« ani 10. März statt. Die LandeSversammlung wird über die auf der vertraulichen Versammlung beschlossene Abänderung de« Programms zu befinden haben, die inzwischen erfolgt und am letzten Sonntag auf der Versammlung de« engeren Ausschusses in Heidelberg gutgebeißru worden ist. Die vsrgeschlagenen Abänderungen bezw. Neueiuschaltungrn beziehen sich u. A. auf die Stellung der Partei zur Negierung — «S wird, wie man hört, die volle Unabhängigkeit der Partei nach allen Seiten bin betont — und aus die Landwirthschaft. Auch die kirchenpolitischen Angelegenheiten werden berührt. Die Partei wird keine Opposition nach demokratisch-ultramontanem Muster treiben, sie wird aber auch energisch jeder Antastung der Errungenschaften der liberalen Aera gegenübertreten, falls von der Regierung ein ConcessionSsystem eingeschlagen werden sollte. Da in der jüngsten Zeit die auswärtige liberale Presse mehrfach über die Ansichten der liberalen Partei irre- geführt wurde, so wird vom 2l. Februar ab eine badische national-liberale Corrrsponbenz erscheinen, welche die An sichten der Partei zum Ausdruck bringt. * AuS Bayern, 12. Februar. Im Passauer ReichS- tagswablkreise wird der bisherige, seine« Mandats für ver lustig erklärte Abgeordnete Domvicar vr. Pichler vom Cenlrum aufS Neue aufgestellt werdeu. Sein Gegner ist wieder wie im Sommer 1893 der Bauernbündler Wimmer. Der bevorstehende Wahlkampf hat bereits indirekt seine Wirkung geübt; sobald die WablprüfnngScommission deS Reichstages die Cassation des Passauer Mandates beschlossen batte, begruben die niederbayerischen Bauernführer die bisher gegen vr. Sigl eifrig geschwungene Streitaxt, um mit ihm gemeinsam gegen die Centrumscandidawr vor geben zu können. Der Enthusiasmus über die Sigl'scbe ReichStagSrede vom 11. Januar war in dieser Beziehung weniger der Grund als der Vorwand. — Die vorgestern in Traunstein adgehaltenen Generalversammlungen sowohl des „Oberländer WaldbauernbundeS" als auch LeS „Oberbayerischen Bauernbundes" waren außer ordentlich zahlreich besucht und nahmen einen für die Bauern- bewegung günstigen Verlauf. Die Generalversammlung deS WaldbauernbundeS wurde von Herrn Bürgermeister Huber (Rubpolding) eröffnet. Dieser führte auS, ein großes Gewicht sei für alle Inhaber von Forstrechten in Bayern darauf zu legen, daß seiten» der Staatsbehörden wieder genaue, klare, vollständige Cataster in die Hände der Forstrech tS- besitzer gegeben werden. Dringend nothwendig sei auch die Schaffung einer festen Alpenordn unz, wie sie in früheren Jahrhunderten im Gebirge bestand. (Leb hafte Zustimmung.) Weiter behandelte Redner die Un gebühr der aus jagdsportlichen Gründen im Jahre 1886 angeordneten Sperrzeit für daß Streurecken vom 15. Mai bis 30. Juni. Der nächste Redner, Bundesschriftwart Eisen- berger, gab u. A. den Brief eines Fucksmühlrr Forst rechtlers seinem wesentliche» Inhalte nach bekannt. Er ent hielt eine Schilderung der Leiden, welche die LebenSberren von FuckSmübl im Laufe der letzten 50 Jahre den Bauern dort durch Processe, Gerichtskosten rc. bereitet batten. Der nächste Redner, vr. Kleit »er, tbeilte unter Anderem mit, daß au ihn und an die Vorstandsmitglieder deS Waldbauerv- bundeS auS den verschiedensten Tbeilen Bayerns, insbesondere aus