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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950307027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-07
- Monat1895-03
- Jahr1895
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112.25 102.75 104.50 101,— 105.— 102.30 103.75 102.25 103 75 103.— 122.— 124.75 43.— 78.50 155.— 125.75 115.25 185,— 200.— 88.50 320,— 184,— 154.25 221.— 108.— 343,— 70.— 50.— 103.- liö^— 58.— 385.— 134.— 395,— 190,— 143.— 01,50 340.— 37.— 102.— 08,75 343^« 182.— 153.50 118.40 84.50 81-i, 331 58.20 153,00 153.30 207.50 157.70 109.— 338^ 158.80 13810 0100 138.70 137.50 134,10 157.— Oroäii- ir —. 155,— 158.80 135,— 181.— 140.80 140.50 80.40 108.7S 116.50 130.72 103.50 180.50 134,— 84.— 105.15 210.15 88.35 174.50 88.— 127.— Isoontc» rtuuuvr 3440 396.75 309.— 100.25 37150 311.— 86.00 102.30 10.42'.2 133.00 19.— 0.80 w.42'. 1.32'. 131.25 luneeo. Lörss dsräer» 77'.n SO 121, 661« 43 72-« 56 25-,, 97'u 04i« 12i« 37»/,. insu iLikitu » 7.62. « 5,12. ^ 6,50, Olliteck Vnitvit .t Isst. f,45 o,— 5.60 7.50 2.— 5.56 54.50 23,70 VZ11, Ä 11, ckounx mioen a per . l>«i Bezug-Preis M»« danpterpeRtüm oder den da Stab», tezirk mb de» Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich^ 4.60z bei »vetmallaer täglicher Zvstellaag ins Han» bchO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 2b 6.—. Direct» tägliche Kreuzbandiendung in» Ausland: monatlich 2b 7.Ü0- DitR>kbtgeü.Au»gabe erscheint täglich'/,? Uh^ die Abend»Au»gabe Wochentag» 6 Uhr. Nedittti», und Lr-rtition: Hohanne«g,ff, N. Di« Expedition ift Wocheatag« ununterbroche» geöffurt WO» früh 8 b!» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Ott» Me«»'» S,rti«. <Alfre» Universitälsstrah« 1. L»»i» Lösche. Katharineustr. 14, Port, und KönigSplatz ^ Abend-Ausgabe. NWMIlMblM Anzeiger. Organ für Politik,Lotalgeschichte,.HandM^dGcschästsverke-r. ^°I22. Donnerstag den 7. März 1895 AmzeigemPreir Ue «gespalkme Petitzeile 20 M) «eclamen unter dem RedactionSstrich (4g». lvaiten) 60>4, vor bea FaMtliennachrichte» (6 gespalten) 40-ch. «rogn, Schriften laut unsere« PrN». "erzrichnch. Tabellarischer »ad Llffrrnjchg nach höherem Tattf- Extra-Veilagrn (gesalzt), nur mit de» Morgen «Ausgabe. ohne PostbefördetNng ^b 60.—» mit Postdrsörderuog 70.-^. Ännaljmeschlub für Anzeige«; Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Marge «.Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,8 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedit»»» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» ta Leipzig 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Auf die für das Jahr 1894 iestgejetzte Dividende der Reichsbauk- autheile im Betrage von L.20 ^ wird die Restzahlung mit Häeti-lL 88 8V für den Dividendenschein Nr. 12 vom 7. März d. I. ab bei der Reichsbankhauptcasse in Berlin, bei den Reichsbankhauptslrllen, Reichsbankslellen, der Reichsbankcommandite in Insterburg» sowie bei sämmtiichen ReichsbanknebcnsleUen mit Casscneinrichtung erfolgen. Berlin, den 6. März 1895. Der Reichskanzler. In Vertretung: v. Boetticher. Politische Lagesschau. * Leipzig, 7. März. Während daS Plenum des Reichstages gestern in einer vollständig ergednißlosen, aber um so heißeren Sitzung die am vergangenen Mittwoch abgebrochene Berathung der Anträge, betreffend die Einwanderung von fremd- iändi scheu Juden, forlsetzke und den die Erschwerung des durch Aufenthalt im Auslande herbeigeführten Verlustes der Reichs- und Bundesstaatsangehörigteit, sowie die Erschwerung der Naturalisation der Fremden im deutschen Reiche be zweckenden Antrag Hasse berieth, bielt auch die sogenannte