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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950529019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895052901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895052901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-05
- Tag1895-05-29
- Monat1895-05
- Jahr1895
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Vrtra VeilagkN (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbrsürdernng 60.—» mit Postbesörderung >l 70.--. Annahmeschluk für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Mittwoch den 29. Mai 1895. 89. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Nachdem da- Austragrn und Behändigen der Steuerzrttel an diejenigen Beitragspflichtigen, deren Wohnungen hier bekannt bezw. bis jetzt zn ermitteln gewesen sind, ersolgt ist, bleibt nach den im 2. und 3. Absätze von A. 46 de» Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 enthaltenen Bestimmungen denjenigen Beitrags pflichtigen, welchen der Steuerzettel bis jetzt nicht behändigt worden ist, überlaflen, sich wegen Mittheilung drS Einschätzungsergebnisses bei den betreffenden Stellen unseres Stadtsteueramtes zu melden. Für diejenigen, welchen der Steuerzettel nicht hat bedändigt werden können, beginnt nach §. 4V des bereits angezogenen Gesetzes die Neclamationssrist do« Tage der Bekanntmachung gegen wärtiger Aufforderung ab zu lausen. Für Diejenigen jedoch, denen noch nach Erlaß gegenwärtiger Bekanntmachung der Steuer zettel behändigt wird, ist dir Reklamationsfrist erst vom Tage der Zustellung ab zu berechnen. Uebrigrns bezieht sich diese Aufforderung nur auf die Tteuer- pfilchtigeu» welche bei Aufstellung des diesjährigen Katasters, d. i. am 12. Oktober vorigen Jahres, bereits hier gewohnt haben, nicht aber aus die erst nach dieser Zeit hier zugezogenen steuer- pflichtigen Personen. Leipzig, am 27. Mai 1895. Der Math der Stadt Leipzig. Vr. Grorgi. Koch. Bekanntmachung. Der in Leipzig-Tcllcrhansen hergestellte BolkSgarten soll am 2. Juni dss. Js. der öffentlichen Benutzung übergeben werden. Für letztere haben wir Vorschriften durch besondere Bekanntmachung vom heutigen Tage erlassen, auf welche hiermit noch besonders verwiesen wird. Leipzig, den 27. Mai 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größe!. Bekanntmachung. In Gemäßheit des 8-1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der städtischen Wasserwerke vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Wilhelm Hirt» Leipzig-Reudnitz, Kohlgartenstraße Nr. 55, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angcmeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 27. März 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. X. 2ddk. vr. Georgi. Wolfr Kaiserwille und Lehördenpraxis. Bekanntmachung. Für die Benutzung des BolkSgarten» in Leipzig-Sellerhausen werden hiermit folgende Vorschriften erlassen: 1) Der Volksgarten ist vom Morgen bis Abend, je nach der Jahreszeit, im Sommer von früh 6 Ubr bis nach Eintritt der Dunkelheit, jedoch längstens bis Abend» 10 Uhr geöffnet und gelten für die Benutzung desselben die im Allgemeinen für die öffentlichen Promenade» geltenden polizeilichen Bestimmungen. Der jedesmalige Schluß des Gartens wird durch den Anlagen wärter mittels eines Glockensignales gegeben und haben darauf alle Besucher sich sofort aus dem Garten zu entfernen. 2) Das unbefugte Betreten des Rasens, der Rasenränder und Gehölzgruppen, sowie dir muthwillige Beschädigung derselben, in gleichen da« unbefugte Abpflücken von Blumen, Blüthen, Blättern oder Zweigen, das Werfen mit Steinen ist streng verboten. 