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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950302018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-02
- Monat1895-03
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Dabellarischer und Zisterss«tz noch höherem Dur«. Ertra-VeUa-e» (gefal-t), «nr att b^l Morgen.NuSaabe, ohne Postbesördenm- 60.—, wrt Postbesörderung 70.—^. Ännalfmeschlub für Anzeige«: Abrud.Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Margeu»Au«gab«: Nachmittags 4 Uhr. Sonn» nnd Festtag« früh '/,S Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je er« Halde Stund« früher. Att-eigen find stet» an die GrpeHttt»» zu richte» Druck nnd Verlag von L. Polz in Leipzig Sonnabend den 2. März 1895. 89. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 3. März, Vormittags nur bis V-v Uhr geöffnet. Lxpeältlov 6e8 I^elpxl^er ^L86l)1atte8. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Herstellung des RiemenfuhliodcnS, die Ausführung der Gas- und Wasscrleitttngs-, sowie der Pftafternngsarlicitcn für den Neubau der 3. Realschule am Schleuniger Wege hier sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher aus ihren bezügl. Ang boten hierdurch entlassen. Leipzig, am LI. Februar 1895. Id 625. Ter Rath der Stadt Leipzig. 316. vr. Georgi. Etz. Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager? scheine werden von den meisten Bankinstituten bestehen. Leipzig, den 26. April 1894. Die Deputation zum Lagerhofe. Bekanntmachung. Zum Behuf der gegen Ende jedes akademischen Halbjahre« zu haltenden Revision der Universitäts-Bibliothek werden die Herren Studirenden, welche Bücher aus derselben entltehen haben, aufgesordert, diese am 2«. und 28. Februar und am 2. Mar; gegen Zurückgabe der Empfangsbescheinigungen abzuliefern. Die Ablieferung wird in der Weise zu geschehen haben, daß die jenigen, deren Namen mit einem der Buchstaben ll ansangen, am 26. Februar» die, deren Namen mit einem der Buchstaben .1 bis L beginnen, am 28. Februar, und die Uebrigen am 2. März (früh zwischen 10—1 Uhr) abliefern. Alle übrigen Entleiher werden aufgefordert, die an sie verliehenen Bücher am 5., 6. unv 7. März znrückzugeben. Während der Revisionszeit (26. Februar bis 11. März incl.) können Bücher an Benutzer, die nicht Docenten der Universität sind, nur ausnahmsweise nach Hauie verstehen werden. Der Lesesaal ist während derselben Zeit nur Vormittags geöffnet. Leipzig, den 22. Februa- 1895. Tie Direktion Per Universitäts-Bibliothek. Realgymnasium. Montag, den 4. März 1895, 8 Uhr Ausnahme-Prüfung. Papier und Feder sind mitzubringen. Der Rector: vr. Böttcher. Liebertwolkwitz. Durch freiwilligen Abgang des jetzigen Inhabers wird die 6. ständige Lchrerstelle an hiesiger Volksschule mit einem An sangsgehalte von 1200 und 200 Wohnungsgeld Ostern P. I frei. Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche mit den erforder lichen Zeugnissen bis zum 16. Mär; e. bei uns einreichen. Liebertwolkwitz, am 1. März 1895. Der Gemeinderath. Dyck. Bekanntmachung. Eine SchntzniannSstelle mit 1000 Gesauimteinkoinmen if «« 1. April zu besetzen. Bcwcrbnngen mit Zeugistßabschriften und Lebenslaut werden bis 15. März angenommen. Eisenberg, S.