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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950220029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-20
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Die socialdemokratischen Redner mochten es sich aber wenigstens nicht versagen, eine Geringschätzigkeit der Leistungen der staatlichen Arbeiterversicherungsanstalten zur Schau zu tragen. Diese Geringschätzigkeit erfährt durch den soeben erschienenen Geschäftsbericht des Reichsversicherungsamtes eine grelle Beleuchtung. Es ergiebt sich da, daß bei der Unfall versicherung im Jahre 1894 rund 8 079 600 ^ an Verletzte, sowie an Angehörige Getödteter und Verletzter gezahlt worden sind. Die bekanntlich von den Arbeit gebern allein bestrittenen Kosten der Unfallversicherung betrugen in diesem einen Iabre über 60 Millionen Mark und seit Emführun^dieser Zwangsversicherung gegen 350 Millionen Mark — eine Summe, deren Ersparniß die Industrie des Aus landes vor ihrer deutschen Mitbewerberin voraus hat. Alters- und Invalidenrenten sind im verflossenen Jahre an rund 295 200 Personen in der Gesammthöhe von 34.4 Millionen Mark bezahlt, und zwar an Altersrenten 24.4 Millionen Mark, an Invalidenrenten 10 Millionen Mark. Seit Bestehen der Invaliditäts- und Altersversicherung sind. 343 467 Renten zugesprochen worden, darunter 101603 Invalidenrenten. Der Abgeordnete Molkenbuhr glaubte das Versorgungsgesetz ein Gesetz zur Capitalanlage auf Kosten der Arbeiter nennen zu dürfen. Abgesehen davon, daß dieses „Urtheil" die Beitragspflicht der Arbeitgeber und den Reichs- zuschuß unbeachtet läßt, kann darauf hingewiesen werden, daß von den Versicherungsanstalten in der kurzen Zeit des Be stehens deS Gesetzes rund 5 74 l 000 .L an Darlehen für den Ban von Arbeiterwohnungen gewährt worden sind und ein Betrag von mehr als einer Million Mark zu dem gleichen Zwecke bereit gestellt ist. Uebrigens ist, wie auch der Staats- secretair vr. von Boetticker gestern ausdrücklich betonte, ein Stillstand, eine Versteinerung in dieser Organisation ein Ding der Unmöglichkeit. Ihr eigenes Schwergewicht drängt sie zur Reform, zur Aus- und Weiterbildung, namentlich auch zur Vereinfachung des Mechanismus und des VerwaltungS- apparatcö und damit zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit. Heute wird der Reichstag die dritte Lesung des CentrumS- antragS auf Beseitigung des JesnttengcsctzeS vornehnien. Da noch eine ganze Reihe anderer Berathungsgegenstände auf der Tagesordnung steht, so muß man annehmen, daß das Haus bei dem Iesuitengesetze sich nicht lange aufzuhalten gedenkt. Das ist allerdings begreiflich, denn das gleiche Thema hat den Reichstag schon so oft beschäftigt, daß von keiner Seite etwas Neues mehr vorgebracht werden kann. Leider aber ist mit dem Interesse an dem Thema auch die Widerstandskraft eines großen Theiles der früheren Gegner des Centrums- antrageS geschwunden. Die Wirkung einer ruhelosen, den Gegner mürbe machenden Agitation macht sich auch in diesem Falle be- merklich. Dazu kommt, daß die principiellen Gegner jedes Aus nahmegesetzes allmählich vergessen haben, daß das Ausnahme gesetz gegen die Jesuiten lediglich der ganz specifischen Natur deS Jesuitenordens entspricht, dessen Mitglieder einem ausländischen Oberen zu blindem (Cadaver-) Gehorsam verpflichtet sind und deshalb überall einen Staat im Staate bilden. Die Zulassung des Jesuitenordens aus Abneigung gegen ein Aus nahmegesetz bedeutet also nichts Anderes, als die Schaffung eines Ansnahmerechts für diesen Orden. Trotz alledem ist eö nur zu wahrscheinlich, daß abermals eine Mehrheit für die Aufhebung des Gesetzes im Reichstage sich findet, denn außer