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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950320017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895032001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895032001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-20
- Monat1895-03
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«ez«z-.PMS G Irr HvAptexpeditton oder de» km Skdbr« Bezirk «nw den Bororten errichteten Au«, «««fi^«, ah-eholt: vierteljährlich^t.ök dtt Meimal^« «glich« Z»ft,U,»g ',« La»S ^l üLO. Dnrch die Post bezogen für Drutsthland »nd Oesterreich: vierteüübrlich X . Direct« tägliche Kr»»td«»>s«»v»»g kn» >»sla»d: monatlich 7.50. Die vorgea-Ao-gabe «rfcheint tigNch V,? Uh^ dt« IEe»d-A»Agabe Wochentag« 5 Uhr. Nerntis» m»- Lr-Eo»: /Male«: vtt» Me«« » Tsrli«. (MfeeI UniversttLtsftraIe 1, Ls»t» ö-fche» K»tchnt»e»str. Ich Part, und Kvoigl-lntz V Anzeiger. Lrgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. SlnzeigeN'Preik^ die 6 gespaltene Petitzeüe 20 Pfg. Neclamen unter dem Redaction-sirich (4g». spalten) bO^I. vor den Aamiliennachrichte» (6 gehalten) 40<eZ. GrüIer, Schriften laut unserem Vmts- »«t«tch»ist. Tabellarischer und Zisserichtz nach höherem Tarif. ffrtr«-yeila,rn (gefalzy, nur mit Irr vtorgen.Ausgabe. ohne Postbriördek»»g 60.—. mit Postbeförderuag ^ 7V.— Innahmeschlnß für Anzeigr»; »bead-Ausgabr: Vormittags ly Uhr. Marge»-Au-gad«: Nachmittag« 4Uhr. Soun- «ad Festtags früh '/,S Uhr. vet Le» Filiale» uod Annahmestelle» j, «kn« halb« Stund« früher. «nirigr» find stet» aa die Gttrditioa ,» richte». »ruck und Verlag vo» «. Pol, t» Leipzig l t^. «sssss-ss»»»» Mittwoch den 20. März 1895. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Ja Gemäßheit des 8.1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der städtischen Wasserwerke vom 6. Februar 1888 und der 88. 2 und 7 des Regulativs für Gasrohrleitungen und Gasbeleuchtungsanlagen in Privatgrnndstücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Otto Lindner» Lützow-Straße Nr. 20, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu er. forderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 18. März 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 1246. Ör. Georgs. Wolfram. Gesucht wird der am 18. Juli 1858 in Langenberg geborene Handarbeiter August Gustav Mitte genannt Hetntst, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 9. März 1895. Der Rath Ser Stadt Leipzig. Armenamt, Abth. H. R. V. Nr. 716.Hentschel.Frke. Gefunden oder als herrenlos angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit vom I. bis 15. März 1895 folgende, zum Theil auch von früher verübtem Diebstahl herrührende Gegenstände: ein Geldbetrag von 29 und 3 Mark» ein anstatt eines Einmarkstückes in Zahlung gegebenes 29-Markstnck, Porte monnaies mit 13 Mk. 27 Pfg-, 7 Mk. 5« Pfg., 3 Mk. und mit geringeren Beträgen, ein pandtäschchen mit Porte monnaie» enthaltend 13 Mk. 26 Pfg., eine silberne Damevnhr mit Kettchen, verschiedene goldene Ringe, darunter 2 Trauringe, 2 goldene Armreife, ein goldenes Medaillon mit 2 Photographien, 1 Klemmer, 1 Brille, 1 LethhnuSschein, 3 Loose der 20. Pferdeausstellung zu Dresden, eine Brieftasche, eine Anzahl Schlüssel, 3 Taschen messer, eins davon mit Etui, ein Damenhandschuh mit Pelz