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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950302021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
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Vezug-.PrelS i» d« HanptexpkdUion oder den im Stadt» bezirk und den Bororten errichteten Au», aaorsiellen abgeholt: vierteljährlich^».^ »ei »w«t»aliger täglicher Zustellung iv« Hau» ^l bchO. Durch die Post be-ogeu sür Deutschlaud und Oesterreich: viertel>ährlich O.—. Direkte tägliche Kreuzbandieudung i»D Auslaut»: monatlich ?.üv. Dievrorgeu-Aurgabe erscheint täglich'/,? Uhr, hi» Abend-Ausgabe Wochentag» b Uhr. LeLactto» «nd ErveLitto«: Johanne»,affe 8. Die Ervedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet »», früh S bl» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Ott» Me««'» S-rti«. (Alfred -«halb Universitättstrabe 1, L-ut» Lösche. Rathariurustr. 1». vart. und KönigSplstz V. Abend-Ausgabe. tWWrTaMtt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. ^-113. Sonnabend den 2. März 1895. Zur gefälligen Belichtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 3. März, Vormittags nnr bis V-8 Uhr geöffnet. LxpeMiou 608 I^eip/iKei 1^ed1atte8. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. März. Der Reichstag hat gestern in zweiter Lesung die vielumstrittenen vier neuen Panzerkreuzer mit erheblicher Majorität — 145 gegen 77 Stimmen — bewilligt und damit bewiesen, daß er mehr Herz und Verständniß für die nationale Ehre und das nationale Bedürf nis besitzt, als er im vorigen Jahre zu haben schien. Allerdings hat sich seitdem die Nothwendigkeit einer Verstärkung — oder richtiger Ergänzung — unserer Flotte mit geradezu beschämender Deutlichkeit herausgestellt; muß doch Deutschland, das im Jahre 1885 durch die Aus stattung seiner Kreuzerflotte allen europäischen Staaten und Amerika voraus war, jetzt an der Seite Argentiniens, also des letzten von allen außereuropäischen Staaten, marschieren. DaS bewog sogar die Welfen, gestern ohne Vor behalt für d:e Bewilligung einzutreten. Wir bezweifeln daher auch nicht, daß die dritte Lesung zur definitiven Ge nehmigung führt, obgleich gestern die Conservativen cs für zweckmäßig erachteten, ihre definitive Stellungnahme noch zweifelhaft erscheinen zu lassen. Ein Theil dieser Partei, etwa 10 Mitglieder derselben, enthielt sich der Abstimmung, unter ihnen der Abg. v. Werdest, der die berühmte Parole ausgegeben batte: „Kein Kanitz, keine Kähne". Daß diese Parole für die Stimmenthaltung maßgebend war, bekundeten einige dieser Conservativen ausdrücklich, indem sie erklärten, sie enthielten sich für die zweite Lesung der Ab stimmung. Auch der Redner der Parteimehrheit, Graf Mirbach, erklärte, er könne für die endgiltige Abstim mung keines derjenigen Parteimitglieder, die mit ihm für die Bewilligung der Kreuzer stimmten, in dritter Lesung einstehen. Trotzdem halten wir es für undenk bar, daß bei der dritten Lesung auch nur ein erheblicher Bruchtheil der Conservativen gegen die „Kähne" stimmen werde, selbst wenn bis dahin das unabwendbare Schicksal des Antrags Kanitz sich vollzogen haben sollte. Denn wenn die Conservativen, die für sich einen ganz besonderen Patriotis mus in Anspruch nehmen, in Wirklichkeit ihre Zustimmung zu einer Forderung, von deren Bewilligung die internationale Machtstellung des Reiches abbängt, von dem