den gebirgigen, zahlreiche Aufforderungen gelaugt seien, den „Oberländer Waldbaurrnbund" in einen „Bayerischen Waldbauernbund" zu verwandeln. Der Bundesvorstand bade beschlossen, diesem Wunsche zu entsprechen. (Freudiges Bravo.) Der Bayerische Waldbauerndund zerfällt nach den gefaßten Beschlüssen künftig in Markgenossenschaften für jede Gemeinde, in eine Gaugenossenschast für jeden der acht Kreise. An der Spitze steht die BundeSvorstandschast, vorläufig mit dem Sitze in Rubpolding. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 12. Februar. Der niederösterreichische Landtag begann beute die Berathung über die Aendrrong der LaudeSordnung und der Landtagswahlordnuug. * Wien, 12. Februar. Die „Nene Freie Presse" meldet auS Innsbruck: Der Statthalter kündigte in der Sitzung des Sub- comitss deS WehrausschusseS des Landtag- an, daß die Regierung im Falle der Ablehnung der Landwehrvorlage durch den Vorarlberger Landtag dem Tiroler Landcagr eine Vorlage zugeheu lasten werde, welche die Trennung Tirols von Vorarlberg in Mehrfachen betrifft. * Wien, 12. Februar. (Privattelegramm.) BarabaS Naab, Redakteur einer kleinen Wochenschrift, wurde wegen der ehrenrührigen Behauptung, Wekerle hätte auf den Grafen Battyani und den Fürsten Esterhazy eine Pression ausgeübt, daß sie im Magnateubause für die Civilehe stimmen sollten, zu 6 Monaten Gefängniß und lOOO fl. Kostenersatz verurtbeilt. Angeklagter und Ver- theidiger blieben der Verhandlung fern. * Prag, 12. Februar. Die tschechischen UniversitätS- hörer planten gegen die Professoren Braf und Prazak, die als Landtagsabgeordnete in Sachen deS WekelSdorfer Bezirksgerichte» mit de» Deutschen gestimmt hatten, eine Kundgebung. Beide Professoren sind aber zur Vor lesung nicht erschienen. Da die Studenten vermutbeten, daß Braf und Prazak von einem College« gewarnt wurden, ergoß sich eine Fluth von Angriffen gegen diesen. * Prag» 12. Februar. Der Landtag begann die Budget- berathung. CzernohorSkh, Sregr und Kaunitz traten für ein böhmische» Staatsrecht eia und griffen den deutlchen Großgrundbesitz, die Regierung und den Statthalter auf da« Heftigste an. Gregr und Kaunitz wurden wegen der Ausfälle auf den Statt halter zur Ordnung gerufen. Schlesinger erklärte die Forderung eine» Staatsrechts für absolut unannehmbar, den übrigen Be- schwerdrn würde sicherlich Rechnung gerragru werden. Palssy ermahnte dir Jungncdecdrn zum Frieden und zur Einkehr. Dir Debatte wird morgen fortgesetzt. * Pest, 13. Februar. (Telegramm.) Die „Neue Freie Presse" meldet, daß die gütliche Beilegung der zwischen Oesterreich-Ungarn und Bulgarien bestehenden Differenzen in der Accise-Frage nahe bevorstehend sei. Ja der letzten Sitzung der österreichisch-ungarischen Zoll- Cooferenz seien diejenigen Waarengattungen bezeichnet worben, bei welchen Oesterreich-Ungarn die vertragswidrige Auflage durchaus nicht zulaffen könne, während gegen die Accise auf andere Maaren keine Einwendungen erhoben werdeu würden. Die Beschlüsse der österreichischen und der ungarischen Re gierung seien auf diplomatischem Wege in Sofia mitgrthrilt worden. * KSniggrätz, 12.Februar. (Telegramm.) Anarchisten- proceß Wolfs und Genossen. Die Anklage betrifft da« Bomben-Atteutat in der Mauthuer'schen Fabrik in