besatz, ein brauner Sammetpompadour, 6 gezeichnete Taschen- tücher, 2 gezeichnete bunte Schürzen, 2 größere und ein kleiner Gummischuh, ein Paar Lederhausschuhe, einige Pelz, müsse, rin gelblich seidenes Schnltertnch» 1 Reisedecke, einige Schirme und Stöcke, 3 verschiedene erbrochene Hand koffer mit grauleinenein Ueberzug, ein Wäschesack, 9 Rollen Bindfaden, eine Cigarrenwickelsorm, eine braune Pferdedecke, »ine eiserne Stemmleiste, eine größere Schaufel und ein Spaten, ein Dreirad» sowie ein zugeflogener Canarienvogel. Zur Ermittelung der Eigenthümer wird dies hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im Januar und Februar 1894 Fundgegeiistände bei uns abgegeben haben, auf, dieselben znrückzufordern, andernfalls darüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den 16. März 1895. Das Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bret schneider. Ml. General-Versammlung -er Lrtskrankencasfe für Leipzig und Umgegend Donnerstag, den 28. März 1895, Abends 8 Uhr tm grotzen Saale der Lentral-Halle, Leipzig, Eentralstraße. Tagesordnung. 1) Vornahme der erforderlichen Neuwahlen für den Vorstand. 2) Bericht des Finanz-Ausschusses und Annahme der Jahres« rechnung pro 1894. 3) Bericht des Versassungs-Ausschusses. 4) Bericht des Sanitäts-AuSschusses. Theilnehmer an der Versammlung sind die Vertreter der Mit glieder und der Arbeitgeber. Nur die jedem Mitgliede der Generalversammlung zugehende Eintrittskarte berechtigt zur Theilnahme an der Generalversammlung. Diejenigen Vertreter, welch« bis zum 26. d. MtS. eine Eintritt«, karte nicht erhalten haben, werden ersucht, diese im Bureau zu reclamiren. Leipzig, am 18. März 1895. Ter Vorstand der Ortskrankencafse für Leipzig und Umgegend. vr. Willmar Schwabe, Vorsitzender. R. Bekanntmachung. Nachdem die seitherige Obervorsieherin des israelitischen Frauen- Vereins zu Leipzig, Frau Malwine Meyer. am 5. März d. I. verstorben ist, besteht der Vorstand des genannten Vereins auf Grund der heute vollzogenen Wahl für die Zeit bis zum 31. De- cembrr 1897 auS folgenden Mitgliedern: Frau Mathilde Soldschnitdt geb. Von, Obervorsieherin, Frau Sophie MagnnS» Vorsteherin, Frau Fanny Oppenheimer, Vorsteherin, ämmtlich in Leipzig wohnhaft. G' näß 8- 10 der Statuten machen wir dies hierdurch mit dem Hinzu,ügen bekannt, daß als männlicher Vertreter im Sinne des 8- 10 1. o. der Obervorsieherin Herr Kaufmann Louis Goldschmidt hier zur Sette gestellt worden ist. Leipzig, den 18. März 1895. Der Vorstand -es israelitischen Franenvereins. Alatükläv Aolcksekmlckt 8»plue Uuxnu». kann) Oppenl»eimer. geb. von. Fürst Bismarck und Kaiser Wilhelm I. ö. Je näher der diesmal so hochbedeutungsvolle 1. April heranrückt, um so wärmer, dankbarer und verehrungsvoller richten sich alle Blicke und Gedanken auf den ehrwürdigen, ruhmreichen Einsiedler im Sachsenwalde. Unwillkürlich aber verbindet sich mit dem Gedanken an Bismarck der Gedanke an seinen „kaiserlichen Herrn", wie BiSmarck den Kaiser Wilhelm I., so oft er seiner im Reichstag gedachte, immer mit besonders warmer Betonung zn nennen pflegte. Die Ge stalten der beiden großen Männer sind untrennbar vereint in den Herzen aller deutschen Patrioten, sie werden für immer un trennbar sein in den Annalen unserer vaterländischen Ge schichte. Da ist es denn