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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.03.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950308029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-08
- Monat1895-03
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113.35 103.7V 10V.- 101,— 10V.— 103.3b 103.75 103,3b 10375 103.— 133.3V 134.50 43,3V 155.35 135.35 115.— 187,— 108.35 88.25 330.50 184.75 1V4.75 330,— 100.— 343^— 70.— 56.— 100,- 163 — 141.— 110,— 54.— 385,— 124.— 305,— 101,— 143,— 89,10 00.— 340 — 37,35 101,75 VS.— SOLS 60.42 >2 0.80 157,40 355.75 388,— L SS5.— 3435 308.— 300.— 109,10 27150 311.— 84.75 355.50 103,30 60.46 133.65 40.— 9.80 60.46 1.33>i. 121.50 »düditui»« owdsrvso u. 77s,, 70'^ 121, 66'« 43 72 55^!. 3512 07 >o dr. i«-o uit k L Isl re» .et. ISI'i 686 668 475>i2 4SI, S>-2 OS« VezugSPreiS V> her tzanptrxpedition oder den tm Stabs» beritt und den Vororten errichtet«, Aus» gatestellen ab ge holt: vterteljLhrlich ^14.50. bet rwetrnallaer täglicher Zustellung in« Hans hchL Durch die Post bezogen für Deutschland nab Oesterreich: viert«l,St>rlich ^ 8.--. Direct» tägliche Kreuzbandienduag tu» Lnsland: monatlich ^4 7.50. «h»Vtorv».Ll«gabe erscheint tägltch V.^UHr. hta Abend-Lnlgab« Wochentags - Ühr. UHitttim und Erpeditio«: Aahannesgaff« 8. DieSrvedition «s, Wochentag« nnnnterbrvch«, »esstnet »*» früh 8 b^s Abends 7 tchr. Filialen: Ott» Klemm« Eartim. (Alfred HaH»Id Universitätsstrabe 1. Lauts Lösche. Kathartneuftr. 14. vart. und Königsplatz ^ Abend-Ausftabe. MigerTaMalt Anzeiger. Legan fiir Politik, Localgeschichte, jsandels^GcsGftsmkthr. A«zeige«.PreiS ^sse -gespaltene Petitzeile 20 Psg. Nerlame» nntrr de« Redactionsstrich (4go> spalten) 50 >4. vor den Kamiiiennachricht«, (6 gespalten) 40-H. Gtößer» Schriften laut anserem P«is- »«t»ichach. Tabellarischer und Mernsatz nach höherem Tarif. Etztta-VeUagen (gefalzt), u«r «tt b« Morgen«Ansaade. ohne Postdeförder»»> X 60.—» mit Postbrsörderung 70.-—. Amahmeschlub für Anzeige«: Abeud-Au-gabe. Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn« und Festtags früh '/,S Uhr. Bei dr» Filialen und Annahmestellen je eins halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets »n di« Trpedttien zu richten. Druck »nd Verlag von E. Pol« in Leipzig ^-124. Freitag den 8. März 1895. 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. 104'-!» 12', 11^0 37--, > Llineo- 62 Vnrbiti» ttslä» 7,50. !»r»ts 5,13, mrose 6.63, ort vuirecl ksllämines 3 ä, vlltted tnls» —, t söbr ksst. 67.50 3360 — 730,60 77 03 330,— »ssu 94,50 > 337.50 35,31 S--, 35.56 1>0 vsr rlldix, »nk Vlsok-r roä. 6olc1- rireu per 25 , per >.02). Scott»"; in rü (6/3) äer äitenr in rrnnk" von vortd" von idorr" von d 6riw»t>?, Ikon" nucii »m >, „Vrosäsn' seitens der Bank" in n geplant, mtheile der ihrer Wahl t Nominal« mburg eine gen Firma >l errichtet, iftSiahaber der Nord- * Leipzig, 8. Marz. Der Deutsche Landwirthschaftsrath bat, wie an anderer Stelle gemeldet, am DienSlag und Mittwoch die Frage er örtert, weiche Maßregeln zur Hebung der Getreide- preise in Deutschland ergriffen werben können. Als der jenige Vorschlag, der ohne Zweifel am weitesten ging, wurde ein Antrag von Erffa und Genossen