den Mürbegewordenen und den doctrinären Gegnern jedes Ausnahmegesetzes werden für den Eentrumsantrag voraussichtlich auch solche Abgeordnete stimmen, die den „Herren der Situation", dem Centrum, goldene Brücken bauen ru müssen glauben. So sehr wir aber auch die abermalige Annahme des Centrumsantrags beklagen würden, so würden wir sie dock einer weiteren Abbröckelung deS Gesetzes durch Annahme des Rickert'schen Vorschlages auf Beseitigung der Besugniß zur Jnternirung einheimischer Jesuiten vorziehen. Diese Ab bröckelung würde der Agitation gegen den Rest deö Gesetzes nur neue Nahrung geben, die Widerstandskraft seiner Gegner nur noch mehr lähmen und deshalb lediglich das Vorspiel eines mit noch größerer Mehrheit gefaßten Beschlusses auf völligen Abbruch deS Gesetzes sein. Vorläufig bleibt als schwacher Hoffnungsanker noch der BundeSrath, der sich wohl ebensowenig über die Ausnahmestellung, welche der Abbruch des Gesetzes dem Jesuitenorden im Reiche geben würde, wie über die„Dankbarkeit" des Centrums und die nothwendigenFolgen einer weiteren Abbröckelung des Gesetzes täuscht. Glaubt er trotz dem der „Zeitströmung" folgen und entweder in die Abbröckelung oder die Beseitigung willigen zu sollen, so wird er bald genug inne werden, daß er eine Strömung entfesselt, die ebenso stark ist, wie die jetzt vom Ultramontanismus erzeugte. Tausende von Katholiken, die ehemals ebenso entschiedene Gegner des Iesuitismus waren, wie ihre protestantischen Mitbürger, werden durch die Wirksamkeit der „frommen Väter" zu ihrer alten Gegnerschaft zurückbekehrt werden und ans die Wiederherstellung des alten Schutzdammes dringen, wenn man diesen, nicht znm Ruhme der Kanzlerschaft Hohen lohe, jetzt in schwachherziger Nachgiebigkeit einreißt. DaS Comite für die Organisirung des (General streiks in Paris hat unter Zustimmung der überwiegenden Mehrheit der französischen Gewerbeämter und Gruppenver bände den Vorschlag gemacht, einen internationalen Congreß abzuhalten, auf dessen Tagesordnung als einziger Punct die Organisirnng des Generalstreiks gesetzt werden soll. Die ausländischen Arbeiterorganisationen sind zur Erklärung aufgefordert worden, ob sie mit der Abhaltung des Congresses einverstanden seien oder nicht. Die General commission der Gewerkschaften Deutschlands verhält sich gegen daS Projcct ablehnend, da es an den Vorbedingungen fehle, um die nothwenvigerweise zu fassenden Beschlüsse durch- führen zu können. DaS einzige Land, in dem die Gewerkschafts organisation genügend stark sei, um die Durchführung solcher Beschlüsse garantiren zu können, sei England. Doch auch dort, meint die Generalcommission, dürfte in der nächsten Zeit der auf dem letzten Congreß der Trades Unions gefaßte Beschluß, die Socialisirung der Productions- und Consumtions- mittel zu fordern, zu Auseinandersetzungen Veranlassung geben, die weitgehende internationale Verpflichtungen zu über nehmen nicht als das Nothwenvigste erscheinen lassen. Die Ablehnung des politischen Programms auf der letzten Con vention der American Federation of Labor werde wohl zu nächst die Organisationen beschäftigen und erst nach heftigen Kämpfen zu einer völligen Einigung auf nationalem Boden führen. In Frankreich, Deutschland und Oesterreich, und noch vielmehr in den übrigen Ländern Europas, sei die gewerk schaftliche Organisation noch so ungenügend entwickelt, daß an irgend welche internationalen Abmachungen nicht gedacht werden könne, und speciell in Deutschland seien die meisten Gewerkschaften äußerst schwach an Mitgliederzahl und finan- OrgmnsaL und di- p°»«° «-b-i..