von besonderem Interesse, uns vor Augen geführt zu sehen, wie diese beiden Männer, die gemeinsamen Begründer des neuen Deutschen Reichs, seiner Einheit und Größe, zuerst einander näher traten, dann eine kurze Zeit lang in ehren Wegen auseinander gingen, bis sie sich wieder zusammenfanden und immer mehr befreundeten, woraus endlich jene- innige, ebensowohl amtliche wie persönliche Verhältniß heranwuchs, welches den Kaiser Wilhelm I. und seinen ersten Minister bis zu des Ersteren Tode unauflöslich verband. In dem rüstig vorwärtsschreitenden GeschichtSwerke von vr. HanS Blum: „Fürst Bismarck und seine Zeit"*) finden wir (im 3. Bd., S. 202 ff.) „das Verhältniß BiSmarck'S zum Prinzen von Preußen" nach den soeben bezeichneten ver schiedenen Stadien dargestellt. Die erste Kenntnißnahme des damaligen Prinzen von Preußen von dem erst 32 Jahre alten Herrn v. Bismarck- Schönhausen erfolgte bei Gelegenheit des Vereinigten Land tags von 1847 und der Märzbewegung von 1848. Blum schreibt: „Einleuchtend ist, wieviele Züge seines eigenen Charakters und Wesens der Prinz bei Bismarck finden und wiedererkennen mußte, so daß er sich von selbst zu dem jungen Wortführer der äußersten Rechten der ersten preußischen Landtage sympathisch hingezogen fühlen mochte. Da war dieselbe glühende Vaterlandsliebe und eifer süchtige Sorge für Preußens Ehre, von der des Prinzen Herz selbst bewegt war. Da offenbarte sich, trotz des stürmischen Feuers der Jugend, schon jenes kühl verständige realpolitische Denken und Handeln, welches der Prinz als eines seiner besten eigenen Güter schätzte. Außerdem war Bismarck s Frömmigkeit, Furcht losigkeit, Pflichterfüllung und Hingebung den entsprechenden Tugenden des Prinzen verwandt, und daneben besaß Bismarck noch eine Fülle glänzender Eigenschaften und Gaben, die der Prinz weder deshalb übersah noch beneidete, weil sie ihm selbst abgingen: sprudelnden Witz, jugendliches Feuer, vielseitiges gründliches Wissen, lebhafte Einbildungskraft, die allezeit über eine Fülle treffender Bilder und Vergleiche verfügte. Schließlich gesellte sich als ein mächtiges Mittel gegenseitiger Anziehung hinzu eine anfänglich vollkommene Uebereinstimmung der politischen Ueberzeugungen und Grundanschauungen beider Männer. Sie beide sahen in der ungeschmälerten Königswürde den starken Hauptpfeiler des preußischen Staates und in Preußen den Grundbau Deutsch, lands. Sie beide beklagten, daß der König Friedrich Wilhelm IV. die freiwillige Schmälerung seiner Kronrechte im Patente vom 3. Februar 1847, bei Berufung des ersten vereinigten preußischen *) Soeben erschien davon der vierte Band, der die Zeit von 1867—1871 umfaßt. Landtags, dem Volke zugestanden habe. Aus demselben königs- trenen Herzen entringt sich dem Prinzen der Rus: „Ein neues Preußen bildet sich. Das alte geht mit der Verkündignng dieses Gesetzes zu Grabe. Möge das neue so erhaben und groß werden, wie das alte mit Ehren und Ruhm geworden ist." Aus demselben könig-treuen Herzen ruft Bismarck (ohne Kenntniß von den eben angeführten Worten seine- erlauchten Gesinnung-- ,enossen) im Bereinigten Landtag von 1848: „Die Vergangenheit ist begraben, und ich brdaure es schmerzlicher alS Viele von Ihnen, daß keine menschliche Macht im Stande ist, sie wieder zu erwecken, nachdem die Krone selbst