3) Das Wegwerfen von Papierstücken und anderen Gegenständen, insbesondere das Umherstreuen der Abgänge von Lebensmitteln und der zum Einschlagen der letzteren benutzten Papiere ist verboten und sind diese Papiere und Abgänge lediglich in die für diesen Zweck ausgestellten Körbe zu Wersen. 4) Jede Verunreinigung des Garten- ist verboten; es wird hierbei auf die Benutzung des errichteten Abortes verwiesen. 5) Das Mitbringen von Hunden ist nicht gestattet, dieselben sind auch nicht an der Leine zulässig. 6) Ruhrstörender Lärm, der anderen Besuchern den Aufenthalt im Garten verleidet, die Benutzung der Bänke seitens angetrunkener oder augenscheinlich dem Müßiggang ergebener Personen, sowie Las Schlafen aus den Bänken ist verboten. 7) Den Anordnungen des durch seine Dienstkleidung erkennbaren Anlagrnwärters ist unweigerlich nachzukommen. Personen, welche den obigen Anordnungen zuwiderhandeln, oder den Anordnungen des Anlagcnwärters nicht Folge leisten, können ans dem Garten verwiesen werden. Für Kinder sind diejenigen Personen verantwortlich, deren Auf sicht die erstrren anvertraut sind; Kinder ohne Aufsicht erwachsener Personen können aus dem Garten verwiesen werden. Leipzig, den 27. Mai 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Grüßel. Bekanntmachung. Zu den ans Möckernschrr Flur zu errichtenden CasernementS sind nachgenannte Arbeiten zu vergeben: n. Erdarbeiten, d. Herstellung einer Bauplankr, », desgl. des Wafferrohrnetzes, ä. Pflasterung eine» Bauweges, «. Erd- und Maurer-, Eisen-, Steinmetz-, Zimmer-, Asphalt« und Klempnerarbeiten zu dem al» Baubureau bestimmten Gebäude. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Bauverwaltung für dir Casernenbauten, Knpfergäßchen Nr. 1, 1. Obergeschoß (Kramerhaus) auS und können dort «„gesehen, be- ziehentlich Kostrnanschlagsformulare gegen Entrichtung der Gebühren von je 1 ^l entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift versehen: „Erdarbeiter, bezw. Bauplanke,c. für die Taseknenbauten" an obengenannte Stelle bis rum «. Juni 18Ss, Vormittag» 10 Uhr einzureichen. Der Rath behält sich vor, sämmtltche Gebote abzu- lehnen. Leipzig, den 28. Mat 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. , vr. Georgi. Lichorius Bekanntmachung. Die A-Phaltirung der Hallefchen Strafte von der Bahnhof straße bis zuin Brühl soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Unterlagen für dies« Arbeit liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau», 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 aus und können dort ringesrhen oder gegen Entrichtung von 50 /H, die auch tu Briefmarken eingesendet werden können, ent nommen werden. Bezügliche Angebot« sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Asphalttrmig der Halleschen Strafte" Versehen in dem oben bezeichn«»«» Geschäftszimmer dt» zu« 5. Juni d. IS. 5 Uhr Nachmittag- einznrrichen. Der Rath behält sich da« Recht vor, sämmtltche Angebot« ab zulehnen. Leipzig, den 27. Mat 189V. De« Rathe» der Stadt Leipzig Io. 2284. Sannadend, den 1. ätnii er von Vormittags 10 llhr a soll im Geschäftszimmer de» Proviantamt»» zu Leipzig. Plelßenburg. Thurmhau», 2. Stock, eine Partie Roagenklete, Antzmetzl re. öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig» am 27. Mai 1895. Königliche» Prapiantamt. * Eine der Lieblingsaufgaben des Grafen Caprivi schien es zu fein, die Polen auf Kosten der Deutschen zu „versöhnen". Wie während der Aera Caprivi die Polen ge hätschelt und in ihrem Uebermuthe bestärkt wurden, ist gewiß in ganz Deutschland noch in ebenso frischer Erinnerung, wie die Besorgniß, die infolge dieser Begünstigung antipreußischer und antideutscher Bestrebungen der Gemüther sich bemächtigte. Die „Polengefahr" bildete bis in die zweite Hälfte des ver flossenen Jahres in der ganzen