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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950214024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895021402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895021402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-14
- Monat1895-02
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11»I» 104.50 180.75 105.— 102.— 104.— 102,— 1P4 — 103.80 122- so,co r — >24 50 66^50 74,50 14g, ISt.SO 113,80 202.— S4- 310 — 174.— 155.25 300,75 10S,- 342 — 111,80 66.- 280,— 134,— 338.— 61,— 184,50 143,— 85,50 87 — 77.25 27. 101,50 87,— 83,80 10885 118.10 134.- 165.25 189.— 132,60 85 — 16460 218.70 88.35 189.75 87,— 1 13?.- 89.30 6075 925 160,80 34r,7S -470 398.50 304.50 106SS 25».— 211 — 9125 241,25 102.50 60.75 12450 49.32'.. 9.85 60.75 1.33', 122.- e, lsorck- wd»räeri ou vnid»ii LI« 4.3.. x>»s ö,»^. 40,-1431. Qriin»»-- 0 23 ». dloclcl«?. llztiisxlü 66.50 336 >83.10 7.7 4?^ >3..— 35.50 L 90.90 32125 25,23 - sdörs« «r. L- uoä Ü>3 153'^ Ü4« S51 453-. SS'- 10^ 99. !«v per 41. per .10, -) avigebe U-Vl>I- 2<2 «iei 2/2)' 3e>' S/2>6er 4-?o,t VezugS'PreiS 1» d« Hauptexpeditioa oder den im Stadt, teitrk «ch den Bororten errichteten Au», a »bestelle» abgeholt: vierteljährlich^it.öO. vet zweimaliger täglicher Zustrllnng iv« H«u< ^l b.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,ährlich 2» . Ltrrcte tägliche Arenzbandieodung i»S >u»land: monatlich ^l 7.S0- Dir Worgen-AuSgab« erscheint täglich '/,7 Uhr, die Abeud-Au-gab« Wochentag» b Uhr. Ne-artton »ad Erve-Mo«: Aaha«ne»gaffe 8. Di« Expedition ist Wochentag» anunterbrochr» «eösst»et »a» früh 8 be» Abend» ? Uhr. /iliale«: Ott« Ae««'» Sortt«. (Alfred Universitättstrab» 1, Leut« Lösche. Katharinlustr. 14, Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe riMer TageUlM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. ^-83. Donnerstag den 14. Februar 1895. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. Februar. Bon einem Mitgliede des Reichsgerichts wird der „Boss. Ztg." geschrieben: „Die Presse hat sich neuerdings mehrfach mit dem deutschen Reichsgericht beschäftigt. Um aber ein Zutreffendes Urlheil über die einzelne Entscheidung des Reichsgerichts zu fällen, muß man zuvor fragen, war der Gerichtshof nach dem Aufbau des Rechtsmittels überhaupt in der Lage, anders zu entscheiden? Zn welcher Form auch ein Gesetz gegen den Umsturz zu Stande kommen mag, — das Neichgericht würde um seine Stellung den auf Grund solchen Gesetzes zu erlassenden Urtheilen der Landgerichte oder OberlandeSgerichte gegen über nicht zu beneiden sein. Was auch bei der An wendung solchen Gesetzes herauskommen möge, — die rcichsgerichtliche Zudicatur wird von der öffentlichen Meinung, von allen, die ein anderes Ergebniß, sei cS eine schärfere oder eine mildere Anwendung des Ge- wtzcs. Unterdrückung oder Freiheit von gewissen Reden und Schriften wünschen, moralisch verantwortlich gemacht werden. Nun aber giebt eS für die Revision eine Grenze. Das ist die that sächliche Feststellung, und nach der Rechtsprechung, wie sie auch von dem vormaligen preußischen Obertribunal gehandhabt wurde, unterfällt die Absicht, in Vereine Hand lung unternommen wurde, der unanfechtbaren tatsächlichen Feststellung. Dem Reichsgericht liegt derArtikel einerZeitungvor, in welchem Staatsanwalt und Landgericht eine Beleidigung gefunden haben. Der Urheber ist ermittelt, oder der verant wortliche Redacteur hat besondere Gründe, die seine Haftung nach dem Preßgesetze ausschließen könnten, nicht geltend gemacht. Der äußere Sachverhalt ist also unstreitig. Zu entscheiden bleibt