die Erde auf ihren Sarg geworfen hat." Auch an den neuen Verfassungsversprechungen des Königs in den Märztagen von 1848 hatten beide Männer am meisten zu beklagen, daß mindestens der Schein, die Krone habe sich vor ungesetzlicher Empörung gebeugt, die Würde des Königs schädigte. Deshalb hatte der Prinz empfohlen, vor jedem Zugeständniß an die bewaffnete Revolution diese erst mit Feuer und Schwert nieder zuwerfen. Deshalb war Bismarck noch krank nach Berlin geeilt, um seinen König mit seinem Leibe zu schütze», wo nötkig, sich für ihn zu opfern. Auch der Revolution gegenüber nahmen beide Männer, der Prinz und Bismarck, denselben kampfbereiten und unversöhnlichen Standpunct ein. Es war also kein Zufall, daß gerade Bismarck auf Wunsch des Königs mit der Ehre betraut wurde, den Prinzen bei dessen Heim- kehr aus England im Juni 1848 am Bahnhose von Potsdam zu begrüßen und in das Königsschloß zu geleiten." Nun aber tritt eine Wendung ein. Darüber berichtet Blum: „Der Prinz hatte während seines halb unsreiwilligen Aufent haltes in England, mit dem tiefen Lerntriebe, der ihm allezeit inne- wohnte, im Verkehr mit dem Prinzen Albert von England, mit dessen deutschem Bettrauten Baron Stockmar, mit den englischen Staatsmännern für die deutschen Freiheitsbestrebungen lebhasten Antheil und ein klares, vorurteilsfreies Verständnis gewonnen. Namentlich daS Interesse Preußens, sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen, hatte er erfaßt. Andererseits war ihm für die gefährlichen österreichischen Gegenbestrebungen der Blick geöffnet worden. Wir finden deshalb den Prinzen von 1848 bis 1850 stets aus der Seite Der- jeniaen, welche dem Könige zu entscheidenden Schritten in der deutschen Einheitsbewegung rathen. Besonders bezeichnend ist dafür eine Denkschrift des Prinzen vom 19. Mai 1850, an deren Spitze der Satz steht: „Preußens geschichtliche Entwickelung deutet daraus hin, daß es berufen ist, einst an die Spitze Deutschlands zu treten." Wir wissen, daß Bismarck damals auf einem ganz anderen Standpunct sich befand, daß er das BersassungSwerk der Pauls- kirche ebenso nachdrücklich verwarf, wie die Union, die im Erfurter Parlament zur Berathung stand, und daß er damals sogar für das Abkommen von Olmiitz eintrat, dessen Schmach der schlichte Verstand und das tiefe Ehrgefühl des Prinzen niemals verwunden hat, während Bismarck erst bei reiferer Erkenntniß den Olmützer Ver trag genau so beurtheilte, wir der Bruder seines Königs, sein späterer königlicher Herr. Ter Prinz stand also schon 1850 auf jenem Standpunct, den Bismarck erst in seinem amtlichen Wirken in Frankfurt in müh- seligem Kampfe mit sich selbst und gegen die österreichischen Herr- schasts^elüste allmählich gewann und zur alleinigen Richtschnur seiner Handlungen machte." Inzwischen fand eine allmähliche, zunächst persönliche An näherung zwischen den beiden großen Männern statt. Der Prinz von Preußen, der während des Krimtrieges wegen seiner gegen Rußland feindlichen Haltung von seinem königlichen Bruder nach Coblenz verbannt worden war, kam aus seinen Reisen von da nach Baden - Baden über Frankfurt und ver kehrte dort mit dem preußischen Bundestagsgesandtcn Herrn von Bismarck; dieser dagegen erhielt vom König den ehren vollen Vertrauensauftrag, den Prinzen in Baden-Baden