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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189504132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950413
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950413
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-04
- Tag1895-04-13
- Monat1895-04
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1895
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2662 UN zur Dersügung gestellt ist, not nicht erhoben i,. Der Grund hierfür liegt in rechtlichen Fragen. Kamerun worden Weblan ist preußischer Assessor und' war als solcher beurlaubt zum Auswärtigen Amt. Wahrend diese» Urlaubs hat er in Kamerun die Uebertretungen begangen, die vorläufig zu seiner Abberufung führten und wegen deren das Auswärtige Amt ein Einschreiten gegen ihn auf diSciplinarischem Wege für er- forderliä» erachtet. Die Frage ist nun die: untersteht Wehlan der DiSciplinargewalt de» Reichskanzler» und ist gegen ihn vor der DiSciplinarkammer in Potsdam Anklage zu er beben, oder unterstedt er als preußischer Richter, wozu auch der Assessor zäblt, der DiSciplinargewaU despreußischenJustiz- minister» und ist von diesem eia Verfahren gegen ibn vor dem Kammergericht einzuleiten'? Der Staatchecrrtair Le» Auswärtigen Amt» Frbr. v. Marschall hat dieserhalb bei dem Justizminister angefragt und gleichzeitig auch an geregt, ob Weblan nicht kriminalrechtlich zu verfolgen sei. Minister Schönstedt bat sich bisher weder über die erste noch über die zweite Frage geäußert. Lediglich au» diesem Grunde war das Auswärtige Amt bisher nicht in der Lage, gegen Assessor Weblan Anklage za erheben. Die Annahme, daß Weblan überhaupt nicht diSciplinarisch verfolgt werden solle, trifft demnach nicht zu. Da» Auswärtige Amt ist dazu ernstlich entschlossen. (Boss. Z.) * Berlin, 12. April. Der CabinetSminister in Lippe- Detmold v. Wolfsgramm, der kürzlich an Lungenentzündung erkrankte, ist gestern Abend gegen H/» Uhr gestorben. Der SlaatSratd wurde sofort einberufen. Der Landtag wird voraussichtlich am Donnerstag zusammentreten. — Der Tod de» Minister« dürfte dazu beitragen, die Lösung der vorhandenen Schwierigkeiten zu verzögern. Ueber die Stimmung deS Landtages kann aber jetzt schon kein Zweifel mehr bestehen; e» scheint, daß Prinz Adolf zu Schaumdurg-Lippe dort keinen Freund hat und daß ein Antrag, die Regentschaft deS Prinzen für ungesetzlich zu erklären, wenn nicht einstimmig, so doch mit sehr starker Mazorität angenommen werden wird. Daß eia derartiger Zustand aus die Dauer unhaltbar ist, liegt auf der Hand- er müßte zu einer in keiner Weise wünschenSwerthrn volitischen Verbitterung in dem Fürstenthum führen und dem Regenten persönlich unerträglich sein. Er kann zunächst in dem Bewußtsein, subjectiv jede Bemängelung seines Ver fahrens mit aller Entschiedenheit und mit allem Rechte zurückweisrn zu können, seine» hohen Amte- walten, schließlich kann ibch aber doch sehr wenig daran liegen, den Lippern seine Dienste aufzndrängen und, so lange die Thronfolge frage noch schwebt, alle» Odium vorweg auf sich zu nehmen. Bekanntlich hat sich Graf Ferdinand zur Lippe- Biesterseld-Weißenfelv beschwerdeführend au den Bundes- rath gewendet, der lippische Landtag aber jede Einmischung deS Bundesraths in interne Angelegenheiten des Fürsten thumS zurückgewiesen. Nun wird es sich auch nicht darum handeln können, daß der BundeSrath von sich au» über das Thronfolgerecht, bezw. die Successionssähigkeit der einzelnen erbberrlichen Linien, entschiede; ein Recht zu einem solchen Eingriff läßt sich au» der Reichsverfassung zunächst nicht ableiten. Es unterliegt aber keinem