allein über den Kern der Frage, ob der Artikel in dieser Fassung eine Beleidigung enthält. So lauge man bei solcher Gestaltung der Sachlage die Beurtheilung dieser Frage dem Revisionsgericht vorenthält mit der Unangreifbar- icil der tatsächlichen Feststellung, der Urheber habe in der Absicht, zu beleidigen, den Artikel veröffentlicht, oder das Borbandensein einer Beleidigung gehe aus der Form der Aeußerung oder aus den Umständen hervor, unter welchen sie geschah; so lange entzieht man der oberstrichterlichen Zudicatur eben den Kern nnd überweist ihr nur die Schale. Es steht nicht anders mit den beschimpfenden Aeußerungen des 2. l6t» Str.-G.-B. Nun aber ist die Absicht des Thäters nach der Umsturzvorlage Alles. Die Freunde der Vorlage appelliren an das Vertrauen auf die Gerichte, die Gegner warnen vor dem subjektiven Ermessen. Sollten da nicht Freunde und Gegner sich bei der Berathnng der Novelle znin Gerichlsversassnngsgesetz und zur Strafproceßordnung die Hand reichen, daß daS Rechtsmittel der Re vision so weit geändert wird, daß bei der Unangreif barkeit des äußeren Thatbestandes die Frage, ob und welche Absicht des Thäters aus der ganzen Sachlage zu entnehmen sci, ob dieser, z. B. ein Redacteur, aus Fahrlässigkeit ge bandelt habe, bis in die höchste Instanz in der Weise verfolgt werden kann, daß da« Reichsgericht über Schuld oder Unschuld endgiltig sprechen, also freisprecheu oder nur zur Strafabmessung zurückverweisen kann? Uebrigens liegt die Sache bei der Revision in Civilsachen nicht anders. Wo die Frage, in welcher Absicht ein Vertrag ge schlossen ist, waS die Parteien mit diesem Vertrage ge wollt haben, aus der Vertragsurkunde oder dem festgestellten Inhalt der mündlichen Verabredung erkennbar ist, sollte diese Frage der oberstrichterlichen Entscheidung niemals ent zogen blerben. Beim Schadenersatz aus unlauterem Wett bewerbe, bei der Klagbarkeit von Börsengeschäften — ob Spiel oder csfectiveS Geschäft — würden wir zu einer ein- beitliche» Zudicatur gelangen, wenn jene Schranke der Revision beseitigt ist. Das ist ein einfacherer Weg» als eine Börsenreform mit dem Negisterzwang! Heute können wir es erlebe», und wir baden es erlebt, daß genau der selbe Tatbestand in Rücksicht der Absicht von zwei verschiedene» Senaten desselben Oberlandesgerichts oder von zwei verschiedenen Oberlankesgerichten in entgegen gesetztem Sinne beurtheilt wird, und nun von den unter liegenden Parteien in beiden Sachen Revision eingelegt wird. Da muß es denn dabei bleiben, daß in der einen Sache der Angeklagte freigesprvchen, in der andern Sache verurtheilt, oder der Kläger der einen Sache abgewiesen, der Verklagte der andern Sache verurtheilt bleibt — ob wohl derselbe Senat des Reichsgerichts in beiden Sachen an demselben Tage entscheidet. Soll das immer so bleiben ? Das Ansehen der Rechtsprechung wird dadurch nicht gehoben." Die in Aussicht genommene Ernennung des früheren Ge sandten Kammerherrn Werner von Berge» zum Nachfolger des Herrn Peycr als Vertreter Deutschlands bei den central- amerikanischen Republiken begleitet die „Franks. Ztg." mit folgenden Betrachtungen: „Herr von Bergen hat während seiner sechzehnjährigen Wirk- jamkeit an der Stelle, auf die er nunmehr nach ungefähr dreijäh. riger Muße zurückberusen worden ist, den Beweis geliefert, daß er der richtige Mann für diesen Platz ist. Die dortigen Deutschen find mit ihm zufrieden gewesen und haben seine Abberufung, deren Gründe heute noch ziemlich im Dunkeln liegen, lebhaft bedauert, andererseits ist er auch mit den Regierungen, mit denen er amtlich zu verkehren hatte, durchweg gut