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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950518021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-05
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Größere Schriften laut unserem Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Ztssernsatz nach höherem Tarif. Extraoveilancn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördrrung X YO.—, mit Postbesörderung ^l> 70.—. Äunahmeschlnß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Erpediti«« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^°245. Sonnabend den 18. Mai 1895. 89. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Mai. Man muß nachgerade auf den Gedanken kommen, daß es eine größere Anzahl von Mitgliedern des Reichstags giebt, die den Plan verfolgen, das ohnehin sehr verringerte An sehen, welches dieser Körperschaft geblieben ist, noch mebjr zu verringern. Nur durch diese Annahme läßt sichö erklären, daß jetzt, kurz vor Schluß der an positivem Schaffen so überaus armen, an Blamage dagegen so reichen Session, kaum ein Sitzungstag vergeht, an dem nicht die Besch tuß- nnfäbigkeit des Hauses cvnstatirt werden muß. Faulheit und Gleichgiltigkeit reichen nicht aus, um dieses Verhalten einer Mehrheit zu erklären, die sich dock selbst in den Augen ihrer Wählerschaft durch consequentes Fernbleiben von wichtigen Berathuiigen discreditirt. Das Mittel der Selbst erniedrigung können Männer, die nach einem ReichstagS- maiidate gestrebt haben, doch nur dann wählen, wenn sie den „höheren" Zweck im Auge haben, diese Erniedrigung auf den Reichstag abzuwälzen und jenen reactionairen Projekten machern in die Hand zu arbeiten, welche die Reckte der Volks vertretung aus legalem Wege oder durch einen Staatsstreich verringert sehen möchten. Man kann daher den Wählern nicht dringend genug aiicmpfehlen, die „Reichsfaulen", die am con- scgucntcstcn im Reichstage fehlen, bei den nächsten Wahlen aus Herz und Nieren zu prüfen, und die bündigste Antwort aus die Frage, aus welchen Gründen sie sich um ein Mandat bewerben, von ihnen zu fordern. Auch gestern wieder, als die erste und zweite Lesung des von einer überwiegenden Mehrheit des Hauses so dringend geforderten Zuckersteuer- nothgesctzcS vorgenommen wurde, stellte sich bei der nament lichen Abstimmung die Bcschlußunfähigkeil heran». Für das Gesetz wurden 110, gegen dasselbe 40 Stimmen abgegeben, cs fehlten mithin 13 Abgeordnete an der zur Beschlußfähig- lcit nolhwendigen Zahl. Diese Fehlenden und noch drei- viertclhundert Andere dazu hätten also gegen die Vorlage stimmen können, ohne daß sie abgelehnt worven wäre. Die Sachlage rechtfertigte vollkommen den Spott eines freisinnigen Abgeordneten, der den Freunden deö Gesetzes zurief, dieses sei zu haben, sie möchten es sich nur holen; cs ihnen ent- gegenzutragcn, sei keine Veranlassung gegeben. Am Montag soll die Abstimmung wiederholt werden; stellt sich dann die Beschlußunsähigkeit abermals heraus, so kann, da der Ent Wurf werthlos wird, wenn er nicht in dieser Tagung zt Stande kommt, gar nicht mehr bezweifelt werden, daß es eine Anzahl von Abgeordneten giebt, welche trotz ihrer Klagen über die Lage der ZuckerinLustrie das Gesetz zu Falle bringen wellen in der Absicht, dadurch den Reiwstag seines Restes von Ansehen zu berauben und einer Verminderung seiner Rechte