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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950511010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895051101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895051101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-05
- Tag1895-05-11
- Monat1895-05
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Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vrilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen »nd Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Tonnabend den 11. Mai 1895. 8!». Mrgcmg. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, betreffend den Handel mit Giften. Da« Königliche Ministerium be« Innern hat, in Gemäßheit eines von den verbündeten Regierungen wegen Erlaß gleichsinniger Be stimmungen über den Handel mit Giften gefaßten Beschlusses, mittels Beiordnung vom 6. Februar dss. Js. Vorschriften, betreffend den Handel mit Giften, veröffentlicht, die am 1. Juli dsS. IS. in Kraft treten. Diese Vorschriften, auf die die Betheiligten hiermit nochmal» hingewiesen werden, enthalten, abgesehen von einigen besonderen Anordnungen betreffs de» Handels mit Farben, mit Ungeziefer- mittet« und betreff- des Kammerjägergewerbes, eingehende Be stimmungen über Aufbewahrung und Abgabe der Gifte, und gelten auch für Diejenigen, die sich bereit« jetzt über ven Besitz einer Eoncession zum lSiflhandei auszmvcisen vermögen. Diejenigen, die diesen Nachweis nicht zu führen vermögen und die Absicht haben, den GifthanLel zu betreiben, haben ». insoweit Gifte in Betracht kommen, die in der Anlage I zu den erwähnten „Vorschriften" unter Abtheilung 1 und 2 verzeichnet sind, bei dem Unterzeichneten Rath um Genehmigung nach zusuchen, d. insoweit lediglich solche Gifte geführt werden sollen, die unter Abtheilung 3 der Anlage I fallen, dem Rath von ihrem Vorhaben Anzeige zu erstatten. Die Verordnung de» Königlichen Ministeriums vom 6. Februar d. I. sammt den, den Gisthandel betreffenden Vorschriften und den Anlagen I—IV hierzu kann gegen eine Gebühr von 10 ^ in unserer Sportelcasse II, Naschmarkt Nr. 2, 1. Obergeschoß, ab gegeben werden. Leipzig, den 6. Mai 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. VIII 2717. vr. Georgi. Dietrich. Bekanntmachung. Die Schulcassc, Schulcxpedttion und Schulgeldereinnahme bleiben wegen vorzunehmender Reinigungsardeiten Sonnabend, den 11. Mai. Nachmittags und Montag, den IS. Mai. geschlossen. Leipzig, den 7. Mai 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Müller. Änderwett gesucht, wird der am 11. November 1862 in Ozorkow bei Lodz in Rußland geborene Spinner Daniel Janctzke, welcher -um Verweise seiner dir russische Staatsangehörigkeit barthuenden Legitimationspapiere aufzufordern ist. Man bittet eventuell, von denselben Abschrift zu nehmen und letztere beglaubigt anher zu senden. Leipzig, den 7. Mai 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Armenamt, Adth. I. Abth. I, 126ck.He»tschel. Heimchen. Gesucht wird der am 2. August 1866 in Kühnau bei Grünbrrg in Schlesien geborene Steindrucker Johann Gustav Robert Laubsch» welcher zur Fürsorge sür seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 8. Mai 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig, Armen-Amt, Abth. II. X. L. VI. 978ä. Hentschrl. Mayer. Hohverkauf in der Oberförstern Zeitz. Mittwoch, den 15. Mai 1885, Vormittags 10 Uhr kommen im Gandosr zu Bahnhof Wetterzeube folgende Hölzer aus Untcr- forst RickelSdorf zum öffentlichen Verlause: Distr. 