Nachod, Geheimbündelei und Ruhestörung. Wolfs wurde wegen de- Attentat« und wegen Geheimbündelei zu 7 Jahren schweren Kerkers, Glaser zu 3wöchigem Arrest ver- urtheilt. Die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen. Frankreich. * Pari-, 12. Februar. Der Kaiser von Oesterreich dankte dem Präsidenten Felix Faure telegraphisch für den Willkommengruß. In der Depesche heißt eS: Die Kaiserin und er, der Kaiser, nähmen wieder mit großem Vergnügen Aufenthalt in dem schönen Lande. DaS Telegramm schließt mit dem Ausdruck der Hochachtung und aufrichtigen Freund schaft für den Präsidenten. * Paris, 12. Februar. Der „Ouotidien Jllnstre" theilt als sicher mit, es werde demnächst bei der Botschaft in Berlin der Posten eine» Marine-AttachSS geschaffen werden. * Pari», 12. Februar. (Privattelegramm.) Der Zweikampf zwischen dem Lieutenant Canrobert und dem Abgeordneten Hubbard wird morgen Vormittag in der Umgegend von Paris stattfinben. * Paris, 12. Februar. Die Enquete-Commission vernahm heute Maurice Barreß. Dieser sagte, nur durch ein geheimes Einverftäudniß zwischen Raynal und den Compagnien könnten gewisse Manöver sowie das mysteriöse Ensemble der Conventionen erklärt werden. Barres verwies auf Raynal'« MeinuagSänderung, nachdem er früher für die Verstaatlichung geweien, sowie auf die Hast, mit der die Con ventionen beralben wurden und die Direktoren der Compagnien, die 1883 mehrfach in den Versammlungen der Aclionaire er klärt batten, die ZinSgarantie dauere brS zum Ende der Cvn veationen. Raynal mußte diese Erklärungen kennen, umso mehr, als die Compagnien seit 1883 die unbegrenzte Dauer der ZinSgarantie auf ihre TitreS einschrieben. Wenn Raynal dennoch geschwiegen habe, so könne dies nur daS Resultat einer mit den Compagnien verabredeten Tactik sein, die das Schweigen später als Zustimmung auSlegen wollten. Dir Commission müsse darum die Untersuchung auf die Motiv: Raynal'S erstrecken und die Bücher der Compagnien prüfen, ob sie vielleicht in jenen Jahren außergewöhnlich Hobe PublicitätsauSgaben enthalten, und uian müsse auch die Geschäftsbücher Raynal'S untersuchen. (Frkf. Ztg.) * Pari-, 12. Februar. Der neueste radikale Feldzug behufs Aufdeckung neuer Skandale in der Angelegenheit der Eisenbahnverträge gilt bier als vollständig ge scheitert. Millerar.d, BarreS und Allain Targö wußten vor dem Ausschüsse nur allgemeine Beschuldigungen ohne den geringsten Beweis vorzubringen. Taraö mußte sogar zugebrn, daß Raynal'S Ebrenhaftigkeit außer Zweifel stehe. Der Aus schuß wcrd die Angelegenheit bald damit beenden, daß er die Versetzung Raynal'S in Anklagestand mit erdrückender Mehr heit ablehnt. Belgien. Brüssel» 12. Februar. Die Antwerpener Polizei ver haftete einen Utrechler Anarchisten, den Cigarrrnarbeiter Hendricks. Man fand bei ihm Anweisungen zur An fertigung von Bomben. (Boss. Ztg.) Italien. * Rom, 12. Februar. Die Blätter heben die Bedeutung der Niederlage ver Radikalen und Socialdemo- krateu bei den Municipalwahlen in Mailand hervor. * Ram, 12. Februar. Die Unruhen unter den Stu denten der hiesigen Universität dauerten heute fort. Die „O, wie schlecht war daS von Guido! Er mißbrauchte Gottfried'» edle» Herz auS selbstsüchtigen Absichten und war so feig. Dir dann nicht einmal