ausgekommen. Daß er, wo es noth thut, auch diewünichenswertheEnergie zu entwickeln versteht, hat er gerade in der vielbesprochenen Angelegenheit des vr. Prowe bewiesen, deren ersolgreiche Erledigung ihm durch seine plötzliche Ab- berufung unmöglich gemacht wurde. Wird somit die Ernennung des Herrn von Bergen bei den in Betracht kommenden Kreisen voraussichtlich mit Befriedigung ausgenommen werden, so ruft andererseits die endliche Neubesetzung des wichtigen Postens noch einmal von Neuem die Verwunderung darüber wach, daß es so vieler Bemühungen der öffentlichen Meinung bedurft hat, um endlich nach Jahren zu diesem Resultat zu gelangen." Den energischsten Ausdruck der öffentlichen Meinung in der allerjüngsten Vergangenheit, nämlich die Zn terpella tion Hasse, bat dasselbe Blatt noch vor wenig Wochen als „Säbelrasselei" -gx. unter heftigen Ausfällen gegen Professor vr. Hasse herabzusetzeu sich bemüht. Wenn die „Franks. Ztg." jetzt diesen Standpunkt „voll und ganz" ausgiebt, so ist das um so werthvoller, als die „Franks. Ztg." zu den ergebensten Vertheidigern des „neuen Curses" gehört hat. Andererseits ist es erfreulich, daß Freiherr von Marsch all gerade an einer ihm befreundeten Stelle zu hören bekommt, was er, so oft es anderswo gesagt wurde, mit Schärfe glaubte zurückweisen zu müssen. Bei dem derzeitigen Stande der Congofrage in Belgien spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Angelegenheit sich entsprechend den Wünschen der Regierung regeln wird. Wenn die socialdemokratisch - anarchistischen Umsturzelemente der Kammer gegen die Uebernabme des Congvstaales durch Belgien aus dem Grunde Stimmung zu machen suchen, weil dieser Abschlnß der Frage den Lieblingswünschen deS Königs Leopold entspreche, so ist das nur ein weiterer Ansporn für die öffentliche Meinung des Landes, den Machenschaften einer Coterie entgegenzutreten, die Belgien es entgelten lassen will, daß sein Souverain auf afrikanischem Boden eine Schöpfung ins Leben gerufen hat, welche die eifrige Begehr lichkeit der Franzosen wachruft und deren Erwerb die bel- fch-.. »>.. ° zw"' LNl./, dem Kvnlgthum vermeintlich . es kommt wie gesagt" der Volk-.ns^ hinzu, daß auch die wlrtbschaftucyen -». bsiterbevölkerung Abfa Marktes, insbesondere der Ksch-^ so einleuchtend geworden sind, daß^ sie d'esttven ^ Industrie erhalten wissen wollen. ^ s^^chen Ordnung und Wägungen der politischen Raison, s P?oject, des wirthschafilichen w.e sociale., ^",'s-s.um°emp^. betreffs Uebergang deS Congvstaales an Belgien, P mentarischen Wege zu ebnen. Außerordentlich friedlich- Tone klingen ans Frank reich zu uns herüber, friedlicher, als man ^ ft't - . n vernommen hat. Bekanntlich ist d"' "§ s - sich von der weitherzige» Humanität und dem u . Völkerfeindschaft hinüberreichenden Dü gefuhl, welche K a., Wilbelm anläßlich des laiigen bedenklichen Ausbleibens vei verloren geglaubten „ Gascogne" betbäligk hat, entbul,aSm,rt und entzückt zeigt und die Hoffnung ausspricht, daß eS „viel leicht nicht vieler solcher Acte bedürfe, um ein Ziel zu er- reichen das die Diplomatie mit all ihrer geschraubten Künstelei nicht zu erringen im Stande Ware: iene eherne Mauer zu beseitigen, die Bosheit, ^ißverstankniß und Eifer sucht aufgerichtet haben und die seit 1871 die beiden Nationen trennt." Und einen hoffnungsfreubigen Widerl^ll »"'ß auch die zuslimmende Zuschrift aus dem Leserkreis des §,garo erwecken,der es heiK: „Es ist Pflicht der großen Presse, gegen diese ewige Campagne des Hasses und der unnutzen Beleidigungen zu reagiren". Allein der Accord, mit welchem der „Figaro seme Friedenshymne schließt: „Eine