auf zusuchen und eine Ausgleichung zwischen den beiden fürstlichen Brüdern anzubahnen, was ihm denn auch gelang. Dabei kamen sich auch politisch beide Männer immer näher. „Am wunderbarsten", sagt Blum, „mag dem Prinzen anfangs erschienen sein, daß Bismarck, der im Mai 1851 Berlin als warmer Freund Oesterreichs und als Bettheidiger der historischen Vormacht stellung Oesterreichs in Deutschland verlaßen hatte, in Frankfurt so rasch zur mißtrauischen Beobachtung und zur kräftigen Abwehr der österreichischen Uebergttfie und VergewaltigungSversuche überging und schon nach wenigen Jahren kein Hehl mehr aus seiner lieber- zeugung machte, daß nur das preußische Schwert den Uebermuth der österreichischen Politik brechen und damit die Uhr des Jahr- Hunderts auf die richtige Stunde stellen könne. Gerade das aber war auch die Ueberzeugung des Prinzen, die er schon seit 1849 unabänderlich hegte und die ihn von Berlin vertrieben hatte. Nicht minder innig fühlten sich beide Männer verwandt in der letzten Erkenntniß, die Bismarck in Frankfurt gewann: daß Preußen für die Stunde der Entscheidung noch ungeahnte Kräfte in ganz Deutsch- land zur Verfügung habe, wenn es entschlossen an die Spitze der nationalen Bewegung trete. Ob er selbst, der Sechziger, diese große Zukunft je erleben werde, das bezweifelte der Prinz in vertrauten Stunden. Aber daß sein Sohn diese Herrlichkeit schauen werde, dessen war er gewiß. Und nun fand er es nicht mehr vom Uebel, wie 1851, daß „rin Landwehrlieutenant" wie Bismarck dir deutsche Einheit milerkämpsen werde, die er, der Prinz, ersehnte. Hatte sich doch Bismarck trotz seiner Jugend aus dem gefährdetstr» Vorposten Preußens in heißem Kampfe mit Ehren bewährt, Sieg um Sieg erstritten, köstliche Er- fahrungen in Fülle gesammelt und in edier Läuterung olle Schlacken abgestreifl! Als der Prinz aus Bismarck s Nähe schied, um die Vertretung des schwererkrankten königlichen Bruders zu übernehmen, da wußte er, wo ec selbst, wenn ihm das Leben be- schieden bliebe, oder doch sein Sohn, der künftige Erbe der preußischen Krone, den Mann zu suchen habe, der Alles in sich vereinige, was die stillen großen Zukunftspläne des Prinzen zu ihrer Vollendung bedürften: unerschütterliche und kampfbereite König-treue, lauterste Vaterlandsliebe, muthige Tapferkeit, weiten Blick, unvergleichliche Erfahrung und schöpferische Genialität in der Erfindung und Wahl tüchtiger Mittel und Wege zu dem hohen Ziele." Heute, wo wir im Begriff stehen, den 80. Geburtstag Bisniarck's zu feiern, müssen wir dem Himmel nicht allein dafür innigst danken, daß er uns einen solchen Mann gegeben, der uns Deutschen, die wir „heruntergekommen waren, wir wußten nicht wie", empor- und zu einer nie geahnten Größe verhaft', sondern auch dafür, daß, wie durch eine providentieüe Schickung, jene beiden Männer, der Kaiser und sein Kanzler, in der rechten Stunde sich fanden und verstanden, um gemeinsam das schwere Werk der Einigung Deutschlands hinauszuführen. Deutsches Reich. -z- Leipzig, 19. März. In letzter Zeit sind wiederholt Uber den kaiserlichen Disciplinarhof, vor dem der Proceß Leist verhandelt wird, Mittheilungen durch die Presse veröffentlicht worden, die theils ungenau, theils un richtig waren. Nack eingezogenen Erkundigungen besteht der kaiserl. Disciplinarhof