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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950221018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895022101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895022101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-21
- Monat1895-02
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Ännahmeschluß für Iilyri-e»; «bead.Ausgabe: vormitMg« 10 Uhr. Ltorgru.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestelle, je «ina halbe Stunde früher. K»teigen sind stets an di» Eghrtzttiaa zu richte». UniversttätZstrob» 1, La»«- Lösche, Lattstuenftr. 14, patt, und K0»iaSpkatz 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr^ Druck uud Verlag von E. Pol> ß» Leipzig ^?S5. Donnerstag den 21. Februar 1895. 89. ZchrganK Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Mit Genehmigung deS «vaugelisch-luthersschen LandeSconsistoriums hat der Kirchen - Vorstand zu Leipzig-Anger-Trottendors beschlossen, der Parochi« Leipzig«Anger-Crottendorf den Namen „Trinitatis- parochie" zu geben und die Parochialkirche „TrinitatiSktrche" zu nennen. Solches wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Leipzig, den 18. Februar 1895. Die Kirche,in,spection für Leipzig. Der Superintendent. Der Rath der Stadt Leipzig. I»851. 0. Pank. vr. Georgi. Ass. W,r,hgen. Bekanntmachung. Boa dem Unterzeichneten Armenamte sollen Freitag, den SS. Aedruar dieses Jahres, Bormittags von st Uhr an tu» Ltadthause aUhter verschiedene Gegenstände, alS: Möbel, Betten, Wäsche, Kleidungsstücke. Hans-, «üchen- «nd Gtrthschafisgeräthe n. A. m., öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 20. Februar 1895. Das Armenamt. — Heutschel. Artus. Bekanntmachung. Hierdurch bringen wir zur öffentlichen Kenntniß, daß der durch Bekanntmachung vom 31. Januar dieses Jahres als Schneeablade- platz bestimmte, zwischen der Arndt- und Moltkestraffe gelegene Platz dollgesahren ist, und wird das weitere Ansahren und Abladen von Schnee und Eis auf demselben, unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 30 oder entsprechender Hast für jeden Zuwiderhandlungssall, hiermit verboten. Leipzig, am 19. Februar 1895. Der Math der Stadt Leipzig. IX. 1123. vr. Georgt. Stahl. III. Realschule Die Aufnahme - Prüfung ^ finde? am Sonnabend, den 23. Februar 1895, früh 8 Uhr statt. Papier und Feder sind mitzubringen. Leipzig, Len 16. Februar 1895. k. kveder, Direktor. Bekanntmachung. Der Samariter-Berein empfing heute von Herrn Friedensrichter Llanckt hier 20.— Sühne i. S. I. H. '/- A. F. - 15.— . - Ai. I. '/. R. R. . 10.60 -- »I- Sch. '/. H. S. . S.— - . F. G. '/. H. W. » 5.— - - F. E. '/. A. M. ^ 5.— . . G. L. '/. F. S. » i— Geschenk von A. St. Sa. 65.50 worüber hiermit dankend qnittirt wird. Leipzig, den 20. Februar 1895. Der Vorstand des Samariter-Vereins. sioton Sledort, Schatzmeister. Bekanntmachung. Verkauf städtischer Baustellen in Zeitz. DaS der Stadt Zeitz gehörige, nach Süden durch die Fabrik- straße, nach Norden durch die Juundationsgrenze des Elsterflusses, nach Osten durch die nach dem städtischen Schlachthofe führende Strohe und nach Westen durch «in Privatqrundstück begrenzte Bau gelände zur Bebauung mit Wohnhäusern oder Fabrikanlagen gleich gut geeignet, soll in Pier einzelnen Baublocks von 54 bis 68 Ar Flächengehalt, und zwar jeder Block im Ganzen oder zur Hälfte getheilt, öffentlich an den Bestbietenden verkauft werden. Hierzu ist Termin auf Dten-tag, den IS. März 18S5, vormittags Ist Uhr auf hiesigem Rathhaufe. Zimmer Nr. 19, festgesetzt. Bedingungen