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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950420021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895042002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895042002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-04
- Tag1895-04-20
- Monat1895-04
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M. enthalten ist, Bedenken erhoben worben sind, ist daraus hinzuweisrn, daß auch die im Bureau des Reichstags nach den Commissionsbeschlüssen in zweiter Lesung hergeslellte Zusammen stellung die gleiche Fassung, insbesondere die Worte „ihre Lehren" enthält. Gewißheit darüber, ob in der zweiten Lesung der Com mission die Worte „ihre Lehren" vurch Mehrheitsbeschluß in den H. 166 gekommen sind oder nicht, wird durch diese lakonische Notiz nicht geschaffen, denn die Persicherung deS Vorsitzenden der Commission, die Einfügung dieser Worte sei abgelehnt worden, wiegt eben so schwer wie die gegen- theilige deS Reichstagsbureaus. Noch weniger erhält man durch jene Notiz eine Aufklärung darüber, wie die daS halb amtliche Organ inspirirenden Kreise zu der angeblichen Ein schiebung und zu den übrigen Veränderungen sich verhält, die durch das Centrum und seine conservativen Helfers helfer an dem Regierungsentwurfe vorgenommen worden sind. Es scheint also die Absicht dieser Hintermänner zu sein, die durch die Ungewißheit über die Stellung der Negierung und das Treiben hatbofficiöser Blätter gesteigerte Aufregung noch mehr sich steigern und bei der zweiten Lesung im Plenum die Geister mit größter Schärfe auf einander platzen zu lassen. Unter diesen Umständen kann man nur wünschen, daß die Meldung der „Köln. Ztg." sich bestätigt, wonach die Regierung, entgegen dem von dem ultramon- lanen Präsidenten ausgestellten Arbeitspläne deS Reichstags, auf eine baldige Entscheidung über die Umsturzvorlage dringen und darauf hinwirken wird, daß die zweite Lesung schon in nächster Woche auf die Tagesordnung gesetzt werde. Zn der Versammlung des Vereins zur Förderung deS Deutschthums in den Ostmarkcn, über die wir berichtet haben, hat der Vorsitzende von Tiedemann-Bomst mit Genug thuung hervorgehoben, daß die Regierung den Vereins bestrebungen wohlwollend gegenüberslehe. Wir theilen selbst verständlich diese Befriedigung, obne gerade der Meinung zu sein, daß einer Regierung besondere Anerkennung gebühre, weil sie einer Vereinigung, di^ sich die ungeschmälerte Erhal tung eines staatlichen Besitzes zur Aufgabe macht, nichts in den Weg legt und die polnischen Briefträger zur Erfüllung ihrer Pflichten auch gegenüber den deutschen Adressaten in Posen und Westpreußen anhält. Freilich vier Zahre Caprivi haben uns Deutsche an eine starke Anspruchslosigkeit in solchen Dingen gewöhnt. AuS dieser Zeit ist übrigens ein Erbe binterblieben, zu dessen Vernichtung die Regierung keine Anstalten macht, obwohl es zu den schlimmsten Stücken aus jener verhängnißvollen Hinterlassen schaft zählt. Unter dem Regiment Caprivi wurde die seiner Zeit aus zwingenden Gründen erlassene Verfügung, wonach die polnischen Recruten in außerhalb der ehemals polnischen Landestheilen aarnisonirende Regimenter ein gestellt werden mußten, ausgehoben. Der großen Tragweite dieses Schrittes war man sich wohl bewußt. Er wurde ge heim gehalten, und nicht nur die Polen waren unangenehm berührt, als einer ihrer Abgeordneten die Sache in der Budgetcommission des Reichstages, billigend natürlich, zur Sprache brachte und so jenen Act der Versöhnungspolitik an die große Glocke hing. Es konnte damals nicht als Uebertreibung bezeichnet werden, wenn man von der Errichtung polnischer Regimenter sprach, und die Erklärung, die Verhältnisse in Posen und Westpreußen bätten sich derart zu Gunsten deS preußischen Staats- und oes deutschen