Zweifel» daß die baldige Schlichtung deS lippischen Streites durch ein dringendes ReichSintereffe gefordert ist, und so wird der Bundesrath immerhin Schritte tbun können, um eine richterliche Ent scheidung der hauptsächlichsten Streitpunkte herbeizuführen So wie die Dinge nun einmal liegen, ist dieselbe nicht zu umgehen, bezw. durch nicht» zu ersetzen, da eine spontane Verständigung zwischen Lippe-Biesterfeld «ad Schaumburg- Lippe ausgeschlossen erscheint. Wenn eS an Präcedenzsällrn für eine solche Entscheidung durch das Reichsgericht fehlt, so verschlägt das nichts; die Qualifikation deS obersten Gerichts höfe» des deulscken Reich« zu einer derartigen Entscheidung dürfte kaum in Zweifel zu ziehen sein. * Berlin, 12. April. Anläßlich der Ankündigung des vom 21. bi» 23. April in Halle tagenden achten deutschen Hand- werkertageS wird in einzelnen Blätter» darüber Klage geführt, daß die SteHung, welche die Regierung zu den Handwerkerwüusche» ernnehme, unklar sei. Die „Bert. Pol. Nachr." entgegnen hierauf: „Die Klage ist nicht berechtigt. Zn erster Reihe kommt eS bei dieser Frage auf die Hand Werks-Organisation und aus den BefähiguagS aachweis an. Wa» die erstere betrifft, so haben bekanntlich die im Sommer 1893 vom preußischen Handel-minister veröffent lichten Grundzüge eine so widerspruchsvolle Aufnahme in den Kreisen des Handwerk» selbst gefunden, daß e» unmöglich war, auf ihnen ohne Weiteres fortzubauen. Nach den gutachtlichen Aeußerunaen» welche darüber laut wurden, mußte man im Zweifel sein, ob durch die Vorschläge den Wünschen eine» großen Theile» de» Handwerks selbst, geschweige denn der großen Mehrheit desselben nachgekommen würde. Man ist deshalb mit Naturnothwendigkeit von diesem Wege ab gedrängt worden und bat einen andere» ringeschlage», der eher zum Ziel« zu führen verspricht, nämlich den, erst Ver tretungskörperschaften für da» Handwerk zu schaffen und dann diese selbst über die Organisation und andere Fragen sich einigen zu lassen. Die Vorbereitungen a»ff diesem Gebiete werden eifrig gefördert, und wenn auch nicht mehr für die laufende ReichStug-tagung eine Vorlage nach dieser Ntchtung erwartet werden darf, so kann man doch für dir nächste Tagung durknts hoffen. Die Situation ist also nach dkffer Seite völlig klar. Und nicht ander« liegt es mit da» Be fähigungsnachweis. Der BundeSrath hat stch ihin gegenüber bisher stet» ablehaeud verhalten. Es wird abzuwarten sein, ob die Kammern, welche eine autoriativ« Vertretung de» Handwerk» darstellen sollen, im Stande sein werden, für die Einführung de» Befähigungsnachweise» Gründe herdeizu- schaffen, welche den BundeSrath zu einer anderen Stellung nahme bewegen können." — Der Kaiser trifft zur Auerbabnjagd ans derDart» bürg am 19. d. M. ein; sei» Aufenthalt auf der Burg dauert bi» zum 22. April. — Auf Anregung de» Kaiser» Wird demnächst eine populäre Geschichte de» Kriege» von 1870 erscheinen. Der Londoner „Daily Telegraph" batte bekanntlich au» Berlin erfahren: „Kaffer Wilhelm schreibt ein militairische», ein strategische» Thema behandelnde» Werk, das am Sedantagt d. Z». mit Karten und Illustrationen erscheinen wird." — Hierzu schreibt mau der „Saale-Ztg." au« Berlin: Der „Daily Telegraph" hat da wohl etwa« lauten hören, weiß aber nicht recht wo. Es verlautet» daß auf Anregung des Kaiser« zum Srdantage ein populär gehaltenes, mit Karten und Abbildungen versehenes Werk über den Krieg von 1870 erscheinen soll. Dem Vernehmen nach ist Profeffor vr. Lindner in Halle mit der Abfassung desselben betraut worden. — Den Bemühungen Japan», im Friedensvertrage mit China besondere Vergünstigungen für seine eigene In dustrie zu