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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950222010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895022201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895022201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-22
- Monat1895-02
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Sonn- und Festtag« früh >/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeige» find stet» an di« Ertzebttton zu richten. UnivnMKst»«« 1» L««t» Lösch«. Kalharinenstt. 14, pari, und KSutgSpIütz 7. Drgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr, Druck und Verlag von L. Polz kn Leipzig ^?S7. Freitag den 22. Februar 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachnngen. Lieferung von Materialien M Dachinstandsetzungen. Di« Lieferung der Materialien zu den Dachinslandsetzungen, welche bet den Fernsprrchbauarbeiten im Gebiete der Stadt-Fera« sprecheinrichtung zu Leipzig nothwendig werden, ist vom 1. April 1895 ab anderweil zu vergeben. Die näheren Bedingungen können bei der Kaiserlichen Ober-Post, directiou zu Leipzig, Zimmer 253, während der Geschäftsstundrn riagrfehea und von der Kanzlei der Ober-Postdirection zum Preise von 50 bezogen werden. Angebote sind an die Kaiserliche Ober-Postdirection in Leipzig unter der Aufschrift „Materialien zu Dachinstandsetznngrn", mit Angabe deS Anbietenden auf dem Umschläge verschlossen und Porto- frei bi» zmn 1. März eiuzusenden. Am 1. März, Bormittags 10 Uhr, wird die Eröffnung der Angebote in Gegenwart der etwa erschienenen Anbieter erfolgen. Leipzig, 16. Februar 1895. Der Kaiserliche Ober-Postdireetor, Geheime Ober-Postrath. Walter. Geschaftslocale. Das Unterzeichnete Rentamt beabsichtigt das Parterre des Universitäts-Gebäudes Nr. 15 der Universitätsstraße (Ecke der Universitäts- und Schillerstraße) zu VerkaufSlüäen umzubauen. Dieselben werden für 1. Oktober I. bezugsfähig, sie enthalten zusammen 160 gm Bodenflächr und kommen zusammen oder getheilt zur Bermiethuag. Bewerber werden ersucht, baldthunlichst mit dem Unterzeichneten Rentamte in Vernehmung treten zu wolle». Leipzig, am 14. Februar 1895. Universitäts-Rentamt. . Gebhardt. Die städtische Sparcaste beleiht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Die Spareaffen-Deputatl-n. Abänderung eines Lörsengedrauchs im Hnu-rl mit Dividendenpapieren. Gegen die kn unserer Bekanntmachung vom 14. Januar d. I. erwähnte Abänderung der Handelsgcbräuche im Geschäft mit Werth papieren, die Zinsberechnung der Divtdenbeupapiere betr., sind Einwendungen während der vorgeschriebenen Frist nicht erhoben worden. Dieselbe wird daher hierdurch mit der Wirkung in Kraft gesetzt, daß gegen Denjenigen, welcher ihr bei Abwickelung eines Börsengeschäfts die Anerkennung verweigert, Ausschluß von der Börse verfügt werden kann. Leipzig, den 20. Februar 1895. Tie Handelskammer. A. Thie me, Vorsitzender. vr. P ohle, S. Thomasschule. Dke Vorprüfung der für Sexta angemeldeten Schüler findet Sonnabend, den 2. März, Bormittags 9 Uhr statt. Leipzig, am 20. Februar 1895. vr. .Inuxwano. 