Schicksal einer extremen Parteiforderung abhängig machten, so würden sie sich auf gleichen Fuß mit den Polen stellen, die bekanntlich in den letzten Jahren die eifrigsten Befürworter von Ver stärkungen der Marine waren, gestern aber wegen der ver änderten Polenpolitik der Regierung sich auf die Seite der Gegner schlugen. Nach den letzten Nachrichten aus dem Reichstagswahlkreise Schmalkaldcn-Eschwcge waren dort bis heute früh gezählt 5107 socialdemokratische, 3742 antisemitische, 3438 freisinnige und 3167 mittelparteiliche Stimmen. Die Socialdemo kratie hat im Vergleich zum l5. Juni 1893 nicht weniger als 1732, der Freisinn immerhin auch 594 Stimmen ge wonnen. Dieser Zuwachs erklärt sich vor Allem daraus, daß die von den Tabakfabriken in Witzenhausen und Eschwege beschäftigte H a u s i n d u st r i e in den Dörfern der beiden Kreise diesmal zum socialdemokratischen oder freisinnigen Stimmzettel griff, während sie 1893 noch mit den Mittelparteien stimmte. Damals ver trat sie das Interesse ihres wenn auch noch so kleinen Grund- und Hausbcsitzes, diesmal war sie von der Be sorgnis; geleitet, daß sie durch die Tabaksteuervorlage den Arbeitsverdienst verlieren müsse und dann auch den Besitz von HauS und Acker nicht aufrecht erhalten könne. Dagegen glaubte sie sich am besten zu verwahren, indem sie mit der socialrevolutionairen Demokratie oder doch mit dem Freisinn stimmte. So bedauerlich dieser Einfluß einer augenblicklich schwebenden Steuerfrage auf die Wahl auch erscheint, so geiviß war er vorherzusehcn. Dock, hätte sich der Verlust, den die Mittelparteien aus dieser Ursache zu gewärtigen hatten, durch die rein ländliche Wählerschaft reichlich aus- gleichen lassen. Was der Freisinn bis 1893 an solchen Stimmen noch besessen, ist ihm diesmal durchaus verloren gegangen, und auch die Wahlbetheiligung auf dem platten Lande mußte sich verstärken lassen. Aber die antisemitische Agitation und die Berliner Leitung des Bundes der Landwirt he haben Sorge dafür getragen, daß die ländliche Wählerschaft nicht recht wußte, wo sie den An schluß nehmen sollte. Die Folge war, daß wiederum aus dem Lande nur schwach gewählt wurde und daß man sich dort namentlich der wirklichen Gefahr nicht bewußt wurde, gegen die man den Kampf pflichtmäßig hätte führen sollen. Der Schaden ist nun angerichtel: es kommt zu einer Stichwahl zwischen dem Socialdemokraten und dem Antisemiten, wobei der Letztere keine Aussicht mehr bat, den Besitzstand seiner Partei zu erhalten. Die Freisinnigen sind gewillt, geschlossen für den Socialdemokraten einzutreten, uud diesem Bündnisse gegenüber werden sich die Kräfte, über welche Herr Jskraul in der Stichwahl günstigsten Falles ver fügen kann, als zu schwach erweisen. Der 47. Socialdemokrat steht, wie wir . befürchten, dem Reichstag als unver meidlicher Zuwachs bevor. Hätte die Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe ihren Vertrauensmännern im Wahlkreise freie Hand gelassen, so wären die selben gern und inSgesammt für den Candidaten der Mittel Parteien eingctreten^ dann kam dieser mit dem Social demokraten in die Stichwahl und hätte das Mandat errungen, weil für ihn auch der weitaus größere Theil der Freisinnigen an die Urne gekommen wäre. Doch eS hat nickt sollen sein. Die Einmischung der Berliner Bundesleitung hat hinreichende Verwirrung angestiftet, um die Thätigkeit der