Umsturz-Commission, deren Thätigkeit die Gemütber im Reiche in immer wachsende Erregung versetzt, eine neue Sitzung. Sie fesselt das Interesse am meisten durch eine Erklärung des Staatssecretairs Nieberding, aus der hervorgebt, daß der Bundesrath nicht auf eine Verständigung der alten Cartel- parteien, der auch das Centrum oder wenigstens ein Theil desselben sich anschließt, sondern auf eine Bereinbarung des Centrums und der Conservativen hofft, zu der die Nationalliberalen Ja und Amen sagen. Dem Ceutrum kann nichts willkommener sein, als diese Erklärung. Die grundsätzlichen Feinde der Freiheit der Wissenschaft und der Gewissen werden nun noch eifriger darnach trachten, die „Umsturz-Vorlage" zu einer Zwangsjacke umzugestalten, die den deutschen Richtern angezogen werden soll, um sie zu Schergen der Inquisition zu machen. Und aus conservativer Seite wird man diesem Bestreben allem Anschein nach wenigstens eine Zeit lang Vorschub leisten in der Hoffnung, dadurch die Nationalliberalen zur Ablehnung der ganzen Vorlage zu bringen und sie dadurch in Gegensatz zu dem Kaiser zu zwingen, der schärfere gesetzliche Waffen gegen die Umsturz bewegung für unentbehrlich hält. Durch kiese Discrcditirung der Nationallibcralen und die Bekundung des eigenen guten Willens, jene Waffen so scharf wie möglich zu machen, hoffen augenscheinlich die ertrcmen Conservativen, die ja zugleich die cnragirtesten Freunde deS Antrags Kanitz sind, die Stimmung der leitenden Kreise für die Befürworter dieses Antrags und diesen selbst zu verbessern. Der Plan ist seiner Erfinder würdig und setzt die Nationallibcralen in eine üble Vage. Lehnen sie ein nach conservativ-klerikalen Recepten zusammengebrautes „Umsturz-Gesetz" ab, so müssen sie fürchten, die Chancen des Antrags Kanitz nicht nur, sondern auch die Chancen einer conservativ-klerikalen inneren Reichspolitik zu verbessern. Zum Glück ist der Plan aber auch so durch sichtig, daß er an derjenigen Stelle durchschaut werden dürfte, auf die er berechnet ist. Vorläufig ist trotz der conservativ-klerikalen Beflissenheit, ein „schneidiges" Umsturz- Gesetz zu schaffen, an maßgebender Stelle eine günstigere Stimmung für den Antrag Kanitz nicht ringetreten. DaS beweist der Rücktritt des Oberpräsiveuten Grafen Stolberg, über den unS aus Berlin geschrieben wird: „Verschiedene Blätter quälen sich mit der Ber- muthung ab, was Herr v. Koller mit der Herbeiführung des Rücktritts des Grafen Stolberg wohl bezweckt haben möge, ob er den Extremconservativen — die den gewesenen Oberpräsidenten seit seinem Eintreten für den russischen Handelsvertrag mit wildem Haß verfolgen — eine Gefällig keit erweisen oder im Gegenlheil, da Graf Stolberg doch ru- letzt für den Antrag Kanitz sich erklärte, dir Zätme zeigen wollte. Die Mühe dieser Suche nach Möglichkeiten ist ganz vergebens ausgewendet, denn die Aufforderung zum Rücktritt ist seitens des Kaisers ergangen, der hierin auS eigener Initiative gehandelt bat. Das schließt nicht auS, daß der Monarch des Ministers des Innern als Organs sich bedient hat; doch ist selbst dies zu bezweifeln. Jedenfalls hat die Sache Herrn v. Köller kein Kopfzerbrechen gekostet, wenigstens bevor sie sich vollzogen hat. Die Ent schließung des Kaisers weist ausschließlich auf die plötzliche Bekehrung zum Antrag Kanitz zurück, durch die Graf Udo Stolberg seiner öffentlichen Laufbahn ein wenig rühmliches Ende bereitet hat. War es der Reiz deö Mandats, der ihn verlockte, glaubte er, au der maßgebenden stelle bereite sich ein Um schwung in der Beurteilung der agrarischen Cardinal- forderung vor: keineswegs hat der Oberpräsibenl von