1. Realschule, Nordftratze 37. Mitttnsch, den 27. Februar, früh 8 Uhr Aufnahmeprüfung. Papier und Feder sind mitzubringen. vr. k. ktnlr, Direktor. Finanzfragen. L Der Reichstag, der heute in die Berathung der Tabak steuervorlage emtritt, hat in der gestern verlesenen württember gischen Thron re de abermals eine Mahnung erbalten, diese Angelegenheit sachlich zu behandeln. Nachdem König Albert von Sachsen den Reichstagsabgeordneten au- seinem Staate auf die von der Unordnung in» Reichs finanzwesen unseren Landesfinanzen drohenden Gefahren hin- aewiesen, nachdem bei Eröffnung des elsaß-lothringischen LandeSauSschuffrs das Wachsthum der Matriculardeiträge aus demselben Gesichtspunkte bedauert wurde, und der weima rische Landtag mit der Erhöhung der direkten Landessteuern schon befaßt ist, kündigt auch die württem- bergische Thronrede eine von den Leistungen an das Reich mit verursachte, auf Vermehrung der Einnahmen abzielende Steuerreform an. An und für sich ist die in dem süddeutschen Königreiche in Aussicht genommene Einführung einer progressiven Einkommensteuer als ein Fortschritt zu betrachten. Aber die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten eS Regierung und Volk in Württemberg wünschenswert erscheinen lassen, die Reform bis zum Eintritt besserer Zeiten zu vertagen, nnd die neue dsmokratische Mehrheit in der dortigen Zweiten Kammer mit mehr sauerer als süßer Miene auf die Erfüllung ihrer Forderung blicken. Auch in Bayern sieht man mit stet» wachsender Besorgniß auf die drohende weitere Inanspruchnahme durch das Reich, und es kommt der Wahrheit ziemlich nahe, wenn man das von dem al- Drficitheuler und PluSmacher verschrienen Miquel finanziell regierte Preüßen als denjenigen Bundesstaat bezeichnet, der die ReichSsteperreform noch am wenigsten nötig hat. Angesicht- dieser Umstände ist eS tief bedauerlich, daß, ganz wie eS im Vvrjahre mit dem Effect eines Fiasko- geschehen, dieTabaksteuervorlage vor dem grundleaenden Finanz- reformge setze auf die Tagesordnung deS Reichstag- gesetzt worden ist. Die Gelegenheit, den letzteren Entwurf in „Grund und Boden zu reden", ehe er noch rur Erörterung steht, ist damit abermals gegeben. Bei einem Reichstage, deffen Mehr» heit neue große Ausgaben für die HeereSreform bewilligt bat und daun sich anstellt, als habe sie nicht die geringste Berpflick tung zur Bewilligung von Deckung-Mitteln, läßt fit frei lich daran», daß er eine Finanzreform beschließt, noch lange nicht mit Sicherheit folgern, daß er dann auch die Röthigen Mittel flüssig machen werde. Aber man sähe, wenn da» Finanzreformgesetz vor der Tabaksteuer» Vorlage zur Berathung käme, darin doch wenigstens einen Verzicht auf da- vorjährige Manöver, durch Erwürgung eine» unpopulären Wegweisers daS Reich zum Stillstände in seiner Finanzmisöre überhaupt zu zwingen. Die jedenfalls aus --wünsch einer ReichStagSmehrheit getroffene geschäftliche Disposition muß leider die Befürchtung erwecken, daß auch diesmal die Berathung deS Flnauzrefvrmgesrtze« überflüssig gemacht werden soll durch die Ablehnung jener Vorlage, deren Bewilligung die Voraussetzung einer Finanzreform ist. Aber noch mehr, Herr v. Hammerstein, der „Con- servativste" der Eonservativen, hält in Bünde eine Brand rede gegen die Tabaksteuer und begeistert dadurch die dortigen Fabrikanten zu dem Entschlüsse, dem Oberpräsidenten der Provinz die Drohung zu intimiren, sie würden im Falle der Einführung der Tabakfabrikatsteuer ihre sämintlichen Arbeiter, und zwar zum größten Theil dauernd, entlassen; der Präsident solle Vorkehrungen für den unvermeidlich auöbrechenden Noth stand treffen. Hoffentlich läßt der Vertreter deS Kaiser- und preußischen Königs dieser bürgerlichen Frivolität, die mit dem socialdemokratischen Treiben rivalisirt, dir gebührende Erwide rung folaen, die Herren möchten eS nur probiren. Die