-b-w-»-u->° w.tt stärkt sein werde, daß e.n Generalstreik «nt Aussicht aus^^^ folg inscenirt werden könne, ö , A^ich- ur Umgestaltung der Staats- und wirtschaftlichen E-nr.ch tungen noch nothwendig sein wurde. Vorgestern empfing der der sranjösischen Revublik den neuen italienischen Botschafter O s Tornielli in ösficieller Audienz. Dieselbe verl.es w.e am Schnürchen, und die zwischen beiden Teilen ausgetauschte Sympathiekundgebungen lassen äußerlich gewiß Z wünschen übria Dennoch wird ihre Tragweite von keinem Realpolitiker überschätzt werden. Weder der Präsides noch der Botschafter haben die Lage, wie sie heute Zwischen beiden Ländern besteht, geschaffen; dieselbe ist das Product aus Beweggründen, die tiefer wurzeln, als daß sie sich durch noch so gewählte Redensarten abschwachen oder gar paralvsiren ließen. Präsident Fanre kann und will den auf dem Spiele stehenden Interessen Frankreichs nichts ver- geben, ebensowenig wird Graf Tornielli in ^rls^lne andere Politik treiben, als sie seinen Instructionen entspricht. D Aufgabe des italienischen Staatsmannes kann nur dann bestehen, im Rahmen der gegebenen tatsächlichen ^ sein officielles Wirken auf dem Pariser Posten so einzurichten, daß der persönliche wie geschäftliche Verkehr sich so angenehm und glatt als möglich entwickele, und daß Mißverständ nisse oder Frictionen hintaugehalten bleiben. Für dle,en qweck ist es natürlich von ausschlaggebender Bedeutung, daß Graf Tornielli bei den osficieüen Kreisen Frankreichs, vom Präsidenten angefangen, Verständniß und Entgegen kommen finde. Der Graf wird sich seine perjonliche Stellung an der Seine erst selbst schaffen und den Beweis erbringen müssen, daß er, trotz gewisser, dem französischen Empfinden unbehaglicher Antecedentien (man erinnert sich seines Spottes über dw Russenempfange in Toulon und Paris) der Mann ist, sein Heimathland in Paris nicht nur amtlich, sondern auch gesellschaftlich so zu repräsentiren, wie es den beider seitigen Interessen dienlich ist. Allerdings immer nur unter der Voraussetzung, daß man in Frankreich die Person von der Sache trennt und es den Grafen nicht entgelten laßt, daß Italien bei seiner Emancipirung von der politischen Bevormundung durch Frankreich beharrt. Wenn Präsident Fanre die auswärtige Politik Frankreichs gegenüber Italien mit dem von ihm bei dem Empfange des Fürsten Tornielli erläuterten Geist zu erfüllen weiß, so wird einem ersprieß- lichen Nebeneinandergehen beider Länder nicht« »m Wege sein. Aber bloße Worte allein thun es nicht, wenn ihnen nicht entsprechende Handlungen folgen. Daran aber hat es seit Jahr und Tag auf französischer Seite nicht nur gänzlich gefehlt, sondern sogar im Gegentheil hat Frankreich seine Politik consequent in Gegensatz zu der italienischen gestellt. Das wird man bei Beurtheilung des in Rede stehenden Höflichkeitsaustausches nicht übersehen dürfen. Trotz argen Sturmes und Dranges hat das britische Cabinet die Adreßdebatte überstanden. Es lebt noch, und zwar wohl deshalb, weil die znm Secediren und Frondiren zumeist geneigten Mitglieder der liberal-radical-nationalistischen Coalition vor einer Teufelsanstreibung durch Beelzebub eine sehr begreifliche Scheu haben. Und auf eine solche würde für sie gerade ein Cabinetswechsel unzweifelhaft hinaus laufen. Hätten die parnellitischen Iren, die Arbeiterdeputirten, die Radicalen vom Schlage Labouchere'S und andere mehr oder minder oppositionslüsterne Gruppen der Majorität darauf rechnen können, daß Lord Rosebery'S Sturz den weiter links stehenden CabinetSmitgliedern — wie Sir W. Harcourt und John Morley — die Macht in die Hände spielen würde, so dürften sie kaum gezögert haben, die Krisis Herbeizuführen; aber der Ausfall der letzten Ersatzwahlen hatte ihnen allzu deutlich gezeigt, dich die innerhalb der Wählerschaft zur