vorzuarbeitcn. Da die Socialdemokratie mit den Erfolgen ihrer La.iSagitation nickt zufrieden ist, belehren die socialvemokra tischen Blätter von Zeit zu Zeit die Genossen darüber, wie diese Agitation mit Aussicht auf größeren Erfolg betrieben werden kann. Auch der „Vorwärts" veröffentlicht wieder eine solche Belehrung, die jedoch noch lehrreicher für die Gegner und die auserwählten Opfer ver Agitatoren ist, als fiir diese selbst. Es beißt nämlich in dieser Belehrung: „Mit schwülstigen Theorien ist dem Bauer nicht beiz» kommen, dafür hat er kein Versländniß. Er ist von Natur aus praktisch und nüchtern veranlagt und Lementiprechcnd soll, wenn er lich von der einen Partei ab und der anderen zuwcnden soll, etwas für ihn Bortheil Haftes dabei herauskommen." Die städtischen Opfer der Socialvemokratie erfahren hieraus, daß sic für „schwülstige Theorien" zugänglich sind, zugänglicher wenigstens als der praktisch und nüchtern veran lagte Bauer, und daß sie mit solchen „schwülstigen Theorien" auch dann zu sangen sind, wenn nichts BortheilhafteS für sie herauskommt. Zn der That, sehr lehrreich! Fast nock instruk tiver ist das, was den Agitatoren bezüglich der den Bauern zu machenden Versprechungen eingeschärst wird: „Die hohen Steuern, die Pensionen und Gehälter der höheren Beamten und Osficiere, die hohen Gerichtskoste», die schlechten Korn- und Viehpreise und, was häufig genug der Fall ist, die Ueber- vortheiluiig und AuSwuchernng durch die Händler erscheinen dem Bauer als dasjenige, gegen das er sich vor allen Dingen zu wenden hat. Die Partei, die ihm verspricht, in dieser Beziehung Hilfe zu schaffen, für billigen Zins und höhere Getreidepreise ein» zutreten, ist für den Bauer die allein richtige. Für diese tritt er ein und giebt seine Stimme ab." Also billigen ZinS und höhere Getreidepreise müssen die Landagitatoren den Bauern versprechen, wenn diese für svciakdemokratische Eanbidaten stimmen solle», die dann, wenn sie gewählt werden, im Reichstage getreu der Fractions- parole gegen die agrarischen Forderungen stimmen müsse». Und solche Anweisung ertheilt der „Vorwärts" ganz offen ohne Scham und Gram, ohne die mindeste Sorge, irgend einen der „Genossen" durch die Befürwortung der un erhörtesten Art des Bauernfanges vor den Kops zu stoßen! Die Bauern aber können für diese Offenheit nur dankbar sein. Praktisch und nüchtern werden sie prüfen, wie die Socialtemokralie bisher zu den agrarischen Forderungen nach billigem Zins und höheren Getreidepreisen sich gestellt hat, und dann den Agitatoren, die nach der Anweisung des „Vor wärts" mit Versprechungen kommen, die allein richtige und allein praktische Antwort ertheilen. Der Rücktritt des österreichisch-ungarischen Ministers des Auswärtigen, Grafen Kalnoky, ist nicht unerwartet gekommen; er war, wie wir schon vor acht Tagen aus- sührten, durch den Gang der Ereignisse bedingt. Auch wenn der Kaiser Franz Joseph seinen langjährigen Diener noch einmal gehakten hätte, so war doch die Stellung des Letzteren der ungarischen Delegation sowohl, wie den Kleri taten gegenüber durch sein durch die Note an Banffh ent hülltes zweideutiges Spiel eine so heikle geworden, daß er aus den Eonfticten bald mit dieser, bald mit jener Seite nicht herausgekommen wäre und über kurz oder lang doch hätte weichen müssen. Seine klerikalen Neigungen, die ihn zum Gegner des liberalen