-A., den 25. Februar 1895. Der Stadtrath. Clauß. Eine Aufklärung in Sachen -es Socialistengeseyes. L. Schon bald nach Einbringung der Umsturzvorlage im Reichstage machte sich von manchen Seiten her die Ansicht geltend, der damit beabsichtigte Erfolg sei schwerlich auf diesem Wege, sei nur durch ein speciell gegen die socialdemokralische und anarchistische Umsturzpartei gerichtetes Gesetz, also ein neues Socialistengesetz, zu erreichen. Besonders in den „Ham burger Nachrichten" wurde diese Ansicht mehrfach vertreten. Einerseits hielt man die Bestimmungen der Umsturzvorlage für zu wenig durchgreifend, um ihren Zweck zu erfüllen, andererseits ward befürchtet, daß die auf dem Boden des „gemeinen Rechts" kaum zu vermeidenden Collisioneu zwischen den zu bekämpfenden staatsgefährlichen und den zu schonenden legitimen Bestrebungen Verwirrung in die ganzeMaterie bringen möchten. Diese letztere Befürchtung hat im Laufe der Com- missioiisberatbungen über die Vorlage nur zu sehr Bestätigung gefunden. Und so ist eS nicht zu verwundern, wenn in cen- >enigen Kreisen, wo man es ernst nimmt mit einer kraftvollen Bekämpfung der Umsturzdestrebungen, ohne dahei Hinter gedanken anderer Art zu hegen, der Seufzer gehört wird: „Ach, wäre doch im Januar 1890 das damals dem Reichstag wieder vorgelegte Socialistengesetz nicht abgelehnt worden!" Nun herrscht über die näheren Umstände jener Ablehnung noch einige Unklarheit. Man weiß so viel, daß die National- liberalen bei der Abstimmung über die einzelnen Bestinilnnngen des Gesetzes gegen den sogenannten AuSweisungsparagraphen stimmten und diesen zu Falle brachten, und daß dann bei der Abstimmung über das ganze Gesetz wiederum die Conservativen sich mit der Linken und dem Centrum zu einem abfälligen Votum verbanden. Unklar war dagegen schon damals und ist bis auf den heutigen Tag die Haltung, welche die Re gierung bei den Verhandlungen über das Gesetz eingenommen habe. Man meint, es hätte dieser nicht schwer werden können, entweder in Betreff des streitigen Paragraphen eine AuS gleickung zwischen Nationallibrralen und Conservativen herbei zuführen, oder diese letzteren dahin zu bringen, daß sie, um nur daS Gesetz nicht gänzlich fallen zu über j-ertt Meinungsverschiedenheit hinwegsahen. Die Führer der beiden Parteien selbst scheinen sich gewundert zu haben, daß nicht, wie sonst in ähnlichen Fällen, eine vertrauliche Besprechung mit ihnen seitens der Regierung stattgefunden. Noch mehr hat es Wunder genommen, daß Fürst Bismarck, der am 24. Januar von FriebrichSruh nach Berlin gekommen war, in der ent scheidenden Reichstagssitzung vom 25. Januar nicht einmal das Wort genommen, da doch eine Abwendung des Mißerfolgs seiner eigenen Vorlage ihm, sobald er selbst eingegrissen Kälte, sicherlich noch gelungen sein würde; man hat sein Still schweigen rätbselhaft gefunden, ja wohl gar ihm einen Vor wurf daraus gemacht. In dem Buche „Das deutsche Reich zur Zeit Bismarcks von Hans Blum wird (S. 662) eine Aeußerung der „Hamburger Nachrichten" vom 9. October 1890 angeführt, nach welcher „alle Monarchen und Minister, auch der da malige Reichskanzler, das Gesetz auch ohne den Ausweisung« Paragraphen anzunebmeu empfohlen hätten", und es wird die Vermuthung geäußert „die conservative Führung habe ihrer Partei diese Empfehlung vorrnthalten". Jetzt nun erhalten wir über den wirklichen Sachbestand eine Aufklärung durch eine Stelle in dem unlängst erschienenen Scblußband der „Politischen Reden des