Zeit vorherrschende Strömung nicht ihrer Richtung, sondern im Gegentheil der unionistischen Opposition die Wege ebnen würde; und von einem Ministerium Salis- bury-Balfvur-Chamberlain haben sie jedenfalls noch weniger zu erwarten als vom Ministerium Rosrbery, so oft dasselbe ihnen auch statt des verheißenen Brodes Steine geboten hatte. So haben sie im Laufe der Adreßdebatte mehr liberalen CorpSgeist gezeigt, als man anfänglich von ihnen erwarten zu dürfen glaubte. Immerhin sind die ministeriellen Mehrheiten im Laufe der bisherigen Ver handlungen merklich zurückgegangen, und bei den letzten mit dem Chamberlam'schen AuflösungS-Amendement zu sammenhängenden Entscheidungen verfügte die Regierung nur noch über ll, bezw. 8 Stimmen Majorität. Daß ein auf eine so schmale Basis angewiesenes Cabinet nicht im Stande ist, dem Parlament seinen Willen als Gesetz anfruzwingen und die Beziehungen zwischen dem Ober- und Unterhause von seinem schwachen und schwankenden Anhang durch eine bloße „Resolution" reguliren zu lassen, hob Balfour, der Führer der Conservative» im Unterhause, unmittelbar vor dem Schluß der Adreßdebatte treffend hervor. Daß die Lage dieses impotenten Cabinets mißlicher ist, denn je, geht ans folgender Meldung hervor: * London, 19. Februar. Der Cabinetsrath, welcher für morgen angesetzt war, ist plötzlich auf heute einberufen worden; wie es heißt, hat der Premierminister Lord Nosebery, welcher gestern eine lauge Audienz bei der Königin hatte, den Cabinetsrath zu- sammenberufen, um angesichts der bei den gestrigen Abstimmungen im Unterhaus hervorgetretrnen geringen Majoritäten über die Lage zu berathen. Deutsches Reich. V. Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Das „Armee- Verordnungsblatt" veröffentlicht nachfolgenden Armee- Befehl: „Mein Heer hat mit Mir einen neuen schweren Verlust zu beklagen. Aus der Zahl seiner General-Feld- marschälle schied durch den Tod zu Meinem großen Schmerze Mein theurer Freund, der Erzherzog Al brecht von Oester reich, k. k. Hoheit, Chef des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpr.) Nr. 3. Mit ihm ist ein ruhmreicher, auf vielen Schlachtfeldern erprobter Führer und Held, ein leuchtendes Vorbild aller soldatischen Tugen den, ein treuer Pfleger der Waffenbrüder schaft zwischen der österreichisch-ungarischen und Meiner Armee dahingegangen, den Wir mit Stolz zu den Unsrigcu zählen durften. Um das Andenken des Verewigten zu ehren, bestimme Ich hierdurch, daß sämmtliche Officiere der Armec drei Tage, die Officiere des vorgenannten Regiments, dessen Chef der Gencral-Feldmarschall fast 36 Jahre gewesen, acht Tage Trauerflor am linken Unterarm anlegen. Außerdem hat eine Abordnung des Regiments, bestehend aus dem Commandenr, einem Stabsossicier, einem Hauptmann und einem Lieutenant an den Beisetzungsfeierlichkeiten theil- zunehmen. Ich beauftrage Sie, Vorstehendes der Armee bekannt zu machen. Berlin, 18. Februar 1895. Wilhelm." An den Kriegsminister. 6s Ein Lecher Lethe. Roman von R. Tellet. (Fortsetzung.) Nachdruck vkrbotkiu Bis dahin war die Unterhaltung in deutscher Sprache geführt worden. Jetzt sagte die Baronin auf englisch: „Wenn ich mich nicht ,rre, erwähnte vr. Falck, Sie seien Engländer. Da ist es Ihnen gewiß angenehmer, wenn wir englisch sprechen?" Ich versicherte der Wahrheit gemäß, ich hätte lange genug in Deutschland gelebt, um mir die Sprache deS Landes an zueignen; eS sei mir daher ganz gleich, ob wir deutsch oder englisch sprächen. „Da wir aber Beide Engländer sind", sagte die Baronin herablassend, „ist eS eigentlich natürlich, daß wir uns unserer Muttersprache bedienen, obgleich ich sie zum Theil schon ver lernt habe. Mir fehlt jetzt häufig die