43 b (Mittelberg): Fichten: 55 Stämme I. Ei. mit 258 km, 38 ll. mit 93 km. 73 III. mit l09 tm, 32 IV. mit 24 km, 72 V. mit 17 kW. Eichen: 2 Nutzstücke mit 4 ün, 2 rm Nutzholz. Buchen: 6 Nutzstückr I El. mit 31 km. 6 II. mit 16 km, 21 III. mit 28 km, 22 IV. mit 17 km, 74 V. mit 18 km. Linden und Birken: 17 Stämme mit 7 kW. Zeitz, den 8. Mai 1895. Der Königliche Forstmeister. Huber. Der städtische Bagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Dir Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten belieben. Leipzig, den 26. April 1894. Die Deputation zum Vagerhose. Erstatteter Anzeige zufolge ist die für Frau Marie Klara Forker verw. gew. Schneider geb. Gehe hier, Tauchoer Straße 1, II. wohnhaft, hierseits unter Nr. 260,-4 am 5. März n. o. ausgestellte, sür da» laufende Jahr giltige Paßkarte abhanden gekommen. Zur Verhütung von Mißbrauch wird diese Karte hiermit sür ungutig erklärt. Leipzig, den 8. Mai 1895. Das Polizciamt der Stadt Leipzig. I. 1859. Bretschneider. K. Unbekannter Leichnam. Am l4. März 1893 ist hier in der Pleiße an der Thomas- mühle der Leichnam eines unbekannten, anscheinend dem Arbeiter stande angehörigen und unten näher beschriebenen Mannes an- geschmommen und, wie sich erst jetzt herausgestellt hat, damals durch eine Person falsch recognoscirt worden. Ta bei dem Unterzeichneten Polizeiamte noch eine GypSmaSke des Verstorbenen vorhanden ist, auch Kleidungsstücke des Ver- storbcnen noch herbeigezogen werden sollen, so erneuern wir unsere frühere Aufforderung zur Mittbeilung sachdienlicher Wahrnehmungen und geben die Besichtigung dieser Gegenstände anheim. Leipzig, den 10. Mai 1895. Das Poltzeiamt der Stadt Leipzig. III 2512. Bretschneider. Ref. M. Beschreibung: Alter: ca. 30—35 Jahre, Statur: mittel, Nase: gewöhnlich, Mund: gewöhnlich, Zähne: fehlen am Oberkiefer, Bart: kleiner dunkler Schnurrbart, Gesicht: rund. — Kleidung: dunkel gestreiftes Jaquct nebst ebensolcher Weste und Hose, dunkle Stoff- Unterhosen, Gummikragen, schwarzer Shlips, graue wollene Socken, graues Hemd. Die vatikanische Attacke. -4. X. Die äußerliche Beilegung der ungarischen Krise kann nicht darüber täuschen, daß daS Papstthum in seiner Eigenschaft als internationale Macht sich von Neuem anschickt, in die schwer errungene nationale Gliederung des europäischen Völkerlebens einen Keil zu treiben. Vorsichtig und klug, wie die vaticanische Politik von jeher gewesen ist, versteht sie sich wohl zu gegebener Zeit dazu, diesen von ihrem Wesen un zertrennlichen internationalen Charakter zurückzuhalten; hält sie indessen die Gelegenheit für günstig, so tritt sie immer wieder mit ihren Aspirationen auf. Zweifellos stehen wir gegenwärtig vor einer allgemeinen und planmäßigen Attacke der vaticanische» Politik. In Ungarn hat es die klerikale Politik verstanden, sich in bedrohlicher Weise zwischen Volk und Krone einzuschieben. Von der Mehrheit der Nation verlangte Reformen hat sie durch ein geschicktes Spiel hinter den Coulissen zu verschleppen gewußt, sie hat den Kaiser gegen die nicht klerikalen Parteien deS Landes immer mehr eingenommen, was bei den traditionellen Beziehungen des Habsburgischen Hauses zum Vatican früher oder später zu einem Bruche des Herrschers mit der Mehrheit des Volkes führen muß, denn eS ist klar, daß. je öfter der Kaiser vor die Notbwendigkeit gestellt wird, der Mehrheit der Volksvertretung nachzugeben, er um so eher einmal den Entschluß fassen wird, diese Nachgiebigkeit zu ver weigern. Darum ist es hier Politik der Curie, Streit- puncte zwischen Krone und Parlament zu schaffen. 