die Wahrheit zu gestehen, als er Gottfried in- Unglück gestürzt. So hatte mich meine Ahnung nicht getäuscht. Es ist an den Tag gekommen, wer ver Schuldige ist. Aber wir müssen wieder gut machen, was er an Gottfried gesündigt — ja Vater, daS rst unsere Pflicht. O, er ist em guter, edler Mensch, und wenn er auch gefehlt hat, er bat eS nicht um seinetwilleu gethau, für mich bat er seine Stellung, seine Ehre geopfert, er hat sein Wort gegeben, zu schweigen nnd hielt «S — wenn er auch darüber zu Grunde ging." Die Deredtsamkeit eine- liebenden edlen Herzen- hat etwas UeberzeuaendeS, Hinreißendes. Herr Sieler und seine Frau konnten sich diesem Eindruck nicht entziehen. „Martba hat Recht", sagte er; „obwohl eS ein Unrecht war, daS er begangen, ist er ein guter, edler Mensch. Wenn er nur erst wieder genesen ist." Es war an einem Freitag in der ersten Hälfte deS August. Bei Bonoraud im Rosenthal war NacknnittagS-Concert. Der Himmel wölbte sich in wolkenloser Bläue über die hohen Eichen, die Sonne fiel warm und goldig ans die plaudernde Menge. Da» Plaudern begleitete die Musik, da« war nun in diesen Garten-Concerten so hergebracht, da ging es ja nicht so feierlich zu, wie in den Concerten de- Gewandhauses, wo Rietz den Tactstock schwang. Außerdem hatte man Lumbye'S „Traumbilder", die das Musikkorps eben spielte, schon oft gehört. Unter der Eolonnade, welche damals nach Norden hin daS Terrain de» CafS Bonorand begrenzte, saßen Frau Sieler und ihre Tochter Martha, di« Blicke nach dem von ver Stadt herfübreaden Hauptwege gerichtet. Em belebte» Bild da draußen auf diesem Wege! Von ihren Wärterinnen gezogen, fuhren zahllose Kinder in kleinen Wagen in den Wald hinein. Die kleinen Gesichter saben er staunt auf die Vorübergehenden oder klatschten in die Hände, wenn sie einen Hund erblickten. Soldaten, in der dunklen Uniform der sächsischen Schützen, begleiten die in langsamen Schritt fahrenden bübschen Kindermädchen, halblaute Worte mit ihnen tauschend. Studenten drängten sich durch die Menge, um nach GobliS oder noch weiter hinaus, Eutritzsch odsr Möckern zu wandern, in eine jener Dorfkneipea, wo der studentische Humor sich freier gehen lassen konnte. Da sab man die rotden Mützen der Burschenschafter, die dunkelblauen de» EorpS der Lausitzer, die grünen der Meißener, die bell- dlanea der Sachsen. Langsam und gravitätisch wandelten längl de» Zaune», der da» Etablissement Bonorand von dem Wege trennt, in ihren langen, glänzenden, schwarzen RoquelaurS zwe, polnische Juden, für welche die Sabbatbfeier schon be gonnen bat. Die Gesichter mit den mächtigen Bärten und geringelten Löckchen, die unter dem niedrigen breitkrämpigen Hute hervorquollen, erinnern an die Patriarchen des alten Testaments. Da drängt sich, glatt wie eia Aal nnd gelb wie eine Butterblume ein kleiner magerer Briefträger im gelben Frack mit blauem Kragen, die braune Lebertasche über die Schulter hängend, zwischen ihnen durch. Die beiden Israeliten riefen ihn an, ob er etwa- an sie habe, aber er schüttelt mit dem Kopf und eilt weiter. Behäbige Bürger mit ihren Ehehälften, die im Waldscblößchen zu Gohlis eine Gose trinken wollten, spazieren langsam vorüber. Hinter ihnen promeniren zwei junge Männer in lebhaftem Gespräch. Ihre schlanken