Regimes in Ungarn machten und zu Uebergriffen in die innerungarischen An gelegenheiten verleiteten, haben seinen Sturz herbei geführt und mußten ihn früher oder später herbeifübren Wenn nun gewisse österreichische Blätter nicht genug Worte des Rühmens über die Friedensliebe des Grasen Katnoky und sein treues Festhalten an dem deutsch-öster reichischen Bündnisse finden können, so sind diese Rubmesworte, was das Letztere betrifft, doch mit einer gewissen Reserve aufzunehmen. Schon als Fürst Bismarö noch am Ruder war, galt die Meinung, daß Gra Kalnoky die Rechte, welche daS Bündniß mit Deutschland und Italien jeder der drei Mächte in ihrem Verkältniß zu anderen Mächten beließ, soweit Oesterreich-Ungarn in Betracht kam, zuweilen etwas weit auffaßte. Der Graf war klerikal bis in die Knocken, so daß gewisse für andere Staaten sehr mibe- queme rvmischeBelleitäten an ihm einen starten Rückhalt fanden und seine Sympathien für Rußland erschienen Manchen mitunter über die durch den Dreibund gesteckten Grenzen hinauszngehen. Auch erinnert man sich, daß Gras Kalnoky dem mititairischen Fortschritt Deutschlands nur ungern und zögernd folgte. Jedenfalls muß man anerkennen, daß Kal- nockh, weil er nicht im Stande war, etwas Besseres an Stelle des vom Fürsten Bismarck Geschaffenen zu setzen, keinen ernstlichen Bersuch gemacht hat, die Grundlage des Drei bundes zu erschüttern, aber der stärkste und sicherste Hort dieses Friedensbundes >n..^'m^rm/ und^Energw für und ' efft' jüüg" bei ^ ^lnwesenhnt v^^'f^^igste "b^ ,n Wien bat der wacker au Bündniß kündet, daß er mit allen Fasern leine. ^ ' ° . ist ein zngethan ist. Der N a ch s o l g e r des Grafen Katno y , ^ Pole und mit einer Französin verheirathct. - deutsch- GoluchowSki deshalb vorauszufetzeii, eaß ^kehrt, österreichischen Bund im Kerzen yemBünv- ebensowenia aber wird man annehmen dürfen, d. ß niö besondere persönliche Sympathien eiitgegenbringt, aler dürfe haben wir in Deutschland keinen Grund, uns westen einer eventuellen Aenderung dieses w'chUst^ '^ mcnts zu beunruhige». Wenn hier und da Befnrchtu ^ hegt werden, Gras GoluchowSki, der surdenBolfchaf rpe u b-i d» Luli. dchgm,, wa,. w--d° /s weniger Rückgrat zeigen als sein ^oigaiiger, 1 er, ) auch diese Besorgnisse uns z.eml.chgcge.,^ Nom gegenüber wird jederzeit das Wort desLasters en scheibend sein, und zu ibm Lars man, wie ^ tonen, das Vertrauen haben, daß er den Rechten der Krone nie etwas vergeben wird. Das norwegische Storthing bewilligte im^vorigen Jahre den norwegischen Antheil für die gemeinsame Diplomatie der beiden Univnsländer nur unter der Bedingung, daß die Gesandtschaft in Wien, soweit sie Norwegen betrifft, aufgehoben werden sollte, und infolgedeffen bejliinmte der König, daß der norwegische Beitrag als nicht bewilligt an- zusebcn sei. Da das diesjährige Etorthmg cö ab.zelchnt batte, sich gemäß dem Verlangen des Ministeriums Slang mit dieser Frage früher als bei Beralbung des diplomatifchen Voranschlags (also ungefähr Ende Zuni) zu beschäftigen, bleibt dem bald auseinandergehenden schwedischen Reichstag nichts übrig,als sein Einverständniß damit auszusprechen,daß Schweden den auf Norwegen entfallenden Antheil vorschußweste aus der Staatscasse bezahlt. Soeben hat denn auch d» SlaatSauöschuß des Reichstags bei letzterem beantragt, die Staatscafse möge aus Anforderung des Ministers des