aus dem Präsidenten des Reichsgerichts Excellenz von Oehlschläger und auS folgenden acht Mitgliedern: Excellenz R. Me in ecke, Wirklicher Geh. Rath, UnterstaatSsecretair im preußischen Finanz ministerium; Generalmajor v o n G o ß l e r , Direktor des allgemeine« Kriegs-Departements im preußischen Kriegs ministerium; Bevollmächtigter zum Bundesrath Excellenz Vr. Neidhardt, großherzoglich hessischer Wirkt. Geb. Ratb, Gesandter zu Berlin; Bevollmächtigter zum BundeSrath vr. Krüger, Gesandter der Hansastädte in Berlin; Excellenz Or. Drechsler, Senalspräsidcnt des Reichsgerichts; Reichs gerichtsrath Kienitz; Reichsgerichtsrath Rüger und Reichs- gerichtsrat^ Förtsch. Von diesen acht Mitgliedern werden zu jeder Sitzung sechs durch den Präsidenten berufen. — Die Staatsanwaltschaft wird im Proceß Leist wieder durch den Legationsrath Rose vertreten. Die Vertheidigung ruht in den Händen des Rechtsanwalts Müseler (Berlin). Die Verhandlungen des Disciplinarhofes sind im All gemeinen öffentlich; im Proceß Leist wird voraussichtlich die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. * Leipzig, 19. März. Zu der Leipziger Erklärung in Sachen der Umsturzvorlage sind bisher 554 Zustimmungs erklärungen von Gelehrten und 1072 von Buchhändlern ein gegangen. OH. Berlin, 19. März. Der Rücktritt deS deutschen Botschafters in Petersburg, Generals von Werder, von seinem Posten ist nicht überraschend gekommen. Als vor mehreren Jahren der damalige deutsche Botschafter in Peters burg, General der Infanterie und Generaladjutant des Kaisers v. Schweinitz, seinen seit dem 4. März 1876 be kleideten Posten aufgab, galt es allgemein als selbstverständ lich, daß kein Anderer als General v. Werder Botschafter an der Newa werden würde. General v. Werder kannte die Petersburger Verhältnisse ganz genau; er war der Person des Kaisers Alexander II. attachin gewesen, seine damaligen Be ziehungen zu dem Großfürsten - Thronfolger waren die denkbar besten, und in ihnen änderte sich auch nichts, als Alexander III. den Thron bestiegen. Zar Alexander III. lud Herrn v. Werder, obgleich dessen amtliche Functionen in Petersburg bald erloschen, wiederholt zu Jagden, Vergnügungen und Diners ein. Auch spielte Kaiser Alexander III. gleich Äus Kamerun. (Schluß) „Hiermit nun fährt v. Stetten fort, betrat ich als erster Weißer da-Gebiet vonTikar, einer Landschaft von hoher Cultur in wahrhaft paradiesischer Gegend, deren arbeitsame, intelligente Bevölkerung es unS durch seltene Gastfreundschaft leicht machte, die LeidenStage von Sanserni zu vergessen. Tikar heißt das Gebiet, welches sich am Südwrstfuße deS Gebirges, von Mahalla bis Ngambv erstreckt. Im Westen dürfte eS an das Land der Ban Yang grenzen, während im Süden schon nach drei Tagereisen andere Stämme sitzen sollen. Die Bewohner sind heidnische Sudanneger, stehen aber auf einer ziemlich hohen Culturstufe und sind mit Aus nahme der unabhängigen MandiongoloS Banyo tributär. Sie bilden keinen zusammenhängenden Staat, sondern jeder OrtS- chcf ist selbstständig. Das Land ist neben dem Banyanglande da- fruchtbarste und bestbebaute, welches ich im Kamerungebiet bereiste; eS ist meist leicht gewellte Savannen, und selten nur erheben sich größere, isolirte Höhen. Zahlreiche aus dem Gebirge kommende, tief einaeschnittene