ReicbSgedankenS gewandelt, daß die lange und sorgfältig beoabachtete Vorsichtsmaßregel außer Gebrauch ge setzt werden könne, wird man nach den Polendebatten der gegenwärtigen preußischen Landtagssession, nacb der erfolgten Aufforderung, die deutschen Hunde todtzuschlagen, und der Drohung, die Vorstandsmitglieder deS Vereins zur Förderung des DeutschthumS zu hängen, nickt mebr aufrecht erhalten wollen. Die polnischen Soldaten bleiben aber nach wie vor der Einwirkung der unablässigen und mit allen Mitteln tbätigen polnischen Propaganda ausgcsetzt. So lange dieses Denkmal der Auflösungspolitik des Grafen Caprivi bestehen bleibt, wiegt das dem deutschen Verein, hauptsächlich durch die Abhilfe gesetzlich begründeter Beschwerden, bewiesene Wohl wollen unseres Erachtens nicht schwer. Auf dem allgemeinen belgischen Socialistenconaresse, der an den beiden Osterfeiertagen in Antwerpen versammelt war, trat zum ersten Male eine schärfere Tonart zu Tage, die mit dem bedächtigen und behutsamen Vorgeben des Generalratbs der Arbeiterpartei nicht einverstanden ist. Die belgiscke Socialdemokratie schließt eben eine große Anzahl ungeduldiger Elemente in sich, welche den Beginn der socialistiscken Herrschaft nicht erwarten können und je eher desto lieber loSschlagen möchten. Diese schärfere Tonart kam in dem Anträge der bennegauischen Delegirten zum Ausdruck, den kürzlich aufgeschobenen allgemeinen Ausstand am 1. Mai zu beginnen. Zwar lehnte der Congreß diesen Antrag ab, aber die Abg. Vandervelde, Bertrand und Defuet hatten große Mühe, die Verwerfung deS Antrages durch zusetzen. Nicht minder verstimmte die Mittheilung der Ver treter der Lütticher, Brüsseler und Genter Arbeitervereine, daß an eine würdige Maifeier nicht zu denken sei, weil die Arbeitgeber sich weigern, die Werkstätten am 1. Mai zu Ehren des „Weltfeiertages" zu schließen. Alle Kundgebungen müssen daher auf den darauf folgenden Sonntag ver schoben werden. Dagegen beschloß der Congreß, daß die Arbeiter ihre Kinder am 1. Mai nicht in die Schule schicken sollen. — DaS belgische Amtsblatt veröffentlicht ein königl. Decret, daS einen besonderen Ausschuß zur Prüfung der Branntweinfrage einsetzt. Dazu ist es in der Thal höchste Zeit, da die Branntweinpest geradezu unerhörte Ver heerungen in Belgien anrichtet. Nach der neuesten Statistik besitzt das Königreich nicht weniger als 171 000 WirthS- häuser und Branntweinschänken, d. h. je eine auf 35 Ein wohner, eine Ziffer, die man wohl als wahrhaft erschreckend bezeichnen kann. Marschall Martine; CampoS, der am Dienstag in Santiago auf Cuba angekommen ist, hat die spanischen Truppen in drei Divisionen getheilt, die unter den Generälen Salcedo, Lachambre und Baldes als fliegende Colonnen die Aufständischen gegen die Berge drängen und von der Küste abschneiden wollen, die künftig durch das Geschwader schärfer bewacht werden wird. Alle regulären Truppen sind für diese Bewegungen bestimmt, die Bewachung der Städte, Dörfer und Plantagen soll Freiwilligen übertragen werden, die der Marschall neu organistren will, um alle Puncte besetzen zu können, von denen die Aufständischen Verpflegung erhalten Während des Feldzug- wird General Ardorius als stellver tretender Statthalter in Havannah thätia sein. Der Mar schall bestätigt das Anwachsen de- Aufstandes und wird möglicher Weise noch weitere Verstärkungen verlangen. Alle Nachrichten stimmen aber bis jetzt darin überein, daß die Sache der Aufständischen nicht besonders vom Glücke be günstigt ist. Es haben zwar, wie daS in der Natur der Sache liegt, noch keine entscheidenden Gefechte stattgefunden, aber bei den kleineren Zusammenstößen wurden die Insur genten stets zurückgedrängl. Sie ziehen sich in die Berge zurück, wohin ihnen allerdings die königlichen Truppen vor der Ankunft von Verstärkungen kaum werden