Tabak steuervorlage ist gegen daS Vorjahr sehr erheblich geändert; ob diese Abänderung glücklich ist oder nicht, ist schwer zu ent scheiden, da sie von der einen Seite ebenso lebhaft begrüßt, wie von der anderen Seite bekämpft wird. Jedenfalls aber beweist diese Aenderung, daß es verschiedene Wege zum Ziele giebt und daß die verbündeten Regierungen begründeten Ab änderungsvorschlägen sich nicht verschließen. DaS Reick muß höhere Einnahmen erhalten oder die Steuerzahler ,n den Einzelstaalen muffen die Fehlbeträge durch viel drückendere Lastenaufbürdungen ersetzen — mit dem principiellen Widerstande gegen eine höhere Besteuerung des Tabaks, die im Vorjahre von einem namhaften Theile' der Interessenten als möglich zugestanden worden und in den ärmsten Ländern noch eine weit höhere ist, schneidet sich das Bürgtrthum in das eigene Fleisch. Die Socialdemokratie wird aus der Ablehnung, nicht aus der Bewilligung Nahrung ziehen, kenn die Vertreter der Ordnung schwächen ihre Stellung, wenn sie die Mittel für die im Interesse deS bestehenden Staates bewilligten Ausgaben verweigern. Aus diesem Grunde steht der Reichstag vor einer folgenschweren Entscheidung. Deutsches Reich. ick. Leipzig, 2l. Februar. Wie wir erfahren, liegt es in der Absicht des NatbeS, der Errichtung eines städtischen Arbeitsamtes näher zu treten. Bereits haben nach ver schiedenen Richtungen hin Erhebungen über diese Einrichtung stattgefunden, dieselben sind aber noch nicht zum Abschlüsse gelangt. 6ll. Berlin, 21. Februar. (Privattelegramm.) Nach der Stimmung in BundeSrathskrcisen dürfte die vom Reichs tage beschlossene Aufhebung SeS Jesuitengesctzcs keine An nähme finden. ^ Berlin, 2l. Februar. Der amerikanische Humorist Mark Twain erzählte einmal sehr ergötzlich, was ihm Alles widerfahren, nachgtsagt und unterstellt worden ist, als er für das Repräsentantenhaus candidirte. Der Schalk fabulirt, denn er hat niemals das Wagniß einer Mandatsbewerbung unternommen und heute darf er froh sein, daß seine gut er fundenen Wahlgeschichten vor den letzten württem bergiscken Landtagswahlen veröffentlicht wurden; wenn er jetzt damit käme, würde man den Dichter für einen Reporter halten. WaS der bei diesen Wahlen in Göppingen als deutschparteilicher Can- didat aufgestellte Professor Hieber „LiebS nnd GutS" von der BolkSpartei erfahren hat,geht sogarnoch überMarkTwain. Er berichtet darüber unterAnderem: „2m Lexikon derehrenrühriczen Ausdrücke dürfte sich kaum einer finden, der nicht auf meine Wenigkeit angewendct worden wäre, als da sind: unanständig, unehrenhaft, frech, tactloS, hochmüthig, kriecherisch, Jesuit, protestantischer Dominikaner, Ketzerfresser, Bauernfänger, wahrheitsliebend (natürlich ironisch), frivol. Man hatte ein Manöver geplant, mich als Wucherer, man denke als Wucherer, auszuschreien, und als ich die kaum eingefädelte infame Ber leumdnng ans Tageslicht ziehen ließ, da schallte eS mir ent gegen: das war aber nicht schön von dem Pro fessor, seinen Landsmann (ein demokratischer Metzger in Waldhausen hatte sich zu jenem Stücklein hergegeden) so bloßzustcllen. Man veröffentlichte Briefe vrS letzteren, worin ich als ein Mensch geschildert war, der sein Lebtag nichts gearbeitet habe, deffen einzige Leistung vielmehr darin bestehe, ein großes — die Summe war, natürlich falsch, an gegeben — Vermögen von seinen Eltern ererbt zu haben. Und wenn ich mich gegen diese Titulaturen wehrte, so hieß rS: „Der Professor der hebräischen Sprache hat