Fürsten von Bismarck", herausgegeben von Horst Kohl. Dort heißt es in Abschnitt XIV, S. 668: „Fürst Bismarck batte dem Reichstage eine Vorlage wegen Erneuerung des Socialistengesetzes gemacht. Freilich hatte er schon damals bemerken müssen, daß er nicht bloS bei einem Theile seiner College» im preußischen Ministerium, sondern auch an maß gebender Stelle eine der seinigen entgegengesetzte Anschauung vertreten fand...DaeS ihm nicht ge lang, den Kaiser von der Richtigkei t seiner Ansicht zu überzeugen, hielt er sich vondenVerhandlungen des Reichstags über die Erneuerung des Socia listengesetzes fern, um dort nicht Ueberzeugungen Ausdruck geben zu müssen, die mit denen der „maßgebenden Zukunft" in Widerspruch standen." Es kommt in Betracht (was ebenda, S. 669, hinzugefügt wird), daß inzwischen (gerade am 24. Januar) in einer Sitzung des Kronratbes Minister von Bötticher die Entwürfe I der beiden kaiserlichen Erlaffe (wegen eines Arbeiterschutz- gesetzeS und wegen einer internationalen Conferenz deshalb) wraetragen Halle, welche, wie hier gesagt ist, „den Kanzler >rlebrten, daß die Kluft zwischen den Anschauungen veS Monarchen und den eigenen in einer der wichtigsten Fragen des modernen Staatslebens unauSfüllbar geworden war". Man darf diese Auslastung (die allerdings zunächst von dem Herausgeber der Reden herrübrt) wobl ibrem ganzen Inhalte nack als auf sicheren Informationen fußend ansehen, und darum ist das damalige Verhalten des Fürsten Bismarck vollkommen erklärlich. Deutsches Reich. * Leipzig, 1. März. In dem schweren Aerger darüber, daß alle sächsischen Städte mit revivirterStädteorvnung dem Fürsten Bismarck das Ehrenbürgerrechl verliehen haben, liefert der „Vorwärts" einen beacbtenSwerthen Beitrag zur zukunstsstaatlicüen Gedankenfreiheit. Im socialbrmokra- tischen Centralorgan ist nämlich zu lesen: „lieber Stcgmüllereien in Sachsen weiß der „Meißner Bolksfreund" Folgendes mitzulheiten. In Crimmitschau stimmte der socialoemokratiiche Stadtverordnete Restaurateur Aaumfegel für die Ernennung des Fürsten Bismarck zum Ehren bürger der Stadt. Auch im Wurzcner Stadlrath und Stadt- verordneten-LoUegium haben sich nicht nur die Freisinnigen, sondern auch die Socialdemokraten als allergetreueste Opposition gezeigt. Die Ernennung Bismarck's zum Ehrenbürger wurde im Stadl- rath, wo die Opposition die Mehrheit (!) hat, mit 7 gegen 1 Stimme, und im Stadtverordneten-Collegium, wo zwischen Reaktion und Opposition Stimmengleichheit besieht, mit 11 gegen 4 Stimmen (drei Stadtverordnete enthielten sich der Abstimmung) angenommen. Ueber diesen Ausgang hrrricht im OrdnungSlager Heller Jubel. Und mit Recht! Derartige Vertreter wiegen nach unserer Meinung die Opfer eines Wahlkampfes nicht auf und können unS somit gestohlen bleiben. — Entspricht die Schilderung unseres Meißener Partei-Organs den Thatsachen, so ist das Verhalten her Betreffenden allerdings nicht sckiarf genug zu vrrurtheilen und Sache der dortigen Parteigenossen ist es, derartigen Auch-Socialdemokraten gehörig die Weg« zu weisen." Es bleibt abzuwarten, ob die „dortigen Parteigenossen" Orvre parirra und die drnuncirten „Berurthrilren" im Namen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit hinausftiegen lassen werden. . C) Berlin, l. März. Die Buchdrucker sind schon seit längerer Zeit bestrebt, in den socialdemokratischen