deutsch-nationalen Presse das ständige Tbema. Da kam im September die Reise des Kaisers nach Ost- und Westpreußen. In Königsberg hielt der Kaiser am 8. September jene berühmte Rede, in der er zum Kampfe für Religion, für Sitte und Ordnung, rum Kampfe gegen die Parteien des Umsturzes aufforderte. Dieser Rede folgte am nächsten Tage in Marienburg eine zweite, in welcher der Kaiser den Wunsch aussprach, daß die Provinz Westpreußen „die Marienburg stets als Wahrzeichen des Deutschthums ansehen, daß sie stets pflegen und hegen möge deutsche Sitte und deutschen Glauben und daß sie sich hierdurch immer fester zusammenschließen möge". Und am 21. September sprach der Kaiser in Thorn: „Die Geschichte der Stadt Tdorn ist eine der bewegtesten und interessantesten unter ollen Städten Meiner Monarchie. Sie hat aber in allen wechselnden Schicksalen Las Eine nicht aus dem Auge gelassen, daß sie gerade wie Marienburg seit ihrer Gründung eine deutsche Stadt ist. Ich babe Mich gesreut, wahrzunehmen, daß Thorn das Deutschthum zu bewahren bestrebt ist, und Ich hoffe, daß Meine soeben gesprochenen Worte auch in Thorn das rechte Verständnis; finden werden. ES ist zu Meiner Kenntnis; gekommen, daß leider dir Polnischen Mitbürger Hierselbst sich nicht so verhalten, wie man es erwarten und wünschen iollte. Sie mögen «S sich gesagt sein lassen, daß sie nur dann auf Meine Gnade und Theilnahme in demselben Maße wie Deutsche rechnen dürfen, wenn sie sich unbedingt als preußische Unterthanen fühlen. Ich hoffe, daß die Thornrr polnischen Mitbürger sich entsprechend dem, was Ich in Königsberg gesagt, verhalten werden, denn nur dann, wenn wir alle Mann für Mann geschlossen wie eine Phalanx zusammen, tehen, ist es möglich, den Kampf mit dem Umsturz siegreich zu Ende zu führen." Beim Abschied von Thorn richtete der Kaiser an den Bürgermeister noch die eindringlichen Worte: „WaS Ich »eute gesagt habe, mag Wohl beachtet werden, Ich kann auch sehr unangenehm werden." Wie von schweren, Alpdruck erlösten diese kaiserlichen Worte, die der Telegraph durch alle deutschen Gauen trug, die Gemüther; wie Sonnen schein begleiteten sie am 22. September die 2000 Männer auS Westpreußen, die dem Fürsten BiSmarck in Varzin ihre Huldigungen darbrachtrn. Der Fürst selbst gab in seiner Rede der Empfindung und Hoffnung aller Deutschen Ausdruck, als er zu seinen Gästen sprach: „Meine Hoffnung einer günstigen Entwickelung der Sache steht >eute um so viel fester, wenn ich mir die Aeußerungen Sr. Majestät des Kaiser» in Königsberg, in Marienburg, zum 17.Armee corps, zu seinen Osficieren, und gestern in Thorn vergegenwärtige "ch darf annehmen, daß daS, was Se. Majestät der Kaiser gestern in Horn geredet hat, sich mit der Schnelligkeit des Telegraphen hin reichend verbreitet hat, um nicht? Neues zu sein. Also wenn wir nicht in der Uneinigkeit des deutschen Ordens vom 15. Jahrhundert, andern in Geschlossenheit, di» di« deutsche Nation im Bunde mit ihren Fürsten und ihrem Kaffer bindet, dem Polonismus ent gegentreten, so kann eine ernste Befahr für uns nicht mehr vorliegen. ... Es ist für nnS und für die Gesinnung, die Sie hergeführt hat, ein herzerhebender Moment, indem wir uns zu sagen berechtigt sind, daß Se. Majestät der Kaiser und König sie theilt. Gott erhalte, Gott fördere sie, Gott gebe dem Kaiser Räthe und Diener, die bereit sind und uns diese Bereitwilligkeit zeigen, im Sinne dieses kaiserlichen Programmes zu handeln." Wir selbst schrieben am 24. September (Nr. 490): „Der „dankbare Gesprächsstoff" der Polengefahr wird nunmehr aufhören, ein dankbarer zu sein. Mit Recht hat Fürst Bismarck seinen wcstpreußischen Gästen gegenüber betont, daß eine von der polnischen Bewegung drohende ernste Gefahr