eine oder andere Be zeichnung für Gegenstände. Also, Mr. Lindley, Sie waren an der wundersamen Auferstehung Miß Stuart'S mit- betheiligt?" „Durch einen Zufall", entgegnete ich und erzählte ihr von dem Läuten der Todtenglocke und von meinem Festhalten an der Behauptung, Miß Stuart sei nicht todt. „ES ist wirklich eine sehr seltsame Geschichte", sagte die Baronin. „Ein unbegreiflicher Irrthum von vr. Falck!" bemerkte Therese scharf. „Ö, daS kann Vorkommen", sagte ich. „Derartige Fälle sind so selten, daß wenige Aerrte auf sie vorbereitet sind oder Gelegenheit haben, sie zu stuorren." „Kannten Sie Miß Stuart vorher?" fragte die Baronin. „Nein." „Auch wir kannten sie erst seit Kurzem. Aber wir hatten sie schon recht gern. Nicht wahr, Therese?" Ich konnte Therese'S Antwort nicht verstehen. „Sie war sehr liebenswürdig", fuhr die Baronin fort, „und sah immer so traurig aus, daß wir tiefe- Mitleid mit ihr hatten. Therese fiel ihre Traurigkeit sofort auf. Nicht Wahr, Theres«?" „Nicht eher als Dir", versetzte Therese ziemlich unfreund lich, und setzte leise hinzu: „Wie können derartige Details Mr. Lindley, der Miß Stuart nicht kennt, interessiren!" ..O", versicherte ich, ..seien Sie überzeugt, daß Alles, was in Zusammenhang mit Miß Stuart steht, das größte Interesse für mich hat." DaS genügte der, trotz ihres Asthmas, etwas geschwätzigen Baronin. Sie fuhr fort: „Sie kam ganz fremd zu uns — eine Art Besuch —" (die Baronin sagte nicht, welcher Art Besuch, aber ich wußte das bereits durch vr. Falck), — „sie war erst acht Tage bei uns, als der Ansall sie ereilte." „Kam er ganz plötzlich?" fragte ich. „Ja, ganz plötzlich — es kann überhaupt nichts plötzlicher kommen. Wir hatten eben Mittag gegessen — wir essen sehr früh, das ist nun einmal in Deutschland so Sitte — und saßen plaudernd beisammen — nicht in diesem Zimmer, sondern in einem anderen, das wir selten benutzten. Hier wurde ein Fenster ausgebessert, deshalb mußten wir uns in einem anderen Zimmer aufhalten. Therese war eben ans Fenster getreten, um zu sehen, ob der Postbootr — oder wie sie hier sagen: der Briefträger — zu sehen sei ." „Entschuldige, daß ich Dich unterbreche, Tante, aber ich fürchte, das viele Sprechen greift Dich an." „Unsinn, Kind." „Es thäte mir leid", bemerkte ich, „wenn Sie Ihr Un wohlsein meinethalben verschlimmerten. Wenn Sie gestatten, erlaube ich mir, meinen Besuch ein anderes Mal zu wieder holen." Ick erhob mich. Aber die Baronin wollte mich nicht fortlassen. „Ich bin gleich zu Ende", sagte sie. „Außerdem strengt da- Sprechen mich nicht im Mindesten an. Was sagte ich doch grade? Ach ja, der Postbote kam. Er kommt gewöhn- lich gegen halb drei, und, da wir Briefe erwarteten, schaute Therese nach ibm aus. Ich fragte Miß Stuart, ob sie auch auf einen Bnef rechne. O nein, erwiderte sie, eS weiß Niemand, wo ich bin. Worauf ich ihr rieth, an ihre An gehörigen zu schreiben und sie ihre neue Adresse wissen zu lassen. Ich kann mich nicht mehr genau entsinnen, welche Antwort sie mir gab. Schön. Also der Postbote kam die Straße entlang, kam in unser HauS und läutete an unserer Thür. Gleich darauf trat Johanne in« Zimmer und brachte einen Brief — aber guter Gott, was hast Du gemacht, Therese?" Es gab einen plötzlichen Krach — Therese hatte das Un glück gehabt, einen kleinen runden Tisch, auf dem eine Alabaster vase stand, umzuwerfen. Die Baronin schien sich sehr darüber zu ärgern — nur mit der allergrößten Mühe vermochte sie ihren Aerger zurückzuhalten. „Das thut mir unendlich leid", rief sie, „ich gäbe weiß Gott was darum, wenn eS nicht geschehen wäre. Wie konntest Du nur so ungeschickt sein, Therese?" „Es thut auch mir sehr leid", sagte Therese reuig. „Ich