Wasserläuf« durchziehen es, zeitweise von schmalen Busckstrrifen einge säumt. Die Oelpalme findet sich rechts de» Mbam» überall wieder stellenweise in ganzen Hainen, und diese Plätze wurden meist zu größeren Niederlassungen ausgewählt. Ich habe nirgends sonst so große Flächen urbares Land getroffen, und eS führt der Weg von einer zur anderen Niederlassung säst stet« durch mit Mai-, Durrha und Erdnüssen bebaute Farmen. Auch die Oelbereitung im Großen wird hier betrieben, und soll Oel durch die HaufsaS bi» Bakundi gebracht werden. Infolge dessen macht sich auch ein gewisser Wohlstand fühlbar. Die Männer find durchgängig bekleidet, sei es mit der Tvba und der Fullahmütze oder mit einem langen Hemd und Stroh hut; dagegen tragen die Weiber entweder nur den Kwaschi oder sie gehen ganr nackt. Meist jedoch sind sie mit sehr viel Schmuck behängen. Eine Eigen- thümlichkeit fiel mir bei den Tikarweibern auf, daß ihnen nämlich der Nasenknorpel vollkommen herauS- genommen war, so daß Nasenspitze und Oberlippe lediglich durch den kleinen Hautlappen verbunden sind. Trotz deS Anbaues ist das Land sehr wildreich, und besonders am Fuße de» Gebirges finden sich außer Büffel und Antilopen Elrphanten in großer Menge. Die Städte sind alle mit Wall und Graben versehen und haben meist einen ganz be- deutenden Umfang, da innerhalb der Befestigungen auch so viel angebautcS Land liegt, daß die Bewohner bei einer längeren Belagerung des Platze- durch dessen Erträgniß vor Mangel geschützt sind. Die Häuser sind rund, aus Lehm aufgeführt und haben sehr spitze Dächer. Im Innern sind sie äußerst sauber gehalten und nicht selten in drei vis vier Räume abgetheilt. Mit besonderer Sorgfalt sind hier die Köniasplätze angelegt. Durch die Umzäunung aus Flechtwerk gelangt man zuerst zu dem mit schattigen Bäumen bedeckten Spiel- und Palaverplatz, dessen Abschluß ein oder zwei, oft bis 15 m hohe rechteckige Lehmhäuser bilden; erst hinter diesen befinden sich die Hütten der einzelnen Familien mitglieder. Zwei Stunden wurden wir von den Mandiongoloführern an den Befestigungen entlang geleitet, bis uns endlich dicht daran in schattiger, übersichtlicher Lage ein Schlafplatz an gewiesen wurde. Kaum waren wir angekommen, als auch bereits im Aufträge des Häuptlings unS eine kolossale Essen«» sendung, bestehend auS Durrha-Pudding, weißer Hirse in Geflechten, gekochten Kürbiffen und entengroßen Hühnern und Eiern, überbracht wurde. Diese Sendungen wiederholten sich noch am selben Abend und am nächsten Morgen. Ich hatte ihm sofort meine Gegengeschenke übermitteln lassen und schickte mich am nächsten Morgen an, dem Häuptling meinen Besuch abzustatten. NgambS ist weitaus die interessanteste Stadt, welche ich während meiner Reise betreten habe. In einem Umfange von ungefähr 15—18 km zieht sich um dieselbe ein 5 m tiefer tadellos erhaltener Graben. Derselbe ist oben 5—6 w breit, läuft spitz zu, so daß die Grabensohle eine Breite von 1 m haben dürfte. Hinter diesem ist ein Wall aufgeführt, welcher mit Palissaden gekrönt ist, und diese sind wieder alle 80—100 Schritte durch stark verpfählte, mit Schieß scharten versehene, caponirenartige Vorsprünge unterbrochen. Ueber den Graben führen, lediglich aus der Sanserni abge- wendeten Seite, zwei Brücken. Auf schmalen, einziehbaren