zuerst zur Beratbung und Abstimmung gebracht. Dieser Antrag befürwortet vier Maßregeln. In erster Linie soll den überseeischen .Korn kammern" die Meistbegünstigung am deutschen Markte versagt werden. Das setzt die Kündigung der Meist- b e g ü n st i g u n g s v e r t r ä g e mit Argentinien, den Vereinigten Staaten u. s. w. voraus. Des Weiteren soll, um einen dauernd erträglichen Zustand zu er reichen eine Zollunion der europäischen Eulturlänver an gestrebt werden. Wenn man, wie aus der Debatte sich ergab, daS europäische Rußland hierbei mit einschiießt, so hat man allerdings ein Productionsgebiet abgegrenzt, das bei fort schreitend rationellem Bodenbetrieb im Stande wäre, seinen Bedarf an Körnerfrüchten selbst zu decken. Andererseits ist es auch richtig, daß die bessere Bodenbewirtbschaftung in Ruß land gleichbedeutend wäre mit einer Erhöhung der Kaufkraft, beziehungsweise einer Steigerung der Lebensbedürfnisse jener ackerbautreibenden Bevölkerung. Daraus könnte für die Industrie des umfaßten europäischen Gebietes ein erheblicher Vortheil sich ergeben. Diese Zollunion würde in sich auch eine genügende Macht darstellen, um bei den überseeischen Ländern, insbesondere bei den Bereinigten Staaten, in allen Fragen der Zolltarifpolitik einige schuldige Rücksicht zu erwirken. — DaS sind weitauSsckauende Pläne, deren Verwirklichung einen Staatsmann erfordert, dem von der genialen Veranlagung und dem gewaltigen Geiste BiSmarck'S, wie die „Nat.- Lib. Corr." zutreffend bemerkt, nicht allzuviel fehlen dürfte! Denn auch die europäische politische Lage müßte er sich erst schaffen, welche zum Vollbringen deS Werkes erforderlich wäre. Wenn der Nordostseecanal nicht eingeweibt werden kann, ohne daß Frankreich mit seiner Nussen-Anbetung demonstrirt, und wenn in Afrika kein Deutscher oder Franzose seinem Hcimathlande Vortheile sichert, ohne daß England in nervöse Unruhe versetzt wird, ist die politische Lage einer europäischen Zollunion mindestens noch nicht förder lich. Immerhin ist eS ein Zeichen friedfertiger Gesinnung, daß gerade dieser Theil des Erffa'schen Vorschlages fast ein stimmig im Landwirtbsckaftsrath angenommen wurde. Es legt auch Zeugniß dafür ab, daß der Deutsche die Energie noch nicht verloren hat, sich mit großen, grundsätzlich und praktisch bochbedeutsamen Zukunftsgedanken zu befassen. Dagegen stieß der Vorschlag, die Meistbegünsligungsverträge mit äußer-europäischen Staaten sofort zu kündigen, auf den Widerspruch einer, nicht nach der Zahl, aber nach dem Ge wicht der Gründe wohl ansehnlichen Minderheit; desgleichen der dritte Vorschlag, die Regelung der WährungSverhält- nisse im Sinne der internationalen vertragsmäßigen Doppel währung zu erstreben. Dann kam der Antrag Kanitz als viertes und stärkste- Mittel zur Abstimmung. Der An tragsteller, Herr v. Erffa, war vorsichtig genug, nicht pur et simple den Antrag Kanitz zu befürworten, sondern er schlägt „eine auf den Grundlagen des Antrages Kanitz beruhende Maßnahme" vor. Das läßt noch sehr weiten Spielraum für die Ausführung uud hat den Nachtheil an sich, daß er eS wiederum dem Bundesrath überläßt, die gangbaren Wege zu einem nur nebelhaft umschriebenen Ziele zu finden. Aber es wird auch eine weitere