Seele, die dem Mit gefühl nicht verschlossen ist. kann nimmermehr der Gerechtigkeit keinen Zugang gewahren » reißt wieder aus allen Zllusiolien, denn es bestätigt aufs Neue, daß alle, auch die natürlichste Antheilnahme für sranroslsche Auge- legenheiten von deutscher Seite nur dazu dient, der Hornung neue Nabrung zu geben, daß Elsaß-Lothringen wieder an Frank reich abgetreten werden könnte. Einen anderen Sinn kann der Schlußsatz des „Figaro" füglich nicht haben. Kein deutscher Kaiser und König von Preußen aber kann sich.l.e dazu ver sieben, Frankreich die Basis seiner früheren europäischen Politik, die es mit Straßburg und Metz verloren, zuruckzugeben. „Gerechtigkeit" ist gewiß eine lobenswerthe Eigenschaft, aber der Gerechtigkeitssinn des deutschen Kaisers gehört in erster Linie dem deutschen Reiche und dem deutschen Volte. Wir glauben auch nicht, daß eS dem „Figaro" gelingen wird, vielen Franzosen seine Träumereien zu suggeriren, und er selbst wird bald zu nüchterner Betrachtung unabänderlicher Thatsachen zurückkehren muffen, wenn er es nicht vorzieht, in Frankreich mit Ausschluß der Oeffentlichkeit zu erscheinen. Ein Zwischenfall, der zu einer Auseinandersetzung zwischen dem päpstlichen Staatssecretariat und der diplomatischen Vertretung Rußlands beim Vatikan geführt hat, wird hier viel besprochen. Seit einiger Zeit weilte nämlich in Rom ein russischer Geistlicher, Namens Tolstoi, aus der berühmten russischen Familie dieses Namens, welcher zum Katholicismus übergetreten ist und die Weihen eines katholischen Priesters erhalten hat. Mit dem ganzen Eiser eines Convertiten machte Abbe Tolstoi in den Kreisen des Vatikans und der höheren Geist lichkeit Propaganda für eine Annäherung zwischen der orthodox-russischen und der katholischen Kirche. Wie voraus- zuseben war, hat Abb6 Tolstoi durch seinen Uebertritt zur katholischen Kirche den Unwillen der heiligen Synode in Peters burg auf sich gezogen, welche jüngst über ihn die Excommuni- AnzeigeN'Pret- die 6 gespaltene Petttzeile SO Pfg. Neclamen unter demRrdactilmsstrich (4a»» spalten) vor den Familiennachrichte, (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichaiß. Tabellarischer und gifferusatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), »ur mit de. Morgen»AuSgab« . ohne Postbrfürderung «4 60.—. mlt Postdesörderuug ^l 70.—. Annatimeschluß für Anzeige«: «bend.Ausgab«: vormittag« 10 Uhr. Margeo»Au»gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn» und Festtag» früh '/F Uhr. vet deu Filialen und «unahmestellen j, et«» Halde Stunde früher. Auietge» Pud stet» »» di« Trpesttt»» zu richte». Druck «ad Verlag von G. Pol» t» Leipzig 8S. Jahrgang. cation verhängte. Aber auch die russische Regierung scheint an seinen erwähnten Bestrebungen bezüglich einer Annäherung zwischen den beiden Kirchen Anstoß ge nommen zu haben, denn der beim Vatican accreditirte russische Gesandte, Zs wolSky, hat bei dem Cardinal - Staalssecretair über die zu freundliche Aufnahme, welche Tolstoi in den kirchlichen Kreisen Roms ge funden hat. Beschwerde erhoben. Um nun jeden Conslikt mit der russischen Regierung zu vermeiden, hat Cardinal Rampolla in Anbetracht der von russischer Seite gellend gemachten Vorstellungen den Abbe Tolstoi ersucht, Rom für einige Zeit zu verlassen. Letzterer hat diesem Wunsche Folge gegeben und ist nach Paris abgereist. Deutsches Reich. * Leipzig, l4. Februar. Aus Zittau wird unS von unserem *^*-Correspondenten unter dem 13. d. M. geschrieben: „Es besteht die Absicht, dem Fürsten Bismarck aus Anlaß seines bevorstehenden 80.