Balken betritt man hier die Stadt und befindet sich vorerst in den als Waschlocale dienenden Wartthürmen. Tritt man aus diesen Räumen heraus, so erblickt man soweit das Auge reicht, nur Korn- und Durrhafelder zwischen denen zerstreut sich die Wohnhütten befinden. Da auch ring- am Glacis sich Mais, Easseda- und Erdnuß- selder befinden, dürfte e» den Tibatis doch sehr schwer fallen, den Platz auSzuhungern. An den Befestigungen wurde neun Jahre gearbeitet, da der Häuptling in der Voraussicht, daß die rücksichtslos vordringenden Fullahhorden auch ihn bald angreifen würden, sich zeitig für diesen Fall vorbereitet hatte. Ursprünglich war nur die Hälfte d«r jetzigen Stadt umwallt, doch haben sich allmählich alle Landbewohner dahin zurückgezogen. Vor dem Kriege soll NgambL der reichste und größte Handelsplatz von ganz Tikar gewesen sein und viele Haussa» sich dort aufgehalten haben. Seit der Belagerung jedoch stockt jeder Handel und Verkehr. Ich wurde auf dem Königsplatz, dem schönsten, den ich je in Afrika gesehen habe, empfangen. Die hohen, viereckigen Häuser waren mit grober, jedoch nicht eben kunstloser Malerei bedeckt; m der Mitte des Platze» erhob sich ein un gefähr 15 w hohes, thurmartigrS Gebäude, die Schatzkammer, wie mir mitgetheilt wurde. Der Häuptling, ein Mann von etwa 60 Jahren, mit würdigen, doch energischen Zügen, saß auf einem niederen Schemel. Er trug ein langes, blaues Gewand und auf dem Kopfe eine niedere Mütze; von einem Ohr zum anderen über das Kinn laufend hatte er ein steifes Perlencollier. Neben ihm saßen seine mit Rothbolz gefärbten Frauen, jedes Wort auS seinem Munde mit stetem U—U der Acclamation begleitend, die ihn umgebenden Krieger batten vielfach Steinschloßgewehre, so daß auch in der Be waffnung die MandiongoloS nicht den Tibatis nachzustehen scheinen. Er begrüßte mich freundlich und versicherte mir seine große Freude, endlich auch einmal einen Weißen bei sick, zu sehen, und versprach mir, mich bis zum Mbam geleiten zu lassen, weiter sei es nicht möglich, da die Bewohner des nächsten Platzes, obgleich eines Stammes mit ihm, infolge der Verhetzung durch die Fullah» mit ihm m Feindschaft lebten. Das ganze Wesen dieses durch die Belagerung lange auf sich selbst angewiesenen Häuptlings war ein durchaus würdevolles und selbstbewußtes, und nicht die geringste Anspielung, ihn im Kriege zu unterstützen, siel, ja nicht einmal den kleinsten Versuch machte er, von mir Gewehre zu erhalten, ein Ansinnen, das doch sonst selbst im unbedeutendsten Orte an mich herantrat; und so sehr mich auch mein soldatische» Gefühl dazu trieb, mit ihm vereint an den Tibatis Rache zw nehmen, mußte ich doch diesen Wunsch dem höheren Zwecke unterordnen und versuchen, der mir ge stellten Aufgabe gerecht zu werden. Er bat mich nur, wieder zukommen und, wenn möglich, dann in Handelsverbindung mit ihm zu treten. Leider konnte ich idm dies nicht ver sprechen, doch wäre eS ein Segen für Cultur und Civili- sation, wenn endlich dem Buschklepperhäuptling von Tibati das Handwerk gelegt würde und ein arbeitsame«, cultur- fähige» Volk auS seinen Umklammerungen befreit würde. Am 29. Mai verließ ich das mir in dieser kurzen Zeit so lieb gewordene Golk. Meine Leute trennten sich schwer
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