Ostpreußen unter dem Drucke einer eigenen Uebrrzeugung gebandelt, als er den Antrag Kanitz acceptirle. Deshalb ver dient sein Sturz nicht das Mitgefühl, das ihm liberale Organe bezeigen. Er entbehrt der Tragik; und poetisch gerecht weiden könnte ihm höchstens ein Schwankdichtcr, der sich der Mühe unterzöge, den „Uriel Acosta" in seinem Genre umzuarbeiten. Ob daS entschiedene Eingreifen des Monarchen Schlüffe aus daS Bevorstehen weiterer, in der gleichen Richtung sich be wegender Maßnahmen gestattet, entzieht sich unserer Ver- mulhung. Geglaubt wird es in Berlin vielfach." In der Frage einer Ehrung deS Fürsten Bismarck am 1. April scheint der Reichstag wirklich ohne Kamps den social- und klerikal-demokratischen Feinden des großen Mannes sich unterwerfen zu wollen. Die „Nat.-lib. Corr." schreibt nämlich heute: „Die nationalen Stimmen, die sich über die Vereitlung einer Ehrenbezeigung für den Fürsten Bismarck im Reichstag vernehmen lassen, sind getheilt. Allen gemeinjam ist der Ton tiefster Empörung, aber während die Einen den Gedanken nicht zu fassen vermögen, des achtzigsten Geburtstages des Schöpfers des Reiches solle überall gedacht werden, nur nicht in der gesetzlichen Vertretung der im Reiche geeinten Nation, finden sich die Anderen resignirt in das, was sie für unvermeidlich halten. Es ist eine schmerzliche und be- schämendeNothwendigkeit, sich auf die Seite derLetzteren zu stellen. Ter Begeisteruiigsstcrn des 1. April» soll er nicht getrübt werden durch ekle Schmutzwellen des persönlichen Hasses und der Vaterlands losigkeit, muß an dem stolzen Reichstagsbau vorbei- rauschen, ohne sich über seine Schwelle zu ergießen DaS Schweigen im Reichstag ist schlimm, schlimmer aber wäre es, den theuren Namen in Verbindung mit Deutschland schändenden Austritten genannt zu hören. Das deutsche Volk wird die Liede und Verehrung, die es für den Erretter aus Jahrhunderte langer Schmach im Herzen trägt, ohne die Vermittlung seiner Vertretung bekunden und Fürst Bismarck wird die unmittelbare Darbringung ohne ein Gefühl der Kränkung entgegcnnchmen. Wie könnte ihn auch die Verweigerung der Aner kennung seitens einer von dem Geiste der Singer, Fusangel und Richter beherrschten Versammlung betrüben! Man hat den Mann, der mit unerreichter Kraft des Geistes und Willens ein warmes Gemüth verbindet, zu Unrecht einen Menschenverächter genannt Aber so viel Menschenverachtung, als ausreicht, die Personen, die den Reichstag am 1. April zur Jsolirung zwingen werden, nicht zu schützen, darf man unbedenklich bei ihm voraussetzen. Eine Rcichstagsmehrbe.t, wie ^ 'Z K jgung des Zaches hemmende nichts Ungekanntes und ,h e Ve,.,t.gUE^^b,. Staates jedenfalls Wirklamkeit hat den, Z'mi, c o berührendes Brr- tieferen Schmerz ^ seinem Jubeltage das halte» thun könnte. Fürst Bwm Kreist der Ausbleiben des Reichstags mcht als e, v ^ ^llte Verehrer „ud Bewunderer ^pfindenund^e^^iai^^^ ^eislerS diesem Reichstag. pst vorerst wirksamste Züch- elbst in Leu „FrosthPtuh v"b°nnt R. °°r°^ stimme in tiguug dadurch zu Theil werd 'Freudenconcert nicht v'^mÄ.^L7'L^Ä 'Atz?"L d7s"in^L;!ll! "*Wkl8»R«W. »r°b- M-b-d-it d-r L »UWWEßM! Zcniorenconvent« von einer Bismarck-Hrung gar n.cht d.e Rede gewesen sei und Herr v. Levetzow in 2^^"' beit weder Rücksprache noch Fühlung S-non,men habe Und trotzdem schlaffes Sichfügen m die Wünsche der Herren vr Lieber und Liebknecht? Wie werden d.e Letzteren höhnen über die „nationalen Mannesseelen"! Weder die lärmenden Proteste der „patentirtcn Patrioten Frankreichs, die ebedem Boulanger HrereSsolge leisteten, noch die mebr oder minder geschickt inscenirten Ermittelungen