9n Deutschland ist die Taktik eine entgegengesetzte. Hier sucht sich das Centrum der Regierung und der Krone zu empfehlen, indem es anscheinend ihren Absichten bereit willig entgegenkommt, thatsächlich sie aber seinen eigenen Ab sichten in der Weise dienstbar macht, daß es die anderen Parteien von ihr abdrängt und die Regierung möglichst isolirt. Wenn auch der Plan im einzelnen Falle mißglückt, so hat doch das Centrum den Vortheil, Verwirrung und Verstim mung erzeugt zu haben, ohne selbst in seinem Bestände er- schütttert zu werden. Die Rekatholisiruna Englands bildet einen speciellen Lieblingswunsch Leo's XIII., der sich mit umfassenden Plänen in dieser Hinsicht trägt. Schon vor einiger Zeit beabsichtigte er eine energische Agitation einzuleiten und ließ sich nur durch die dringende Warnung der hervorragenden englischen Kircbcnsürsten abhalten. Nunmehr jedoch hat er das Project von Neuem ausgenommen und möchte die „Mitgift Mariae", wie er daS britische Eiland nennt, der katboliscben Kirche wieder angliedern. Hat doch die Curie den Verlust der Heimath Winfried's, der ihre Oberhoheit über die Bischöfe des OccidentS zuerst organisatorisch durchsührle, um so weniger verschmerzt, als bis tief in das siebzehnte Jahr hundert hinein die Möglichkeit der Wiedergewinnung mit Hilfe der StuartS nicht ausgeschlossen war. Auch die seit langer Zeit zu wiederholten Malen an gestrebte Unirung der orientalischen mit der römischen Kirche ist dem gegenwärtigen Papste gelungen, und ist auch die Ver bindung vorläufig nur eine lockere, so bietet sie doch ins Künftige die Handhabe zu einer nachdrücklicheren Macht- entfallung. In Amerika hat sich die katholische Kirche unter geschickter Benutzung der dort herrschenden Religionsfreiheit zu einer starken Macht entfaltet, die bei der dort landes üblichen Sectenbildung durch ihre strenge Geschlossenheit ein doppeltes Gewicht und in der starken irischen, polnischen und romanischen Bevölkerung einen nicht zu unterschätzenden Rückhalt bat. Von dieser Basis aus macht sie erfolgreiche Propaganda, obwohl die Andersgläubigen durch den be rühmten Hirtenbrief des Bischofs von Philadelphia vom Jahre 1885, in dem der geistliche Würdenträger die Ketzer verbrennung eifrig lobt und die Wiederholung ähnlicher Tbaten für den Fall, daß die katholische Kirche die Macht erlange, in Aussicht stellt, gerade zur Genüge aufgeklärt werden könnten. In den romanischen Ländern hat die vaticanische Politik von vornherein günstige Aussichten für die Zukunst. Selbst in Frankreich, wo die demokratische Sturzwelle den Einfluß des Vatikans eine Zeit hindurch wegzuschwemmen gedroht hat, hat sich die curiale Politik nicht allein mit der republikanischen Regierung auf einen guten Fuß zu stellen, sondern auch, waS bedeutsamer ist, sich der Herrschaft über die Geister zu bemächtigen gewußt. Es ist ein Ereigniß von nicht zu unterschätzender Tragweite, daß ein Mann von dem Ansehen Ferdinand Bruneliöre'S sich vor wenigen Wochen in dem sensationellen Artikel: „Der Bankerott der Wissenschaft" für die reumüthige Rückkehr in den Schoß der katholischen Kirche erklärt hat. Daß Dichter wie Bourget und Huysmans Merke in katholischem Sinne