Gestalten lassen nickt den Umfang ihres Wissens ahnen, eS sind angebende Privatkocenten der philosophischen Fakultät. Die Zukunft und ein Lehrstuhl an der Universität liegen noch vor ibnen, während das magere Männchen in dem langen fadenscheinigen Rock mit dem hageren schlecht- rasirten Gesicht, aus dessen Falten graue Bartbaare wie Herbststoppeln auS Ackerfurchen bervorsehea, alle Hoffnungen hinter fick hat. Er ist ein alter Magister, der mit Correcturen hebräischer und griechischer Werke sein Dasein fristet. Ab und zu sieht man auch schon einen Reiter in glänzender blauer Uniform langsam durch die Menge reiten, angestaunt von dem Publicum. Der Reiter gekört zur EScadron der Communalgarbe, deren Bataillon beute Abend ans dem großen Exercierplatz eine Uebung abhalten soll. Je weiter die Sonne nach Westen sich neigte, desto zahlreicher wurden die Spaziergänger, desto zudringlicher ancb die zahllosen Mücken und Wespen, welche sich m der von Sonnenstrahlen durchbrochenen Staubwolke, die über dem Ganzen schwebte, tummelten. Aber trotz de» Menschengewühl» und der Staubwolken erkannte Martha die beiden Männer, welche eben am Eingang zum Rosentbal erschienen und langsam auf da« Lass Bono rand zuschritten. Es war Gottfried mit ibrem Vater, der beute seinen ehemaligen Cassirer nach vielwöchigrr Krank heit zum ersten AuSgang auS dem Hospital abgebolt hatte. Die beiden Männer gingen mit einander wie gute Freunde. Seit dem Tage, an welckem Herr Sieler von dem Polizei- birector den Grund ersakren, der den Cassirer bewogrn, seinem Neffen da« Geld zu geben, hatte sich in ihm allmählich eine Sinneswandlung vollzogen. Er schickte die Unterstützung, die Gottfried'- Bruder und seine alte Mutter empfingen, während Müller'- Krankheit an diese ab. Sobald Gottfried wieder Besuche empfangen durfte, kam Herr Sieler wöchentlich mehrere Male in daS Hospital und vielleicht trug die herzliche Tbeilnabme, da» aufrichtige Wohl wollen, welches der Kaufherr seinem ebemaligen Commis bewies, die offene Aussprache über das Geschehene,'zu Gottfried'« Genesung ebensoviel bei, wie die Kunst der Aerzte. Guido batte bald nach jenem nächtlichen Abenteuer am Schwanen- teick Leipzig und Deutschland verlassen. So oft Herr Sieler von seinem Besuch im JacobSbospitale zurück kam, erzählte er den Seinigen, wie e» Gottfried gebe, was er mit «bm gesprochen. Dabei beobachtete er Martba und wenn ibm noch ein Zweifel darüber gewesen, daß sein Kind Gottfried liebe, ihre leuchtenden Augen bei seinen Mittbeilungen verscheuchten ihn. Mit seiner Frau vermied er eS, darüber zn sprechen und sie that desgleichen. Vielleicht fühlte sie, daß ibr Widerstreben gegen diese Liebe doch vergeblich sei. — Vielleicht batte Gottfried'« aufopfernde, edelmütbige Handlungsweise auch sie dem Gedanken einer Verbindung ihrer Tochter mit dem jungen Manne geneigter gemacht. DaS Glück macht gesund, eS kräftigt Leib und Geist. Jene« innere Glück, daS seine Befriedigung nickt in äußerem Glanz und Prunk, sonder» in der Erfüllung der Sehnsucht deS Herzens findet. Die Blässe, die sckwermiitbige Stimmung Martha'S, die den Kaufherrn so bekümmert hatten, schwanden. Es bedurfte keiner Badereise nach Baden-Baden oder Wiesbaden mehr, die Liede war ibr Arzt geworden . . . Und