Druckereien die Accorbardeit adzuschaffen, doch stoßen sie dabei in den eigenen Reihen auf Widerspruch, da die Setzer, besonders in den ZeilungSofficinen, sich ibr hübsches Einkommen, das sie jetzt beim Stücklohn (Berechnen) haben, nicht schmälern lassen wollen. Auch der im socialdemokralischen Fahrwasser segelnde Verein Berliner Buchdrucker und Schriftgießer beschäftigte sich in voriger Nacht mit diesem Thema und stimmte nach anhaltenden Debatten folgender Resolution zu: „Der Verein Berliner Buchdrucker und Schriftgießer erklärt sich nicht nur mit der Einführung des gewissen Geldes (Zeitlohn) in den Druckereien, in welchen Arbeiterblätter hergestellt werden, einverstanden, sondern er wird mit aller ihm innewohnenden Kraft aus die Beseitigung des Stücklohnes (BerechnenS) hin arbeiten, weil er denselben für ein Hemmniß sowohl der Stabilität im Gewerbe, als der Unterbringung der Arbeits losen hält." Wir glauben nicht, daß d,e Parteiofficinen diesem Druck nachgebrn werden, zumal da mit der Abschaffung des Berechnen- schon üble Erfahrungen gemacht worden sind. So hatte der Buchdrucker Werner zu der Zeit, al- er die socialdemokralische „Volks-Tribüne" druckte, auf wiederholtes Drängen allgemein feste Löhne eingeführt, doch mußte er schon nach vierzehn Tagen we^en der dadurch eingetretenen geringeren Leistungen seiner College« und Genossen zu dem alten System zurückkehren, um nicht ruinirt zu «erben. Auch hei dem Organ Bollmar'S, der „Münch. Post", besteht, wie jüngst erwähnt, unter der Zustimmung der Betheiligten die Accördarbeit. V. Berlin, 1. März. (Telegramm.) Gestern Nach mittag unternahmen der Kaiser und die Kaiserin eine gemeinsame Spazierfahrt. Zurückgekehrt ins Schloß, ver blieb der Kaiser bis zur Abenbtafel, zu welcher keine Ein ladungen ergangen waren, im Arbeitszimmer und er ledigte RrgierungSgeschäfte. Nach der Abenbtafel fuhr das Kaiserpaar nach dem Schauspielhause und wohnte der Vorstellung bis zum Schluffe bei. Heute Vor mittag begab sich daS Kaiserpaar nach dem Pan orama in der Herwarthstraße, um die Arbeiten für das Panorama der Schlacht an der Beresina — ausgeführt vom Maler Falat — in Augenschein zu nehmen. Bon dort aus machten der Kaiser und die Kaiserin den gewohnten Spazier gang und kehrten dann ins Schloß zurück. Um 1 Uhr Mittags nahm der Kaiser die Rapporte der Leibregimenter entgegen. V. Berlin, l. März. (Privattelezramm.) Die ,.B. B.-Z." schreibt: Nawrichtrn auS Wien zufolge soll durch Vermittelung des Kaisers Franz Josef zwischen dem Kaiser Ltlhelm und dem Herzog von Eumberlank» eine Aussprache und weiterhin eine vollständige Versöhnung stattgefunden iahen. Als nächste Folge wird ein Besuch des Herzogs am Berliner Hofe genannt. (??) ö. Berlin, l.März. (Privattelegramm.) Die leichte Besserung in dem Befinden des commandirenden Admirals Hrhrn. v. tz. Goltz hält an. ö. Berlin, 1, März. (Privattelezramm.) Inder „Deutschen Afrika-Post" wurde bekanntlich als Grund gegen die Ernennung Wissmann's zum Gouverneur von Deukfch- Ostasrika angeführt, der jetzige Stellvertreter des Gouverneurs, Herr von Trotha, sei Oberstlieutenant, Wiffmann aber nur Major. Die „Nat.