und Lageplan können daselbst gegen postsreie Ein sendung von 1 bezogen werden. Zuschlag erfolgt nach Entscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Zeitz, den 20. Januar 1895. Der Magistrat. Br. Baugewerbe uub Sauschwin-el. vr. v. Der Nothstand, unter dem das Baugewerbe infolge der wachsenden schwindelhaften Terrainspeculation zu leiden bat, ziept immer weitere Kreise. Es sind gerade in letzter Zeit wiederum in Berlin zahlreiche Fälle ausgedeckt worden, durch welche da- „Strohmännertbum", mit dem die Bau stellenhändler in Berlin operiren, und die sie den Bauhand Werkern und Baulieferanten gegenüber als „Bauunternehmer", um selbst gegen alle Ansprüche geschützt zu sein, vorschieben, in daS rechte Licht gerückt wurde. Und die amtliche Be stätigung für die Schiebungen, die mit solchen insolventen und unehrenhaften Unternehmern getrieben werden, erhält man dadurch, daß in den letzten Jahren der Berliner OrtS- krankencaffr der Maurer von ca. 350 Bauherren, „ehe maligen Maurerpolieren, Schlächtern, Barbieren oder Kellnern" mehr als 50 000 ^ allein an eingezogenen, aber der Caffe nicht abgelieferten Beiträgen der Arbeiter unterschlagen worden sind, daß bei der nordöstlichen Bau- aewerkSgenoffenschaft allein im Jahre 1893 ca. 40 000 ^ Unfallumlagrn uneinziehbar gewesen sind und auf die sol venten Unternehmer vrrtheilt werden mußten, daß endlich in den letzten Jahren in Berlin mehr alS 60 Procent aller Neubauten fubhastirt worden sind, darunter viele zwei- und dreimal. Um der Gefahr vorzubeugen, daß die Materialien und Arbeiten in den Pfandbereich de- als Hypothekengläubiger einaetragenen BaugeldgeberS und BaustellenhändlerS, deS wahren llnternebmers, unwiederbringlich kommen, ohne daß dir Lieferanten und Arbeiter von dem vorgeschobenen „Eigrn- thümer" jemals Befriedigung erhalten, ist bekanntlich dem Justizminister ru wiederholten Malen der von Männern, wie Dernburg, Oertmann, Freese, eifrig unterstützte Vor schlag gemacht worden, daß den Forderungen der Bau- Handwerker bei der Subhaftatioa unter grwiffea einschränkenden Bedingungen ein Vorrecht vor den Baugeldbypotheken ge währt werden solle, und auch wir selbst haben nicht Bedenken getragen, diesen Vorschlag als einer, gerechten und billigen bei früherer Gelegenheit warm zu empfehlen. Nun ist un längst eine kleine vielbesprochene Schrift unter dem Titel „Baugewerbe und Bauschwindel" erschienen, deren Verfasser, Georg Haberlandt, unter Anerkennung der vorhandenen schreienden Mißstänve sich dennoch entschieden gegen den Ge danken eine» gesetzlichen Vorzugsrechts wendet, da derselbe die Baugeldgeber schädige, den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zerstöre und die Bautbängkeit selbst lahm lege, und alles Heil von der Selbsthilfe erhofft.^ Die manchesterlichen Blätter haben sich natürlich der Schrift mit Wärme angenommen. „Vorsicht", rufen diese Blätter mit überlegener Miene aus, „ist daS beste Mittel gegen Arglist, und wo diese Vorsicht vorhanden ist, da wird der Erfolg nicht ausbleiben. Warum erkundigt sich der Hand werker nicht besser? Warum ist er so leichtsinnig, dem ersten besten Bauherrn Credit zu gewähren?" Wer die heutigen Verhältnisse des Baugewerbes auch nur oberflächlich kenut, für den ist die Widerlegung dieses trivialen Satzes unschwer. Es ist, wie Freese richtig erkannt hat, der Mangel an Beschäftigung, der jede Bedingung annehmbar macht. Der Baustellenhändler und der Geldgeber können warten, der Handwerker kann es nicht. Ist Letzterer nur wenige Wochen ohne ausreichende Beschäftigung, so