schreiben, die Malerei mit Vor liebe katholistrende Vorwürfe behandelt, ist bezeichnend. In Italien zwingt allerdings daS durch die Erinnerung an die kirchenstaatlichen Zustände noch rege Mißtrauen der Bevöl kerung die Geistlichkeit zu vorsichtigem Vorgehen. Aber wäh rend sie vorläufig noch scheinbar uneigennützig der Regierung CriSpi'S zu Hilfe kommt, rechnet sie daraus, sich der Bevöl kerung später zu bemächtigen mit Hilfe jener bereits von dem ausgezeichneten Jakob Burckhardt so treffend hervorgehobenen „Accommodation an die Hierarchie, insofern sie auf alle Weise in das äußere Leben verflochten ist, sowie des Gefühls der Abhängigkeit von den Sacramenten, Weihen und Segnungen". In drei bedeutungsvollen Momenten ist die katholische Kirche zum Vorstoß übergegangen. Sie hat im 14. und 15. Jahrhundert die Versuche zur Bildung nationaler Kirchen zurückgewiesen. Sie hat im Zeitalter der reli giösen Spaltung Europas durch die Gegenreformation einen großen Theit deS bereits verlorenen Terrains wieder erobert. Sie versucht jetzt im Zeitalter der socialen Be wegung eine Macht zu gewinnen, die für die Gestaltung deS zwanzigsten Jahrhunderts entscheidend sein soll. Deutsches Reich. 8. 6. Berlin, 10. Mai. Auf dem Krupp'schen Schieß plätze bei Meppen wurden im März und April d. Js. vor dem Ttaatssecretair des Neichs-Marine-Amts zwei Panzer platten von derselben Qualität beschossen, wie sie im e December v. Js. zum ersten Male in der Stärke von 146 mw hergestellt worden sind. Die dem diesmaligen Ver suche unterworfenen Platten entsprachen in ihrer Stärke von 300 mm denjenigen Platten, welche für die stärkst- gepanzcrten Stellen des neuen Panzerschiffs „Ersatz Preußen" in Betracht kommen. Beide Platten waren an eisernen Schiffswänden mit Eichenbolzhintertage aufgestellt. Die erste Platte erhielt 3 Schüsse; eine 28 cm Stahlgranate von 234 KZ Gewicht, die mit 555 m Geschwindigkeit auftraf, sowie zwei weitere Schüsse aus 2l cm X. K./35 mit Stahlgranaten von 140 kg Gewicht und 660 bezw. 680 m Austreffgeschwin digkeit. Die mit dem letzten wchuß verfeuerte Granate, welche ebenso wie die beiden vorhergehenden die Bersnchs- vlatte nicht durchschlugen, würde eine Stahlplatte bisheriger Fertigung von 480 mm Dicke glatt durchgeschlagen haben. Die zweite Platte erhielt ebenfalls 3 Schüsse, aber aus einer 30,5 cm X. X/35. Die 329 kg schweren Stahl geschosse trafen mit 532 bezw. 572 und 604 m Geschwindig keit aufs Ziel. Auch diese Platte wies die Geschosse voll kommen ab; die gehärtete Oberfläche erhielt nur uner hebliche Eindrücke. Im Uebrigen erlitten beide Platten weder Deformationen noch Risse. Durch den enormen Stoß wurde die Eichenholzzwischenlage zum Theil zer malmt. Was hier geleistet wurde, ist bisher unerreicht, und welcher Art der Erfolg ist, geht daraus hervor, daß die mit dem letzten Schuß auf die zweite Versuchsplatte verfeuerte Granate einen Panzer von 500 mm Dicke und der Dualität deS bisher gefertigten Stahls glatt durchgeschlagen haben würde. In dem Kampfe zwischen Geschütz und Panzer ist daher gegenwärtig der letztere im Vortbeil, und die deutsche Marine erhält für ihr im Bau begriffenes Schiff „Ersatz Preußen" einen Panzer, der eS an den damit versehenen Stellen absolut schützt. Auch für den vom Reichs tage bewilligten Panzerkreuzer „Ersatz Leipzig" ist das Ergebniß von großer Bedeutung, denn das im Vergleiche mit einem Schlachtschiffe wie „Ersatz Preußen" verhältnißmäßig schwach gepanzerte Schiff erhält durch die Anwendung dieser Panzerqualität einen Schutz, der es auf mittlere Entfernungen gegen die schwersten Geschosse aller gleichartigen Schiffe und selbst gegen diejenigen der jetzt noch modernen Schlachtschiffe sichern wird. lieber den im December v. I. stattgebablcn Plattenversuch bringt Heft 3 der Marine-Rundschau für 1895 genauere Angaben; solche über diesen Versuch werden voraussichtlich bald folgen. 