folgen können. Das spruch- wörtliche Glück des Marschalls Martine; CampoS scheint ibn auch nach den Antillen begleitet zu haben, denn gerade in dem Augenblick, da er den Boden der großen Antille betrat, kam die Nachricht von dem jähe Tode GuillermonS, jenes riesigen Negers, der die Seele der Aufstandsbewegung unter den Farbigen war und die Schaaren von Guau tanamo befehligte; er soll.eine»' Sein Tod ist ein kaum abschatzbarer Vorthe.l sür v,e «-P»" Zweifellos lieat der Schwerpunkt des chtnestsch'lapantschen Abmachungen »wischen den de,den Rivalen de« l ^ ^ kommender politischer und «'"kannler Nebel herum. Eine dnecte handelspolitische Gefahr wu dem Umstande zu erblicken sein, daß ^apan m dem defmtt Frievensschluß Zollbevorzugungen b-anspn.chle >'nd erhiel , von Fabriken in China gegeben würde oder wenn endlich d,r Normirung des Likin aus 2 Procent für Oapan allem d ansprucht werben sollte. Der L.kin ist der ^'nestsche Gre' °ll welchen die einzelnen Provinzen °dkr Generalgouvernements an ihren Grenzen von der Waaren-E,n- und Ausfuhr erheben. Zen? GrenzzöUe sind bis jetzt das größte Hmdermß für da« Massen-Eindringen europäischer Waaren m China gewesen. An ihrer Beseitigung oder Modifikation wird außerdem eine Zuziehung der Vertreter der Machte unbedingt "sord" 4 sein; denn eS ist selbstverständlich, daß bei dem FriedenSschluß sowohl die Verträge Chinas als auch — biS zu e>"em ge wissen Grade — die Verträge Japans mit den europäischen Nationen und mit Amerika in Betracht kommen. Besondere Zollzugeständnisse deS chinesischen Reiches den Japanern gegenüber würden überaus wichtige Einfuhrartikel in hohem Grade betreffen, so insbesondere Baumwollenwaaren, Seifen, Lichter, Streichhölzer, aber auch Mcfserschmiedewaaren, Leder- waaren und andere. In den zuerst genannten vier Artikeln erportirt Japan bereits seit zehn Zähren seine uut euro päischem Fabrikbetrieb hergestellten Erzeugnisse ,n erheblichen Quantitäten nach China. Eine Begünstigung der betreffenden japanischen Industrien durch besondere Zollerleichterungen seitens Chinas würde gleichzeitig eine ganz erhebliche Schä digung der europäischen und amerikanischen Fabrikation de deuten. Die Erheblichkeit der deutschen Interessen braucht kaum besonders betont zu werden. Eine bedeutende Reihe der ersten Handelshäuser in den chinesischen BertragShäfen sind deutsche Firmen. Seit nunmehr neun Jahren unterstützt das Reick die deutsche Ein- und Ausfuhr durch die ostasia^ tische ReichSpost-Linie, seit sieben Jahren existirt die deutsch asiatische Bank mit einem Grundcapital von 22 Millionen Mark. Der deutsche Handelsverkehr mit China selbst ist seit zehn Jahren in einem starken, erfreulichen Aufblühen be griffen und beträgt gegenwärtig für den direkten Handels verkehr ca. 60 Millionen Mark jährlich. Die Wahrung der deutschen handelspolitischen Interessen ist daher bei dem chinesisch-japanischen FriedenSschluß eine Frage von höchster Bedeutung. Deutsches Reich. tz. Dresden, 19. April. Der Vorstand des Evan gelischen Bundes zur Wahrung der deutsch-pro testantischen Interessen, Zweigverein Dresden, hat am 18. April folgenden Protest gegen die Umsturzvorlage an den Reichstag abgesandt: „Die sogenannte Umsturzvorlage hat durch die Commijsions» beschlüss» des Reichstages, namentlich durch die dort angenommenen Antrüge der Centruin Spartet eine Gestalt erhalten, in welcher sie ihren von der ReichSregierunq beabsichtigten Zweck, einen Schutz des deutschen Reiches und der bestehenden Staats- und Gesellschafts» ordnung zu bilden, vollständig verloren hat, vielmehr ist sie durch die Anträge des Centrums zu einem Ausnahmegesetze geworden gegen die reichstreuen Bürger des deutschen Vaterlandes im Allgemeinen und gegen die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und Kritik, gegen die durch die