seit dem Augenblicke nicht mehr besteht, in dem der Kaiser diese Be wrgung gekennzeichnet hat und ihr mit strengem Tadel entgegen -»treten ist. Allerdings ging Fürst Bismarck bei seinem tröstlichen lnSspruche von zwei Voraussetzungen aus. Die erste ist, daß di« Räthe und Diener des Kaisers bereit und fähig sind, im Sinn« des kaiserlichen Programms zu handeln. Aber daß diese Voraus, setzung keine falsche ist, dafür bürgt die Willensfestigkeit des Kaisers, die Niemand besser kennt, als Fürst Bismarck. Ein Monarch, der eine« Bismarck sich entänßern konnte, weil dieser außer dem Amte auch einen selbstständigen Willen hatte, wird jetzt nicht zögern, mit energischen Vollstreckern seine« Willens sich zu umgeben, wenn sein« jetzigen Räthe und Diener an Elser und Verständniß »S fehlen lasten." Und heute? Heute müssen wir mit Beschämung bekennen, daß wir un» in der Annahme, die Polengefahr werde ver schwinden und aushören, ein „dankbarer Gesprächsstoff" zu sein, bitter getäuscht haben. Graf Caprivi und Gra Eulenburg, in deren „Aera" diese Gefahr gewachsen war. haben ihre Stellungen raumen müssen; die Gefahr aber wächst auf» Neue, als ob die kaiserlichen Worte in Königs berg, Marienburg und Thorn nie gesprochen worden wären Wenigsten» in der Provinz Posen, für die in noch höherem Maße al» für Ost- und Westpreußen diese Worte gelten. E» vergeht fast kein Tag, an dem nicht eine Kunde über polnischen Uebermulh und schwächliche Nachsicht der berufenen Schützer des Deutschthum» rinträse. Au den Klagen über dir von der polnischen Be völkerung in Posen betriebene Deutscsienhetze, deren furcht barer Ernst durch den Stuhmer Fall und soeben wieder durch da» Complot Wider die Stellung und Ehre eines deutschen Lehrer» in Kursdorf beleuchtet worden ist, ge sellen sich neuerdings Beschwerden über ein den Interessen I de» Deutschtbum» und de» preußischen Staate» nicht ent I sprechendes Vorgeben her Behörden. Eine besonders schwere Anklage ist in diesen Tagen in der „Post" erhoben worden, ohne daß der sonst so berichtiguugsbereite „NeichSanzeiger" ein Wort der Abschwächung gefunden hätte. Der letztere Umstand läßt es angebracht erscheinen, die Posener Cor- respondenz des genannten Berliner Blattes nochmals wiever zugeben. Sie lautet: „In rastloser Concurrenz arbeiten jetzt die verschiedensten Be- Hörden daran, die Stadt Schroda zu polonisiren. Der aufsichts- führende Richter ist ein Pole, in Folge dessen sind die Subaltern- beamten ain ganze» Amtsgericht bis auf ver)chwindende Ausnahmen ebenfalls Polen. Der Postdirector, der KreisphysikuS, der Gendarm sind Polen und nun sind auch die beiden deutschen Steuerbcamten in diesem Jahre durch Polen ersetzt. Es ist ein trauriges Zeichen der Zeit. Jedes einzelne Ressort unserer Bureaukratie geht selbst ständig vor und lockert das Deutschthum in den gesährvetsten Kreisen immer mehr; und fragt man an, warum das nicht anders geht, so wird Einem bestenfalls die Antwort: „Nach den gesetzliche» Bestimmungen sind wir verpflichtet, die sich meldenden Militair» anwärter anzustellen". Es sind im Kreise schon sonderbare Folgen dieses Vorgehens gezeitigt worden, und die Begriffe in den unteren Schichte» der Bevölkerung werden immer mehr verwirrt. Es ist kein erhebendes Gefühl, in der Provinz Posen Deut scher zu sein." Angesichts einer solchen Darstellung muß man mindestens bezweifeln, daß der seit dem letzte» politischen Ministerwechsel in ber Polenpolitik eingetretene „Umschwung" sich auf ein Erkleckliches mehr erstrecke, als auf eine wohlwollendere Erörterung der denrschnationalen Interessen in den Ost provinzen vom Ministertische aus. In einer Berliner Versammlung deS Vereins zur Förderung des Teutsch- thums ist zwar