muß er seinen Stamm angelernter Arbeiter entlasten, seine Werkstatt verödet und seinen Credit geschmälert sehen. Er ist der wirtbscbaftlich Schwächere, deshalb fügt er sich und hofft, daß die Sache gut gehen werde. Sodann werden dem Bau handwerker fast nur unbemittelte Bauherren präsentirt und hat einer dieser Bauherren wirklich Vermögen, so entziehen sich doch die entscheidenden Vorgänge, die Eintragung und Weitergabe der auf Vorrath eingetragenen Hypotheken, die nicht öffentlich bekannt werden, völlig seiner Kenntniß. Hat der Handwerksmeister wirklich vor Uebernahme der Arbeit daS Grundbuch eingesehen, so kann schon am nächsten Tage die Belastung eine ganz andere sein. Die Gedanken, welche den Verfasser der obigen Schrift dazu führen, gegen die Vorhypotbek aufzutreten, sind von unS schon früher bekämpft worden. Wo sollte eine Schädigung der Baugeldgeber Herkommen? Das Baugeld war nur für die leere Baustelle geliehen. Die beantragte Schutzbestimmung nimmt ihnen nur ein Pfandobject, das ihnen zu Unrecht zugesallen ist, daS sie nicht batten, als sie das Geld für die leere Baustelle hergaben. Die zum Bau erforderlichen, auf Credit berangeschafften Materialien waren bei Herleihung des BaugeldcS noch nicht bestellt, vielleicht noch gar nicht vorhanden, sie konnten also unmöglich Objecte eines Pfandvertrages sein. Man verhindert durch ein der artiges Vorzugsrecht nur, daß Pfandverträge, welche auf den leeren, unbebauten Boden ausgenommen sind, ohne Weiteres auf daS werthvolle, von den Handwerkern errichtete Gebäude übergehen. Ebenso widersinnig ist die Behauptung, daß durch die Einführung dieses Privilegs die Bautbäligkeit lahm gelegt werden wird. Nicht der Bauthätigkeit als solcher, sondern nur der schwindelhaften und unfruchtbaren Bauspeculation wird dadurch ein Stoß versetzt werden. Indem nach Ein führung deS BaubandwerkervorrechlS cs dem Bauunternehmer nicht mehr leicht fallen wird, zu seinem Unternebmen, wenn er selbst mittellos ist. Geld vorgeschossen zu bekommen, wird der Häuserbau aus den Händen schwindelhafter Strohmänner aus solidere Elemente übergeben. Das Baugeschäft wird in die natürlichen Grenzen, die sich nach dem Maße des Wohl standes und des Anwachsens der Bevölkerung selbstthätig erweitern und verengen, zurückgedämmt und damit zugleich der maßlose Baustellenwucher, der die enorme Preis treiberei des städtischen TerrainS hervorgerufen und damit die Miethstheuerung und daS herrschende Wohnungselend großgezogen hat, in einer für die breiten Schichten des Volkes wohlthuenden Weise auS der Welt geschafft werden. Wie endlich der öffentliche Glaube deS Grundbuchs möglichst erhalten bleiben kann, das ist bereits an dieser Stelle in überzeugender Weise dargelegt worden. Deutsches Reich. 6.11. Berlin, 20. Februar. Der nächste internationale Socialistencongreß, der in London abgehalten wird, dürfte eine größere Bedeutung erlangen und die früheren internationalen Congreffe, die in Paris, Brüssel, Zürich tagten, in den Schatten stellten. Es ist bekannt, daß die englischen Trabes UnionS gegen den Pariser inter nationalen Socialistencongreß sich geradezu ablehnend ver hielten; kühl war auch noch die Stimmung gegen den Brüsseler Congreß; aber in Zürich befanden sich unter den 65 englischen Dclegirten bereits 34 von den TradeS Union- entsandte. In der Centralleitung derselben herrschte freilich noch immer die Richtung vor, die von einer Ver brüderung mit der rothen „Internationale" nichts wissen wollte. Jetzt sind die TradeS Unions leider ganz in daS socialistiscbe Lager