Mittelparteien auf dem platten Lande zu lähmen, und hat dem Antisemiten gerade Hilfe genug gebracht, um ihn in eine aussichtslose Stich wähl zu bringen. Man sollte meinen, daß es für die Berliner Bundesleitung au derZeit wäre, die Grundsätze sür ibreAntheil nähme an Wahlen einer äußerst sorgfältigen Revision zu unterziehen. In Plauen i. V. stellte sich die Berliner Bundesleitung im Gegensatz zu den Bundesdelegirten des Wahlkreises auf die antisemitische Seite und der Social demokrat wurde gewählt. In Pinneberg unterstützte sie den Antisemiten gegen die Mittelparteien und der Social demokrat wurde gewählt. In Bernburg zersplitterte sie in gleicher Weise, wie in Plauen, ibre eigene Anhängerschaft und nur ein äußerstes Aufgebot an Kraft verhütete die social demokratische Wahl. Das Beispiel von Eschwege liegt jetzt vor Augen. In Eisenach entwickeln sich, soweit die Bundes leitung dabei betheitigt ist, ganz ähnliche Dinge. Das nennt man doch keinen Kampf gegen die Umsturzparteien! Die Angelegenheit der ^uchectirung eS « seitens Belgiens scheint ->»en für Ko.ng P günstigen Verlauf zu nehmen und ^"nochZ b »t Waschungen bringen. Es siebt feh A u an und im Lande schon uu Hinblick a ft zi.lwrnabme des einmal abzumessenden Lasten der ^ ^ «i; gewinnt CongostaateS wenig geneigt ist, und ^ Opzo, o g in allen Parteien mehr und mehr ^ ^ ern,r Situation thatsächlick ist, oder doch Organs ein Aussehen erregender Artikel des ,,M berichtet. daß der Anlwerpener Deputaten. Das Blatt r ^ v der Ministerpräsident De Burlet lin letzt -- - -^rtiae offen dem Könige erklärt habe, der ^ . <,jn- Uebernahme dcö EongostaateS smte ,mParl.u'r wen.gUn klang; der Sturz des Ministeriums sei bei d' er f'age zu erwarten. König Leopold erwiderte: "^n b.eieni Falle, meine Herren, werde nicht -ch Ihr E« « »ng S>. w-°°-n En l- u»d -rhall-a!" und -r fug,- dmzu. duß <r >u Gunsl-n t, Prinzen Albert abdanken werde. Einer der Minister bat den ganzen Vorgang dem G-nter Senator Herrn Vercruyne-Brasy vertraulich mitgetheilt; der Senator hat ,bm befrei,^ Parlamentariern davon Kenntmß gegeben. Ob der Vorzanz sich in dieser Weise zugetragen bat, sei dahingestellt, beide zähen Charakter des Königs erscheint es wenig glaubhaft' daß er so schnell die Flinte in das Korn werfen und vom Throne zurllcktreten wird. Die leitenden Kreise wollen wo, nur auf die widerstrebenden Volksvertreter .^"En scharfen Druck ausüben. Sie treiben damit aber ein gefährliches Spiel. Die belgische Monarchie ist ke,ne angestammte, breite Schichten der Nation stehen mit Gleichgiltigkeit der Dynastie gegenüber und weite Kreise sind entschieden republikanrsck ge sinnt. Darauf machen auch die besonnenen belgischen Blatter unverhohlen aufmerksam. In Frankreich macht eine für den jetzt mehr denn je auf die Erbschaft der Republik hoffenden OrleamsmuS wenig schmeichelhafte geschichtliche Feststellung einige Sensation. Der Pariser „TempS" ist nämlich in der Lage, die Wahrheit Uber den Ursprung der drei Millionen des Boulangismus miizutbeilen. Paul de Eaffagnac hätte durch feine ver-4 blümten Enthüllungen den ganzen boulangistsichen Plunder wieder aufgewühlt, und die alte Frage: „Woher kommt das Geld'?" mit der Versicherung beantwortet, der Graf von Paris habe cs geliefert. Niemand wollte das glauben, denn der orleanistische Sparsinn ist bei Freund und Feind eine unumstößliche Thatsache. Dem „Temps" ist es nun ge lungen die Wahrheit zu erforschen, oder was wahrscheinlicher, die.Herzogin von Uzes, die dem großen republikanischen Blatte für die Theiluahme dankbar ist, die es ihr bei dem Tode ihres Sohnes am Congo, und der Veröffentlichung seiner Briese bewiesen hat, hielt es aus irgend einem Grunde für an gemessen, den Sachverhalt auf diesem Weze^ richtig zu stellen Wie dem auch sei, es bestätigt sich, daß sie es war, welche die Parallel-Action durch ihre Millionen ermöglicht hat. Neu ist eigentlich nur, daß der Gras von Paris, mit dem die Herzogin in Coblenz eine erste Zusammenkunft hatte, für sich selbst und seine Erben die Verpflichtung einging, das Geld der Herzogin oder ihren Erben zurückzuerstatten, wenn der französische Thron wieder in den Besitz seines Hauses gelangt sein würde. Bei einem Notar in London, Namens Cools, wurde ein in diesem Sinne lautendes Schriftstück aufgesetzt, welches die Unterschriften des Prätendenten, dann die seines Bruders, des Herzogs von Chartres, des Marquis von Breteuil, des Grafen de Mun, des Grafen de Martimpry, des Marquis de Beauvoir und des Directors des „GauloiS", Arthur Meyer, trägt. — Der Graf von Paris ist gestorben, er hat Anzcigen.PreiS dte S gespaltene Petitzeile 20 Psg. Nee kamen unler dem Redacttonrsmch (»a». spalten) üO-H, vor den Familiennachrich«» (bgejpatleo) »0>eß Größer, Schriften laut unserem Prei». prrzrichmß. Tabtllanjchrr und Zissernjatz »ach höherem Lar«. Extr«-verlasen (gefalzt), nur «11 de, Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderang 60.—» mit Postbeförderang 70.—. Aunahmeschluß für Anzeige»: Sbend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Bet den Filialen uud Annahmestellen je ei», halb« Stunde früher. A«zei»en find stet» «» die ExPeditta» z, richte». Truck »nd Verlag vo» L Pol» t» Leipzig 89. Jahrgang. nicht den französischen Thron bestiegen, aber er hat für die Sache der Monarchie auch nicht einen Sou geopfert. Seit Wochen schon dauert in Norwegen die.Minister- rlse, ohne daß ein Ausweg aus dem Wirrniß sich gezeigt fälle. Tie Conferenzen zwischen dem Unionskönig und den norwegischen Parteiführern vermochten bisher den Constict nickt um Haaresbreite seiner Lösung näher zu bringe». T:c Norweger beharren steif und fest auf ihrem Standpuncic, daß die Forderung norwegischer Sonderconsulate und eines -esonderen norwegischen Ministers des Auswärtigen eine rein norwegische Angelegenheit sei, welche den schwedisch-norwegischen Staatsrath nichts angehe, während der König auf gemeinsamer Berathung und Erledigung dieser für die Union der beiden Brudervölker so außerordentlich schwer wiegenden Fragen »esteht. Bekanntlich ist auch der Versuch des Königs, das siSherige Cabinet zur Zurücknahme seines EntlassungSgesuchS zu bewegen, gescheitert. König Oskar berief sodann den Führer der gemäßigten Linken, Sverdrup, um ihn mit der Tabinetsbildung zu betrauen; wie berichtet wurde, bat dieser die allerdings wenig aussichtsvolle Mission jedoch ofort abgelehnt. Die Lage ist eine so gespannte, das; man der weiteren Entwickelung der Dinge mit ernster Besorgniß entgegensehen muß; eS steht nicht nur die Union mit Schweden, sondern auch die monarchische Autorität und ,as monarchische Prinoip in Frage, denn von der Hartnäckig eit der norwegischen Radicalen ist zu befürchten, daß si: wirklich zu den in den letzten