erlangen, wird hier vollste Aufmerksamkeit ge schenkt. Der Empfang de» früheren Gesandten Deutschlands in China, deS Herrn v. Brandt, beim Kaiser wird mit der Angelegenheit in Zusammenhang gebracht. Jede unsere Ausfuhr nach China schädigende Abmachung wird energischem Widerspruch von hier aus begegnen. — Obwohl die Krankheit und die TodeSart deS ehe maligen Landeshauptmanns von Kaiser-WilhelmSland Schmiele auf Grund einer telegraphischen Anfrage in Batavia zur Zeit vollkommen klargestellt waren, sind doch noch dieser Tage ge wisse dunkle Gerüchte darüber durch die Zeitungen gegangen. Nunmehr liegt aber ein Bericht des Generalkonsuls in Batavia vr. Gabriel vor» wonach der Landeshauptmann Schmiele, am Sumpffieber schwer erkrankt, mir dem Dampfer „Lübeck" in Batavia eintraf. Der Generalkonsul fand Herrn Schmiele noch lebend, doch trat der Tod noch au demselben Tage ein. Unter sehr lebhafter Betdeiligung der Deutschen fand die Beerdigung auf dem Kirchhofe von Weltefreden statt, wobei der Generalkonsul eine Rede hielt. Die Zeitungen von Batavia haben darüber in eingehender und freundlicher Weise berichtet. — Der „Reichsbote" will wissen, daß die Dorleaung eines neuen Vereinsgesetzes im preußischen Landtage nur für den Fall beabsichtigt fei, daß die Umsturzvorlage nicht zu Stande kommt. — Der Vorstand der deutsch-socialen Reformpartei (Liebermann von Sonaenberg und Zimmermann) fordert in der „Kreuzztg." die antisemitischen Wähler des ReichStagSwahlkreiseS Eisenach-Dermbach auf, bei der am 19. April stattfindenden Stichwahl dem Candidaten deS Bundes der Landwirthe vr. Rö ficke ihre Stimmen zu geben. — Dem Fideicommißbefitzer Grasen von Zieten-Schwerin auf Wustrao im Kreise Ruppia ist der Rothe Adler-Orden zweiter Elaste mit Eichenlaub verliehen worden. — Der prroßifchr Gesandte Graf Monts ist hier eingetroffen. * Wilhelmshaven, 11. April. Da» in China stationirte Kanonenboot „Wolfs" wird im August in der Heimath eintreffen. * Ans Del», 10. April, wird in Bestätigung eine Meldung der „Freis.Z." berichtet: Dem heute hier tagenden Kreistage gab Landrath von Kar vor ff von seinem Entschlüsse Mit theilung, zum I. Juli sein Amt als Landrath niederzu legen, da die parlamentarische Tbätigkeit eS ihm bei seinen vorgerückten Jahren nicht mehr gestatte, auch seine Pflichten als Landrath voll zu erfüllen. * Eohnrg, 11. April. Tin gerichtliches Nachspiel wird hier die DiSmarckfrirr haben. Anläßlich deS am 1. April abgehalteoeu Festcommerse« hatte der Gymnasialdirector vr. Beck u. A. auch gesagt: „Ständen auch einige, die durch hämische Verkleinerung wahrer Größe sich bemühten, selbst größer zu erscheinen, mürrisch bei Seite, so habe doch an diesem Tage die patrio tische Dankbarkeit dir große Mehrheit" re. Dieser Passus der durchaus maßvoll gehaltenen Festrede gab eiuer der locale« „Leuchten" des FreistiinS, dem durch seine exaltirt politische Agitation hier bekannten Herrn Scheller, Veranlassung zu einer Entgegnung tm „Tob. Tageblatt", worin er Len Festredner unter Bezugnahme auf die oben wiedrrgrgcbeuen Worte „offenbarer Un wahrheiten und parteifanatischer Ehrabschneiderei" bezichtigte und daS Gymnasium Easimirianum bedauerte, dessen Leiter Herr vr. Beck sei. — Wegen dieser Entgegnung hat nun das herzoglich coburgische Staatsministerinm gegen den Herr» Scheller Strafantrag wegen Beamtenbrletdigung gestellt. * Frankfurt a. R., 11. April. Die Stadtverordneten versammlung hat nahezn einstimmig den Antrag von vr. Rößler und Genoffen angenommen, zu erklären, daß von der Umsturzvorlage nicht nur die Verschärfung der Elaffen gegensätze uttd die Gefährdung von Killst «ld Wissenschaft zu befürchte» sei, soadern auch «ine schwere Schädigung mancher GewerbSzweiae, besonder» der in Frankfurt so doch entwickelten graphischen Gewerbe. Die Stadtverordneten- Versammlung hält sich demnach für berechtigt und verpflichtet, sich dagegen zu verwabren und die zuversichtliche Erwartung auszusprechen, daß der Reichstag diesem Gesetz seine Zu stimmung versagen werde. Auch die nationalliberalen Mit glieder stimmten für den Antrag. * Wiesbaden. 