Auswärtigen monatlich den Betrag von 15 300 Kronen, der ans Norwegen entfallt, verabfolge». Der Ausschuß betont, daß Schwedens Znlereffen es erforderten, daß die ununterbrochene Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten durch die norwegischen Be schlüsse nicht aufs Spiel gesetzt würde. Die durch den vor jährigen Storthmgsdcschliiß herbeigeführte Lage se> em neues Zeichen, daß die gegenwärtigen Bestimmungen des Uiiions- verlrages nickt genügten, ein gutes Berhältniß zwischen den beiden'Bölkern ;ü gewährleisten. Wie außerordentlich gespannt dasselbe noch ist, zeigt wieder der Beschluß der schwedischen Kammer, den mililairischcn Dispositionsfonds um niedrere Millionen Kronen über das von der Regierung geforderte Maß zu erhöhen. Dieser Beschluß mag vielleicht mit der Noth- wendigteit von Bertheidigungsmaßregeln an verschiedenen Puncten der Küste begründet werden, aber in Norwegen wird man ihn als eine Gegenmaßregel gegen ähnliche in der norwegischen Kammer angekündigte Mehrbewilliguugen be trachten. Man macht sich in beiden Reichshätflen aus kriegerische Eventualitäten (so unwahrscheinlich dieselben auch sind) gefaßt und will darum auf alle Fälle vorbereitet sein. Aus (5uba scheinen die Negierungstruppen nun doch einen Sieg über die Aufständischen davongetragen zu haben. Die Berichte über den Zusammenstoß bei Guantanamo bringen so genaue Angaben und räumen so offen die verhältnißmäßig großen Opfer der RegierungStruppen ein, daß mau den Meldungen wobt glauben schenken kann. Wenn auf Seite der Spanier ein Obersltieulenant, ein Hauptmann, zwei Lieute nants und elf Mann gefallen sind und 31 Mann verwundet wurden, so beweist dies, daß die Aufständischen während der zehn- tündigen Dauer des Kampfes hartnäckigen Widerstand geleistet ,aben. Hierfür spricht auch der Umstand, daß von den Aus ländischen zwei Anführer getödtet und drei verwundet wurden. Guantanamo, in dessen Nähe, bei Jovita, der Kampf statt- jand, liegt östlich von Santiago de Euba an der südlchen Küste der Insel. Die früheren Meldungen, daß auch der westlich; Theit Cubas von der aufständischen Bewegung ergriffen worden sei, erscheinen daher wenig glaubhaft. Die Aufständischen haben sich zwar bei Jovita schließlich vor den Regierungstruppen zurückgezogen, es wäre jedoch verfehlt, daraus folgern zu wollen, daß der Ans tand in den letzten Zügen liege. Das entspräche ebenso wenig deni Temperament der Eubaner wie dem Charakter eines Guerillakrieges, um den eS sich aus Cuba handelt. Auch in Madrid steht man solcher Annahme fern. Denn nach einer Meldung von dort will die spanische Regierung noch l500 Mann Cavallerie als Verstärkung nach Cuba schicken, und ein anderer Madrider Drahtbericht besagt, Marschall Martine; Campos verlange die Entsendung von Aerzten und Krankenpflegerinnen für die Militairlazarethe, ferner sollen ihm 12 Stabsofsiciere, 20 Hauptleute und 52 Lieutenants zur Ausfüllung der bisher in den Truppen körpern entstandenen Lücken und endlich noch einige Feld geschütze und weiterer Schießbedarf zugesandt werden. Deutsches Reich. Berlin, l7. Mai. Morgen hat sich das Ab geordnetenhaus bekanntlich wieder einmal mit dem j>entrumSantrag auf Wiederherstellung der Art. 15, 10 und 18 der Verfassung zu beschäftigen. Die anderen großen Parteien erwägen den Gedanken, ihre ablehnende Haltung in kurzen Erklärungen, wie sie wieder