Slorthingstagungen angedeutctcn „Machtmitteln, die außerhalb der Verfassung liegen" greifen. Schon ist die Situation so gespannt, daß sowohl schwedische wie norwegische Zeitungen das Wort „Krieg" genannt haben. Wir geben indessen die Hoffnung auf eine friedliche Lösung der brennenden Fragen noch nicht auf, so lange die Radicalen in Norwegen kaum über die Hälfte der Wahluiäuner und über eine Mehrheit von nur wenigen Stimmen im Storthina verfügen. Deutsches Reich. * Berlin, I. März. Der Huldigungsfahrt der Studenten nach FriebrichSruh ging heute eine studentische Feier voraus, welche die gesammte Studentenschaft der Universität, der landwirtbschaftlichen und thierärztlichen Hochschule, der Kunst- und Bergakademie vereinigte. DaS Officiercorps der Residenz, an der Spitze der Gouverneur von Berlin, Generat-Oberst von Los, das Ministerium, voran der Reichskanzler Fürst Hohenlohe, der Lehrkörper, vom Rector Professor Pf leide rer geführt, waren als Gäste erschienen. Im Vordergründe erhoben sich aus frischem Grün die Büsten der drei Kaiser und die des Gefeierten. In schwungvoller Rede brachte der Präside dcS officiellen TheileS, Studiosus Michael, das Hoch auf den Kaiser aus. Studiosus Bäcker gab ein anschauliches Bild der deutschen Geschichte bis zu der Zeit, wo endlich tcr HeroS erschien, der mit Blut und Eisen des Reiches Ein beit zusammenhämmerte. Ihm, der der Gründer dcs deutschen Reiches mit Recht heiße, gelte sein Hock. Tic Begeisterung der Versammlung erreichte den Gipfel, als Reichskanzler Fürst Hohenlohe sprach. Er sagte: „Meine Herren! Namens der Gäste danke ich den vereinten Studirenden von Berlin sür die freundliche Begrüßung und sür die Ehre, die sie uns damit haben zu Theil werden lassen. Ich danke auch dem Festausschuß, daß er mir durch seine Einladung zu der heutigen Huldigungsfeier Gelegenheit gegeben hat, dan Mann m.i k Ihnen zu feiern, in dem ich nicht allein den größten lbj Feurlletsn. Ein Lecher Lethe. Roman von R. Teilet. (Fortsetzung.) Nachtruck verboten. In Anbetracht von Ethelren's veränderter Lage und der dringenden Nothwendigkeit, für sie ein baldiges Unterkommen zu finden, mußte ich sofort handeln, und ihr auf die einzige Art, die mir zu Gebote stand, meine Hilfe anbieten. Ich sah nach meiner Uhr. Es war erst fünf, mithin noch Visitenzeit und die Möglichkeit nicht aus geschlossen, daß die Baronin und Therese noch nicht zu Hause waren. Daher fuhr ich auf der Stelle nach der Leipziger Straße und läutete an der Thür der Baronin. Ethelren war allein zu Hause. Ich fragte nach der Baronin und Therese, aber Ethelren war selber ausgewesen und wußte nichts von ihnen. „Wohin spazieren sie eigentlich am liebsten in Grenzstadt Miß Stuart?" fragte ich. „Ich ziehe meist den Altezoll vor. Der Blick über den Fluß ist so schön. Und obgleich man mitten in der Stadt ist, hat man den Eindruck, sich auf dem Lande zu befinden." Ich machte in meinem Geiste Notiz von dieser Mittheilung und nabm mir vor, von jetzt an häufig nach dem Altezoll, einem hübschen, großen, an einem Flusse gelegenen Garten, zu gehen. .... Sie saß mit ihren Zeichenmaterialien am Tische. DaS gab mir Veranlassung, näher zu ihr zu rücken. „Darf ich sehen, was Sie eben gezeichnet haben?" fragte ich. „O, gewiß", erwiderte sie und setzte hinzu: „Wie Sie sehen, bin ich seit Ihrem letzten Besuche nicht sehr fleißig gewesen." DaS