und Interviews von politischen Persönlichkeiten vermochten die französische Regierung von ihrem bereits seit mehreren Tagen gefaßten Beschlüsse abzubringen, den Act mternauonaler Courtoisie deS deutschen Kaisers m der entgegenkommendsten Weise zu beantworten und die Einladung zur Eross-- nuna des Nordostseecanals anzunehmen. Wenn d,e zu- sagende Antwort verhältnißmäßiz lange bat auf sich warten ließ, so mag das darauf zurückzufübren sein, daß es der Regierung unter den obwaltenden Verbaltnissen nicht gleichgiltig sein konnte, die freiwillige Kundgebung der Presse abzuwarten, zumal da sie im Voraus dessen sicher war, baß weitaus der größte Tbeil der maßgebenden Blatter sich auf ihre Seile stellen würde. Jetzt kann die Regierung stch auf die Zustimmung der öffentlichen Meinung stützen daß sie freilich einer solchen Stütze bedurfte, wirst nicht gerade ein besonders günstiges Lickt auf ihre innere Festigkeit, doch bat daS mit den deutsch-französischen Begebungen nur mittelbar zu thun. Zn der französischen Kammer wurde die Nachricht von der erfolgten Annahme sofort be kannt und bildete natürlich den Gegenstand eifrigster Be sprechungen. Im Allgemeinen war der Eindruck, den sie bervorrief, ein ausgezeichneter. Man äußerte sich ungefähr folgendermaßen: „Die Regierung hat gut gethan^ die Einladung anzunehmen; es ist ein diplomatischer Höflich keitsact, dem man sich nicht entziehen konnte, obne durch seine Ablehnung zu de» unangenehmsten Verwickelungen Veranlassung zu bieten. Wenn man aufrichtig den Frieden will, wie wir alle ihn wollen, so muß vor allen Dingen die internationale Höflichkeit gewahrt werden". Verschiedentlich wurde auch bemerkt, daß Frankreich schon deshalb nicht anders hätte handeln können, weil ja auch Rußland bei den Kieler Feste» vertreten sein würde. Selbstverständlich gab cs auch einige Stimmen, die in dieses Versöhnlichkeits-Concen einen M>ßton brachten. Hauptsächlich suchten die llbrigens wenia zahlreichen Abgeordneten, die sich gegen den Beschluß der Regierung aussprachen, die allgemeine Stimmung dadurch zu verbittern, daß sie einen Frankreich demüthiHenden lauten Triumph der deutschen Presse prophezeiten. So weit wir sebcn können, hat die deutsche Presse eine solche Tacllosigkeit sich nickt zu schulden kommen lassen, sie hat sich zum Theil reservirt. zum andern Theil sympathisch, aber in durchaus gemäßigter Form über den Entschluß der französischen Regierung ausgesprochen. — Was die „Figaro-Nachricht" von einer gemeinschaftlichen Demonstration der franzö sischen und der russischen Flotte in Kiel betrifft, so kann dieser Versuch von Stimmungsmache, der die Annahme der deutschen Einladung dem französischen Chauvinismus gegenüber in einem anderen Lichte erscheinen lassen sollte, als abgethan betrachtet werden. Wir wiesen schon darauf bin, daß die Unmöglichkeit einer solchen Demonstration sich auS der einfachen Erwägung ergiebt, daß cs nach internationaler Gepflogenheit lediglich Sache des Gastgebers ist den Gästen ihren Platz anzuweisen, zumal in einem für den Zusammenstrom so zahlreicher Schiffe aller Nationen verhältnißmäßig engen Raum eines Hafens, innerhalb dessen es sehr leicht zu schweren Schiffsunfällen kommen könnte, wenn die Festlichkeil sich nicht nach einem vorher genau fest gestellten und stricte innen gehaltenen Programm vollzöge. Aber wir halten auch dafür, daß der junge Kaiser Nicolaus II., wie die politischen Verhältnisse z. Z. liegen, nicht die Hand dazu bieten wird, schon im Anfang seiner Regierung Deutsch land, noch dazu bei einer solchen Veranlassung, zu brllskiren, nachdem er soeben erst durch die Ernennung