ReichSversassung jedem Staatsbürger gewähr leistete freie Meinungsäußerung im Besonderem. In kirchlicher und kirchrnpolitischer Beziehung bedeutet sie eine völlige Knebelung des Protestantismus und im Sinne des die ganze evangelisch-deutsche 89. Jahrgang. Cultur, die Grundlage unseres deutschen Staats» und Volkslebens verdammenden päpstlichen Syllabus von 1864. In dieser so um- gewandelten Gesetzesvorlage erblicken wir eine schwere Gefahr für eben rrichstreuen Staatsbürger, für jeden bewußt evangelischen Christen in unserem deutschen Vaterlande; ja, wir halten von ihr, wenn sie Gesetz werden sollte, wie wir meinen, nicht ohne Grund, das gegenwärtige auf evangelischer Grundlage erstandene deutsche Reich, seine evangelische Cuttur, die bürgerliche und wissenschaft liche, die Gewissens- und Glaubensfreiheit der evangelischen Deutschen n Frage gestellt. Aus diesen Gründen fühlen wir uns verpflichtet, gegen diese GesetzeSvorlage Protest zu erheben, und bitten den hohen Reichstag um Ablehnung derselben." * Berlin, 19. April. Der vom 6. n.° Correspondenten deS „Leipz. Tagebl." telegraphisch schon angekündigle Artikel, den das „Mililair-Wochenblatt" „Zum 23. April 1895" ver öffentlicht, lautet wörtlich folgendermaßen: „Die Erinnerung an die große Zeit des deutsch.französischen Krieges ist zn einem der schönsten Güter des deutsches Heeres und Volkes geworden. Sie entflammt begeisterte Bewunde rung, unauslöschliche Dankbarkeit und ernstes Streben zur Nacheiferung. Die fünfundzwanzigste Wiederkehr der Ruhmes- und Ehrentage, welche das laufende Jahr uns bringt, läßt daS Gedächtniß an die gewaltigen Thaten unseres Heeres, das ehrende Gedenken an seine siegreichen Führer besonders lebendig in uns werden. Aber den erhebenden Empfindungen, welche sie wach rufen, gesellt sich der gerechte und tiefe Schmerz zu, die Reihe der Männer, denen Deutschland die stolzesten Blätter seiner Geschichte verdankt, gelichtet zu sehen und in den Erinnerungstagen dieses Jahres so viele Huldigungskränze an letzten Ruhestätten niederlegen zu müssen. Um so dankbarer schlägt das Herz für das, was Gott uns erhalten, um so einmüthiger wendet sich das Auge dem einzigen noch lebenden Armeeführer jenes unvergleichlichen Sirgeszuges zu, der ungebeugten Heldengestalt König Albert's von Sachsen. Am 23. April d. I. vollendet Seine Majestät das 67. Lebensjahr. Der Geburtstag eine- Fürsten giebt seinem Volke willkommenen Anlaß, Liebe und Treue zum angestammten Herrscherhause zu bethätigen; der Geburtstag dieses Fürsten wird weit über die Grenzen seines Landes hinaus und vor Allem im ganzen deutschen Heere einen Widerhall dessen finden, was die Herzen der Sachsen an diesem Tage bewegt. Nicht nur als Generalfeldmarschall, als Chef mehrerer Regimenter gehört König Albert dem deutschen Heere an; was ihm dasselbe fester und unlöslicher verbindet, ist ehrfürchtiger Dank für die Ver gangenheit, unerschütterliches Vertrauen in der Gegenwart und stolze Hoffnung für die Zukunft, wie immer sie Gottes Rathschluß ge- staltrn möge. Als König Albert am 22. Oktober 1893 sein fünfzigjähriges Militair-Dienstjubiläum feierte, bezeichnete cr dieses Fest als die goldene Hochzeit mit der Armee, seiner Jugendliebe. Wenn je ein Bund gesegnet gewesen ist. so war es dieser. Seit er 1843 durch den Eintritt des jugendlichen Prinzen in die sächsische Armee ge- schlossen wurde, haben schwere Stürme Sachsen und Deutsch land durch- und umbraust: daS rechte Wetter, um Helden naturen zur vollen Entwickelung gelangen zu lassen, das rechte Wetter auch, um das Band zu festigen, welches Fürst und Heer durch mehr als fünfzig Jahre unlöslich umschlingt. Seit König Albert neben dem Herkommen nnd dem Willen des hohen Vaters tiefgehende eigene Neigung in die Reihen des Heeres ge führt, seit er als einundzwanzigjähriger