abgeschwenkt; gemeinsam mit den socialistischen Comit6S haben sie die Ein ladung zu dem internationalen Socialistencongreß in London erlassen, und unter den Einberufern befinden sich die Mitglieder des Parlaments Broadburst und Wilson, die früher in den TradeS UnionS die socialistische Richtung sehr scharf bekämpften. Scheinbar haben zwar die ausgesprochenen Socialisten den TradeS UnionS eine kleine Concession gemacht, indem man dem Congreß einen verlängerten Namen gegeben, so daß er also „International Socialist and Trade Union Congreß" heißen wird. Daß dies aber in Wahrheit nur ein schlauer Schachzug der Socialdemokraten ist, liegt auf der Hand, denn jetzt müssen ersten« auch die englischen Gewerkvereine erscheinen, die noch am längsten dem socialistischen LiebeSwerben gegenüber kühl bis ans Herz geblieben waren, und ferner glaubt man auf diese Weise auch den russischen und den polnischen Arbeitern daS Erscheinen ermöglichen zu können, da die russische Regierung gegen die Besucher eine- GewerkschaftScongresseS nicht die Maßregeln treffen werde, welche sie gegen etwaige Theilnehmer am inter national«» Socialistencongreß angewandt haben würde. Nach d.„ t!« i-y M-Idu-g-" dA d« «dl ihm seine» Stempel aufdrücken lind eme s^ttunden hat. in Scene setzen wird, wie sie noch nickt stattgesunven yar /x Berlin 20. Februar. Dem Berichte eines dem Bu nd e der Landwirthe wohlgesinnten Berliner Blattes ^svlg hat in der vorgestrigen Versammlung ^ ^mdes 'fre.derr von Wangen beim m einer Kritik des Landwirlbschaft solle vom Getreidebau zur u. gehen, bemerkt, ein allgemeiner Uebergang -ur ^cbzi würde sehr rasch die Erzeugnisse der Viehzucht derart er werlhen daß auch die Viehzucht nicht mehr lohnen tonne, ganz abgesehen davon, daß durch Vlebelnfuhr und Bieh- schmuagel die Viehbestände im deutschen Weiche so »er- feucht sind, daß uns die Länder verschloss«, wurden, nach denen wir sonst unser Dieb absetzten. Aese Recht fertigung der englischen, dänischen und sonstigen Opcrr maßregeln erscheint denn doch nicht ausreichend mit den Umstand erklärt, daß der Redner die allerdings widersinnige und in ihrem Widersinn geradezu heraus,ordernde Zu- mutbung eines weitgreifenden Verlassend des Kornerbaues zurückzuweisen hatte. Die deutschen Viehzüchter haben eine andere Auffassung von der gegen ihre Erzeugnisse verhängten Sperre, und namentlich die von der Beschränkung der Aus fuhr mit am härtesten betroffenen schleswig-holsteinischen Landwirthe bestreiten entschieden, daß die Behauptung, ihr Viehstaud sei verseucht, mehr als ein Vorwand für in Wahr heit sck'utzzöllnerische Vorkehrungen der fremden Regierungen sei. Auch die Generalversammlung deS Bundes der Land wirthe schien jenen Pessimismus eines ihrer Hauptredner nickt zn theilen, sie hätte sonst nickt folgenden Be schluß gefaßt: Als eine der unabwcislichen Bedingungen der Hebung der Landwirlbschaft ist anznschcn: „die Wiedereröffnung der Grenzen unserer westlichen Nachbar länder für die Einfuhr deutschen Schlachtviehs (besonders von Schafen), um den zeitweiligen Ueberschüssen, welche der deutsche Consum nicht aufbrauchen kann, eine Ableitung zu gewähren." Jetzt, so wird begründend in der Resolution binzugefügt, sind die auf dem deutschen Markte liegenden Uederschü'sse oft die Ursache langandauernden PreiSdruas und flauer Conjunctur. Für die Erfüllung des hier aus gesprochenen, sehr gerechten Verlangens hätte kein stärkeres Hindc.niß erfunden werden können, als die von einem deutschen Landwirth in einer von Tausenden von deutschen Lanvwirthen bejubelten