Wie aber faft jede Erfindung ihre Vorläufer hatte, fo finden wir auch fchon vor Gutenberg’s Zeiten Spuren von Druckverfuchen in zahlreichen Holz- 0 tafeldrucken, namentlich zur Herftellung von Spielkarten, Bildern und Vignetten. Aber erft die Anwendung der fog. beweglichen Lettern durch Gutenberg brachte uns die Buchdruckerkunft. Der Sage nach verdankte er einem Zufalle feine Erfindung: Eine Tafel, in welche er aus Verfehen das Wort »Liebe« ftatt »Hafs« eingegraben, wirft er im erften Unmuth nach der Entdeckung feines Verfehens gegen den fteinernen Flur, dafs fie in unzählige Stückchen zerfplittert; Marie Faust, Tochter des nachherigen Compagnons, läuft auf das Geräufch herzu und fucht den Meifter zu befänftigen, indem fie die Trümmer befeitigt; da findet fie ein L, dann ein i, e, b, e, fetzt diefe Stückchen mit den darauf befindlichen Buchftaben zu einem Wort zufammen und über reicht diefes lächelnd dem ahnungsvoll zufchauenden Geliebten. Wie der Blitz durchzuckt es ihn — das Dunkel, in dem er bisher wanderte, entweicht und — die Erfindung ill gemacht! Diefe Erzählung ift eigentlich zu hübfch, um fie nicht zu glauben, und der Hergang ift gewiffermafsen ein fo natürlicher, dafs man fich nur ungern wieder der hiftorifchen Wahrheit zuwendet, nach welcher Gutenberg lediglich feinem unermüdlichen Forfchen die Erfindung zu danken hatte. Hiernach kann es uns kaum befremden, wenn wir auch die verhältnifs- mäfsig noch junge Erfindung der Lithographie in eine Sage gehüllt fehen, die allerdings weniger poetifch als jene, uns deren Glaubwürdigkeit von vornherein unficher erfcheinen läfst. Diefelbe ift in Engelmann’s »Traite de Lithographie« aufgetifcht: »Eines Abends ftand an den einfamen Ufern der Ifar, nicht weit von den Thoren Münchens, finfter und träumend ein junger Mann von abgezehrter Geftalt und fahler Gefichtsfarbe, mit wenigen, krampfhaften Geberden über einem düftern Vorfatze brütend. Was war für ihn das Leben in diefer Welt des Elends und der Thränen? Unaufhörlich durch ein bitteres Verhängnifs verfolgt, vermehrte er nur durch feine Gegenwart die unerträgliche Armuth feiner Familie, nachdem er die gröfsten Anftrengungen gemacht hatte, um ihr und fich aufzuhelfen. War es nicht feine traurige Pflicht, die Seinen von Ls^- □J