-Ztg." schreibt hierzu: Uns ist weder bekannt, ob die Ernennung Wissmann's >cabfichtigt, noch, ob er selbst geneigt ist, wieder für ängere Zeit nach Afrika zu gehen; in letzterer Hinsicht >esleb«n bei Personen, die zu Wissmann nahe Beziehungen haben. Zweifel. Wie dem aber auch sein mag, so muß entschiedenster Widerspruch dagegen erhoben werden, daß AnciennelätSrücksichten, die für den Militair- dienst in Deutschland maßgebend sind, bei der Entscheidung einer derartigen, für die Entwickelung Deutsch - Ostasrika's wichtigen Frage inS Gewicht fallen dürfen. ES kann wohl nur als eine Absurdität bezeichnet werden, wenn wegen dieser Rücksichten als „bester Ausweg" bezeichnet wird, daß Oberstlieutenant von Trotba zum Gouverneur und Majop von Wiffmann zum stellvertretenden Gouverneur nnd Commandeur der Schutztruppe ernannt würde; da Obrrstlieutenant v. Trotba sich nicht länger als bis zum Ablauf seiner eingegangenen Verpflichtung dem Colonialdienst widmen wolle, so rücke dann Major v. Wiff- nigun rum Gouverneur auf. Ein derartiges Proicct, wonach die erste Afrika-Kraft, die wir besitzen, unter einem vor kurzer Zeit zum ersten Mal: dorthin gekommenen, dort noch unerproblen Officier stehen soll, könnte wohl nur zu dem Zwecke vorgeschlagen werden, daß Wiffmann eS ab lehne. — Gegenüber dem Dementi der „Post" hält das Stöcker'sche „Volk" seine Nachricht aufrecht, baß der Reichskanzler dem Grafen Hompesch gegenüber sich als Gegner des Antrages Kanitz bekannt habe. Und die „M. N. N." schreiben: „Wir könnender „Post" die bestimmteste Versicherung geben, daß der Reichskanzler sich dem Grafen Kanitz selbst gegenüber als Gegner des Antrages Kanitz bekannt hat." — Vor einigen Tagen gingen, wie erwähnt, durch die Presse Mittbeilungen, wonach Herr von Hammerstein von der Leitung der ,Freuz;tg." zurücklreten wollte. Diese Angabe Kat er in einem hiesigen Blatte für unbegründet er klärt. Der „Köln. Volksztg." wird dazu geschrieben: „Ob es wahr ist, daß der conservativen Presse demnächst durch daS Scheiden des Herrn von üamm erstem ein Verlust bevorsteht? Wir haben darüber in letzter Zeit sehr viel reden hören und gerade in Kreisen, welche Herrn v. Hammerstein gesellschaftlich nahe stehen. TheilS wurden Privatverhältnijse als Grund angegeben. Es ist aber auch gut verbürgt, daß man in gouvernemental-conservativen Kreisen, und bis sehr hoch hinauf, einen weniger rücksichtslosen Herrn als Leiter der „Kreuzzeitung" wünscht. Sogar der Name eines Nachfolgers wurde schon genannt. Herr v. H. selbst scheint gewillt, aus Grund seines lebenslänglichen Cvntractes sich zu halten, wir wollen abwarten, ob rr seine Gegner „zerschmettert". Er selbst hat bekanntlich Alles in Abrede gestellt." — Hier tagte rin norddeutscher Schiffertag, zu dem 58 Delegirte, die inSgesammt 5560 Schiffseigner vertreten, und außerdem 6l Delegirte von 29 Schifferinnungen erschienen waren. Eommissarien der Regierung und Reichstagsabgeordnete wohnten den Verhandlungen bei. Sie drehten sich hauptsächlich um die alten Klagen über die erdrückende Concurrrnz der Großschifsrr. Dann wurde der Gesetzentwurf, betreffend die privatrechttichen Ver hältnisse der Binnenschifffahrt, besprochen und in einer Resolution verschiedene Aenderungen des Entwurfs befürwortet. Schließlich sprach sich die Versammlung kür die Einführung der Sonntags- ruhe aus, in der kein Nachtheil für das Schiffergewerbe zu erblicken sei. Frrrillrtoir. Eine Malerschule im Dorfe. Nachdruck verbeten. Unter den vielen Hausindustrien, durch deren Betrieb die ländliche Bevölkerung