Einschränkung nicht versäumt. Die Maß nahme, welche der BundeSrath ausfindig machen soll, muffe eine „mit den Handelsverträgen zu vereinbarende" sei». So fern sich also erweist, daß „ans den Grundlagen deS An trages Kanitz" überhaupt keine Maßnahme sich ergreifen läßt, die mit den Handelsverträgen vereinbar ist, fällt der ganze Vorschlag in sich selbst zusammen. Mit diesem Vorbehalt und in der verschwommenen Erklärung veS gewollten Zieles verpflichtet der Antrag v. Erffa zu gar nichts, macht aber auch den Bundesrath um nichts klüger, als er schon vorder war. Wenn die Abstimmung dennoch eine Mehrheit von 30 gegen 32 Stimmen ergab, so versteht sich von selbst, daß irgend welcher Eindruck damit nirgends er zielt werden kann. Nicht einmal für die Steigerung der Agi tation zu Gunsten deS Antrags Kanitz dürste sich der Be schluß des Deutschen LandwirthschastSratbcs gebrauchen lasten Noch viel weniger macht er die bevorstehende Erörterung im Staatsrath entbehrlich. Im Geaentbeil: er ist wieder nur ein allgemeines Begehren nach wirksamer Hilfe, die auf der und der Grundlage und unter dem und dem Vorbehalt als durchführbar vermuthet wird. Ter StaatSratb mag jetzt endlich einmal die Zeit sich nehmen, um diese Ver- muthung zu bestätigen oder zu entkräften, je nachdem. In den Verhandlungen des Landwirlhichaftörathes tritt überall nur die Betrachtung der gegenwärtig gedrückten Verhältnisse und das Verlangen nach baldiger Abhilfe in den Vordergrund. Die Notb wurde von keiner Seite bestritten, der Nolhruf allseits für sehr begreiflich erachtet, aber damit ist für oder wider die Anwendbarkeit des verlangten Hilfs mittels noch nickt daS Mindeste entschieden. Wenn diese Prüfung und das Gutachten hierüber dem Staalsratb auf gespart bleiben mußte, so bat das auch seinen guten Grund: im LaildwirthsckaftSrath sitzen autoritative Vertreter, die über den Zustand im Lande Auskunft geben können; im Staats- ratb bietet sich Gelegenheit, über die gesetzgeberischen Voraussetzungen der Abhilfe und über die vertrags mäßigen Pflichten deS Reiches von autoritativer Seite sich belehren zu lasten. Diese Belehrung wird auch betreffs des „außerordentlichen" Hilfsmittels nützlich sein, zu dessen Gunsten sich der LandwirthschaftSratb schließlich noch aus gesprochen hat: Vorläufig auf sechs Monate soll die Grenze für alle Getreide- und Mehleinfubr gesperrt und mit Ruß land, Oesterieich-Ungarn und Rumänien soll eine besondere Verabredung getroffen werden, wonach diese VerlrazSstaaten künftig ein Vorzugsrecht auf Lieferung des deutschen Bedarfs an Auslandgetreive erhalten sollen. Auch dieser Gedanke gebt schon seit Wochen durch die Presse, ohne daß er über den Werth einer allgemeinen Anregung hinanSkommen konnte. Auch im verbündeten Oesterreich hat die Möglichkeit, daß im deutschen Reichstag eine Ehrung des Fürsten ViSmarck entweder gar nicht zu Stande kommt oder zu einet schmachvollen Demonstration gegen den Begründer des deut schen Reichs führt» außerordentliches Befremden hervorgerufen, und selbst die Wiener „Neue Freie Presse", der man gewiß keine Bismarck-Schwärmerei nachsagen kann, schreibt m einem ihrer letzten, dem Fürsten gewidmeten Leitartikel: „Die Begeisterung, mit welcher