holt gegenüber dem Jesuilenantrag im Reichstag abgegeben worden sind, tundzugeben und abzuwarten, ob das Cenlrum den Geschmack hat, sich seinerseits in hohen Deklamationen zu ergeben. Zn diesem Falle wären die gebührenden Er widerungen und damit eine lange Debatte unvermeidlich. Die Stimmung dazu mag ja auf verschiedenen Seilen ver banden sein. Das Centrum hat eine viel zu seine Empfindung für die Schwingungen der Politik, als daß es sich nicht sagen müßte, daß es Positionen, in denen es sich bereits allzu sicher gefühlt, jählings habe räumen müssen. Derartige negative Er folge durch rhetorische Bekundungen eines potenzirten Kraft-und Machtbewußkseins zu verdunkeln, ist eine beim Centrum stets beobachtete Gewohnheit. Auf der anderen Seite scheint mit der Reise des Herrn v. Kötter für die Regierung der Augenblick gekommen zu sein, eine erheblich klarere Stellung, als sie bisher zu dieser Partei eingenommen, zu präcisiren, und klare Positionen einer preußischen und deutschen Regierung gegen über der parlamentarischen Vertretung des UttramontanismuS sind immer gegnerische Positionen. Wir haben, als daS Centruin in der Umsturzcommission behufs Klerikalisirung der Regierungsvorlage die Führung zu übernehmen begann, die Nothwendigkeit betont, einen Wandet dahin eintreten zu lassen, daß man daran gebe, die nationalen Kräfte im Parteiwesen wieder zu sammeln. Dieses Unternehmen hat sich die Regierung neuerdings wieder sehr erschwert, und es wird lange Zeit und große Mühe kosten, es durchzusühren. Als Beginn der Ausführung wäre eS zu begrüßen, wenn der Ministerpräsident die morgen gebotene Gelegenheit er griffe und thäle, was der Reichskanzler nicht häite unter- Feuilleton. vie Erbin von Abbot-Castle. 12s Original-Roman von F. Klinck-Lntetsburg. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Lord Ruthbert's Gesicht hatte einen finsteren Ausdruck angenommen, er blickte starr auf die Spitze seines Stiefels als stünde dort etwas geschrieben, das er um jeden Preis entziffern müsse. Sie erzählte ihm nichts Neues, sie hatte dies Alles in ihrer offenen Weise ihren Richtern mitgetheilt, und diese Mittheilungen mnßten eine schreckliche Auslegung finden und sie nur noch mehr be lasten. Der Wunsch, sich um jeden Preis Edgar Saunders zu versichern, sollte ja das Motiv ihrer grausen That gewesen sein. „Wer empfing Sie auf SaunderS-Hall?" fragte er, sich aufrichtcnd. „Die Haushälterin Mrs. Cobdon." „Und wen sahen Sie dann ?" „Sie führte mich sogleich zu dem alten Herrn, nach dem ich meine Neisetoilette mit meinem Hausanzug ver tauscht hatte." ' „Wer war in dem Krankenzimmer?" „Sir Will Gullham." Lord Ruthbert konnte in dieser Beantwortung seiner Frage nichts Ungewöhnliches erblicken. Es war sogar bekannt geworden, daß dieser Neffe des alten Herrn kaum von seiner Seite gewichen war während der letzten Tage. Nichtsdesto weniger schien die Nennung des Namens den Fragenden zu verwirren. Seine Gesichtsfarbe verdunkelte sich. „War das Berhältniß Sir Gullham's zu dem Grafen ein besonders freundschaftliches?" fragte er dann weiter. „Za, Sir Gullham war sehr um den Kranken bemüht." „Gab er ihm bisweilen zu trinken, oder flößte er ihm die Medicin ein?" „Nein — niemals. Ich mußte es tbun." Mary Connor sprach jetzt etwas beklommen. Die Er innerung an jene Zeit, in welcher man ähnliche Verhöre mit ihr angestellt, begann