0. 8. Berlin, 10. Mai. Während eine ganze Anzahl Städte (Stuttgart, Heilbronn, Eßlingen, Frankfurt a. M., Nordhausen, Trier, Erfurt, Elberfeld, München, Dessau, Mainz, u. s. w.) Gemeinde-Anstalten für den Arbeits- Nachweis inS Leben gerufen haben, bat bekanntlich die Stadt Berlin die Errichtung eines kommunalen Arbeitsnach weises abgelehnt. Sie ging von der Erwägung aus, daß es am besten sei, wenn die Leitung und Ver waltung des Arbeitsnachweises gemeinschaftlich in den Händen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ruhe; dies könne aber nicht geschehen, wenn die Stadt selbst den Arbeitsnachweis einrichte; sie müßte sich in diesem Falle einen weitgehenden Einfluß aus die Leitung des Instituts sichern und daraus könnte leicht die Gefahr bureaulratischer Schablone in der Behandlung der Geschäfte entstehen, während doch gerade der ArbeilSnachweis wie keine zweite Einrichtung der Anpassung an die individuellen Lebensverhältnisse der Interessenten bedürfe. Die Stadt Berlin bat deshalb dem bereits hier bestehenden Centralverein für Arbeits nachweis auf das Kräftigste unterstützt, sie hat die jährliche etatsmäßige Beihilfe von 3000 auf 5000 ^ erhöht und zum Zweck der Ausdehnung der Thätigkeit deS Vereins (Facharbeits nachweis) eine Beihilfe von 15000 ^ gewährt. Der Verein hat im letzten Geschäftsjahr 6975 Stellen besetzt, verlangt wurden 7216 Arbeitskräfte, angeboten 1t 218. Man sieht daraus, daß noch viel überschüssige Kräfte in Berlin am Markte sind. Eine ganze Anzahl Arbeiter wurde von der Eintragung in die Listen des Vereins ausgeschlossen, die von auswärts zugezogenen Arbeiter wurden sammt und sonders zurückgewiesen. Es waren dies 1089 gegen 846 im Vorjahr. Bon 100 Arbeitsuchenden wurden unlergebracht .890: 62,5, 1891: 54,8, 1892:64,7, 1893: 63,4 und 1894: 62,2 Procent. FeniHetsi,. Gustav von Moser. Heute am 11. Mai, feiert Gustav von Moser seinen fiebenzigsten Geburtstag. Dem Dichter so heiterer und erfolgreicher Bühnenstücke wird die deutsche Presse an diesem Tage gern ein Gedenkblatt widmen, und aucb die ungezählten Theaterbesucher in allen deutschen Städten, denen er so manchen vergnügten Abend verschafft hat, werden dafür dankbar sein, daß sie von diesem Gedenktag in Kenntniß gesetzt werden, um sich des bereits hochbetagtrn Dichters auch ihrerseits freundlich erinnern zu können. Gustav von Moser ist am 11. Mai 1825 in Spandau geboren, besuchte daS CadettenhauS, war dann eine Zeit lang Page deS Prinzen Wilhelm von Preußen und trat 1843 als Osficier in die Armee ein. Ich machte damals seine Bekannt schaft auf dem Casernenhofe der Gardeschützea in Berlin in der Köpenicker Straße; ick war dort 1844 als Einjährig- Freiwilliger eingetreten. Moser war noch ein blutjunger Lieutenant, aber daS Interesse für Literatur fübrte uns schon damal« zusammen. DaS war vor mehr als fünfzig Jahren— mit meinen Erinnerungen an daS GardeschützencorpS und seine zum Theil nur französisch sprechenden Officiere ist