das deutsche Volk sich an chickt. seinen (Bismarck s) achtzigsten Geburtstag zu feiern, hat ihre Quelle nicht in dem Andenken an seine innere Politik, sie ist trotz derselben vorhanden, weil sie auS der Erinnerung an seine nationalen Großthaten im Kampfe um die deutsche Einheit strömt. Für diese nationalen Großthaten sollte jeder Deutsche sich dankbar füblen, gleichviel, zu welcher politischen Gesinnung er sich bekennt. Sie wirten so lebendig fort, daß Fürst Bismarck auch heute noch, obwohl er schon seit iiinf Jahren zurückgezogen in seinen Buchenwäldern haust, eine ungeheure Macht über die nationalen Empfindungen besitzt. Und darum wird eS eine häßliche Satire au die nationalen Empfindungen sein, wenn der deutsche Reichstag stumm und thrilnahmlos beiseite steht, während das deutsche Volk in «Ä und >->«-" d.-.!»,» r.°». d-- ichtbar werden d"..,^ - zur Ehre (eines von der Feier f"nhalt, d'c c-iwaebung begeht. Dann wird gewaltigsten Mannes dasteben ttimitten der eigenen der Reichstag als ein unvergleichlichen Ruhms Nation; dem Greis, aber dertrov'e.n.Sunmrg.w«, ^ 0 resignirt vom Glück, spuckt. w-rd/nmE Jubels, von welchem er umbraust b ^ ^rv. ^ »wer das S L'ML.. dr-.».. weil es nie vergessen hat, wav es ^ unseren Auch sonst mehren sich die Zeichen dasu Staiilmesgenosscii in Oesterreich A,.Würdigung dienste des Fürsten Bismarck ihre volle, ne vlose -UEigung finr n S° wi-d d-u>- w,° m Sm-rm-rr auch i» !U,N,-N m s-°s-m und daß an der Fahrt der Ste.rer nach Fr.edr.chsruh auch zahlreiche Kärntner sich betheiligen werden. Die bclaiicüc Regierung hat bekanntlich das Gt .» . ^ . wÄA s - - / EN-» > ->« - Königreich wieder emgesubrt p . . unterbreitet. Da dieses Gesetz den AuSgai ^ Kämpfe in Belgien bilden wird, so verdient se>n >'up inhall kurz angegeben zu werden Z- bisherigen »o U berechtigten Bürger un Alter von 2t bis 29 -/ähren werden ihres Stimmrechts verlustig erklärt. Jeder für d.e rbl der Senatoren berechtigte, also Mindestens 30 ^ahre alte Bürger bat eine Stimme, wenn er seit mindesten« vrei Jahren in der Gemeinte wohnt. Jeder 3o Jahre alte verbeiratbete Bürger oder Wittwer mit Al"bcr Nachkommenschaft hat eine Zusatzstimme, wenn er an O/aa s- steuern entrichtet 5 Franc- m Gemeinden unter 1000 Ein wohnern, 10 Francs in Gemeinden von 1000 b,S 10 000 Einwohnern, tü Franc« in Gemeinden von 10 000 bis 2o000 Einwohnern und 20 Francs in Gememden von über 2^ 000 Einwohnern. Wähler mit höherer Bildung erhalten nicht nur zwei Zusatzstimmen, sondern auch das Recht, wofern sie Famllienväler sind uud di« vorgeschriebenen Steuern entrichten, vier Stimmen abzugeben. Eine besondere Zusatzstimme erhalt jeder Besitzer eines E»gentl,umS von mindestens 150 Francs Eätasterertrag, doch soll Niemand mehr als als vier Stimmen abgeben dürfen. Die jetzigen Gemeinderätbe werden am 15 November v. I. aufgelöst und die neuen Gemeinre- räthc aus Grund d-S neuen Wahlgesetzes Mitte Oktober gewählt. Eine Brüsseler Eorre,pondenz des „Hamb. Corr." schreibt über die Vorlage: DaS Gesetz »st ein Hohn auf das allgemeine Stimmrecht; eS begünstigt in der Tbat ungemcsscn die besitzenden Elasten, während es den breiten Volksschichten ihr Stimmrecht verkümmert. Nur die Heißsporne der