ob Sombart gut daran tut, sich bei seiner Besprechung auf ästhetische Elemente zu beschränken, deren durchaus subjektives Wesen er übrigens selbst energisch betont. Kari Otto Erdmann hat in unsrer U. Flugschrift von der modernen Antimoralfexerei gesprochen, von der Abneigung der sogenannten modernen Kreise, ethisch zu bewerten. Melleicht scheut doch auch Sombart das Eingehen auf ethische Verhältnisse mehr als nötig ist. Ich meinerseits glaube, daß sie auch für die Be urteilung des Reklamewesens eine weit größere Wichtigkeit haben, als die ästhetischen Schädigungen, gerade auch deshalb mit, weil sich die ethischen Wirkungen vor der Öffentlichkeit verstecken und also zunächst nicht ästhetisch wirken. Nur in gelegentlichen Andeutungen weist man auf sie hin. Und dabei sind sie trotz der stattlichen, schon erreichten Größe doch noch im verheißungsvollen Wachstum der Jugend. Daß wir ohne ein weitverbreitetes und reichentwickeltes Ankündi gungswesen heute gar nicht mehr auskommen können, sei nochmals nicht nur zugegeben, sondern betont. Die Reklame im üblen Sinne ist nicht dasselbe, sie ist höchstens, wie Sombart will, sein „Aus wuchs". Wie bildete sich dieser Auswuchs, was bedeutet er in unserer Kultur, und was kann zur Besserung geschehen? Das ist unser Thema, Früher gab es bei Erzeugung und Handel kaum eine Reklame in modernem Sinn. Hier wartete der Schneider, dort der Schuster darauf, daß der Kunde Rock und Schuhe bestellte, dort saß der Krämer im Laden und bediente den, der zu ihm kam. Jeder Verbraucher wußte ja, „wo Bartel den Most holt". Auslagen zeigten auch wohl, was es gab. Von einem Konkurrenzkampf, der dem heutigen ähnelte, hätte man nur ausnahmsweise, etwa auf Jahrmärkten, sprechen können, denn dafür, daß jeder, der etwas konnte, zur „Nahrung" kam, sorgten nach Möglichkeit Zünfte und Obrigkeit. Ganz allmählich erst wuchs im Wirtschaftsleben zu einem Hauptfaktor herauf, was bisher nur ein Nebenfaktor gewesen war: Geld, das der Gewerbetreibende lieh, und mitunter auch Geld, das ihn lieh — Geld, das irgendeinem oder irgendwelchen Dritten gehörte, meistens Leuten, die den gar nicht kannten, dem sie liehen oder dessen Kraft sie sich borgten. Wer bei der Arbeit sein eigenes Geld zu Hilfe nimmt, bleibt deshalb nicht minder persönlich an ihr beteiligt, der Aktionär jedoch oder gar die Summe von Aktionären, deren Geld eine Bank verwaltet, hat nur in Ausnahmefällen Teilnahme an der Arbeit, oft weiß sie ja gar nichts von ihr, „Geschäft ist Geschäft", die einzige Teilnahme ist das Interesse an „Interessen", an Zinsen und Dividenden. So entfaltete sich eine unpersönliche Macht, eine Art von willigem oder zürnendem unsichtbarem Gott hinter den Wolken: das Kapital. Für seine Hilfe forderte es Tribut: man braucht also über die Ent lohnung des Produzenten hinaus mehr Absatz, mehr Gewinn! Nun konnte man nicht mehr abwarten, bis man zum Geschäfte kam: man mußte den Absatz suchen. So hat das Kapital die moderne Reklame erzwungen. Das Anpreisen, damit man hier kaufe und nicht beim Konkurrenten, oder Bedürfnisse befriedige, die man bisher schweigen hieß, oder Bedürfnisse in sich empfinde, die bisher unbe wußt waren, oder auch: neue Bedürfnisse in sich erzeuge. Sombart hat die Reklame (die, was wir besser als die meisten seiner 2