11. April. Für da« kiesige Bismarck- Denkmal sind bereit« 21 400 gesammelt. * Karlsruhe, II. April. Die „Badische nationalliberale Torr», spvndeaz" ist zu folgender Mittheilang ermächtigt: „Die Um sturzvorlage In der Gestalt, die ihr «ater dem Einfluß de« EeutrumS gegeben worden ist, bleibt für unsere Partei völlig unannehmbar. Di» Parteileitung ist der Meinung, daß eS sich empfiehlt» durch unzweideutige Kuodgebungeu im ganzen Land jede zweisethastr Haltung der nationalliberalen Partei auS- zuschließe». Sir richtet an die Gesinnungsgenossen dos Ersnchrn, durch Versammlungen und Resolutionen dieser Meinung Ausdruck zu geben. Die Versammlungen, die man an allen Orten abhalten mag, können nach dem Ermessen der einzelnen Bezirke in der nächsten Woche oder dann stattfinden, wenn nach der -weiten Lesung im Plenum des Reichstages da» Geschick der Vorlage mit Sicherheit zu übersehen ist." Oesterreich-Ungar«. * Wien, 12. April. Die „Politische Correspondenz" meldet: Der Kaiser trifft am 8. Mai in Pola ein und nimmt an der Feier deS Stapellaufes des Thurm- schiffeS „Monarch" Tbeil und wird den Flotten-Manövern am 10. und 11. Mai beiwohnen. In Pola wird die ganze Panzer-, Kreuzer- und Torpedo-Flotte concentrirt sein. Regatten und andere Veranstaltungen sind geplant. * Wien, 12. April. Eine Pest er Drahtmeldung der „Neuen Freien Presse" dementirt neuerdings die Nachricht von größeren Mehrforderungen in dem gemeinsamen Kriegsbudget, bestätigt hingegen, daß daS Krieg-Ministerium für Reservevorräthe noch etwa 180000 Manlicher-Ge- webre in Steyr und Pest zu bestellen beabsichtigt, diese Be stellung sei jedoch auf eine Reihe von Jahren ausgedehnt. In beiden Waffenfabrikcu werden Versuche gemacht mit der Herstellung eines leichteren Schaftes und stärkeren Verschlusses, welche, falls sie sich bewähren, bei der neuen Bestellung in Anwendung kommen sollen. — Wie di« Morgenblatter aus Nagy-Mihaly melden, wurde gestern Nackt gegen den Abgeordneten Graf Stefan Sztaray ein Attentat verübt, indem eine Pulver-Petarde in sein Schlafzimmer geworfen wurde. Der Schreibtisch wurde zerstört. Der Abgeordnete ist unverletzt. * Pest, 12 April. Franz Kossuth ist gestern Abend hier eingetroffea; eine nach Tausenden zählende Menschenmenge empfing ihn am Babnhofe mit stürmischen Eljenrufen. * Innsbruck, 12. April. Auf eine Anfrage erfolgte die Antwort de« vr. Chrysander, Fürst BiSmarck wäre erfreut, eine Tyroler Deputation empfangen zu können, empfehle aber im Interesse des gegenseitigen Verkehr«, die Abreise auf die wärmere Jahreszeit, etwa auf die Monate Mai oder Juni, zu verschieben. Frankreich. * Paris, 11. Avril. Depntirtenkammer. Berathnng des Budgets. Jaurös beklagt es, daß der Senat systematisch alle im Budget enthaltenen demokratischen Reformen beseitigt habe. Cochcry vertheidigt die Schlußfolgerungen des Berichts. Pelletan verlangt dir Einführung von Finanzreformen. Ministerpräsident Ribot bittet die Kammer, nicht eine unfruchtbare Debatte fort- znsetzen. Schwierigkeiten bestände» und würden für da« Budget vou 1896 noch größer sein. „Wir haben", sagt der Minister- Präsident, „ein Budget ausgestellt, das in seinem Abschlüsse aufrichtig und loyal ist. Die Socialisten