Klerikalen und Doctrinair-Liberalen billigen die Regierungsvorlage, aber die Liberalen, Fortschrittler, die Christlich - Socialen und natürlich die Socialisten weisen sie zurück. Das Organ der socialistischeu Arbeiterpartei „DaS Volk" schreibt: „DaS ist eine dreiste Herausforderung, welche die Regierung der arbeitenden Elaste zu überdringen wagt. Wir nehmen den Handschuh auf und rufen: Erbebt Euch, Arbeiter, für die Eroberung deS allgemeinen Stimm rechte-!" Und da die Socialisten in der Kammer sowohl bei diesem Gesetze, als auch in der Eongofrage auf daS Ent schlossenste austreten wollen, so bat die Rechte bereit- be schlossen, unter Aenderung der Geschäftsordnung den Kammer Präsidenten weitere Rechte einzuräumen. In Rntzlantz sind die Hoffnungen auf ein größeres Maß von Freiheit für die Presse durch eine Reihe von ministeriellen Verfügungen in diesen letzten Tagen stark herabgestiuimt worden. Die in Petersburg erscheinende liberale Monatsschrift „Nabliudatel" (Beobachter) hat vom russischen Ministerium des Innern als oberster Preß- censur-Behörde eine Verwarnung erhalten. Anlaß dazu gab dem Ministerium ein im Februar-Hefte dieserRevue erschienener Artikel unter dem Titel: „Neue geistige Strömungen in Deutschland", in welchem die socialdemokratische Bewegung im deutschen Reiche objectiv geschildert und beleuchtet wirr. DaS Ministerium erblickt in dieser Dar stellung einen Versuch der Redaction, die Sympathien der russischen gebildeten Elemente für die Lehren des Socialismus zu erwecken. In Folge der ertbeilten Verwarnung läuft nunmehr der „Nabljudatel" Gefahr, beim Abdruck eines zweiten, das Mißfallen der Negierung nach sich ziehenden Artikels entweder auf eine gewisse Zeit suspendirt oder gänzlich eingestellt zu werden. Zugleich mit der Bestrafung des „Nabljudatel" ist den, in Kiew erscheinenden Tage blatte „Kiewljanin" der Einzelverschleiß auf unbestimmte Zeit entzogen worden, und zwar deshalb, weil das genannte Blatt in einer Reibe von Artikeln den Gegnern der Einführung der obligaten Volksschulbildung hart zu Leibe ging, wodurch Pobedonoszew, Deljanow und Durnowo sich getroffen fühlten. Aber allgemeines Staunen ruft gegen wärtig in Petersburg die Beschlagnahme einer Broschüre hervor, welche sich mit dem Zar Nicol aus II. beschäftigte. Diese Broschüre, mit Zustimmung der Central-Preßverwaltung in Druck gelegt, wurde plötzlich confiscirt, weil in derselben der Hoffnung Raum gegeben war, daß Zar fiiicolauS II. für daS, waS seinem Volke noththut, stets ein offenes Auge haben werde. Deutsches Reich. * Leipzig, 8. März. Nachdem sick die Vertreter der Städte mit revidirter Ordnung vereinigt haben, dem Alt- reichskanzler da« Ekrenbüraerrecht zu verleiben, hat nunmehr auch Bürgermeister Gofferjö in Netzschkau eine Auf orderung an die Städte, die nicht die revidirte Städte ordnung eingeführt haben, erlassen, gemeinschaftlich dem Altreichskanzler das Ehrenbürgerrecht auch dieser Städte zu verleiben. L Berlin, 7. März. Auf die gestrige Reichstagssitzung wird sich die Linke des Parlaments voraussichtlich noch oft berufen, wenn sie Entschuldigung für ein Verhalten braucht, wie es sich im Reichstag nicht ziemt. Zwar hat Herr Richter sehr ver schiedenartige