diejenige an den jungen Gustav von Moser aufs Engste verknüpft. Unsere Wege gingen indeß bald auseinander; icki begab mich nach Königsberg, um an der juristischen Facultät zu promo- viren; er blieb zunächst als Osficier bei den Gardrschützen, wurde dann nach Görlitz versetzt und nahm im Jahre 1856 seinen Abschied. Durch eine Heirath war ihm da« Gut Holzkirch bei Lauban zugefallen, dessen Bewirthschaftung jetzt seine Thätigkeit in Anspruch nahm. Gleichzeitig aber versuchte er sich auf dem Gebiete der dramatischen Muse, meisten« mit schüchternen Einactern, die aber zum Tbeil einen glänzenden Erfolg batten und Uber alle Bühnen gingen. ES waren Stücke mit glücklicher Erfindung und von einer sieghaften guten Laune in die Feder dictirt: wer kennt sie nicht, diese lustigen Bluetten, die aber nichts mit den französischen proverdes ge mein hatten? Es waren keine inscenirten Feuilletons und Epigramme, sondern kleine Stücke mit lebendiger, ineinandergreifender Handlung; die erfolgreichsten fallen in die Jahre 1861—63: „Wie denken Sie über Rußland?" „Ein moderner Barbar", „Moritz Schnörche", „Aus Liebe zur Kunst", „Papa hatS erlaubt", „Sonntagsjäger" u. A. Es sind Stücke, die auch aus Privat- und Dilertantenbühnen in vollem Maße ihre Schuldigkeit gelhan haben. Obgleich Moser schon früher einige mehractige, wenngleich kurzathmige Lustspiele geschrieben, wie „Eine Frau, die in Paris war", so datirt doch eiaeutlich erst vom „Stiftungsfest", das er mit Benedix gemeinsam verfaßte, seine Autorschaft größerer, den ganzen Abend füllender Lustspiele. Dies Stück be zeichnet überhaupt eine Wendung in unserer dramatischen Produc tion, die nicht unbeachtet bleiben darf; mit ihm zuerst trat die Mitarbeiterschaft, die in Paris schon lange zur Tagesordnung gehörte, in Deutschland ins Leben. Nur bei der Poffen- dichtung war bisher ein gemeinsames Arbeiten zulässig befunden worden, und auch Moser hatte mit L'Arronge zusammen bereits den „Registrator auf Reisen" verfaßt; neuerdings ist diese Mitarbeiterschaft auch auf dem Gebiete de- Lustspiels zu voller Herrschaft gelangt. Moser selbst bat i» den letzten Jahrzehnten fast immer mit einem Genoffen gearbeitet, so daß einzelne Skeptiker selbst bei den Stücken, die er unter eigener Flagge in See stechen ließ, die Contrebande irgend eines geheimen Mitarbeiters vermutheten. Bei dem „Stiftungsfest" zeigte die neue Einrichtung indeß sehr miß liche Seiten. Benedix hatte sich bisher nie auf dies Glatteis begeben; kr batte alle seine Lustspiele allein verfaßt, und sie trugen das Gepräge einer tüchtigen Eigenart, dir durch fremde Beimischung nur getrübt werden konnte. Moser batte ihn nach Holzkirch eingeladen; sie hatten den Entwurf deS Stückes zusammen gemacht, Benedix indeß den ganzen Dialog auS- gearbritet. AlS er Holzkirch verlassen, blieb sein Manuskript dort zurück. Moser machte nun eine Menge launiger Zusätze, fügte im letzten Act einige Scenen ein, verstärkte besonders den zweiten Actschluß durch anscheinend unbedeutende, aber auf der Bühne höchst wirksame Nuancen und sandte so die verbesserte Auflage seinem Mitarbeiter zu. Dieser aber konnte sich damit nicht einverstanven erklären; es war ein anderer Ton in daS Ganze gekommen; Benedix behauptete, daS Lustspiel sei zum Schwank geworden, und weigerte sich, seinen Namen für daS Stück in seiner neuen Gestalt zu geben. So erschien „DaS Stiftungsfest" von G von Moser und hatte auf allen