reden, wir aber handeln." Ribot schließt mit der Bitte, die Kammer möge die Vorschläge der Commission annehmen, welche alle Abänderungen deS Senat«, mit Ausnahme von dreien, billigt. — Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen. Die Ameudement», welche die ver schiedenen Erhöhungen wiederherstelleo wollen, werden, zwei aus- genommen, adgelehnt. — Der Ministerpräsident Ribot beantragte die Herabsetzung der Anfallsteuer für geistliche Genossen- schäften, allein die Kammer genehmigte mit 301 gegen 233 Stimmen die Sätze der Commission. Hierauf wurde da» Gesammt- bndget mit 421 gegen 83 Stimmen angenommen und alsdann die Sitzung geschlossen. Das Budget wird morgen an den Senat zurückgelangen. * Paris, 12. April. Der Senat bewilligte das Budget unter Annahme aller von der Depntirtenkammer vorgenommrneu Araber angeo mit Ausnahme der Erhöhung deS Credit» für die Bahn Wärterpensionen. * Paris, 12. April. Die Kammer lehnte die vom Senate bewilligte Ziffer für die Ruhegehälter der Wrgewärter ab, genehmigte aber den Zusatzantrag, betreffend die von den großen Magazinen zu erhebende Gewerbesteuer. Das Budget Word« zum dritten Male an den Senat zurückverwiesrn, der beute Abend zusammratritt. Die Kammer vertagte sich darauf bis heute Abend 10 Uhr. * P«ri«, ir. R-ril. Staat. . Dtt MiaistrrpkSfide« Ni bot legte nach 9 Uhr Abends das von der Deputirten- kammer beschlossene Budget vor. Dasselbe wurde au die Finanzkommission verwiesen. Hierauf vertagte sich der Senat auf morgen 10 Uhr Vormittag». * Pari», IS. April. Da der Senat sich gestern Abend bis Sonnabend Mittag vertagte, hat die Drpatirteakammer ihre nächste Sitzung aus Sonnabend Nachmittag 2 llhr festgesetzt. * Pari», 13. April. (Prtvattelegramm.) Da» Pariser Preßsyadicat, welche» mit der Angelegenheit de» „Times"- Corrrspeadenten Blowttz, der in den „Time«" die französische Press» angegriffen hatte, besaßt war, hat sich für nicht zuständig erklärt und vorgeschlagen, Blowitz vor den Jonrnaltstrnvereia, dessen Vorsitzender Cassaignac ist, za laden. In einem an di» „Ageace Havas" gerichteten Schreiben weigert sich Blowitz, vor diesem Verein» zu erscheinen, und erklärt sich nur bereit, vor dem Syndikate za erscheinen. * Marseille, 12. April. General Duche-ne, der Befehls haber de« MadagaSkar-FeldrugeS, hat sich heuteNach- . mittag mit dem Generalstade aus einem Packetdampfer ein- geschifft. Die zahlreich versammelte Menge begrüßte den General mit begeisterten Zurufen und streute Blumen aus da« Deck deS Dampfer«. Nachdem DucheSne von den an wesenden Generalen Cannonge, Verrier und Charette Abschied genommen hatte, setzte sich daS Schiff unter lebhaften Hoch rufen auf Frankreich und die Republik in Bewegung. Niederlande. * Haag, 12. April. Die Königin und die Köaigin- Rfegentin gedenken am 24. Mai nach Aachen zu reisen und am 25. dir Reise nach Igels bei Innsbruck fortzusetzen, wo sie sich etwa 5 Wochen aufhalten werden. Großbritannien. * London, 12. April. DaS HanbelSamt ernannte eine Commission zur Untersuchung über die Ausdehnung deS Im ports von Waaren, die in fremden Gefängnissen angrferligt werden; ferner soll die Commission untersuchen, ob und wa« für Maßregeln getroffen werden sollen, um eine derartige Einfuhr wirkungSooll zu beschränken. Rußland. * Petersburg, 12. April. Aus Odessa gingen nach Wladiwostock mehrere Abtheilungell Donkosaken mit Familien ab, um an der Assuri-Eisenbahn als Schutz gegen räuberische Ueberfalle angesiedelt zu werden. Bor der Abreffe sandten sie ein HuldiaungStele- gramm an den Kaiser, welcher wie folgt ant wortete: „Von Herzen danke ich den Donkosaken für den Ausdruck ihrer Gefühle. Ich