Vorfälle mit einander verglichen, als er wegen der Rede Ählwardt's den Präsidenten an seine Tags vorder gesprochenen, die Beschimpfung von außerhalb des Hauses stehenden Personen mißbilligenden Worte erinnerte. Dort bandelte eS sich um die Beleidigung einer bestimmten Person, während Ablwardt eine Elaste der Bevölkerung „cbaraklerisirte", ein Reckt, das sich, wenn von den Agrariern oder dem Mecklenburger Adel dieRede ist, auch Herr Richter nichl nehmen läßt. Allerdings der Ton, den Ablwardt anscklug, war in Reichstag unerhört, und selbst der frühere preußische Land tagsabgeordnele Cremer, der durch seine Judenrrden selbst manchen „Antisemiten" das Zuhören verleidete, sieht sich über troffen. Ob der Präsident in der Lage gewesen wäre, auf den den coasrrvaliven Antrag vertheidigenven antisemitischen Redner Mäßigend einzuwirken, soll hier nickt entschieden werden. War er es nicht, so bat der Reichstag überhaupt kein Recht, eine anständige Sprache von seinen Mitgliedern zu fordern. (Der Ordnungsruf ist bekanntlich nachträglich erfolgt. Die Red.) Indessen Ahlwardt regt das Publicum nicht mehr auf. Viel bedauerlicher ist, daß die reckte Seile deS Hauses, die unwürdigen Exclamationen mit einem Fsttilletsir. Lin Lecher Lethe. 201 Roman von R. Teilet. lFortsetzung.) Nachdruck verboten. „Sie kam näher, mein Herr, sab bald auf dies, bald auf jene- Bild, bis sie endlich daS Ihre erblickte, da blieb sie wie versteinert stehen, gerade als wenn sie angenagelt wäre, und ihre Augen rollten so wild umher, wie ich Ihnen nicht beschreiben kann, mein Herr. Dann näherte sie sich schwankenden Schrittes dem Bilde. Ich folgte ihr dicht auf dem Fuße nach. Sie sprach etwas vor sich hin, daS ich nicht verstand. Plötzlich steckte sie die Hand in die Tasche und rog etwas hervor. ES war ein Messer, mein Herr. Dann sab sie sich vorsichtig nach allen Seiten um, wobei sie mich erblickte; augenblicklich steckte sie das Messer wieder in die Tasche »nd ging fort, als sei nichts geschehen." „Nun, es war ja auch nichts geschehen", bemerkte Vaup. Der arme JarviS machte ein enttäuschtes Gesicht. Ich beruhigte ihn, so gilt ich tonnte. „WaS Sie mir da erzählen, ist sehr interessant", sagte ich. „Die Hrau kennt vermuthlich das Original deS Bildes. Glauben Sie denn, daß eö ein Dame ist?" „Hm, nicht ganz, mein Herr. Und dann ist sie schrecklich häßlich, mein Herr. „Und wie alt ungefähr?" „Etwa 30 Jahre, mein Herr." „Sie behielten sie natürlich im Auge?" „Gewiß, mein Herr, daS dürfen Sie alauben. Ich folgte ihr bis nach ihrer Wohnung in Camden-Town." „Haben Sie sich die Adresse notirt?" „Ja, mein Herr; hier ist sie." Er reichte mir ein Blatt Papier, auf dem mit Bleistift eine Adresse auS Camden-Town verzeichnet war. DaS Haus, setzte er hinzu, sei zwar gewiß sehr billig, sehe aber gan§ respektabel auS. „Haben Sie ihren Namen herauSgebracht?" „Ja, mein Herr, sie beißt MrS. Darvill." ,O, sie ist also eine verheirathete Frau?" »Es scheint so, mein Herr. Die Nachbarn halten sie „Wohnt sie schon lange da?" „Erst seit einigen Wochen, mein Herr." „WaS ist ihr Mann?" „Ich glaube, sie ist Witttve, mein Herr. Sie lebt allein mit einem Dienstmädchen — einem sehr kleinen, mein Herr." „Auf die Größe deS