sich mächtig Selbstlob gespendet." Sprach ich etwa davon, daß den Ministern v. Riecke und v. Pischek — deren Departement» ja fast allein im Wahlkampf in Betracht kommen — auch von demokratischen Männern schon Vertrauen ent> gcgengebracht worden sei, so war ich kriechend nach oben, jagte nach Orden oder nach einer höheren Stelle, wollte Professor ber hebräischen Sprache in Tübingen werden (wozu bekanntlich ein Wahlkampf der geeignetste Weg ist), sagte ich ein andermal, e» sei unter Umständen schwerer, nach unten furchtlos zu sein als nach oben, so war ich frech, vom HochmuthSteufel besessen. Daß unser einer in die Schule (vr. Hieber ist Gymnasiallehrer) und nicht in den Land tag gehört, da» versteht sich für die Demokratie von selbst. Macht man davon auch die Anwendung auf Herrn Hartranft in Sindelsingrn oder Herrn Honold in Langrnan, dann „ist da» ganz wa* andres"; den» da- sind ja Demokraten, folglich in ihrer Schule ent» behrlich. Für unser einen ist cS tactloS, eine politische Heber» zeuaung zu vertreten, weil er ja auch Kinder von Demokraten zu Schülern habe; die demokratischen Herren College» haben natürlich nur Kinder von Demokraten zu SchülrrnI" Und nach diesen Leistungen hat sich dir württembergische Demo kratie, über deren Agitation in anderen Wahlkreisen AehnlicheS berichtet wird, gerühmt: „Wir von der Volkspartei haben den Wablkampf stet« sachlich und ruhig geführt." tt Berlin, 2l. Februar. In der RrichStagSsitzung vom Dienstag haben focialdemokratische Abgeordnete behauptet die focialdemokratische Presse hätte sich Mühe gegeben di« Arbeiter mit den Bestimmungen deS Invalidität» nnd Altersversicherungsgesetzes bekannt zu machen Da- Gegent heil davon ist wahr. Die gesammte social demokratische Presse hatte eS sich, nachd.m da? «tz^om L'rr«;« das Gesetz mit der Begründung immer von Neuem ab all g aeurtheilt wurde, daß die WobM,alend,ee^ Arbeiter doch von kemem großen ^"'den waren, weil n wenige das 70. LebenSjahr erreichten. In d'Ar ^actik wurc die focialdemokratische Presse dadurch unterstützt daß nach dem Gesetze im ersten Jahre keine Invalidenrenten gt»al wurden und daß auch später zunächst die Zah » » geringer war al« die der Altersrenten. Erst m allerletzter »Zeit hat die focialdemokratische Presse von dieser ^actlk ge- wssen nnd auch da nur nothgedrungen, weil s'r d'e nunmehr vorliegenden Zahlen über die bewilligten Invalidenrenten nicht wegleugnen kann. Es heißt deshalb, die --lials.a . völlig aus den Kopf stellen, wenn der soclaldemok^tischen Presse ein Lob dafür ausgesprochen wird, daß sie die Arleiter über das Znvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz auf geklärt habe. Sie hat im Gegentbe.l alles M^glick)e gethan, um die Arbeiter über die hauptsächlichsten Vorschriften deS Gesetzes in Unkenntniß zu erhallen. » Berlin, 21. Februar. Der Antrag deS Centrums, abgeordneten Vr. SingenS in der Budgetcomm.ssion des Reichstags, die Vereidigung der Truppen nach Con- Zessionen vorzunehmen, läßt von Neuem daS z,elbrwußtr Streben des CentrumS erkennen, die beiden großen Con- fessionen, die sich christliche nennen, immer weiter von ein ander zu trennen und damit eine immer größere Entfremdung zwischen beiden hervorzurusen. 