^GeburtstageS das Ehrenbürger recht aller sächsischen Städte, die über 10000 Einwohner haben, zu verleihen. Um über diese Angelegenheit zu be schließen, fanden sich gestern Nachmittag die Vertreter der in Frage kommenden Städte in Dresden zu einer Besprechung ein, an der auch ein Vertreter unserer Stadt theilnabm." — Das Ebrenbürgerrccht von Leipzig, Dresden und Chemnitz besitzt Fürst Bismarck schon. Q Berlin, 13. Februar. Die im NeichSetat für die Er weiterung deS Schießplatzes Lockstedt (Schleswig) zu einem Truppenübungsplätze des 9. Armeecorps geforderte Summe von 1 221 000 ist von der Budgetcommission gestern (wie gemeldet) gestrichen worden. Wir glauben nicht in der An nahme zu irren, das; dieser Beschluß weder auf Verneinung deS Bedürfnisses, noch aus allgemeine finanzielle Erwägungen zurückznsühren. sondern in Zweifeln an der Preiswürdigteit des zu erwerbenden Geländes begründet ist. Es handelt sich um 1890 llu nackten Heidelandes, der Hektar dieses mindcrwerthigen Bodens käme mithin auf über V46 zu stehen; das im Königreich Preußen zur Bildung von Rrnlcn- girtcra angckauftc rnwergkichlich untzbucer^ Land stellt sich im Durchschnitt aus 700 ^ für den Hektar. Die Forderungen au die Militairverwaltung scheinen demnach überspannt zu sein, und es empfahl sich umsomehr, ihr eine erneute Schätzung nahezulegen, als laut Erläuterung zum Etat für spätere Zen der Erwerb weiterer an das Lockstedtcr Ucbungsfeld an grenzender Flächen in Aussicht genommen ist. * Berlin, 13. Februar. Von seinem Vertreter in Poko- hama hat daS Berliner Zapan-Jmporthaus von R. Äagucr ein Schreiben erhalten, das Mittheilungen enthält, wie man in dem fernen Jnselreich bereits seit Monaten damit be schäftigt ist, den achtzigsten Geburtstag des Fürsten Bis marck zu feiern. Das Bemerkenswerthe hierbei ist, daß nicht nur unsere in jenem ostasiatischen Kaiserreiche leben den Landsleute die Feier des Tages vorbereiten, sondern daß an diesen Vorbereitungen auch die einheimische Bevölkerung mit Eifer sich betheiligt. Ende des vorigen Zahres sind von Japanern, die in Deutschland ihre Bildung genossen haben, an alle Landsleute, die den gleichen Bildungsgang durchgemacht batten, Circulare erlassen worden, in denen sie zu einer gemeinsamen Veranstaltung eiugeladcn wurden. Dieselbe Einladung ist an die Mitglieder des Vereins für deutsche Wissenschaft und Schule in Tokio ergangen. Endlich ist ein Aufruf an die Studirenden der Universität zu Tokio erlassen worden, es mögen sich an der Feier alle diejenigen betheiligen, die der deutschen Ein Lecher Lethe. lj Roman von R. Teilet. Nachdruck vrrbottn. 1. Capitel. „Würde es Euer Gnaden interessiren, die Todtenhalle zu besichtigen?" Ich zauderte einen Moment. Schaurige Anblicke sind nicht meine Passion. Dann aber folgte ich dem jedem reisenden Engländer innewohnenden Drang, auf Reisen nichts ungesehen ;u lassen, und nickte zustimmend mit dem Kopfe. Zu Hause rernachlässigen wir Engländer die interessantesten Dinße — wir können sie ja zu jeder Zeit genießen. Unterwegs jedoch übt der Gedanke, daß man vielleicht nie wieder im Leben Gelegenheit hat, das Betreffende zu sehen, eine mächtige Anziehungskraft auf uns aus; darum erwiderte ich auf die an mich gerichtete Frage: „Ja. Zeigen Sie mir die Todtenhalle!" Der Mann, mit dem ich sprach, war der Aufseher eines großen Kirchhofs in einer deutschen Sladt, deren Namen ich aus guten Gründen verschweige. Wir wollen sie „Grenzstadt" nennen. Er hatte mich schon durch den ganzen Kirchhof, dessen schöne Denkmäler mich zum Eintritte veranlaßt hatten, geführt und brachte mich jetzt, meinem Wunsche entsprechend, zu einem Gebäude, das am Eingänge