stimmte. Vielleicht waren ihre Gedanken anderweitig beschäftigt gewesen. Vielleicht hatten sie bei mir geweilt. Mein Herz klopfte hoch auf bei dieser Vermuthung. „Haben Sie mich als Lehrer gern?" fragte ich. „Als Lehrer!" antwortete sie lachend. „Meinen Sie als Schulmeister?" „Im Augenblicke — ja." »Welche Frage! Und wenn ich nun jagte, ich ver- abscheute Sie?" „Dann würde ich hoffen, daß Sie nicht die Wahrheit sprechen." „Nun, wenn Sie durchaus nach einem Compliment Ver langen tragen, muß ich Ihnen wohl den Gefallen thun. Ich habe Sie als Lehrer sehr gern." „Nur als Lehrer?" fragte ich, da sie diese Worte besonders betont hatte. „Ich sagte nicht „nur", antwortete sie erröthend. Die Gelegenheit war da. Ich konnte mich nicht länger beherrschen. Mochte, waS ich thun wollte, unklug und unseren beiderseitigen Interessen hinderlich sein — meine Liebe war zu leidenschaftlich, um auf die Einflüsterungen des Verstandes zu bören. Allein mit ihr, ihr so nahe — dies Bewußtsein entflammte mein Herz mit heißer Gluth. Ich beugte mich zu ihr, die Worte der Liebe zitterten auf meinen Lippen — — da wurde die Zimmerthür plötzlich rasch geöffnet und Therese trat eiligst inS Zimmer. Die Baronin folgte ihr. Ich ließ erschreckt Ethelren's Hand fallen und versuchte, ein gleichgültiges Gesicht zu macken, obgleich ich vor Wuth hätte mit den Zähnen knirschen mögen. Für den Moment war die Gelegenheit vorüber — ob und wann sie sich wieder bieten würde? Es kam mir vor, als sähe auch Therese ein wenig ärger lich aus, wenigstens im ersten Moment. Die Baronin sagte spöttisch: „DaS ist eine unerwartete Ueberraschung." „Ich hatte Sie um diese Zeit zu Hause zu finden ge hofft", versetzte ich. „O, ich wäre längst zu Hause gewesen, wenn ich eine Ahnung gehabt bätte, daß sie unseren Besuch so rasch er widern würden. Nun, wenigstens bin ich froh, daß ich Sie nicht ganz verfehlt habe." „Miß Stuart bat uns sicherlich nach Kräften vertreten", sagte Therese mit saurem Lächeln. Ich erkannte, daß zwischen Therese und Ethelren Krieg bis aufs Blut bestand. Ethelren blieb ihr die Antwort nicht schuldig. „Das wäre unmöglich gewesen" sagte sie, „aber wenigsten« habe ich mir die größte Mühe gegeben, eS zu thun." „Ich glaube eS", erwiderte Therese. Beide sprachen lächelnd, in höflichem Tone. Frauen sind immer gute Schauspielerinnen und verstehen die Kunst, einander vergifteten Honig zu überreichen. Jedoch trotz aller Löslichkeit war die Spannung zwischen beiden deutlich er sichtlich uud berührte mich um Ethelren'» willen schmerzlich. Ich sah es ein, daß sie nicht länger unter diesem Dache bleiben konnte. O, wäre ich doch in meinem Anträge nicht unterbrochen worden. Unter den obwaltenden Umständen hielt ich es für das Gcrathenste, meinen Besuch so rasch als möglich zu beenden. War ich fort, so konnte Ethelren sich in ihr Zimmer zurück- iehen oder selbst wenn sie noch einen Krieg auSzukämpsen >atte, würde ihr der Kampf weniger peinlich sein als in meiner Gegenwart. Ich hatte Ethelren an jedem Morgen um l l Uhr Stunde egeben. Einem raschen Impulse gehorchend, machte ich Ethelren die Mittheilung, daß ich ihr am anderen Tage keine Stunde geben könnte. Ich hoffte, sie würde meine Worte verstehen und aus ihnen ersehen, wo ich sie zu treffen beabsichtigte. „Ich muß morgen früh in die Stadt gehen", saqte ich entschuldigend. In Gegenwart der Baronin und Theresc's wagte ich nicht hlnzuzusetzen: „Ich gehe nach dem Altezoll"; aber mir schien e« trotzdem, als leuchtete Ethelren's Auge bei meinen Worten verjtandnißvoll aus. Damit mußte ich mich einst weilen begnügen und verabschiedete mich von den Damen. 