2m Elsaß geht man seilen der Klerikalen dieselben Wege. Man will eine vollstand,ge Scheidung zwischen den beiden Confesfionrn, damit sich dl» einzelnen Glieder derselben nickt kennen und achten lernen. Nur auS diesem GepchtSpunct heran» ist der vor Kurzem von der bischöflichen Behörde in Straßburg gestellte Antrag zu verstehen, eS möge Vorsorge getroffen werden, daß in den Gemeinden des Landes, in welchen Schulen beider Confessionen bestehen — und das wird wohl in der weitaus größten Mehrzahl der Gemeinden der Fall sein — der Ge- burtstag des Kaisers nicht mehr gemeinschaftlich gefeiert werden dürfe. Daß vom Bischof der Antrag gestellt wird, erklärt sich aus den klerikalen Bestrebungen zur Genüge. Daß fick aber, wie eö nach den „Berl. N. N." der Fall ist, eine deutsche Schulbehörde findet, welche diesem Anträge ent sprechende Anordnungen in dSS Land hinausgeben läßt, ist geradezu ungeheuerlich. Ja, wenn daS Entgegenkommen und die Nachgiebigkeit gegen die Wünsche der Klerikalen nur irgend ein greifbares Resultat zeitigten! Wer hindert aber das Land, deutsch zu werben? Die Klerikalen! Wer be mängelt alles, was für daS Land deutscherseits geschieht? Die Klerikalen. Trotzdem die Nachgiebigkeit der Behörde! Die Folgen einer derartigen Schwäche werden sich bald von Neuem geltend machen. V. Berlin, 21. Februar. (Telegramm.) Ter Kaiser unternahm gestern Nachmittag um 9 Uhr eine Spazierfahrt nach dem Grunrwald unv stattete auf der Rückfahrt dem Grafen Görtz im Hotel Continental einen Besuch ab. An der Abendtafel nahmen Prinz und Prinzessin Heinrich Theil, welche nach derselben nach Bonn — nicht nach Kiel, wie estern irrthümlich gemeldet worden — zum Besuche der srau Prinzessin Victoria von Preußen abreisten. Zu dem Herrenabend beim Kaiser waren geladen: die Admirale Hollmann, Koester und Freiherr von Senden-Bibran, die Capitaine zur See Tirpitz, von Arnim, Sack, von Prittwitz und Gaffron, von Zlhlefeld, Graf Bau- dissin, Iaeschke und der Corvettcn-Capitain von Use dom; ferner Professor vr. Güßfeldt nnd die Marine- Maler Professor Salzmann und San Martins. Heute Vor mittag hörte der Kaiser von lO Uhr ab die Vorträge des Ministers deS königlichen Hauses und deS KriegSministerS; hierauf arbeitete er mit dem Chef des Militair-Cabinets und empfing sodann den Bürgermeister Hamburg-, vr. VerS- mann. Zur FrühstückStafel waren keine Einladungen er gangen. Abend- 8 Uhr findet ein Diner statt, zu welchem Großfürst Michael von Rußland nebst Gefolge, der russische Botschaftsrath von Tschaijkow, Prinz und Prinzessin von Sachsrn-Altenburg und Fürst Anton Radziwill geladen sind. 8. Berlin, 21. Februar. (Privattelegramm.) Zum BiSmarckcommerS der Berliner Gtndtrenvcn sind Ein ladungen an den Reichskanzler, die Minister nnd StaaiS- secretaire, die Generalität, die Parlamente, den gesammten Lehrkörper der Universität und vrr Hochschulen, sowie an die Trupprnthrile ergangen. 88 Berlin, 2l. Februar. (Privattelegramm.) Die gestern im ReichStagSzebäude unter dem Vorsitz des Fürsten zu Hohenlohe abaebaltene Sitzung -eS Ltaat-ministertumS dauerte fast fünf Stunden. Sie begann um 2 und endete erst gegen 7 Uhr. Der Finanzministrr vr. Miquel, welcher Lurch die Tbeilnahme an der Berathung über da- Stempel- steuerzesetz im Abgeordnetenhaus zurückgehalten war, wurde durch den UnterstaatSsrcrrtair Mrinrcke vertreten Dir Übrigen Minister nahmen sämmtlick an der Sitzung ^heil außerdem der StaalSsecrrtair Graf PosadowSky. ' ^ (Privattelegramm.) In, AbgeordnetenhaHe constttmrte sich auS Mitgliedern aller Parteien rme Bereinigung für körperliche Erziehung »er .D«ra,hung stehenden Grnndzügr für dir 4. hanget der Bereinigung wurden einstimmig angenommen. (-) Berlin, 2 l. Februar. (Telegramm) Der