des Fürsten Lobanow zu seinem auswärtigen Minister in deutlichster Art klar gelegt hat, in welcher Weise er seine Politik gegenüber Deutschland und dem Dreibund zu führen gedenkt. Auch dem officiellen Frankreich kann man eine solche Herausforderung, wie der „Figaro" sie als möglich erscheinen läßt, nicht Zutrauen. * ! Wenn man spanischen Nachrichten aus Cuba trauen könnte, wäre der Aus st and auf der großen Antilleninsel bereits wieder im Erlöschen. Daß dem jedoch nicht so ist, geht zur Genüge daraus hervor, daß 10 000 Mann Verstärkungen nach der renitenten Colonie entsandt werden, daß kein Geringerer als Martine; Campos als Gouverneur dorthin geben soll, und daß, wie uns heute gemeldet wird, der Minister der Colonien der Kammer einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, durch welchen ein unbeschränkter Credit für die Erfordernisse des Feldzugs aus Cuba verlangt wird. Thatsächlich ist ein wirklicher Erfolg der Aufständischen bis jetzt noch nicht zu verzeichnen, wenigstens nicht gemeldet worden, und es mag seine Richtigkeit babcn, daß einzelne Haufen der Aufständischen hier und dort geschlagen wurden. Trotzdem dauert der Aufstand fort und schöpft trotz aller osficieücr Loyalitätsversichcrnngcn der Washingtoner Regierung immer neue Nahrung aus den offen kundgegebenen nordamerikanischen Sympathien. Das alte Flibustierblnt lebt noch im Süden der Union. Die „Perle der Antillen" ist verlockend genug. Die Insulaner ihrerseits haben jene Ostender Erklärung nickt vergessen, welche 1854 die Gesandten der Vereinigten Staaten in London, Paris und Madrid erließen, wonach die Union nach der Ablehnung deS von ihr für Cuba gebotenen Kauf' Preises von 120 Millionen Dollars von der Insel ohne Weiteres Besitz ergreifen sollte, was nur durch den AuSbruck des Secessionskrieges verhindert wurde; sie erinnern sich auch, wie während des letzten cubanischen Aufstandes die Vereinigten Staaten jeden Augenblick Truppen auf der Insel zu landen sich erboten. So bilden jedesmal, wenn den Fettrlletsir. Ein Lecher Lethe. isj Roman von R. Teilet. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) 23. Capitel. In England angelangt, bezog ich bei einem alten Freunde und College«, der in der Melburystraße wohnte, ein sehr hübsches Quartier. Obgleich er älter war als ich und be deutend besser malte, blieb er doch dem größten Publicum total unbekannt. Er verkaufte ab und zu Bilder, aber er stellte sie nie aus, — außer in seinem eigenen Atelier. Sein Vertrauen in daS Urtheil der Kritiker und deS Publikums war nicht groß. „Male ich etwa, um solchen Leuten zu ge fallen?" fragte er. „Ich male für mich und die Kunst. Me»ne Bilder sind nur für den Kreis meiner Freunde bestimmt." Aus diesem Grundsatz kann man erkennen, daß mein Freund- ein reicher Mann war. Nur reiche Männer können derart handeln. Außerdem war er ein Original. Ich sagte bereits, daß er gut malte, aber er batte einen sonderbaren Stil. Er malte fast nur Frauen und immer den gleichen Typus, nämlich den, der den englischen Ansprüchen an Schönheit am fernsten liegt. Seine Frauen waren magere, tiefäugige, und wenn ich die Wahrheit sagen soll, etwas Hohlwangige Schön heiten. Sie hatten lange dünne Hälse, sehr schlanke Körper und eine Hautfarbe von fast krankhafter Blässe. Trotzdem waren sie schön — in ihrer Art sehr sckön — und wenn man sie ansah, erkannte man, daß sic sicher höheren An sprüchen genügten, als denen des Publikums in Bourlinglon- house. Mein Freund hieß Daux und gehörte einer guten alten Familie an, die er jedoch durch seine radikalen Ansichten fort während ärgerte. Obgleich er Junggeselle, war