Rede beliebte „Feststellung" einer all gemeinen Verseuchung der deutschen Viehbestände. Bei Gelegenheiten, wie die Generalversammlung deS Bundes der Landwirthe, mag eS nicht angängig sein, jedes Wort aus die Goldwaage zu legen, aber bis zur Com promi ttirung deutscher Exportintereffen sollte der Eifer, Eindruck zu machen, doch auch nicht drängen. * Berlin, 20. Februar. Die „Kreuzzeitung" gegen ultramontane Anmaßung energisch Front machen zu sehen, ist ein für die konservativen Gönner des Klerikalismus so lehrreicher Vorgang, daß er auch von uns registrirt zu werden verdient. Das Organ der äußersten Rechten schreibt: „Kürzlich machten wir eine abfällige Bemerkung über das Ver halten des Centrumsabgeordneten Freiherrn v. Heereman gelegent lich der Debatte über jüdische Richter. Die „Kölnische Volkszeitung" geberdet sich darüber empört und beschuldigt uns des „Fanatismus": „Ein gütiges Geschick bewahre das deutiche Volk vor den Sporen und Tataren dieser anspruchsvollen ostelbischen Coterie von Groß grundbesitzern und Witlenbergischen Theologen." Wir wollen nicht einen ähnlichen Wunsch formuliren i» Bezug auf die „Talare" und „Sporen" des Centrums. Das unwiderlegliche Zeugniß der Geschichte beweist, daß der römische „Tatar" und der ultramontane „Sporn" an Vergewaltigungs- und Blutscenen der schlimmsten Art sehr häufig und sehr intensiv beteiligt war. Lassen wir das. Aber hat denn das „Rheinische Centrumsblatt", das jetzt in Hellen Zorn geräth über die „Intoleranz" der „Kreuzzeitung" „gegen die Juden und Katholiken", ganz vergessen, welch' krasses Beispiel schlimmster Intoleranz es selbst erst letzte Woche geliefert hat? Da wurde die Lärm- und Berleumdungstrommel gerührt, weil Seine Majestät der Kaiser, der Schirmherr der evangelischen Kirche, den vom Katholizismus zur evangelischen Kirche übergetretenen Grasen v. Hoensbroech «„gesprochen hatte. Es wurde in impertinenter Weise nach den Gründen dieser kaiserlichen Handlungsweise gefragt, kurz, es wurde in vptiwu tormu eine Hetze gegen den ab trünnigen Katholiken veranstaltet, die um so intoleranter war, als es sich nicht um ein religiös-politisches, sondern um rin rein gesellschaftliches Auftreten des Grafen v. Hoensbroech handelte. Aus den Artikeln der „Kölnischen Volkszeitung". „Ger- mania" u. s. w. tönte vernehmlich das sorase/ I'inkamo, Und nicht nur Artikel wurden geschrieben, sondern auch hinter den Coulissen wurde und wird gearbeitet, damit der verhaßte Mann nur ja nicht irgend welche und sei es eine noch so harmlose Tbätigkeit und Verwendung erhält. Zuerst wurde der Gras v. Hoensbroech durch di» nltramontone Press» für verrückt erklärt — die „Kölnische Volkszeitung" eröffnet- hier den Reigen — dann wurden die gehässigsten Verleumdungen gegen ihn verbreitet, jetzt wird er auss Neue der Veriolgungswutb der ultramontauen Partei denuncirt; es wird der „Unwillen der Katholiken" ausgejpielt, um ihm das gnädige Wohlwollen deS Königs zu entziehen. Kann die brutale Intoleranz weiter getrieben werden? Wenn früher evangelische Pastoren, z. B. Ewers, katholisch werden und in der gehässigsten Weise gegen den Protestantismus schreiben, dann werden sie von der ultramontanen Partei in den Himmel erhoben, und man findet eS recht, daß der Papst solche Männer ehrt; wenn ein Onno Klopp, der bissigste Preußenfeind, vom österreichischen Hose ausgezeichnet wird, dann finden die Ultramontanen das ganz in der Ordnung, wenn aber ein früherer Katholik auch nur ein gnädiges Wort von seinem evangelischen König erhält, dann schreit man über Verletzung des religiösen Gefühls der Katholiken. Es kann nicht energisch genug Front gemacht werden gegen die- Ueb er maß fanatischer Unduldsamkeit." V. Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser verblieb gestern bi« zur Abendtafel im Arbeitszimmer. Hur letzten waren geladen Prinz und Prinzessin Heinrich, P?in- Kar^Prmz und Prinzessin Friedrich Leopold, der Großberzoa von Sachsen-We.mar, Prinz Ernst von Sachsen- Weimar, d,e Staatsmmsster v. Koller, Freiherr v. Hammer- sie,n-Loxten Schönstedt rc. Heute Vormittag hörte dir Kaiser ^e regelmäßigen Vorträge. Um 1 Uhr empfing er den Cardinal-FUrsibischof vr. Kopp, der seinen Dank für d"e verliehene OrdenSau-zeichnung abstattete. Abend» wird der sehen. — Prinz und Prinzessin Heinrich werden heute Abend nach Kiel zurückkehren. — Der Groß Herzog von " ^ ' Uhr 35^ Kaiser einige Herren zu einem Herren-Abend bei Sachsen-Weimar ist heute Nachmittag um 4 Uhr 35 Mi nuten nach Weimar abgereist. ---Berlin, 20.Februar. (Telegramm) Wieder „Reichs anzeiger" meldet, hat der Kaiser dem Overhofmarschall Grasen zu Vnlcnburg für seine Person fortan bei Hofe den Rang unmittelbar nach den Staatsministern verliehen. Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" kommt auf einen „Umsturz und Socialpolitik" über- schriebenen Artikel der „Schlesischen Zta." vom 12. Februar zurück, der die Auffassung vertritt, der Handelsminister Frhr. v. Berlepsch bade, entgegen seiner früheren Absicht, einen Gesetzentwurf wegen Anerkennung der Berus-vereine und Errichtung von Arbeiterkammern im Staats ministerium nicht eingebracht oder den eingebrachteu Entwurf fallen lassen. Diese Auffassung, sagt der „Reichsanzeiger", sei unzutreffend; die von dem Handelsminister im Staats- niinisterinm vorgelegten Vorarbeiten betrafen die Regelung der Corporationsrechte der Berufsvereine und sollten im Staatsministcrium einer allgemeinen Besprechung unterzogen werden; die Beschlußfassung sei noch nicht erfolgt. (Da diese Erklärung des „Reichsanzeigers" im Widerspruche zu einem Dementi der ofsiciösen „Berl. Corr." zu stehen scheint, so werden wir auf diese Erklärung zurückkommen, wenn sie uns ,m Wortlaute vorliegt. D. Red.) Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" erklärt die Nachricht, die Heeresverwaltung plane die Anlage einer Conscrvenfabrik im Osten des Reiches, für unbegründet. Die Fabriken in Mainz und Spandan seien voraussichtlich auf eine Reihe von Jahren im Stande, den Conservenbedarf nicht allein im Frieden, sondern auch im Kriegsfälle ausreichend zu decken. Die Annahme, daß die Heeresverwaltung die Conserven aus dem Auslande be schaffe, sei unbegründet; die noch vorhandenen Vorrätbe rührten durchweg aus früherer Zeit her und würden im Laufe des Jahres verbraucht werden. --- Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Anderen Meldungen über den Zweck der Reise der Fürstin Hohenlohe nach Rußland gegenüber versichert die „Post", die Fürstin sei auf ihre Besitzung in Wecki gereift, um dort, wie alle Jahre, die ihr obliegenden Geschäfte zu besorgen. Eine Audienz bei dem Kaiser von Rußland wegen ihrer Güter Veräußerung zu erbitten, fei von der Fürstin vmsowenitzer beabsichtigt, als ihre russischen Besitzungen gemäß den russischen Gesetzen bereits fast alle verkauft seien. Damit werde auch die Meldung hinfällig, daß die Fürstin ein Empfehlungsschreiben des Kaisers besitze und der Botschafter v. Werder mit hierauf bezüglichen Instructionen versehen sei. 88 Berlin, 20. Februar. (Privattelegramm.) Das Ttaatsmitttsterium trat heute Nachmittag 2 Uhr im Reichs tagsgebäude zu einer Sitzung beisammen. v. Berlin, 20. Februar. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Eine Mitteilung, welche uns ein überaus charakteristisches Licht auf die neuere Entwickelung des deutschen Staatslebens zu werfen scheint, liegt heute zur Tabakstcuerfrage aus Westfalen vor. In Bünde hat eine Versammlung der Cigarrenfabrikanten des Regierungsbezirks Minden stattgefunden, in welcher nach dem „Herforder KreiS- blatt" beschlossen wurde, an den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen die folgende Eingabe zu richten: „Ew. Excellenz versichern die Unterzeichneten westfälischen Cigarren- fabrikanten hierdurch nach Pflicht und Gewissen, daß sie gezwungen sein werden, bei Einführung der Fabrikatsteuer sofort ihre sümmt- lichen Arbeiter, und zwar zum größten Theil dauernd, zu ent lassen. Wir setzen Ew. Excellenz hiervon in Kenntniß, damit die Staatsregierung in der Lage ist, rechtzeitig Vorkehrungen fur^ den dann hier unvermeidlich ausbrechenden Nothstand zu treffen, und bemerken, daß im Regierungsbezirk Minden und den an grenzenden Gebieten nach den Erhebungen der TabaksberufSgenofsen- schaft gegen 20000 Arbeiter in der Cigarrenindustrte beschäftigt werden." (Folgen die Unterschriften.) Darüber, daß in der Drohung mit der „sofortigen Ent laffung sämmtlicher Arbeiter, und zwar zum größten Theil dauernd", eine arge Uebertreibung steckt, braucht kein Wort verloren zu werden. Doch auf diese kommt eS hier nicht hauptsächlich an. Was an dem Vorgang so überaus be zeichnend ist, das ist der Beitrag, den er zur Kennzeichnung des Niedergangs des Regierungs-Ansehens in Deutschland, insbesondere in Preußen, leistet. Daß sie nicht ihre sämrntlichen Arbeiter entlassen werden, wissen die West fälischen Cigarren-Fabrikanten so gut, wie die Herren vom Bund der Landwirthe wissen, daß sie nicht einen Theil ihrer Aecker werden unbebaut liegen lassen, wenn der Antrag Kanik nicht durchgeht. Aber die Einen wie die Anderen drohen in dieser Art, weil in den letzten Jahren ein großes Capital von natürlicher Autorität der Regierungsgewalt veräußert worden ist. Die Wirkungen, welche die Agitation der Social demokraten im Jahre 1890 und in den zunächst folgenden Jahren erzielte, diente den Agrariern als Aufmunterung, und angesichts der Schwäche, welche diesen gegenüber bethätigt wird, ist eS ganz natürlich, wenn andere Berufsstände eben falls zu der Ansicht gelangen, man müsse heutzutage „Fractur sprechen". So drohen die westfälischen Cigarren-Fabrikanten der Regierung, 20 000 Arbeiter auf die Straße zu setzen, und diese Art, Interessen wahrzunehmen, wird ohne Zweifel noch weiter Schule machen." 6. II. Berlin, 20. Februar' (Privattelegramm.) Die Generalversammlung des dentschcn Werkmeister»B«rhan»es findet zu Ostern in Halle statt. Die internationale Bild' haucrconscrenz wird im Juni zu Nürnberg tagen. — Gegenüber der Auffassung, Fürst BiSmarck habe sich unbedingt für »den Antrag Kanitz ausgesprochen, sind die „M. N. N." in der Lage, den authentischen Wortlaut der Aeußerung des Fürsten wie folgt wiederzugeben: „Ich halte es nicht iür unmöglich, daß, wenn die Regierung sich für den Antrag Kanitz erklären sollte, auch schon im jetzigen Reich» tage für denselben eine Majorität sich finden würde, zumal wenn die Noth der Landwirthschaft andauert und die Zahl der bankerotten Landwirthe noch zunehmen sollte." — Nach dem vom Ministerium de» Innern in der sich Gemeinde-Commission de» AbgeorHu«t«trahausrS erstattet«:»
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