R«ick>a- aNzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung über den Beitritt ^ des 'jürstenthumS Liechtenstein (!) zu dem am 15. Avril 1893 ,n Dresden abaeschlossenen in.,? nationalen Uebereinkommen, betr. Maßregeln gegen die Cholera. O Verliu, 21. Februar. (Telegramm) Die Los." 7*Avril?V'" 2nstieb?hör»cn wird mi"/dem 1. April d I. eine neue Kau,>ei-Or»nnn, an Stelle deS etzigen Kanrlei-Reglements in Kraft treten. Die Veröffent- ichnng durch den Iustizminister soll in diesen Tagen erfolgen. — Wie die „M. N. N." hören, herrscht an maßgebenden stellen große Mißstimmung über den Verlauf der Ber- cknimlung des Bundes der Landwirthe, der sich die Mahnungen des Kaisers nicht zu Herzen genommen habe. * Hamburg, 20. Februar. Die Bürgerschaft nahm in zweiter Lesung vier Gesetze an: zur VerwattungSreform, über die 'lrnderung einiger Bersassungsbestimmungen, über Staatsangehörig, cit und Bürgerrecht und daS Bürgerschaftswahlgesetz. Diese vier Gesetze sollen dem Senate als untrennbares Ganze überreicht werden. k Braunschweig, 20. Februar. Mehrere Handelskammern satten seiner Zeit eine Beschwerde an den preußischen Handelsminister gerichtet, weil das Bekleidungsamt des XV. Armeecorps seinen Bedarf an Nähmaschinen aus dem AnSlande bezöge. Jetzt ist der hiesigen Handelskammer mitgetheilt worden, daß daö preußische Krirgsministerium dem HandrlSminister einen Bescheid habe zugehen lassen, in dem eS heißt, das allerdings ein Vertrag mit der Firma Nridlingcr vereinbart worden sei, daß aber dem Bekleidungs- amle, bezw. der Intendantur des XV. ArmeecorpS, un bekannt gewesen sei, daß die fraglichen Singer-Nähmaschinen im Auslande hergestcllt seien. Der Vertrag sei hierauf sofort aufgehoben worden. Uebrigens sei bisher nur eine Maschine in Auftrag gegeben. * Magdeburg, 2l. Februar. Die „Magd. Ztg." schreibt: „Das Telegramm über die Laudlagseröffnung in Stuttgart scheint einer Erläuterung zu bedürfen. Wenn die zwei Socialdemokraten der neuen Kammer der Vereidigung fern geblieben sind, dann kann sich die- natürlich nur auf die feierliche Ceremonie beziehen; ohne Verfassungseid würden sie gar nicht an den Landtagsverhandlungen Theil nehmen können. Aber die dort übliche Form des Landtagseides scheint den beiden Herren unangenehm gewesen zu sein. Bisher wenigstens war eS dort üblich, daß der Abgeordnete hei dem Eite seine Hand in diejenige des Landesherrn legte, wobei als Ort vrr Feierlichkeit natürlich der Thron saal ber Resideru fungirte. Man entsinnt sich sy, daß im Jahre 1832 König Wilhelm I. von Württemberg diese gesammte Ceremonie für einmal abänderte, weil er dem für Tübingen neugewählten Paul Achaz Pfizer als dem Verfasser deS preußisch hegemonistischen „Briefwechsels zweicrDentscher" die Hand nicht reichen wollte. Er hatte an Pfizer privatim daS Er suchen stellen lassen, der Feierlichkeit fern zu bleiben; dieser lehnte aber den Wunsch ab, und darauf entzog sich der König der Ceremonie durch deren Abänderung. In dem jetzt vor liegenden Fall scheint also daS formelle Verhältniß das um gekehrte zu sein. Thatsächlich werden im Sitzungssaale der württembergischen Ständekammern die zwei socialdemokra- lischen Mitglieder den Eid auf die monarchisch constitntionelle Landesverfassung mit Leichtigkeit nachholen können, nachdem bekanntlich vor einigen Wochen im deutschen Reichstage Herr Bebel seine Parteigenossen der Gewissensbedenken in diesem Puncte ex catlleüra enthoben hat." * AuS Westfalen, 