sein Haus in tadellosem behaglichem Zustande. Seine Bilder waren seine Frauen. Ich war mit Vaux befreundet genug, um gleich nach meiner Ankunft in London zu ilun zu fahren und ihn um ein Zimmer und ein Bett in seinem Hause zu bitten. Er freute sich sehr über meinen Besuch. „Komm nur herein, Du umberziehe»,der Ritter", sagte er. Du sollst bei mir so viel Betten haben, al» Du nur willst. Nur für ein paar Nächte, sagst Du? Unsinn! Du bleibst wenigstens ein Jahr bei mir!" Anfangs machte ich nicht die geringsten Entdeckungen in meinen Forschungen. Natürlich zog ich Baux ins Vertrauen. Wir aßen gerade Mittag. Er nippte zufrieden an seinem Glase Wein. „Ich rathe Dir, lieber Fitz, gieb die hoffnungslose Sache auf und mache es wie ich: male Dir eine Frau!" „Ich bin kein Philosoph wie Dt». Fleisch und Blut sind in meinen Augen nicht obne jeden Werth." „Nun, ich möchte sie wirklich sehen, die Dir eine solche Leidenschaft eingeflößt hat. Ich hielt Dich immer für geseit gegen alle weiblichen Reize." „Ich war es, bis ich die Rechte erblickte." „Ein klägliches Geständniß!" Ich ärgerte mich nickt weiter über seine Wort«; er meinte es nie so schlimm, als er sich äußerte. Kannte ich doch sein gutes Herz und war sicher, daß er mir, wo ich seiner Hilfe bedurfte, dieselbe nie versagen würde. Augenblicklich aber hatte ich selbst keine Ahnung, womit ich beginnen sollte. Nie war eS mir so klar geworden, als in diesem Moment, wie recht daS Sprichwort mit seiner Behauptung hat, daß der erste Schritt der schwerste sei. Einige Tage darauf, nachdem ich mit dem AuSpacken meiner Sachen fertig war, zeigte ich Vaux meine Bilder. Erbe trachtete das Portrait des Unbekannten lange. Dann sagte er: „Das ist daS Beste, daS ick je von Dir gesehen babe. Du hast da einen vollendeten Schurken unter der Maske eines englischen Gentleman gemalt." Abermals betrachtete er es eine Weile stillschweigend. -Fitz", begann er wieder, „ich will Dir einen Rath er- tbeilrn, der mir schwer genug wird. Du weißt, wie ich die Akademie und ihre Werke verachte, trotzdem rathe ich Dir: schicke Deine Bilder dorthin!" „Danke für das Compliment", sagte ich. „Ich will damit nicht gesagt haben, daß Du bis zum Bourlingtonhouse-Niveau gesunken bist. 9m Gegenthril, Du stebst weit darüber. Aber Du willst einen Ruf haben — bekannt werden — nenne es. wie Du willst —, den Beifall der Menge haben. Dies» Bilder werden Dir dazu verhelfen/ „Ich danke Dir nochmals." „Dazu hast Du allen Grund. kliLcuu L sou zollt — clmeun L sa tzloire. Du wirst Dir einen Namen machen und die ersten stufen der an die Wolken gelehnten Leiter er- vimmrn." „Wohin führt sie?" „Zu dein imaginären Glücke, das die Menschen „Ruhm" nennen. Ich mache mir auS solchen Sachen nichts." „Und Du räthst mir wirklich, dies Portrait zur Ausstellung zu schicken?" „Ja, ich rathe es Dir. Und diese Landschaft ebenfalls", etzte er hinzu und zeigte aus eine kleine deutsche Landschaft. Wenn es auch gegen meine Grundsätze ist, so tbut das gegen wärtig nichts zur Sache. Selbst Jupiter verzehrte ab und zu seine Kinder." „Und Du verzehrst nur Deine Worte." „Ja, ein leichtes, lustiges Mabl." „Wenn ich mich erinnere, in welcher Weise Du stets über die Akademie gesprochen hast, sollte ich fast meinen, das Mabl "" wenig bitter sein. Aber setzen wir nun den Fall, d,e Bilder würden nicht angenommen?" „Wir wollen nichts Unmögliches vermuthen. Die Sujets sind interessant, die Ausführung gut. Du hast schon Bilder auS- gestellt. Du kennst einflußreiche Leute und Haft nicht nur in Oel gemalt — sondern auch Champagner dazwischen gegossen. Se, daher unbesorgt!" Ick sah ein, daß er recht