18. Capitel. Am folgenden Morgen geschah etwas, WaS ich nie vergessen werde. Es war ein so jäher, so schrecklicher Schlag, der mich traf, daß er fast wie ein heftiger physischer Stoß die Kraft hatte, mich gänzlich niederzuwerfen. Ich erwachte mit dem Gefühle, einem wichtigen Tage ent- geg-nzugebeu. Hatte ,ch doch di. sichere Hoffnung. Ethelren alff dem Altezoll zu begegnen, ,kr meine Liebe zu gestehen und mich m.t ihr zu verloben. Sie erwiderte ja meine Liebe, ^ "ch-- ->-» d°r M«rg« D-r Schlag -rr-ichl- mich - durch di- Post. Ich -ad D-blw,m.r mir -iu-n »!i-, brachte. DaS war ihr Vorrecht als Wirtbin <Ti, dem Poftbotn, stets selber die Thür und nahm ihm die Briese ab. Dadurch wurde sie ,n den Stand gesetzt, sich einige Er- ihrer mütterlichen Obhut Lebenden wußte, ^u verschaffen. Sie lächelte immer La»?' «»«-,»»-' S°d. Off-ud-r war fi? dn Ansicht, alle meine Briefe müßten angenehmer Natur sein uud insofern hatte sie auch recht, als ich wie die meisten jungen Männer meines Alters wenig mit listigen Briefen heimgesucht wurde. „Ein Brief an Sie, Mr. Lindley", sagte sie. Ich nahm ihn ohne besonderes Interesse. Die Adresse war mit deutschen Buchstaben und offenbar von ungebildeter.Hand geschrieben. „An Seine Hocbwoblgeboren Herrn Fitzallan Lindley bei Frau Dahlweiner. Schöne Aussicht 15 Hier." Das Hier zeigte mir, daß der Brief aus Grenzstadt kam, was der Poststempel ebenfalls bestätigte. Ich öffnete den Umschlag; in ihm lagen zwei Papiere; bas eine war ein Couvert; das andere ein Brief, der ohne Zweifel zu dem Couvert gehörte. . . - Ich entfaltete den Brief und bemerkte, daß er mit den Worten ansing: „Meine liebe Frau!" Das genügte, um mir zu beweisen, daß er nicht an mich gerichtet war, daher griff ich nach dem Couvert, um die auf demselben befindliche Adresse zu lesen. Das Couvert war schmutzig und zer knittert; eS sah aus, als wäre es von der Straße aufgehoben worden. Die Adresse lautete: „Miß Stuart Leipziger Str. Nr. 37. Grenzstadt." Ich glaube, ich ließ den Umschlag zur Erde fallen und bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen, als wollte ich so meine Gedanken sesthalten. Mir war zu Muthe, als schwirre eS in meinem Gehirn und als hätte ich momentan die Macht verloren, klar und logisch zu denken. Dann flog eS wie ein Blitz durch meinen Kops und in seiner Helle erkannte ich die grausame Bedeutung des eben Erfahrenen: „Ethelren Stuart ist verheirathet." dange Zeit verging, bis ich ruhig genug war, um zu über legen^ was ich thun sollte. Anfangs schien es, als hätte mich der Schlag buchstäblich erstarren gemacht. Ich hatte Ethelren seit Wochen als mein Lieb betrachtet, und die ganze Zeit hindurch war sie die Frau eines Anderen gewesen. Erst heute Morgen hatte ich sie^fragen wollen, ob sie mein werden, ob sie mein Leben theilrn und die Strahlen ihrer Schönheit, ihrer Anmuth einzig mich genießen lassen wollte. Und jetzt war mir dies Glück für immer geraubt. Der Gedanke war so schrecklich, daß ich ihn kaum zu fassen vermochte. Ich hatte, außer de« ersten verhängnißvollen Worte»,
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