sie wieder zu bedrücken. Er sah den ängstlichen Ausdruck ihres lieben Gesichtes. «Miß Eonnor, Sie sprechen zu Ihrem besten Freunde". sagte er einfach, „diesem Freunde sollen Sie auch sagen, ob Sie etwas von den Dingen gehört haben, die zwischen Onkel und Neffen verhandelt worden sind." „Graf Saunders hat in den letzten Tagen gar nicht mehr gesprochen. Er litt sehr und wimmerte nur immer." „War Sir Gullham auch dann anwesend?" „Nicht immer, er sagte, er könne dem Onkel doch nicht helfen, und möge seine Leiden nicht mit arischen." Lord Ruthbert seufzte. Er sah sich in seinen Hoffnungen, die er an diese Unterredung geknüpft, getäuscht. Alles, was sie ihm sagte, wußte er aus den Gerichtsverhandlungen, sie hatte vielleicht sogar dieselben Worte geäußert. Mary Connor schien seine Gedanken zu lesen. Ihre Wangen begannen sich plötzlich zu färben und in ihren Augen leuchtete es auf. „Nur einmal war ich Zeugin einer Unterredung zwischen beiden, die mir zeigte, daß meine Idee, nach Saundcrü-Hall zu gehen, nicht eine aussichtslose gewesen sein würde, wenn ich Gelegenheit gehabt hätte, länger um den Kranken zu sein und Zinder Wiederherstellung seiner Gesundheit brizutragen. Graf Saunders sprach sein Bedauern aus, daß er ein zweites Testament gemacht." „Ein zweites Testament?" kam es heftig über Lord Ruth- berts Lippen. So hatte dieses nicht nur in Will Gullham's Einbildung bestanden? — „Was wissen Sie von diesem zweiten Testament, Miß Connor? „Ich weiß nicht, was es enthalten hat, ich glaube aber, daß Edgar Saunders durch dasselbe enterbt werden sollte. Graf Saunders bereute Wohl seine Härte, er sprach zu Will Gullham davon, daß er eine andere Eintheilung machen wolle. Er dabe gehört, daß die Connors doch einer alten guten Familie angebörten, es sei schließlich Evgar'S Sache, wen er zur Gräfin Saunders machen wolle. Will Gullham würde an deni baaren Gelbe übergenug haben und Edgar als der Besitzer von Saunders-Hall ebenfalls. Er hat dann Will Gullham auch zu dem Notar Pericort gesandt, derselbe ist aber nicht gekommen, und so hat Edgar Saunders Alle« geerbt." Lord Ruthbert blickte Mary Connor sprachlos an, er war von dem Gehörten förmlich überwältigt, wenn er auch noch nicht klar sah. „Miß Connor, warum sprachen Sie von dieser Sache nicht vor Gericht?" Sie wurde dunkelroth. Dann umspirltr ein wehmüthigeS Lackeln ihren Mund. nichts zu retten, man würde mir nicht geglaubt haben, nie wollte mir nicht glauben, ich hätte die Sache nur ve schlinimern können, Lord Ruthbert, vielleicht noch —", hi zögerte sie einen Augenblick — Edgar SaunderS mit hi»ei> ziehen." Er batte eii^ unsagbar bitteres Gefühl. Wie mußte s diesen elenden Schwächling geliebt haben! O, es war nu um ihn zu schützen, daß sie Alles aus sich genommen hat! Sie schien abermals i» seiner Seele zu lesen, denn sie fnh ohne eine Aeußerung seinerseits abzuwarten, fort: „Man würde gejagt haben, ich hätte das zweite Testame vernichtet, obwohl Graf Saunders es selbst kurz vor seine Tode gethan bat, als er sab, daß der Notar nicht me! rechtzeitia emtreffen würde, ich selber mußte eS ihm berbc boten. Lord Ruthbert, Sie werden mir glauben, daß i Ihnen nur vollkommene Wahrheit sage. Er wollte lieb noch Edgar Saunders zum Universalerben machen als W Gullham — so ist ein solcher Ausgang berbeigcsührt werde Wenn Mr. Pericort rechtzeitig auf Saunders-Hall