deS Kirchhofs stand. Das Hau» war größer, als ich es mir gedacht hatte. Seine Außenseite unterschied sich nur dadurch von anderen Häusern, baß die Fenster sehr hoch angebracht waren. An dies Ge bäude stieß ein kleines Häuschen, von dem ich sofort errieth, baß eS die Wohnung deS TodtengräberS sei. Wir batten nur wenige Schritte bis zum Eingänge der aodtenhalle zurückzulegen. Die Thür war unverschlossen. Der Todtengräber öffnete sie und gab mir einen Wink, ein- Mreten. Ich blieb einen Moment lang in der Thür stehen, mn einen Gesammteindruck deS Ortes zu erhalten. ES war ein großer Raum, der sein Licht durch die mir von außen ausgefallene, hochgelegene Fensterreihe erhielt. Da bie Sonne bereits unterzugeben begann, war e» kein sehr belleS Licht mehr, daS hineindrang; die dicken, staubigen scheibe» schienen der Sommerdämmerung daS Hineinbliaen Kehre» zu wolle». Trotzdem war noch jeder Gegeostaud iu der Halle deutlich sichtbar, und ich bemerkte, daß sie eine Anzahl schmaler, niedriger, länglicher Tische enthielt, die in zwei gleichlaufenden Reihen aufgestellt waren. Diese Tische mochten etwa zweiundeinhalb Fuß hock) sein und bestanden aus Ziegeln, die oben eine Schieferplatte trugen, offenbar waren sie zum Tragen der Särge bestimmt, denn drei von ihnen erfüllten augenblicklich diesen Zweck. „Wir haben sonst mehr hier", bemerkte der Todtengräber, der sich, wie es schien, für den spärlichen Anblick entschuldigen wollte. „Alle Todten dieses Viertels werden hierber gebracht. Sie dürfen hier nicht, wie in England, im Hause behalten werden." „Aber läuft man dadurch nicht Gefahr, sie lebendig zu begraben?" „O, wir begraben sie nicht sofort, Euer Gnaden. Und die Särge lasten wir, wie sie sehen, offen." Das war richtig, denn neben jedem Sarge lag sein Deckel. „Hätten Sie Lust, sich die Leichen anzusehen?" fragte der Todtengräber. „Eine darunter ist sehenswerth — ein bild schönes Mädchen." „Meinethalben", sagte ich, wie vorher entschlossen, nichts ungesehen zu lasten. Er führte mich zum ersten Sarge. Ein entsetzlicher An blick. Ich warf einen flüchtigen Blick hin und ging weiter. Der zweite war nicht minder schrecklich. Wir gingen zum dritten. Diesmal wandte ich mich nicht ab, sondern starrte wie verzaubert auf den Sarg hin. Er enthielt die Leiche eines jungen Mädchens, — de« be zauberndsten Geschöpfes, das ich je gesehen zu haben glaubte. Weiß gekleidet, die Hände über der Brust gefaltet, lag sie da, nicht wie eine Todte, sondern wie eine friedlich Schlafende. DaS Gesicht war sehr blaß und erschien im Gegensätze zu dem dunklen üppigen Haar noch weißer. D>e Züge waren fein geschnitten, die Nase schön geformt, der Mund klein und edel, lange, seidene Augenwimpern sielen auf die blaffen Wangen herab. Es war ein Gesicht, daS man nicht sehen konnte, ohne von einem Gefühl trauriger Ohnmacht dem Tode gegenüber, in das sich eine bittere, feindliche Regung mischte, ergriffen zu werden. Wie lange ich so dastand und sie anschaute — ich weiß es nicht. Die Stimme des TodtengräberS entriß mich schließ lich meinen Betrachtungen. „Ein hübsches Mädchen", krächzte er, „ein schönes Mädchen. Aber nur heute noch. Morgen fleht sie schon ander» auS." Ich schauderte »»willkürlich der diesem Gedaukeu. „Wie lange liegen die hierhergebrachten Todten, bevor sie begraben werden?" fragte ich. „Es kommt darauf an. Zuweilen zwei bis drei Tage. Zn der jetzigen Hitze kann man sie aber so lange nicht halten. — Es war heute auch schon ein englischer Herr hier. Ich glaube, er kam nur, um sich daS Mädchen anzusehen." „Woraus schließen Sie das?" fragte ich. „Weil das Erste, was