Rußlands sich einen Ersatz für den ungenügenden Ertrag der Landwirthschaft zu schaffen sucht, ist keine so sehr geeignet, das allgemeine Interesse zu erregen, wie die Herstellung der Heiligenbilder in den Malerdörfern deS Gouvernements Wladimir. Im nordöstlichen Winkel diese« Gouvernements liegen an einem kleinen Flusse dicht bei einander die Dörfer Cholui und Palrcha, die den Mittel punkt dieser Industrie bilden, und auf einer Fläche von 30 bis 40 lD Werst reiht sich an sie noch eine Gruppe kleinerer Dörfer, in denen etwa 3000 Menschen ihr Brod durch die Herstellung von Heiligenbildern verdienen. Unmassen solcher Bilder kommen jahraus jahrein in den Handel, und ganze Wagenzüge führen die Händler fort, die hier rinkaufen. Man trifft die Erzeugnisse der Maler- Werkstätten deS Gouvernements Wladimir nicht nur im ganzen europäischen Rußland, sondern auch noch in den Balkanländern, am Kaukasus und sogar jenseits deS Urals. Die Nachfrage ist sehr groß und daS Geschäft sehr einträglich — wenigstens für die Händler, die in Rußland 200 biS 300, im AuSlande zuweilen bis 1000 vom Hundert verdienen. Ein so nnverhältnißmäßig Kober Handelsgewinn erweckt bei den in Rußland herrschenden Verhältnissen sofort die Vermuthung, daß er auf Kosten des Arbeiters erworben ist, und wenn wir auf einer Wanderung durch das industrie reiche Gouvernement die Malerdörfer besuchen, finden wir diese Vermuthung vollauf bestätigt. Bezahlen doch die Händler daS Hundert Bilder der billigsten Sorte, die auf kleine Täfelchen von Birkenbolz gemalt sind, mit nur N/jr Rubel und verkaufen sie jenseits der russischen Grenze für lv Rubel, zuweilen zu noch höherem Preis! Die Liefe rung so billiger Waare wird nur dadurch ermöglicht, daß die Kinder schon vom 9. Lebensjahre in der Werkstätte des Vaters thätig sind und daß eine ArbeitStheilung durchgefübrt ist, die es den Einzelnen ermöglicht, hohe Fertigkeit in seiner Specialität zu erlangen und ungemein rasch zu arbeiten. Wie in den M.uerschulen deS Mittelalters der Lehrling zunächst Farben reiben lernte, so muß auch in Cholui der Knabe, der im 9. oder lO. Lebensjahre als Lehrling in einer Werkstatt ausgenommen wird, zunächst zwei bi« drei Jahre die Tafeln hobeln, auf welche gemalt wird, und für den Meister und die Gesellen dir Farben reiben. Dann lehrt man ihn während weiterer zwei Jahre GypS und Leim auf die Tafeln austrazen und erst mit einem glatten Holz, dann mit einem Wischlappen verreiben. Vom Morgen bis zum Abend sitzt der Lehrling auf einem niedrigen Schemel, über die Bank gebeugt, welche die Staffel« vertritt, und schasst einen geeigneten Untergrund für die Bilder. Auf diesen wird eine Vorlage gelegt, auf der die Umriffe der abzuzeichnenden Gestalt mit einer Nadel durchstochen sind, und der Lehrling streift vorsichtig mit einem mit zerriebener Koble gefüllten Säckchen über die Vorlage hin, wobei die Koble durch die feinen Oeffnungen dringt und die Umriffe deS Bildes auf die Holzfläcde zeichnet. Der Lehrling folgt nun mit einem spitzen Eisengriffel den angeveuteten Umrissen und ritzt sie in die Tafel ein, worauf die Kohle weggewischt wird. Damit ist die LehrlingSarbeit beendet unv der Meister ober der Gesell übernimmt das AuSmalen mit Lack- oder Wasserfarben. Der Lehrling wird in die Geheimnisse der Pinselsührung nur ganz allmählich, Schritt für Schritt