bin über zeugt, daß sie auch im fernen Grenzgebiet getreu den Ueberlieferungen ihrer Vorfahren dienen werden. Gebe Gott ihnen eine glückliche Reise, mögen sie wohlbehalten in das Aussuri-Gebiet cinzieben." — Dem „Grasbdaniu" zufolge wird der russische Gesandte in Lissabon demnächst nach Peters burg zu Verhandlungen über den Abschluß de» geplanten russisch-portugiesischen Handelsvertrages komnien. Orient. * Belgrad, 12. April. Die liberale Partei hat (wie bestätigt wird) beschlossen, an den Skupschkina-Wahlen nicht theilrunebmen. Avakumowitsch Hai die Leitung der liberalen Partei niedergelegt. Asien, * London, 12. April. Nack einer Meldung der „Times" auS Peking vom 11. April ist die Mehrheit der amtlichen Kreise in Uukenntniß über de» Stand der Friede«S-Ver- bandlungen. ES haben einige Berathungeu mit Len fremden Bevollmächtigten staltgefunden, eine Ent scheidung ist jedoch noch nickt getroffen. Die frühere Kriegs- Partei ist noch stark. Es ist möglich, daß die Frage über Ab tretung der Mandschurei Li-hung-tschang zur Entscheidung über lassen wird. (Siehe dagegen vie folgende Meldung. Red.) * Washington, 12. April. (Meldung deS „Reuter'schen BureauS"i) Die hiesige japanische Gesandtschaft empfing amtliche Nachrichten, nach welchen zwischen den chinesischen und japanische» Bevollmächtigten eine Verständigung erreicht worden ist und die Nachricht von dem endgrltigen Friedensabschluß jederzeit zu erwarten ist. Die genauen FriedenSbedingungen sind noch nicht bestimmt, doch verlautet, daß entsprechend dem wiederholten dringenden Ersuchen Chinas um eine Herabmiuderung der ursprünglichen FriedenS- bediugungcn Japan einige Zugeständnisse bewilligt hat. * Kokohama, 12. April. (Meldung deS „Reuter'schen BureauS".) AuS gut unterrichteten Kreisen verlautet: Falls in dem Zeiträume des Waffenstillstandes ein FriedeaSschluß nicht zu Stande komme, würde die Waffenruhe nickt weiter verlängert werden, die japauisch« Armee würde alsdann sofort auf Peking vorrücken. — Nach amtlichen Berichten ist die Cholera unter den Japanern auf den PeScadoreS-Jnfeln in der Abnahme begriffen. von nebenan mitleidig Hineinrust: „Arme Madeleine! Thut e» denn wirklich so weh?" Die Bedauerte aber beißt die Zähne aufeinander und girb» keine Antwort, soudern ballt die Hände zu Fäusten, während häßliche Gedanken sich hinter der schmerzenden Stirn bewegen. O, wie sie sie Alle haßt, Alle, Alle! Sie laßt sich erschöpft auf einem der um den kleinen Sophatisch stehenden Seffrl nieder, stützt den Kopf in die Hände und sinnt. Wie im Traume liegt da» letzte unter ihren deutschen Verwandten verlebte Jahr hinter ihr. Ist sie nicht nah« daran gewesen, sich ein» mit ihnen zu suhlen, zu vergessen, wo sie geboren? Zur rechten Zeit ist Gaston gekommen und hat sie anfgerüttelt und sie erinnert, daß sie eine Französin ist. Sein Beispiel soll sie anfenern. Bon ihm will sie lernen, wa» mau dem Laterlande schuldet. Sie, die sich noch vor Kurzem vermaß, ihm mit Mißtrauen, mit eiuer Regung von zorniger Verachtung begegnen zu müssen. Tiefe Zerknirschung erfüllt sie. Hat sie nicht eher Ursache ihn zu bewundern, ihn» der sein Leben in die Schanz« schlägt, um Frankreich za dienen, während sie. die doch einen viel zwinaendereu persönlichen Grund zu Haß uud Rache hat, dir Hände in den Schooß legt uud sentimental, feig vor der Vergeltung, die sie dem Vater uud dem Vaterlande schuldet, zurückbebt. Aber nun will sie auch keinen Augenblick zaudern, za vollbringen, wa» Gaston von ihr fordert, um soviel an ihr, den Tag der Revanche näher bringen zu helfen. Ganz von diese« Gedanken erfüllt, svringt sie auf und schleicht sich au die