er in gebrochenem Deutsch sagte — er sprach^nicht so gut Deutsch wie Euer Gnaden —war: „Haben Sie nicht ein junges Mädchen hier — eine Eng länderin?"" „Ja, mein Herr", erwiderte ich. „Ich will sie sehen. Zeigen Sie mir die Leiche." Er sprach kurz und unfreundlich, aber ich machte mir nichts daraus. Man kann nicht verlangen, daß jeder Mensch höflich und zuvorkommend ist, außerdem bemerkte ich, daß er ein Geldstück in der Hand hatte. Daher führte ich ihn hier her. Er stand genau an der Stelle, wo Euer Gnaden jetzt stehen." „Kam er aus purer Neugierde hierher?" „DaS weiß ich nicht, mein Herr." Er stand ein paar Minuten stockstill und starrte sie an, er traute seinen Augen nicht — dann bedeckte er seine Augen mit der Hand und wandte sich ab. „Es ist gut", sagte er. „Bringen Sie mich fort von diesem schaurigen Orte." Ich gehorchte seinem Befehl. Er drückte mir daS Geld stück in die Hand und eilte, so schnell er konnte, davon, ohne sich nur einmal umzuwenden. Der Anblick deS Mädchens muß ihn sehr ergriffe» haben." Anb'l8" ^ ^ ^ ^ "nen entzückenden Je länger ich hinblickte, desto schöner fand ich daS Gesicht Wenn der Tod so ausschaute, so besaß er die Schrecken nicht mit denen man ihn sonst zu umgeben pflegt — ex erschien °°- °°- n"Uü „Wann ist sie hierher gebracht?" fragte ich. „Heute früh, mein Herr." ^ ^ wohl gestern gestorben?" „Höchst wahrscheinlich." „Wissen Sie ihren Namen?" ÄL H°u,. M.,« «», j» ,« h»h«, Sr-d, daß ich mich bereit erklärte, den alten Mann zu begleiten. Ede wir jedoch die Halle verließe», bat ich ihn um eine Er klärung für etwas, das mir aufgefallen war. Ueber jedem Sarge Hinz von der Decke herab eine Schnur, deren Ende um die rechte Hand jeder Leiche gewickelt war. „Was bat das zu bedeuten?" fragte ich. „Das ist die Glocke", erwiderte er. „Welche Glocke?" „Nun sehen Sie, die Gestorbenen werden sehr rasch hier her gebracht. Da ist es wobl möglich, daß sie noch nicht todt sind. Und kommen sie hier zum Bewußtsein, so sind sie schwach, können sich vielleicht nickt aufrichten, vermögen vielleicht nicht einmal zu rufen. Selbst wenn sie das letztere thäten, würde sie Niemand hören. Darum bekommen sie eine Schnur in die Hand, die geringste Bewegung und ich weiß, woran ich bin. Ich höre sic sofort. Der Strang führt in mein Zimmer. Ich will Ihnen die Glocke zeigen." „Er führte mich durch eine Verbindungsthür der Todten halle, die er hinter sich verschloß, in einen Durchgang, der zu seinem Hause führte. Ich richtete keine ferneren Fragen au ihn, bis wir sein Zimmer erreicht hatten. Dort angelangt, deutete er auf eine Glocke, die dicht über der EingangSthür hing." „Das ist die Todtenglocke", sagte er. Ich schaute sie an. Sie war eine ganz gewöhnliche Glocke, die sich nur durch ihre Größe von anderen Glocken unterschied. Und doch erregte ihr Anblick mich seltsam und ich war fast geneigt , mir einzubilden, sie bewege sich. „Sie hat wohl noch nie einen Ton von sich gegeben?" fragte ich. „Doch, doch, mein Herr." «Zu Ihren Zeiten? „Zu nieinen Zeiten." „Wie lange sind Sie schon hier?" „Fast vierzig Jahre mein Herr. Ich bin jetzt siebzig Jahre alt, und als ich mit meiner Frau hierher kam, war tch gerade dreißig geworden." „Lebt Ihre Frau noch?" „Nein, Euer Gnaden; sie ist seit zehn Jahren todt." „Aber Sie haben erwachsene Kinder bei sich?" „Ich habe nie Kinder gehabt." „Aber Sie wohnen doch nicht ganz allein bftr?" „Nackt» ganz allein. Am Tage kommt meine Nichte, die in der Nabe wohnt, her und kocht mein Essen." „Ich denke e» mir trostlos, an einem so traurigen Ort allem zu leben."
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