batte, und beschloß, seinem Ratbe Folge zu leisten, wenigsten» was die Landschaft und daS Bild deS Unbekannten betraf. Es war nicht nur mein Künstler- mich beeinflußte. Ein anderer Gedanke stieg Plötzlich ,n mir auf. Konnte die öffentliche Auöstellnng deS s.'ortra,ts mir nicht am ersten den Schlüssel, den ich zur Losung do* "albselS suchte, liefern? Jever besucht die Akademie, vielleicht tbut es der Unbekannte auch und bringt unS durch die Neugierde, wer wohl ein Interesse daran haben konnte, sein Portrat zu malen, auf eine Spur. Natürlich war es noch viel zu zeitig, die Bilder zur Mit bewerbung rinzusenden. Der ganze Winter mußte bis dahin noch vergehen Ich kam Ende September in London an. vor Ende Marz konnten d.e Bilder nicht fortgrsandt werden. ^ soweit ist', sagte Baux, „wollen wir eine Privat- auSstelliing machen, ganz nach modernem, statthaftem Stil. mich an einige bekannte Leute der Presse. — „Wie wir Horen, hat Mr. Fitzallan Lindlen soeben einige Porträts und andere moderne Genrebilder die Lik 0"'«^ »r-g-n dürften, voll-nr.t'und m der lausenden Saison ausflrüen" Dann tnn,»,» L °°» ».euien, die wir alle an einem Sonntage in meinem Atelier vernmgen. Einleitung r Ausgewiihltes Frühstück — Eham- :agncr uü. lid. Günstiges Urtheil gesichert. Eine Woche später Echo in Len Zeitungen. Alles beißt an. Glänzende Kritik und allgemeine Bewunderung. Wie baffe ich das allesl Aber um Deinetwillen soll es geschehen!" „Du bist sehr gut, Vaux, aber ich kann ein solches Opfer von Dir unmöglich annehmen." „O, Du mußt — ich bestehe darauf. Dein Talent ist ein derartiges, daß es der Menge gefallen muß. Wäre es größer gewesen, so hättest Du in Dunkelheit leben und sterbe» können, waS Dich durchaus nickt herabgesetzt hätte — so aber mußt Du Dich der Buße der Popularität unterwerfen. Tn wirst einsehen, daß eine derartige Popularität nicht Dein ganzes Leben dauern kann, daher mußt Du jetzt oder nie Gebrauch von ihr machen. Die Kritiker werden Dich loben und Deinen Werken nachsagen, sie seien gemalt, um daS Auge zu fesseln." „Und was sollte ein Bild Wohl sonst fesseln?" „Die Seele, mein Junge. Das weißt Du so gut wie ich. Das dicke Farbenänßere ist ganz gut als vorübergehende Kunstempbase, aber es kann nickt anbalten. In der Malerei wie in allen anderen Künsten ist daS einzige Unsterbliche das Ding in sich — die Idee, die dem Kunstwerke zu Grunde liegt." 21. Capitel. Wenn Vaux etwas in die Hand nahm, that er eS von Grund auS. Seine Anhänglichkeit an die Lehren Epikurs verhinderte ihn ni-bt, als Freund sehr selbstlos und aufopfernd zu sein. Im Allgemeinen schleuderte er gemächlich durchs Leben, aber ab und zu hatte er — wie jeder Engländer — ffme Anfälle von Energie. Und da er eben ein sehr guter Kerl war, wurde einer dieser Anfälle meiner Angelegenheit gewidmet. Natürlich tbat auch ich das Meine, das heißt, lck» zeigte mich in den Künstlerclubs und besuchte meine alten Bekannten, sowohl Maler als Literaten. Ich war über ein Jahr England fern geblieben, aber des halb hatten mich meine Bekannten nicht vergessen. Sie leisteten meinen Soupereinlatungcn so bereitwillig Folge, als wäre ich stets in London gewesen. Natürlich vernachlässigte ich auch meine Familie nicht. Mein Vater war in unserem Stadtbause Berkeley Square und ich besuchte ihn oft. Er war die Güte selbst gegen mich. Ick» als sein Jüngster, war immer sein Liebling gewesen, bei dem er Vieles duldete, waS er seinem ältesten Sohne nicht nachgesehen hätte. Er hatte kein Borurtbeil gegen die Kunst an sich, nur dann faßte «r es, wenn rin Mann, der zu den
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