Dienstmädchens kommt nicht- an", sagte Vaux. „Aber sie ist wirklich sehr klein, mein Herr", behauptete JarviS. „Ick habe sie selber gesehen." „Durch Ihr Sehen kann sie nicht größer werden", be merkte Vaux hartnäckig. „Sei still, Vaux", sagte ich, denn ich bemerkte, daß der arme JarviS ein ganz bestürztes Gesicht machte. In seinen Augen schien das kleine Mädchen eine große Thatsache zu sein. „Und hörten Sie sonst etwas über die Frau?" „Nein, mein Herr, außer daß die Nachbarn sie für sehr sonderbar halten. Biel schienen sie nicht von ihr zu wissen. Sie wohnt nicht lange da und geht sehr wenig an«." „Nun", sagte ich, „das genügt einstweilen, JarviS. Natür lich bewachen Sie daS Bild auch fernerhin. Die Frau kann wlevrrkebren. Vielleicht gelingt es Ihnen, noch mehr über sie zu erfahren." Wir aaben ihm noch ein GlaS Wein und entließen ihn dann. Sobald er fort war, sagte ich zu Vaux: „Nun, was denkst Du darüber." „Nichts, mein Junge — absolut nichts. Ich finde nickt, daß Du auch nur einen Schritt weiter gekommen bist. Eine wahnsinnige Frau siebt Dein Bild an. WaS ist dabei bemrrkenSwertb! Das kann jede gesunde Frau ebenfalls thun." Sein Ansicht der Sachlage entmutbigt« mich nickt wenig, und ich bemühte mich, ihr nicht beizustimmen. „O, eS kann etwas dahinter stecken", bemerkte ich. „Ich kann nun einmal die Hoffnung nicht sinken lassen. Hast Du entdeckt, daß ein Punct merkwürdig in meine Theorie hinein- paßt? Freilich kann es rin zufällige« Zusammentreffen sein." „Und daS wäre?" „Der Name der Frau. Erinnerst Du Dich seiner?" „Ja wobl, Dardill. Nun, und WaS weiter?" „Der Brief ist mit R. O. unterzeichnet. Der Anfangs buchstabe des Zunam »iS ist v. Der Zuname der Frau be ginnt ebenfalls mit einem 0." Vaux brach in ein schallende« Gelackter aus. „0 sanctL simplicita«-!" rief er. „Wie gläubig ist ein Liebender, wenn eS seinem. Zwecke dient! Die Halste der englischen Namen beginn! mit einem D. „Uebertreibe nicht!" sagte ick. „Und wie Du hörst, ist die Frau Wittwe." „Das ist wahr, und straft meine Theorie Lügen", sagte ich. „Alles straft sie Lügen, mein Junge. So leid es mir tbut; aber es ist nun einmal so. Du solltest die ganze Geschichte schießen lassen und Dir ein anderes Mädchen er wählen." „Nie", sagte ich. „Weder eines noch das andere. Ich werde nie eine andere heiratben." „Um so besser — so bleibst Du muthmaßlich ledig!" 26. Capitel. Einige Tage vergingen, ohne daß sich etwas Bemerkens- wertbes ereignete. Dann wurde der friedliche Strom der Ereignisse plötzlich jäh und unerwartet unterbrochen. Ich war an dem Tage in Eton gewesen, um in alten Schulerinnerungen zu schwelgen, und kehrte erst um 7 Uhr Abends von dort zurück. Am Peddingtonbahnbofe kaufte ich ein Exemplar deS „Globe". Wäbrend mich ein Miethswagen nach der Melburystraße fuhr, blickte ich in die Zeitung und laS zufällig Folgende-: „Ruchlose Beschädigung eine- in der königlichen Akademie ausgestellten Bildes." „Ein schändliches Vergeben ist heute in der königlichen Akademie begangen worden. Ein Gemälde wurde durch ruch- lose Hand gänzlich zerstückelt. Der Maler deS betreffenden Bilde» ist Mr. Fitzallan Lindlev. E« scheint mit einen, Messer oder mit einem anderen scharfe» Instrument zerkratzt zu