20. Februar. Bei den Erörterungen deS Provinziallandtages über die Errichtung einer Land- wirthschaftSkammrr hat sich Freiherr v. Scvorlemer-Alsr über den Antrag Kanitz ausgesprochen, indem er gegenüber einer Empfehlung dieses ArlrageS durch Freiherrn v. Wendl auSsührtr: „Ob etwas Gesundes und Ausführbares aus dem Antrag Kanitz sich ergeben werde, sei abzuwarten. Der Antrag Kanitz, der sehr verschieden verstanden werde, sei ein zugkräftiger Agitation-ruf. Was bisher aus demselben auSgeschalt sei nnd empfohlen werde, das StaatSmonopol au Getreide, Mehl, wohl auch Brod, sollten also, nach Ansicht des Freiherrn v. Wendt, die LandwirlhsckaflS-Kammern aus- führen helfen. Nun, das zu thun, würden die bestehenden Vereine gern den Landwirthschasts-Kammern überlassen. Das hieße aber dann dem socialdemokratischen Zukunfts staate die Wege ebnen, und er hoffe, daß im Interesse des Friedens, sowie der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung wie der Monarchie solches niemals geschehen werde." — Der Bericht verzeichnet nach diesen Ausführungen lebhaftes Bravo. tz Bon», 20. Februar. Ultramontane Denuncianten batten die Burschenschaft „Alemannia" wegen harmloser Vor gänge bei ihrem Katerumzug in Oberwesei der Religions beschimpfung bezichtigt und bei der Coblenzer Staats anwaltschaft Strafantrag gestellt. Der Staatsanwalt ver öffentlicht nunmehr folgende Erklärung: „Coblenz, den 5. Januar 1895. Auf die Anzeige vom 4. August vorigen Jahres gegen die Mitglieder der Burschenschaft „Alemannia" wegen Beschimpsung kirchlicher Gebräuche theile ich Ew mit. daß die angestrllten Ermittelungen mir einen Anlaß zu strafrrcht lichem Einschreiten jnicht bieten. Wenngleich ein Theil der ver nommenen Zeugen bekundet hat, daß sie in einzelnen Handlungen einiger an Len Umzug dethriligten Personen eine Nachahmung und Verspottung von Gebräuchen der katholischen Kirche erblickt haben, so steht diesen Aussagen eine Reihe von (beiläufig bemerkt katho lischen) Zeugen gegenüber, welche in den erwähnten Handlungen lediglich »inen studentischen Ulk gesehen haben, den sie als eine Nachahmung., beziehungsweise Verspottung katholischer Gebräuche nicht zu erachten vermögen. Die Ermittelungen haben auch noch andere Momente ergeben, welche dafür sprechen, daß den Beschuldigten bei Ausführung der incriminirten Handlungen jede böse Absicht ge mangelt hat. Ts fehlt somit rin Beweis dafür, daß die Beschuldigten bewußter Weise Handlungen vorgenommen haben, welche »ine Be- schimpsung von Einrichtungen oder Gebräuchen der kotholischrn Kirche enthalten. Der Erste Staatsanwalt: Schumacher." * Ttuttsart, 2l. Februar. (Telegramm.) Kammer der Abgeordneten. Nach einem scharfen Wortgefecht zwischen Groeber und Haußmann einerseits und Dachs unr Gueltlingen andererseits wurde die Präsidenten-Wahl auf heute Nachmittag 4 llhr verschoben. In Folge eines Ueber- einkonimen- zwischen der Volkspartei und dem Centrum er hielt Payer (Volkspartei) 52 Stimmen und wurde somit gewählt. ES wird die Bildung einer neuen Fraktion angestrebt, welche alle Mitglieder umfassen soll, welche nicht dem Centrum oder der Demokratie angehören. Passan. 20. Februar. Domvicar vr. Pichler candidict wieder im Reichstagswahlkreise Pafiau. Die Liberalen stellen den Gutsbesitzer Schmerold auf. Die Socialdemokraten baden schon vor einiger Zeit Redacleur Schmidt-München nominirt. Vr. Pichler er« klärt sich gegen den Antrag Kanitz.
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