nun stand Gottfried vor ibr . . . reichte ihr dir Hand zum Gruß . . . Ihre Blicke tauschten ineinander . . . „Süß wiegt das Herz sick im Traume", klang eS auS Lumbye'S Traumbildern . . . Aber daS war kein Traum, kein Gebilde der Phantasie, da« war schöne lebensvolle Wirklichkeit. . . ES wurde wenig an dem kleinen runden Tisch gesprochen, an welchem die Familie und Gottfried saßen. Da- wahre Glück ist nicht voller Geschwätzigkeit, e« ist still, stumm . . . Dem schönen, warmen Sommernachmittag folgte ein ebenso milder Abend. Die Sonne senkte sich mebr und mehr und warf ibr« goldenen Strahlen durch da« Eichenlaub auf die frohe, beitere, plaudernde Menschenmenge im Cafe Bonorand, die letzten Klänge deS ConcerteS waren verstummt, die Musiker packten ihre Instrumente ein. „Es ist der erste AuSgang", mahnte Herr Sieler, an Gottfried sich wendend, der Abend ist zwar warm, aber ein Genesender muß vorsichtig sein .. „Du hast Recht, Papa", sagte Martha, „und dem Abend folgt ja ein Morgen . . ." Man erhob sich . . An der Augenheilanstalt, da, wo der Weg zum JacobS- hospital von der Hauptstraße abzweigt, trennte man sich . . . „Auf Wiedersehen . . sagte Gottfried . . . „Auf Wiedersehen, morgen . . antwortete Martha hinzu und eia warmer Druck der Hände bekräftigte daS Abschiedswort. . . Schon wenige Wochen nach diesem Augusttag konnte Gott fried daS Hospital vollständig genesen verlassen. Wie er so dahinsckritt über die Brücke am Ranstädter Steinweg, der inneren Stadt zu, hätte man in ihm nicht den blaffen, traurigen, stellenlosen Commis vom Frühjahr wieder erkannt. O, e» ist ein wunderbarer Zaubertrank, da» Glück, jenes Glück de» Herzens, da» nichts gemein bat mit der falscdrn Schaumünze, welche die launenhafte Göttin Fortuna prägt und ihren Günstlingen zuwirft, denen e» nur zu oft damit ergebt, wie den Schatzgräbern im Marnsee nnt dem Gold de- Teufels, da» sich unter ihrer Hand in Scherben verwandelt. Herr Sieler empfing Gottsined im Comptoir mit herz lichem Händedruck und stellte ihn dem überraschten Personal als seinen Prokuristen vor. Die jungen Männer beglück wünschten lebhaft ihren früheren College», dessen Schicksal sie alle bedauert batten. Der glücklichste Gruß aber leuchtete ihm au» Martba« Au^eu entgegen, al» er nach der Vorstellung im Comptoir mit Herrn Sieler hinauf in die Wohuräume der Familie ging Welch ein Unterschied zwischen dem schweigsamen, traurigen Mittagsmahl jene« WmtertagS, an welchem Herr Sieler Gottfried ohne Kündigung entlassen batte und der kleinen still-frohen Tafelrunde, die heute um den Familientisch saß Auch Frau Sieler sah mit zufriedenen Mienen drein. Sie batte sich überzeugt, daß ihre Tochter Martha ihr LebenSglück nur in Gottfried - Liebe finden würde — und diese Ueber- zeugung hatte endlich alle Bedenken und andere Pläne über wunden . . . Unsere Geschichte ist zu Ende . . . Al« wieder Weihnachten in'S Land kam, in der heiligen Nacht tausend Sterne oben am blau-schwarzen Himmelsgewölbe funkelten und glitzerten, da leuchteten die Wachskerzen d«S Tannenbaums in Sieler'« Wobngemach einem jungen, glücklichen Paar, da« vor wenigen Wochen in der Ntcolaikirche den Bund für - ganze Leben geschloffen hatte!
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