sein Man weiß nickt genau, un, welche Zeit die Miffetbat verübt wurde, aber eS ist an,»nehmen, daß der Tdäter die Mittags stunde, als die Säle verbältnißmäßig leer waren, dazu benutzte Die That ,st bisher völlig unaufgeklärt. Jedermann hegt die wärmste Svmpath.e für den jungen Künstler, Mr. Lindlev dessen Bilder ,n der diesjährigen Ausstellung vielen Bei all gefunden haben." ^l!?unen. ab„ nicht mit Bedauern. Fa» war immer fest davon überzeugt gewesen dak di-a mir nach Ethelren's Traumphantasie a,malte ° ^ deckung fuhren würde. Lie Verstümmelung des B de« b- statigte meine Bermutbnngen. Ganz natürlich ss.ln,.;» hrr Adresse zu Hause liegen. Noch heute wollt« ich mich dorthin begeben und sehen, ob ich mir einige Aufklärungen verschaffen könnte Wer konnte wissen, ob dies Ereigniß mir nicht den lange gesuchten Schlüssel lieferte. Ich war sehr erregt und hieß den Kutscher so schnell als möglich weiter fahren. Nach sehr kurzer Zeit langte ich in der Melburystraße an. Im Flur von meines Freundes Hause stand schon JarviS mit sehr dummem Gesicht und wartete meiner. Er trat mir entgegen und stammelte eine Entschuldigung. In der stillsten Zeit, um die Mittagsstunde, habe er sich in einer GeschäftSangelegenheA — einer sehr dringenden — für höchstens zehn Minuten von seinem Posten entfernt gehabt. Freilich wisse er, daß er daS nicht hätte thun dürfen. Er sei bisher nie fort gewesen, nicht einmal eine Minute lang. Es thäte ihm schrecklich leid, daß die Geschichte gerade bei der einzigen Gelegenheit, da er nicht dort war, passirt sei. Ich könnte mich darauf verlassen, daß etwas Derartiges nicht wieder Vorkommen würde. Der Mann sprach ängstlich, stockend — man sah ihm das Bewußtiein seines Unrechts deutlich an. Ohne Zweifel hatte er seine Pflicht gröblich vernachlässigt, und selbst bei roden Naturen regt sich daS Gewissen, wenn es sich um ein dienst liches Vergeben handelt. Aber ich zürnte ihm nicht int Ge ringsten. Im Gegentbeil, ich war idm von Herzen dankbar. Denn hätte er seinen Posten nicht verlassen, wäre das Bild nie verletzt worden. Und da ich ohne die Verstümmelung des Bildes in meinem Nachsorschen nicht um einen Schritt weiter gekommen wäre, mußte ich recht froh sein, daß sie statt gefunden hatte. DaS Bild als Bild batte keinen Werth sür mich. Ich hatte es gemalt und an seinen jetzigen Platz ge bracht, nur weil ich dadurch daS Mittel zu erhalten hoffte, um daS Geheimniß, das über Ethelrens Vergangenheit schwebte, zu entwirren. „Sie hätten allerdings nicht fortgehen dürfen, JarviS", sagte ich, als er schwieg. „Aber seien Sir nicht so unglück lich darüber! Ich glaube nicht, daß die Sacke dadurch ver schlimmert ist — im Gegentheil, wer weiß, ob wir nicht da durch endlich Aussicht aus ein gutes Resultat haben!" Tein trauriges Gesicht erhellte sich bei meinen Worten sichtlich. »,Sie sind sehr gütig, mein Herr", sagte er dankbar. „Ich fürckteie, Sie würden über die Vernichtung Ihre« Bildes wütbrnd werden. Künstler sind im Ganzen sebr sonderbar, aber wabrscheinlich nur in Bezug auf große Bilder." „Ich bin keine Ausnahme von der Regel, JarviS. Aber ich Hab» diesem Bilde ni« besonderen Werth deigtlegl. Nun
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