eingefübrt. und er er lernt sie ohne je eine Vorlage zu Gesicht zu bekommen. Der Meister bezeichnet ibm eine Stelle und beauftragt ihn, blaue Farbe auf derselben aufzutragen, dann bezeichnet rr eine zweite Stelle, die mit rotver oder weißer Farbe zu bemalen ist, und der Lehrling malt oder — bester gesagt — streicht darauf los bis das Bild fertig ist. Der Mei ter sieht nur von Zeit zu Zeit nach und unterweist den Lehrling, daß diese Stelle etwas dunkler, jene etwas Heller zu halten sei. In dieser Weise malt der Lehrling so lange ein und dasselbe Bild, bis er sich genau eingeprägt bat, wie cs gemalt wird, und er im Staube ist, es ohne jede Anweisung fehler frei herzustellen. Monate vergehen, bevor er die Art der Herstellung eines BilbeS erlernt hat und ihm vom Meister ein anderes zugewirsen wird, an dem er denselben Lehrgang durchwacht. Diese Lehrweise ist zwar eine sehr langwierige, aber bei der beschränkten Zahl der Heiligenbilder, die tn best Werkstätten angeferttgt werden, genügt di» Lehrzeit doch zur Erlernung aller, umsomehr al« der Einzelne nie ein voll ständige« Bild, sondern nur entweder die Gewänder oder die Köpfe malt. Diese ArbeitStheilung pflanzt sich in den Familien vom Vater auf den Sohn fort, und wer Gesichtsmaler (lirevsetitsckik) ist, der bildet auch seiften Sohn nur in diesem Fache auS. So trägt die ganze Arbeit von Anfaua an den Stempel des Handwerksmäßigen, aber jeder kann es in seinem Fache zu vollendeter Meisterschaft bringen, und bei der billigen Dutzendwaare geht die Arbeit auch ungemein rasch von Statten: zwei Pinselstriche und — und die Augen sind gemalt; zwei Striche darüber schaffen die Augenbrauen, ein dritter Strich den Mund: unter dem blitzschnell über die Holzfläche sich bewegenden Pinsel erscheinen die Wangen, die Nase, daS Kinn, das Haar — ebenso rasch ist von einem andern das Gewand gemalt, und das Bild ist fertig. Zu solcher Maffenwaare, die man schon für einige Kopeken kaufen kann, gehören auch die mit glänzendem Blech über- kleiveten Bilder, die man sammt GlaS und Rahmen für 30 Kopeken erhalt. Sie sind zwar rin Erzrugniß höchster Geschmacklosigkeit, ater eine viel staunenerrezende Kunstfertig keit, die bei guter Anleitung Großes leisten müßte, führen auch sie unS vor Augen! Das Gesicht deS Heiligen blickt auf diesen Bildern aus einer Blecheinrahmung bervor, die einen Strahlenkranz darstellen soll und so kunstvoll gearbeitet ist, daß sie, au» einiger Entfernung betrachtet, blitzt und funkelt, als bestände sie auS Gold und Silber und Edelsteinen. Hunderte von Strichen und Linien sind in allerlei Der schlingungrn in da- Blech eingeritzt, das durch zahllose kleine Einbuae an den Faltenwurf deS gemalten Gewände« und an die Hände angepaßt wird. Wer die Art und Weise der Herstellung nicht kennt, wird ein solches Bild unbedingt für Maschinenarbeit halten, der auch sein Preis entsprechen würde, und dock ist Alle- Handarbeit. Acht Arbeiter theilrn sich in die Herstellung des BlechrabmrnS. Der erste bearbeitet mit einem gewöhnlichen Hammer eine dünne Blrchplatte, bi« sic so glatt und eben ist, daß sie glätter aus einer Press« nicht bervorgehen könnte. Ein Zweiter zeichnet dann aus sie mit einem Stück Kohle die Umrisse der gemalten Gestalt und vertieft sie mit einem spitzen Griffel. Di« Platt«
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