ei getroffen sein würde, ich denke manches Mal, es bätte ande kommen können, obwohl auch Sir Gullham in diesem Fa vielleicht Mittet und Wege gefunden haben würde, mich ein so fckweren Verbrechen« zu beschuldigen. Wie leicht wür es ihm geworden sein, jeden Verdacht von mir abzuwende ohne ihn würde es nicht einmal so weit gekommen sein." Lord Ruthbert war hier anderer Meinung. Will Gullha hatte nur zuerst Mary Connor'S Namen genannt, er konn auSfagen, daß Niemand als sie in dem Zimmer des alb Grasen gewesen war, die Verdachtsmomente für eine Schn der jungen Pflegerin hatten sich gleichsam von selbst a einander gereiht zu einem vernichtenden Ganzen, und sie tr durch ihr Benehmen nicht wenig dazu bei, einen Verbal l^r Richtung bin auszubreiten. Ihr Fortgehen v Lady Wilsie. ihre Reife nach «saunderS-Hall. ihr Schweia über die Beweggründe, welche sie dorthin geführt. Ibm w es klar, warum sie geschwiegen hatte. Sie wollte der W gegenüber nicht von der Größe ihre Liebe für Edaar Saunde fprechen. Anders hatten die Richter aeurtheilb Aua, wnl! A ^'liegen, man würde auch he> kaum anders ur,he. en können, als vor etwa einem Jak Es waren zwei Testamente vorhanden gewesen, an die 2 nur zwei Menschen Znterl haben, Edgar Saunders und Will Gullham. Erster» ko" gar nickt in Frage kommen. Er war nicht ein Mnm, dem irgend Jemand ein Mord zugetraut hätte, dann aber war er nicht einmal mehr seit dem Tage, an welchem sich der Alstand deS Grafen Saunders verschlimmert latte, in ^aunders-Hall gewesen. So blieb nur Will Gullham übrig, aber ihn zu beschul digen, würde ebenso haltlos gewesen sein, wenn man nicht annehmen wollte, daß er, durch einen raschen Tod, len alten Mann an der Ausführung seiner Absicht, ein drittes Testament zu errichten, hatte hindern wollen. Aber warum? Es war gewiß besser, er bekam etwas, als nichts. Ja, er hatte aber nickt gewußt, daß Graf Sauiders das Testament, welches ihn zum Universalerben einsctzte, »ernichten würde. Hier konnte entschieden ein AnhaltSpunct gefunden werden, in Lord Ruthbert's Seele fiel ein schwacher Hoffnungsstrahl. „Miß Connor, Sie sagten Graf Saunders habe Gullham zu dem Notar Pericort gesandt. Wann war das? „Drei Tage vor seinem Tode." „War Graf Saunders zu der Stunde, als die- geschah, schon hoffnungslos krank?" „Ich glaube nicht. Er war sehr angeregt, ak er mit Sir Gllllham von seiner Absicht sprach, aber viellecht ahnte er doch seinen Tod, denn er drängte sehr zur Eile. „Ist Gullham gleich gegangen, sich seines AufrageS zu entledigen?" „Sofort." „Miß Connor, haben Sie vielleicht eine besondre Stim mung an Gullham bemerkt? Ich meine, schien e ben Auf trag gern auSzufübren?" »Sehr gern. Er war ganz gerührt. Ich hcte eigent lich einen Widerwillen gegen Sir Gullham. ich hielt ihn nicht für einen guten Menschen, aber er freut sich doch sehr, als er hörte, daß Graf Saunders Gerech-keit üben wolle." „Wissen Sie vielleicht, noch an welchem Tage ieS war?" „Wie könnte ich irgend Etwas vergessen, ds mit jener Zeit im Zusammenhänge steht. Es war am Z.september. Er ritt am Nachmittag gegen vier Uhr fort, U» kam um sieben Uhr wieder." „Waren Sie anwesend, als er dann wiede mit Graf ^aunder« zusammentras?" „Ja, der Kranke ließ mich nicht von seiner >eit«, schon am zweiten Tage nicht mehr." „Welch, Botschaft brackt« ,r?"
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