mitgetheilt worden, die Regierung stehe dem Verein freundlich gegenüber, als Zeichen dieser Gesinnung konnte aber nicht viel mehr als die Thcnsache angeführt werden, daß die kaiserliche Ncichspostverwaltung ihre polnischen Beamten zur Erfüllung ihrer Pflicht zurückruft, wenn Briefe des deutschnationalen Vereins „verloren" gegangen sind. Dieses Entgegenkommen scheint den Nachrichten aus Schroda gegenüber nicht sehr schwer zu wiegen. Hier sehen wir eine Praxis der Polonistrung geschildert, die die Erwägung nahe legen könnte, ob der Hundertmillionen-AiisiedelungsfondS nicht einem anderen Zwecke, für den seine Verwendung we Niger Aehnlichkeit mit ber Danaidenarbeit aufweist, zuzusüdren wäre. Denn wenn die Reichs- und die preußische Verwaltung die Geistlichkeit in dem Bestreben, den Gebrauch der polnischen Sprache unvermeidlich zu machen, — und dies geschieht that- ächlich durch den Zwang, mit polnischen Beamten zu ver ehren — unterstützt, so läuft die Ansiedelung von Deutschen auf nichts Anderes als auf die Beschaffung von frischem Material für die Verpolung hinaus. Feststellungen, wie die der „Post", zwingen zu der Frage, ob die jetzige preußische Regierung die Worte deö Kaisers nur für die damalige Negierung gesprochen erachtet und ob in den doppelsprachigen preußischen LandeStheilen Hobe staat iche Functionaire regieren oder der König von Preußen. Die amtlichen Zustände in Schroda sind doch nicht von selbst entstanden und der kostbaren Ausrede, zur Anstellung der sich meldenden Militairanwärter bestehe eine gesetzliche Ver- rflichtung, wird man wohl die Vermuthung entgegensetzen dürfen, das Gesetz verbiete nicht, Kategorien von Militair- anwartern, deren Verwendung an bestimmten Stellen aus administrativen Gründen nicht am Platze ist, anzu- weisen, sich anderswo zu melden. Vielleicht existirten in Posen weniger Militarranwärter polnischer Nationalität, wenn man von der neuen, früher von der Kriegsverwaltung mit den militairischen Interessen für unvereinbar gehaltenen iebuna, die polnischen Rekruten in die in den Provinzen mit rolnischer Bevölkerung belegenen Regimenter einzustellen, wieder abgekommen Ware. Jedenfalls handeln die Behörden von Schroda nicht auf eigene Faust und ihre Vorgesetzten nicht im Banne einer unabwendbaren Notbwendigkeit. Daß sich „die Begriffe in den unteren Schichten der Bevölkerung immer mehr verwirren", daß also da» deutsche Element da» nationale Selbstvertrauen verliert, hätte der Ge währsmann der „Post" nicht ausdrücklich zu versichern gebraucht. Ein solcher Effect eines behördlichen Ver haltens, wie des von ihm geschilderten, versteht sich von selbst. Die mehrfach im preußischen Abgeordnetenhaus? ge körten befriedigenden Ministerreden über das Verhältniß der Regierung zum Deutschthum in Posen und Westpreußen scheinen bei den Amtsstellen dieser Provinzen keinen Eindruck hervorgebracht zu hatten. Um so gefährlicher ist eS, daß sie die Wirkung haben, im übrigen Preußen und Deutschland eine Beruhigung über die Zukunft des dortigen Deutschthums zu verbreiten und einen Zustand zu verschleiern, bei dem eS „kein erhebendes Gefühl" ist, in einem preußischen Landes- theil ein Stammesaenofse deS deutschen Kaisers zu sein, für den Fürst BiSmarck am 22. September vergebens um Diener gebetet hat, die bereit sind und die Bereitwilligkeit zeigen, im Sinne de» kaiserlichen Polenprogramms zu handeln. Deutsches Reich. Berlin, 28. Mai. Wenn in agrarischen Kreisen be hauptet wird, die Negierung verzögere die Durchführung der zur Hebung der Landwirtbschaft nöthigrn Maßnahmen, so bedarf es nur eines Vergleiches der hierauf bezüglichen Voten deS StaatSralheS mit dem, waS seitdem von der Regierung im Reiche, wie in Preußen gethan