Flurthür. Sie lauscht, ob der Oberst und die Taute sich noch nicht in ihr Schlafzimmer zurück- ziehea. Um besser hören zu können, klinkte sie leise ihre Stubenthür auf, Minute auf Minute verrinnt io unge duldigem Warten. Endlich hört sie, wie die Thür de« Wohnzimmer« aufaeht und wie Onkel und Tante sich in da« gegenüberliegende Schlafzimmer begeben. Kurze Zeit darauf vernimmt sie Herber?» Schritte. Er muß an ihrem Zimmer vorbei. Sie hält sich mäuschenstill, um sich nicht zu vrr- rathen. Aber vor ihrer Thür machte er Halt. Der Lich'- schein, der durch die Spalte auf den Flur fällt, vrrräth ihm, daß hier noch Jemand wacht. Er drückt die Thür langsam auf. „Darf ich?" Uud gleich darauf tritt er eia, die Thür hinter sich in» Schloß petzend. Hadeledw? Noch auf?" Sie antwortet nicht, sondern geht auf und ab, ohne ihn anznsehen. „Hast Du denn noch nichts versucht?" fragt er weiter. „Soll ich Dir etwa» besorgen'?' Sie macht ein« abwebrende Bewegung und will ihn mit derselben Bemerkung, mit der sie Else von sich abgewehrt, entfernen. „Mir hilft nur Ruhe und Alleinsein." Er lächelt gezwungen und macht ein paar Schritte nach der Thür. „Ich gehe schon." An der Schwelle dreht er sich wieder um. „Weißt Du schon, Madeleine?' „WaS?' fragt sie ungeduldig, kurz. „Daß Herr Larcher uach Pari» zurückkehrt?' Da» Gesicht de« Sprechenden strahlt, als verkünde er eine überaus frohe Nachricht. „Heute Nachmittag hat er'» erzählt, im CafL!" Madeleine heftet zum ersten Mal den Blick voll aus ihren Cousin und sieht erstaunt seine freudig bewegte Miene. „Ich weiß", aiebt sie zurück und ihre Brauen runzeln sich. Herbert von Marrnburg sieht seine Cousine forschend au. Ihre Augen find geröthet, ibr Teint ist blaß und fahl; eine eigenthümliche, ausfallende Gebrochenheit kommt in ihren Be; wegungen und Mienen znm Ausdruck. Der Freudenschein in seinem Gesicht verschwindet. „Du hast geweint, Madeleine?" Sie wendet den Blick von ihm, ohne zu antworten. Herbert » Aussehen vrrrath eine tiefe Bewegung; seine Lippe» zucken, sei» Atbem geht kurz und hastig. AuS seiner schwer ringende» Brust arbeitet sich etwa» herauf. „Um ihn, Madeleine?" kommt «S endlich in heiseren, ge quälten Lauten au» seinem Mund. Sie schnellt zu ihm herum und sieht ihn verwundert, dann zornig aufflammend an. „WaS kümmert» Dich!" „Mich?' Er ist mit ein paar schnellen Schritten zu ihr hin. „Ich Haffe ihn, Madeleine, ich Haffe ihn, den süßlichen, schmeichelnden, glattzüngigen Pariser, der Dich un« entfremdet. Denkst Du, ich habe c» nicht gemerkt? Kaum ein paar Wochen kennst Du ihn und bereits beftrbt zwischen Euch etwa« wie «in geheime» Einvernehmen. Er folgt Dir ja wie Dem Schatte» und Du —" Sein Gesicht flammt in brennender Röthe, seine Augen sprühen, jeder Nerv i» ihm zuckt von mühsam beherrschter Erregung. Sie hat ihn noch nie so gesehen; sprachlos starrt sie ihn an. Mit dem feinen Instinkt deS WeibeS ahnt sie, wa» in ihm vorgeht. Ueber ihr Gesicht gleitet ein Ausdruck von grausamer Befriedigung, von hochmüthiger Geringschätzung. Sie richtet sich hoch auf, mit vernichtender Kälte, mit stolz erhobenem Haupte sagt sie: „Mit welchem Recht beobachtest Du mich? Bia ich Dir Rechenschaft schuldig über mein Thu» und Lassen? Soll ich mich vielleicht wegen jede« Wortes, da» ich mit ihm gewechselt habe, vor Dir verantworten? Ja — wenn Du eS wissen willst: ich achte ibn hoch, Herrn Larcher, als Landsmann ist er mir sympathisch — sympathischer als Ihr Alle." Er zuckt heftig, seine hohe, schlanke Gestalt sinkt förmlich in sich zusammen, semr GesichtSzügr verzerren sich unter einem wüthenden innerlichen Schmerz. Ueber seine bebenden Lippen kommt e« tonlo«: „Du liebst ihn, Madeleinr?" „Und wenn, wa» geht'» Dich an?" Schnell, wie da» Echo folgen diese Worte seiner Frage. Da» Grauen, die furchtbare Erregung, die Gaston'» ungeahnte Mittheilung in ihr erzeugt, haben ihr Herz verhärtet. Trotzig, mit erhobener Stirn steht sie Herbert gegenüber, ohne Mit leid, ohne Empfinden. Er sieht sie an voll Schmerz und Trauer, alle» Blut scheint auS seinem Gesicht gewichen. Seine Finger zucken nervös, seine Lippen bewegen sich, r» bat den Anschein, als wolle er noch etwa» sagen. Er schluckt und würgt, seine Brust ringt stürmisch. Aber er bringt keinen wahrnehmbaren Laut hervor; jetzt wendet er sich stumm und geht langsam hinaus. Sie lacht hinter ihm her. Ihr Lachen klingt schrill uud gezwungen. Und nun steht sie da, mitten im Zimmer und blickt starr zu Boden und ihre Mienen verfinstern sich mehr und mehr; sie wundert sich und ärgert sich über sich selbst. Beklommen ist ihr zu Muthr, al» habe sich eine schwere Last aus ihre Brust gewalzt. Uud sie sollte doch triumphireu in freudiger Genugthuung, daß sie im Stande gewesen, einen vou ihnen, die sie haßt, zu peinigen und zu quälen. „Du liebst ibn, Madeleine?" Die Klagelaute Herbert» klinge» in ihrem Ohr und ihr geschäftiger Geist malt ihr seine schmerrverzerrte» Züge. Mit einer heftigen Gest« streicht sie über ihr Gesicht und stampft ärgerlich mit dem Fuß auf. Dann macht sie ein paar Schritte znr Thür hin, die in de» Obersten Arbeitszimmer führt, und auf Haldem Wege bleibt sie wieder stehen und spricht vor sich hi» mit eiuer fast trotzigen Bewegung de» Kopfe», al» müsse sie eine andere Stimme iu ihr übertöuen: „Ich liebe ihn, ja, ich liebe ihn — Gaston de St. Sauveur liebe ich!" Mit ein paar hastigen Schritten ist sie dicht an der Thür. Aber da hört sie, gerade al» sich ihre Hand auf den Drücker legt, den Onkel von der anderen Seite iu sein Studir- zimmer eintreten. Rasch schnellt sie zurück. „Verwünscht!" entfährt e» ihr unwillkürlich. Der Oberst kann einmal wieder nicht den Schlaf finden, und wie immer, wenn die erregten Nerven ihm nicht Ruhe lassen, setzt er sich an seinen Schreibtisch, um lesend oder arbeitend die Zeit zu nützen. Madrleiue entweicht eilig in der Richtung ihre» Schlafzimmer». Ja ihrer Hast stößt sie gegen einen im Wege stehenden Stuhl. „Ist da uoch Jemand wach?" ertönt die Stimme de- Oberstea. Sie erschrickt, besinnt sich jedoch im Moment und lächelt über sich selbst. Er weiß ja nicht, wa» sie vorgehabt, Wa ste plant. „Bist Du es, Else?" „Nein, ich, Onkel: Madeleine!" Er offart die Thür ein wenig und späht hinein. Seine Stimme klingt weich, theilnahmvoll: „Läßt Dich der Kopfschmerz noch immer »icht zur Ruhe kommen? Arme-Kind? Hast Du denn schoa etwa» dagegen versucht?' „Nein." „Aber!" Seine Stimme »immt eiaen ärgerlichen, zürnenden Klang an. „Wo steckt denn Else? Schläft schon? Da» ist doch! Warum kümmert sie sie denn nicht um Dich! Arme» Kind! Einen Augenblick! Ich bringe Dir gleich etwa»." Sie protestirt hastig; er solle sich doch nicht bemühen, ei werde schoa so wieder gut werden. Aber er achtet nicht darauf. Sie hört, wie er ein Fach seine» Schreibtische» auf schließt und irgend etwa» daraus hrrvorsucht. Seme Güte und Freundlichkeit bereiten ihr ein quälende» Unbehagen. Sie beißt sich heftig auf die Lippen und ballt die Fäuste; sie ruft sich Gaston'S Worte in ihr Gedächtniß zurück und bemüht sich, ihr Herz hart zu machen. Und uua steht der Onkel vor ihr; von seinem freundlichen Gesicht leuchte» ihr Milde uud Theilnahme entgegen. „Entschuldige!" sagt er und deutet lächelnd auf seinen Schlafrvck. (Fortsetznng folgtZ
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