Während also in diesen Dingen ein absterbendes Gestern zu erkennen ist, dem gegenüber Mut und Gewissenhaftigkeit Herr werden müssen, erscheinen mir noch größere Sorgen auf kulturellem Gebiet. Das ist der noch immer erkennbare Gegensatz von Geschäftswelt und Künstlerschaft. Zunächst äußert er sich in einer vielfach zu beobachtenden Scheu des Kaufmanns vor künstle rischer Ware. Als ich, um ein Beispiel zu nennen, vor einem Messestand mit Freuden künstlerisch hochwertiges Porzellan entdeckte, sagte mir der Verkäufer, der mich anscheinend für geschäftlich inter essiert hielt, mit dieser Ware ließe sich nichts anfangen, das Zeug habe ein Künstler entworfen. Der besondere Tonfall, mit dem er das Wort „Künstler" geradezu zwischen die Feuerzange nahm, hat leider typische Bedeutung. Die Kluft zwischen Künstler und Kallsmann besteht. Wir müssen uns fragen, ob es eine Brücke gibt und ob es möglich ist, sie zu überwinden. Nun glaube ich, daß der Gedanke, der die Brücke schaffen könnte, das ist, was ich das Evangelium der Qualität nennen möchte. Sekt einer halben Generation arbeiten Menschen und Vereinigungen, die Verantwortungsgefühl in sich tragen, immer stärker daran, für die Güte der deutschen Arbeit cinzutreten. Dieser Vorkampf muß nun endlich der Allgemeinheit nutzbar werden. In einem gesunden Wirtschaftsleben ist die Künstlerschaft als ein wich tiges Glied beteiligt. Ist sie allsgeschaltet, so ist das ein Zeichen, daß etwas faul ist im Lande. Warum sträubt sich der deutsche Kaufmann gegen künstlerische Mitarbeit, oder warum gibt es nur so wellige, die den Bund mit dem Künstler ekngegangen sind? Ich muß gestehen, daß mir das nirgends so klar geworden ist, wie auf der Leipziger Messe, die sich auch hierin als Prüfstein des deutschen Wirtschaftslebens erweist. Überlegen wir uns die allgemeine Lage. Was wir erlitten haben, kann man mit dem Fällen des deutschen Waldes vergleichen. Wir haben nur noch Stumpfe, die Stämme sind abgeholzt. Die Geschäftswelt steht vor der Frage: hege ich die Nebensprößlinge oder pflanze ich neue Keime? Wer aber nur Altes hüten will, dem bangt vor der Keimkraft künstlerischer Gedanken und vor den Folgerungen kulturellen Verantwortungsgefühls. Er hat Mißtrauen 5