Jüngling auf den Düppeler Höhen Proben jener soldatischen Tugenden abgelegt hat, welche die Grundlagen der einstigen Größe werden sollten, ist die Geschichte der sächsischen Armee rin Zeugniß seiner Liebe und Fürsorge, ein Ruhmesblatt seiner Thaten. In langer, ernster Friedensarbeit ist der Feldherr heraogereift, seine Waffe gehärtet und geschliffen worden. Auf Böhmens Schlachtfeldern empfingen Beide ihre Weihe; nicht im Sonnenschein de- Glücks, um so bewährter aber in schweren Stunden. Ausgestattrt mit seltenen Gaben des Geistes, gestählt am Körper, reich an eigenem Wissen und Können, mit gereister Erfahrung auf Feuilleton. Die Französin. I6j Roman von Arthur Zapp. Nachdruck «erboten. (Fortsetzung.) Es war daS erste Mal während dieser merkwürdigen Unterredung, daß von dem deutschen Officier zu dem fran zösischen ein wärmerer Blick hinüberglitt. „Ich bitte Sie, mir zu folgen!" forderte Lieutenant Kramer seinen Gefangenen höflich auf. Gaston de St. Sauveur fügte sich mit dumpfer Resig nation in sein Schicksal und Veite an Seite schritten der Deutsche und der Franzose die Treppen hinab und die Straße hinunter. In geringer Entfernung folgte ihnen der Unter- cfficier. Die Promenade hatte nicht- Auffälliges an sich; Niemand von denen, die ihnen auf der Straße begegneten, hatte eine Ahnung von der wahren Bedeutung derselben. Lieutenant Kramer hielt eS nach kurzem Bedenken für da« Richtigste, zuerst der Militairbebörde Kenntniß von seinem Faug zu geben und ihr daS Weitere zu überlassen. Er lieferte seinen Arrestanten in dem Militairgefängniß ab und begab sich dann mit dem Unterofficier nach der Commandantur, um hier die dem Franzosen abgenommenen Papiere zu deponiren. XII. Nachdem Lieutenant Kramer sich so seiner Verantwort lichkeit entledigt, athmete er erleichtert aus. Er konnte mit sich zufrieden sein. Er batte sein Möglichstes gethan, . um die strenge mitleidslose Pflicht mit der Rücksicht, die er der Familie des Obersten schuldete, zu versöhnen. Er hatte nun nur noch die eine Aufgabe in der unerquicklichen Angelegen heit, dem Obersten von dem Vorgefallenen möglichst schonend Mittheiluna zu machen und ihn hinsichtlich Madeleine Ron- court'S nach besten Kräften zu berubigen. ES war in der elften Bormittagstunde, als er die Woh nung des Obersten betrat. Thielke öffnet ihm. „Der Herr Oberst arbeitet in seinem Zimmer", berichtete der Diener auf die Frage de- Lieutenants. „Die Frau Oberst ist auSgegaugen. Da» gnädige Fräulein ist im Salon." Lieutenant Kramer constatirte mit stiller Genugthuung, daß man in der Familie des Obersten auch noch nickt die leiseste Ahnung von dem Vorgefallenen hatte; ja, der Oberst hatte offenbar noch nicht emmal den an ihm begangenen Diebstahl wahrgenommen. „Führen Sie mich in den Salon k" gebot er Thielken. „Zu Befehl, Herr Lieutenant. Den Herrn Oberst werde ich sogleich benachrichtigen." „Halt, alter Freund!" hielt der Artillerieofficier den Dienst eifrigen auf. „Lasten Sie den Herrn Oberst einstweilen noch in Ruhe. Ich möchte ihn in seiner Arbeit nicht stören. Ich begnüge mich vorläufig mit der Gesellschaft deS gnädigen Fräuleins." Der alte Diener gestattete flch rin diScreteS Lächeln und verschwand. Ueber des Lieutenant- Gesicht aber ging ein freudiges Leuchten. „Ein glücklicher Zufall", dachte er bei sich, „eine Erholungspause nach all dem Unerfreulichen, da mit der Tag gebracht hat und vielleicht noch bringen wird." Else von Marenburg empfing den Eintrelenden mit einem stolzen Kopfnicken und erhob sich mit ostentativer Eilfertigkeit. „Sie wünschen gewiß, Papa zu sprechen," sagte si«. „Nein, Sie, gnädiges Fräulein," eatgegnete der Artillerie lieutenant, ohne sich diesmal von ihrer ablehnenden Haltung im Geringsten einschüchtern zu lassen. „Sie möchte ich sprechen, wenn Sie mir gnädigst rin paar