hatte mich auf den Tisch gestützt nnd er fiel, ehe ich eS hindern konnte, um." Die Baronin hatte offenbar bei diesem Zwischenfall ihr Gleichgewicht nicht minder verloren als der Tisch, und die Geschichte, die sie mir erzählen wollte, gänzlich vergessen. Ich beschloß, mich zu empfehlen. Da ich den Damen die Bruchstücke der zerbrochenen Vase auflescn half, hatte ich mich ohnedies erhoben. Die Vase war zum Glück nur in drei oder vier Theile gebrochen. „Verzeihen Sie die Frage", sagte die Baronin traurig, „aber da Sie Künstler sind, werden sie mir vielleicht sagen können, ob es möglich sei, hie Vase, ohne sie zu sehr zu ent stellen, wieder zusammen zu kitten?" Ich unterzog die Bruchstücke einer Prüfung. Die Baronin schaute gespannt zu. Dann sagte ich: „Ich glaube, daß man mit großer Vorsicht und mit Hilfe eines durchsichtigen Kittes die Vase wieder genau so Herstellen kann, wie sie früher war." Ein Lächeln der Befriedigung flog über da« Gesicht der guten Dame, das sich noch verstärkte, als ich binzusetzte- „Wenn Sie gestatten, übernehme ich die Arbeit selber" „Sie sind sehr, sehr freundlich«, sagte die Baronin „Aber wie wollen S,e die Vase tranSportiren?" Ich bat »m einen Korb, den Tberese holte. Sie und ich legten d,e emrelnen Stücke vorsichtig hinein. Während wir bei dieser Beschäftigung waren, trat die Baronin rusällia flüste?n:^' dkugenblick benutzte Therese, mir zuzn? „Tante darf bei ihrem Unwohlsein nicht viel sprechen " bändigt hatten, verabschiedete ich ^ '«ns dünkenden Zwischen^ 7. Capitel. I>r. Falck lebte in einer Vorstadt, und besaß, trotzdem er Junggeselle war, den LuxuS eines eigenen HauseS. ES war ein altmodisches Haus mit einem kleinen Garten. Ein Knabe öffnete mir die Thür und führte mich in daS Sprechzimmer, in dem Di. Falck sich ohne Rock, in einer dunkelblauen Blouse arbeitend befand. „Entschuldigen Sie dies Negligö", sagte er. „Ich bin eben bei einem Experiment, bei dem ich nicht gern meine Kleider der Gefahr, Flecken zu erhalten, auSsetze. Sie wollen sich natürlich nach Miß Stuart erkundigen?" „Allerdings." , „Bis jetzt kann ich Ihnen nur Gutes berichten; Sie er holt sich sichtlich." „Das freut mich unendlich. Hat sie schon gesprochen?" „Nein, noch nicht." „Ist das ein schlimmes Zeichen?" „Ich weiß nicht. Die Erschütterung svar eine sehr große." „Und was Ihre andere Befürchtung anbelangt, Doctor?" fragte ich zögernd. „Darüber läßt sich einstweilen nichts Bestimmte- sagen. Miß Stuart liegt noch immer mit geschloffenen Augen da. Ab und zu schaudert sie leise." Er schwieg einen Moment, dann nahm er einen Becher nnd sagte: „Sie erlauben hoffentlich, daß ich in Ihrem Beisein mit meinen Experimenten fortfahre. Die Natur ist unerbittlich und wartet nicht.' Wir können sagen: ich will das oder das bis morgen verschieben! — DaS Gesetz der Natur lautet: jetzt oder nie!" „Die Natur ist nicht nnr unerbittlich, sondern auch grau sam", sagte ich. Ich dachte an Etbelren. „So scheint sie uns zu sein", erwiderte vr. Falck, „wenn wir sie nicht begreifen. Sie ist, wie ich eben sagte, unerbitt lich; kein Gebet kann sie rühren, keine Thräne, kein Leiden. Haben Sic eS je unternommen, sich auSzumalen, was aus dieser Welt werden würde, wenn die Wirkungen aufbören wollten, ihren Ursachen zu folgen? Ich kann mir nichts Ent setzlicheres, nicht- Unheimlicheres für die Menschheit denke» als Ungewißheit in Bezug auf die Absichten der Natur. Wir wagen eS, zu leben, weil wir wissen, wie die Natur uns nnter gewissen Umständen behandeln wird, und treffen unsere Maß» regeln danach." »Aber wie oft sind wir ibr gegenüber machtlo«," sagt« »ch. A dermal« dachte ich an Ethelrea.
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