oder wenigstens eingeleitet ist, um die Unrichtigkeit dieser Be hauptung nachznweisen. Unter Ablehnung des Antragcs Kanitz hat der StaatSrath, wa» zunächst die „großen" Mittel anlangt, die Einleitung internationaler Verbandlungen zur Hebung de« Silberpreises empfohlen. Wegen Einleitung solcher Verhandlungen ist di« NeichSregierung längst mit den Bundesregierungen in» Benebmen getreten. Vom StaatSrathe ist ferner eine Revision deS Brannt wein- und ZuckersteuergesetzeS in bestimmter Richtung besürworkrt worden. Die Novell» zum Branntweinsteuer« aesetze, welche der Reichstag in letzter Stunde angenommen oat, entspricht durchaus den Vorschlägen deS StaatSrathrS. Ein Zuckersteuernothgesetz ist vereinbart; die Vorlegung einer den Absichten deS StaatSrathe» entsprechenden Novelle zum Zuckerstenergesetz wird für die nächste Session vorbe reitet. Der Staatßrath hatte die Herabsetzung der Tarife für Productivmittel der Landwirtbschaft befür StaatSbahnen um 20 Proc. herabgesetzt. Der StaatSrath ratte eine Verbesserung des ländlichen Realcredits dahin empfohlen, daß insbesondere auch den Bauern die Um wandlung ihrer kündbaren, zum Theil hochverzinslichen Privaibypotheken in unkündbare, billig verzinsliche Amorti- ations-Darlehen öffentlicher Creditinstitute wesentlich er- eichtert werde. Die Einleitungen zu einer entsprechenden Aeuverung der Statuten der landschaftlichen (rilterschaft- ücken) Creditinstitute der östlichen Provinzen sind ge troffen. Der StaatSrath hatte die Errichtung einer taa klicken Central stelle, welche das Creditbedürfniß der landwirtbschastlichen Creditgenossensckaften befriedigen könnte, in Anregung gebracht. Die Errichtung einer staat lichen Centralcreditanstalt zur Förderung deS PersonalcreditS deS Mittelstandes in Stadt und Land ist beschlossen und wird bestimmt noch in der laufenden Session den Landtag beschäftigen. Rechnet man zu diesen sämmtlichen tbeils bereits durchgeführten, theils wenigstens in künftiger Vorbereitung begriffenen Maßnahmen noch die bekannten Pläne wegen staat licher Förderung der Einrichtung von Kernhäusern, wegen Förderung der inneren Colonisation, wegen Reform derProducten-Börse, Ordnung des Verkehres mit Margarine rc., so bekommt man ein Bild regster plan mäßiger Thätigkeit zur Durchführung der vom StaatSrathe empfohlenen Maßregeln für Hebung der Landwirtbschaft auf der ganzen Linie. WaS immer von den vorgeschlagcnen Maßregeln zur Förderung der Landwirtbschaft spruchreif ist, gelangt auch ohne Verzug zur Ausführung, und der Vorwurf der Verzögerung gegen die Negierung ist so wenig berechtigt wie klug. Man macht sich sicherlich keiner Uebcrtreibung schuldig, wenn man behauptet, daß niemals seitens einer Negierung bisher so umfassende Maßnahmen zur Hebung der Landwirtbschaft getroffen oder vorbereitet sind, wie dies jetzt geschehen ist. ^ Berlin, 28. Mai. Der Ausweis über den Ertrag der Zölle und Verbrauchssteuern im ersten Monat des neuen Rechnungsjabres (April 1895) ist befriedigend und auch von uuS demgemäß beurtbeilt worden. Ader zur Fruc- tisicirung zn Ungunsten des Planes einer Consolidirung der Reichs- und Staatssinanzen, wie sie in der Presse versucht wird, eignet er sich keineswegs. Ein großer Theil der Mehr einnahmen aus Zöllen, vermuthlich der weitaus größte, ist auf die Lage des GetreidemarkleS zuruckzuführen. DaS An- ziehen der Getreidepreise bildete einen Sporn zu der raschen Wiederanfüllung der geräumten Läger. Hier aber zieht ver Bedarf eine Grenze, die sich im weiteren Verlaus des Etats- jabreS um so mehr verengen wird, als die einheimischen Ernteaussichten anscheinend gut sind. An dem schwankenden Zustand unseres Etats ändert das reichliche Einnahmeergebniß eines oder mehrerer