Minuten gewähren wollen." „Mich?" Sie versuchte einen halb befremdeten, halb ent rüsteten Augenaufschlag. Ich wüße nicht, Herr Lieutenant Kramer, was wir Beide —" „Sie zürnen mir", unterbrach er sie mit einem warmen, innigen Gefühl-ton, der dem jungen Mädchen da- Blut fühlbar in die Wangen trieb — „und doch baden Sie wahr haftig keinen Grund dazu, Fräulein Else —" „Herr Lieutenant Kramer!" DaS sollte offenbar streng klingen, kam aber mehr verleg heraus. „Sie zürnen mir", fuhr der Lieutenant fort, „weil ich C ersuchte, die Vermittlerin einer Warnung zu sein, die ich i Interesse Ihres Fräulein Cousine und Ihrer Familie —" Diesmal war sie eS, die den Sprechenden nicht auSred ließ, sondern mit zuckenden Lippen dazwischen ries: „Ich fand eS allerdings geschmacklos von Ihnen, mir d." ^>fersucht-.Komödie, zu der Sie sich gedrungen fühlte eine Rolle zuzuertheilen." Der Lieutenant sah «ine Weile schweigend in daö geröthe ernste Gesicht mit den blitzenden Augen und ein angenehm Gefühl süßer Genugthuung wallte in ihm auf. „Sie thun mir heute Unrecht", erwiderte er endlich, „tr Sie damals Unrecht thaten, meine aut gemeinte Warnui nicht weiter zu geben. Vielleicht wär^ eS dann nicht so w< gekommen und Ihrem Fräulein Cousine wäre eine bitte Erfahrung erspart geblieben." Sie sah ihn erstaunt, befremdet an. „Ich verstehe Sie nicht, Herr Lieutenant Kramer." „Mein Verdacht gegen den Franzosen, dem ich Here damals Ihnen gegenüber Ausdruck gab. hat sich volla bestätigt. Der Herr Pariser, der sich hier unter falsch. Namen e,«geführt, hat e.n schnödes Spiel mit Fräul. Madrleine getrieben. Sie fand in ihrer Bestürzung keine Worte, sondern s d« OffiL"fuhr "eit »eten Angen ! ^ öur Zeit in sicherem Gewahrsam ! Kramer sondern Lieutenc Kramer unterbrach sich schnell — „führt einen ganz ande, und^Spw"?!"^ 2°urn«Uist, sondern französischer Osfic „Spion?" aus Die Beweise sind schw, L-°?Ln»-»" P- DaS stärkste von allen aber war das Gefühl der Be schämung, daS sich in den mit niedergeschlagenen Augen ge stammelten Worten Luft machte: „Dann — dann habe ich Ihnen ja wirklich Unrecht gethan —". „DaS haben Sie, Fräulein Else", bestätigte er ernst. — „Sie haben mir recht weh gethan. Wie konnten Sie — Sie nur Dauben, paff Madeleine und ich ich bitte Sie, das war ja von vornherein eine Unmöglichkeit." „Aber warum machten Sie ihr denn so — so auffällig die Cour — auf dem Ball bei »ns. Drei Tänze haben Sie mit ihr getanzt, ich weiß eS noch ganz genau — drei Tänze, darunter den Cotillon." Er lächelte und sah mit einem strahlenden, leuchtenden Blick zu ihr hinüber. Sie war zu köstlich in ihrer naiven Eifersucht. „Ja, das erriethen Sie nicht?" fragte er schelmisch. „DaS geschah ja nur au- Aerger, auS Verdruß, weil Sie — Sie, Fräulein Else, mir den Cotillon abgeschlagen hatten. Ich wollte Ihnen doch beweisen, daß Andere, weniger hartherzig als Sie, drei Tänze nicht für etwas gar so Unbescheidenes hielten." Jetzt war es an Else zu lachen mit dem ganzen freudig aufstrahlcnden Gesicht: „Nur deshalb?" Er legte die Hand betheuernd auf die linke Brustseite. „Nur deshalb. Mein Ehrenwort!" „Und ich" — gestand sie erröthend, „ich gab Ihnen ja den Korb so ungern. Ich hätte ja am liebsten ich mußte ja, weil Mama mich gescholten, weil sie es für un schicklich erklärt hatte, daß man und weil Herbert mich neckte, weil — weil * Bestürzt brach sie ab. Das Bewußtsein, daß sie in ihrem Eifer schon mehr ver- ratben, als eS sich mit der weiblichen Zurückhaltung vertrug, ersüllte sie mit glühender Scham und Verlegenheit. Der Lieutenant aber konnte sich nicht länger zurückhalten. Mit einem jauchzend hervorgejubelten „Else" streckte ec die Arme nach ihr auS, um sie an seine Brust zu ziehen. Aber das junge Mädchen war mit einem Satz an der Thür.
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