Bühnen, besonders auf der Berliner Hofbühne, einen großen Erfolg. Benedix brachte ebenfalls sein eigenes ursprüngliches Stiftungsfest zur Aufführung, doch nur an zwei bis drei Bühnen, wie am Wiener Stadttheater. Moser hatte den Löwenantheil des Erfolgs. So war dieser Versuch der Mitarbeiterschaft zunächst gescheitert. Doch Moser ließ sich dadurch nicht abschrecken: er schrieb später „Krieg im Frieden", „Reif-Reiflingen" und „Unsere Frauen" zusammen mit Franz von Schönthan, „Die Amazone" mit Thun, „Mit Vergnügen" mit Girndt, „Der sechste Sinn" mit Misch, „Die Raben" und der „Sclave" mit Stanislaus Lesser, ..Militairfromm" mit v. Trotba u. A. Sein Beispiel fand Nachahmung: wir erwähnen bloS die neuen Schrift stellerfirmen Blumenthal-Kadelburg und Schönthan-Kadelburg. Moser muß als der Schöpfer eines neuen Lustspiel- genreS, des OfficierstückeS, betrachtet werden. Die Eng länder hatten schon im vorigen Jahrhundert derartige Stücke — wir brauchen bloS an „Tfis recruitiuz vkkicsr" von Farquhar zu erinnern. Wenn um die Mitte dieses Jahrhunderts Officiere aus der Bühne erschienen, so waren sie selten in ein günstiges Licht gestellt, und die Darsteller thaten das Ihrige dazu, um die ungünstige Be leuchtung zu verstärken: wir besinnen uns wohl, daß wir den Lieutenant in „Dorf und Stadt" meistens zum Ergötzen deS Publicum- als eine Caricatur spielen sahen; doch die Zeiten haben sich geändert; jetzt nach den großen Kriegen ist der Osficier populair. Das kam nicht nur der Muse „MoserS" zu gute, sondern hat sie wesentlich mit inspirirt. Mit seinem Lustspiel „Der Veilchenfresser" bat er in dem Heiden einen, trotz einer kleinen ans Komische streifenden Schwäch: tüchtigen, tapferen und wackeren, jovialen Osficier gezeichnet, der zu einer Lieblingsfigur der modernen Thalia, zu einer Lieblin^Srolle der Darsteller geworden ist. „Der Veilchenfresser" ist wohl sein bestes und erfolgreichstes Lustspiel. Ihm könnte nur das mit Schöntban zusammen gedichtete „Krieg im Frieren" den Rang streitig machen, welche- das EinquartieruigS- und Manöverleben in sehr erheiternden Bildern schildert und in Reif-Reiflingen dem Veilchenfresser einen naiven, trotz aller omischen Absonderlichkeiten sympathischen Osficier ;ur Seite tellt. Er ist auch der Held zweier späteren Stück«, die als Zortietzung von „Krieg im Frieden" gelten können. Wer immer Moser's Mitarbeiter gewesen sei, mögen: eine Eigenart blieb doch in diesen Lustspielen das hrrschende Element und gab ihnen eine unverkennbare Pbysiogiomie; sie besteht besonders in einer unverwüstlichen guten saune, die von munteren Einsällen sprudelt, und in glücklich arfgesetzken scrnischen Lichtern; denn aus den „Witz der Bühre", wenn man so sagen darf, versteht sich Moser wie keii zweiter. Dadurch haben auch Stücke, als deren einziger Vrfaffer er genannt ist, wie besonders „Der Bibliothekar", ein Lustspiel, daS auch in England großen Erfolg hatte, „Ultino", „Der Hypochonder", „Der Elephant", Heimathsrecht auf der deutschen Bühne gewonnen. G. von Moser bat gegen 100 Stücke geschriebn; die in Berlin erschienene Sammlung derselben (1873—8) umfaßt 18 Bände. Möge dem Veteranen der deutschen Lustspieldihtung, der jetzt meist in Görlitz lebt, noch ein heilerer Lebeisabend be schicken sein und möge die Muse der Thalia ihm und damit unserer Bühne noch manches bübsche Angebinde chenken! Rudolf von Gotschall.
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