Monate ebensowenig etwas, als ihm der natürlichen Steigerung der Ausgaben gegenüber eine große Bedeutung zukomml. * Berlin, 28. Mai. Ueber die NeligionSverhält« nisse der Abiturienten in Preußen haben wir schon früher erwähnt, daß der Procentsatz der evangelischen Abitu rienten ein wenig höher ist als derjenige der evangelischen Gesammtbevölkerung, nämlich 66 Proc. gegen 64,4 Proc., der der katholischen beträchtlich niedriger, 26 gegen 34,6, daß die jüdische Bevölkerung ihn ganz erheblich übersteigt, da sie in der Monarchie mit 1,2 Proc., unter den Abiturienten aber mit 8 Proc. vertreten ist. Wie gewaltig diese Sätze in den einzelnen Provinzen variiren, daS bezeugt eine Tabelle ür das Jahr 1892/93. Nach dieser hat das fast ganz protestantische Schleswig-Holstein auch nur protestantische Abiturienten aufznweisen; sonst aber gilt der Satz: je weiter eine Provinz nach Osten liegt und je mehr große Handelsstädte sie aufweist, desto größer ist der Procentsatz der jüdischen Abiturienten. Daher hat Ost preußen statt 0,7 der Einwohnerzahl 6,8 Procent jüdische Abiturienten, Westpreußcn 14 Proc. statt 1,3, Berlin 24 statt 5,5, Brandenburg 6,3 statt 0,6, Pommern 4,9 statt 0,8, Posen 14,5 statt 3, Schlesien gar 16 statt 1 Proc., indem Breslau hier den Ausschlag giebt, und in Hessen-Nassau bewirkt die starke jüdische Bevölkerung in Frankfurt a. M. daS Anschwellen der jüdischen Abiturienten von 2,7 auf 10 Proc. Ferner zeigt dieselbe Tabelle, daß je höher die Zahl der katholischen Ein wohner ist, desto stärker der Procentsatz der evangelischen Abiturienten ist und umgekehrt. Eine Ausnahme macht nur Westfalen, wo die katholischen Abiturienten 63,5 Proc., die katholischen Einwohner nur 52 Proc. betragen, da hier die Zahl der katholischen Theologen sehr groß ist. So hat Posen 66 Proc. katholischer Einwohner, aber nur 31 Proc. katho lischer Abiturienten, während die evangelischen Einwohner 31 Proc., die evangelischen Abiturienten 54,3 Proc. betragen; in Schlesien stellen sich die Sätze auf 49 Proc. evangelischer und 35 Proc. katholischer Abiturienten, gegenüber den Zahlen von 43 und 56 Proc., Westpreußen 56 Proc. evangelischer Abiturienten, aber 48,7 Proc. evangelischer Einwohner gegenüber 30 Proc. katholischer Abiturienten und 50 Proc. katholischer Einwohner, hingegen hat daS zu 86,25 Proc. protestantische Hannover nur 79 Proc. protestantische Abiturienten und 18 Proc. katholische, statt der der Bevölkerungsguote entsprechenden 12,5 v. H., Brandenburg 89,2 statt 95,7, Westpreußen 82,7 statt 85,8. V. Berlin, 28. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser begab sich heut« früh um 7 Ubr 35 Min. von der Wildparkstation nach Jüterbog, um daselbst den Schießversuchen beizuwobnen. Um 4 Uhr 5 Min. gedachte er in Wildpark wieder cinzutreffen. V. Berlin, 28. Mai. (Telegramm.) Die Blättermeldung, daß die Kaiserin mit den kaiserlichen Kindern im Lause des Sommers in Wyck auf Föhr weilen wird, entbehrt der Begründung. (Wiederholt.) T Berlin, 28. Mai. (Telegramm.) Die „Nvrddeirtsche Allgemeine Ztg." bestätigt, daß der Reichskanzler am 5». Juni eine Besichtigung de» Nordostsrr-Canal«, sowie eine Probefahrt durch denselben unternehmen wird. (-) Berlin, 28. Mai. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgein. Ztg." erfährt, daß dem Vortragenden Rathe im Auswärtigen Amte, Geh. Leqalion»ralh Grafen von Poartales, unter Belastung in seiner gegenwärtigen Stellung der Rang und der Titel eine» Gesandten ver liehen worden sei. Berlin, 28. Mai^ (Telegramm.) Wie die „Kreuz- wortet. Die wichtigsten Düngertarife sind auf den preußischen I zeitung" hört, ist die Einberufung di- Eslsatalraltes nack,
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