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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950626012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895062601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895062601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-06
- Tag1895-06-26
- Monat1895-06
- Jahr1895
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Größere Schriften laut unserem Preis« verjeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra »Vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbesördenmg 60.—, niit Postbesörderung 70.--. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen» Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anjeigeu sind stets an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. Mittwoch den 26. Juni 1895. -89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Das 81. Stück des diesjährigen Retchsaesktzblatte» ist bei uns ringegangen und wird bi» znm SO. Juli d. AS aus dem Rathhaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushänge». Dasselbe enthält: Nr. 8842. Gesetz, betreffend die Fürsorge für dir Waise» der Personen des Soldatenstandes des ReichShcerrs und der kaiserlichen Marine vom Feldwebel abwärts. Boi» 13. Juni 1835. Leipzig, den 81. Juni 1835. Der Ruth der Stadt Leipzig. Or. Georgt. Krumbirgel. Bekanntmachung. Wegen Herstellung der Wasserleitungs-Anlagen wird vom 27. die,es Monats ab die Hallesche Strafte auf die Dauer der Arbeitrn für alle»! Kahrverkehr gesperrt. Leipzig, den 25. Juni 1835. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 3472. Or. Georgi. Stahl.^ Bekanntmachung. Wegen AuSschachtungsarbcite» im Thomasgäßchen wird vom 26. dieses Monats ab die Ulostergaffe während der Dauer dieser Arbeiten für den durchgehenden Fähr verkehr gesperrt. Leipzig, am 2b. Juni 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. XI. 3491. Or. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. Die Herstellung einer Schleuste 3. ttlasse, von der Kreuzung des Gerichtswegs und der Ehaussec-Ltraße, in letzterer bis zur Perthes-Straße, und in der PertheS-Straste, von der Chaussee- Straße bis zur Fromman-Straße, soll an einen Unternehmer ver dungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau - Verwaltung, Rathhaus, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23, aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von 50-H, die auch in Briefmarken eingesendet werden können, ent nommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schlentzcnbau in der Ehansfee- und in der PertheS-Strafze" versehen in dem oben bezeichneten Geschäftszimmer biS ZUM ü. Juli dieses Jahres, 5 Uhr Nachmittags, einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sänimtliche Angebote ab> zulehnen. Leipzig, den 22. Juni 1895. De» Rathes der Stadt Leipzig Io. 2987. Stratzenbandeputatio». Bekanntmachung. Nachdem die Lieferung der für den Dampskesselbetrieb der städtische» Markthalle im Jahre 1895/96 erforderlichen Kohlen ver geben ist, werden die nichtberücksichtigten Bewerber ihres Angebots hiermit entbunden. Leipzig, den 20. Juni 1895. 2853.: Ter Rath der Stadt Leipzig. 919. Dr. Georgi. Lindner la. Bekanntmachung. Der für die westlichen Vororte bestimmte Schuttabladeplatz in der Gottgc wird von Donnerstag» den 27. dieses Monats, an geschloffen. Das Ablade» von Schutt, Asche u. s. w. auf diesem Platze ist daher von dem vorbezeichneten Tage ab verboten. Dafür haben wir zur anderweiten Ablagerung von Schutt, Asche, Schlamm und Hausabfällen aller Art bis auf Weiteres die im verschlossenen Holze gelegenen Parcellen 31 und 32 mit der Maßgabe bestimmt, daß die Anftthre auch nach diesem Platze nur von der Friesen - Straste in Leipzig . Lindenau aus vnrch vie Gottgc erfolgen darf. Der nach dem neuen Schuttabladeplätze führende Weg ist durch Placattafeln kenntlich gemacht. Bezüglich der An- und Abfuhre, sowie des Abladens ist den Anordnungen des von uns angestellten Platzaufsehers unbedingt Folge zu leisten. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden, sowie gegen die übrige» für die städtischen Schuttabladeplätze bestehenden Be dingungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 oder entsprechender Haft geahndet. Leipzig, am 24. Juni 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Io. 2922. Or. Georgi. Ctz. Versteigerung. Im Auctionslocale des hiesigen Amtsgerichts sollen TonncrStag, den 27. Juni o., von Vormittags 10 Uhr an 1 größere Partie Möbel, Lampenschirme, 1 Nähmaschine, 1 Blechabkantemaschine u. v. A. meistbietend versteigert werden. Leipzig, den 25. Juni 1895. Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts das. Versteigerung. Freitag, den 28. Jnni 1895, von Vormittags 10 Uhr ab sollen i», Gasthof znr Goldenen Krone in Möckern 12 Pferde schweren Schlags mit Geschirren, I Break- wagen, 3 Lowrh- und Rüslwagen, 6 Steinwagen, 2 Erdtrans- portwagen, 3 Leiterwagen, 1 Kutschwagen (Glaslandauer), 1 Korbschlitten. 4 Stück complete Kutschgeschirre, ca. 50 Ctr Hafer, ca. 100 Ctr. He», 1 Häckselschneidemaschine, 11L.000 Lehmsteine, 1 Tiegeldruckpresse mit Fußbetrieb und 2 Kasten >mt ca. 30 lcs Titelschrift meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 25. Juni 1895. Ter Gerichtsvollzieher de» Kgl. Amtsgericht» daselbst. Steinbeck, Secr. Sonnabend, den 29. Jnnt er., von Vormittags 10 Uhr ab, soll im Geschäftszimmer des Proviantamtes zu Leipzig, Pleißen- burg, Thurmhaus, 2. Stock, eine Partie Roggenklete, Kntz- mehl re. öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baar. zahlung versteigert werden. Leipzig, am 25. Juni 1895.Kgl. Proviantamt. Sparkasse Schönefcld hat 60 «00 AK. -hpothck und 4'/« Proernt Verzinsung an»znlethen. Bekanntmachung. Tie öffentlichen Hcbammen-Prüfnnge» finden Freitag, Sen 28. und l Nachmittags von Sonnabend, ven 29. Juni / 3—5 Uhr im Hörsaale der Universitäts-Frauenktinik — Trier. Institut — statt. Leipzig, den 21. Juni 1895. Tic Direktion der K. Hebammcn-Schnle. Prof. Or. Zweifel. ^ Diebstahls-Bekanntmachung. . Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine silberne Ankernhr mit Secunde, blumenartiger Gra- virung, Fabrcknummrr 88 702 oder 88 792 n»S goldener Kette mit Verzierung in Form einer Serviette mit Ring, am 15. Juni; 2) einc goldene Lamcnnhrkette, feingliederig, mit Herz- förmigem Anhänger mit rothem Stein und weißen Perlen, am 2. Mai: ^3) ritt Tamcn-Regenschirm mit schwarzseidenem Bezug und braunem geraden Naturstock, Anfang Mai; 4) ein grancr Herren-Mantel stricht) mit Krage», grauem Schooß- und schwarz-, blau- und gelbcarrirtem Aermrlfutter, am 14. Juni; 5- 8 Stück Tamcnkleidcrstofse, havannabraun, dunkelblau, hellgrau und rosa geblümt, graubraun, grün geblümt, 2 Stück dunkelblau gefärbt und 2 Stück modesarbig mit gestickter Kante, Mitte April; 6) ein lackirter offener Waschtisch, am 25. Mai; 7) 1 Deckbett, Unterbett und Kopstisscn mit weiß- und blaugestreisten Jnlets und ebensolchen Ueberzügen, Mitte Mai; 8) 2 Gcbett Veiten, aus Ober- und Unterbett und je 2 Kops kiffen bestehend, rolh- oder blaugrau- und rothgestreist, vom 1. Mai v. I. bis 1. Februar d. I.; 9) ein Tcckbctt mit rothem Intel ohne Ueberzug. ein Tcckbett mit weiß- und graugestreiftem Jnlet und roth- und weiß klein, carrirtem Ueberzug, ei» Deckbett mit rothem, braun- und weiß gestreiftem Jnlet, 3 Kopfkissen mit gestreiften JnletS, 2 mit rolh und weißcarrirten Ueberzügen, am 13. Juni; 10) 2 Block Zinn» 70 lijx schwer, mit denr Zeichen „I'zmout, LmeltinA sr Oo.", am 20. Juni; 11) eit« Pnenmatic-Rovcr» ohne Fabriknummer und Stempel, mit grauer Zeugtajche und Firmenjchild mit dem Namen „August Llariiu", am 20. Juni; 12) ei» neneS Rover mit schwarzlackirtcn Stahlselgen und gelbem Sattel mit der Bezeichnung „OampIucN", am 20. Juni; 13) ein zwciriidcriger Handwagen, braun gestrichen, die Räder gelb obgesetzt, und ein ca. 4o m langes Seil, 3—4 ew stark, am 14., bezw. 19. Juni. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder Uber den Thäter sind ungesäumt bei unserer Cruninalabtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den 24. Juni 1895. Tas Polizeiamt der Stadt Leipzig. I» Stellvertretung: Or. Schmid. Ml. Geschiiftsverkauf. Erbtheilungshalber soll das in hiesiger Stadt ain Marktplatze gelegene Hausgrundstück, Nr. 24 des Brand-Katasters, mit dem in deinselbcn besindlicheu unter der Firma „Gustav Jüppelt" be triebenen kaufmännischen Geschäfte cinschliefzlich aller Waaren- vorräthe und der am hiesigen Bahnhofe gelegenen Niederlage nebst zwei ebendaselbst befindlichen, zu Baustellen sich eignenden Wiesengrundstückell» aus freier Hand verkauft werden. Das Geschäft, welches seit einigen 20 Jahren in außerordentlich schwunghafter Weise betrieben worden ist, sich von Jahr zu Jahr vergrößert hat und noch mehr erweiterungsfähig ist, umfaßt neben der Handlung mit Colonial-, Material-, Glas- rc. Maaren, vor nehmlich die Eisen-Bauartikel- und Steinzeugbranche. Die Grundstücke allein sind aus »8 215 Mark. wovon 29 500 ^ auf das Haus entfalle», gewürdert worden. Die Wiesengrundstücke — 6130 >8 gewürdert — werden eventuell be- sonders veräußert. Käufer, welche über ein Capital von gegen 80 OM ./i verfügen, wollen ihre Angebote an das Unterzeichnete König!. Amtsgericht, oder den bestellten Nachlnßvertreter Herrn Kaufmann Oskar Näser hier richte». Jede gewünschte Auskunft wird bereitwilligst und kostenlos ertheilt, auch ist Besichtigung der Grundstücke rc. jederzeit gestattet. - Dippoldiswalde, am 1l. Juni 1895. Königliches Amtsgericht. Äeuder. Ulbr. Mariaberg und die moderne Irrenheilkunde. II. (Schluß.) k-n. So trifft die Schuld an den Mariabcrger Vorgängen zunächst die Jrrenpflege der religiösen Genossenschaften und dann die Fahrlässigkeit der berufenen Aufsichtsbehörden. Be dauerlich aber wäre eS, wenn das entstandene Mißtrauen der öffentlichen Meinung sich auch gegen die Vertreter der wissenschaftliche Jrrenheilkunde wenden würde, die ohnehin in letzter Zeit, und gerade in erster Linie durch die heute bloß gestellten Kreise, schwere Anfechtungen erlitten haben. Leider werden die große Fortschritte, welche die deutsche Jrrenpflege in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, von dem großen Publicum nicht genügend gewürdigt. Es ist vielleicht nicht überflüssig, daran zn erinnern, daß cS Irrenärzte waren, welche die Kette» der Irren abnahmen, Irrenärzte, welche das Ao-restraiut (freie Behandlung) ein- sührten, Irrenärzte, welche jetzt in Schottland, Altscherbitz rc. die Freiheit der Geisteskranken auf das denkbar höchste Maß ausgedehnt haben und neuerdings in der Bettruhe die mög lichst schonende Methode znr Beruhigung lobenver Kranken durchführen. Dagegen waren es Laien, welche die Geistes kranken in Ketten legten und hier und da noch legen, eS waren Priester, welche solche Kranken als Hexen ver brannten, es sind Gerichte, welche noch heute in einzelnen Fällen unzurechnungsfähige Geisteskranke verurtheilen und in Gefängnisse einsperren. Wenn nicht die Humani tät, so würden schon die Heilerfolge die Irrenärzte zur Menschenfreundlichkeit veranlassen; die Grundsätze der deutschen Fachmänner in der Behandlung sind größte Milde und Ge duld, Wahrhaftigkeit und strenge Gerechtigkeit. Die Klagen über widerrechtliche Freiheitsberaubung Ge sunder rufen oft starke Beunruhigung und leidenschaftliche Erörterungen hervor, da ein schöner Zug der Menschenuatur sie leichter durch einen Appell an das Gefühl, als durch Brr- standeSrrwägungen bewegen läßt. Um welche angeblichen Opfer der Irrenärzte eS sich dabei fast immer handelt, darüber spricht sich der Züricher Professor Forrl folgendermaßen an« „Man gebe sich einmal die Mühe, die Geschichte dies» Fälle, das spätere Schicksal solcher Men,che»wenige sind, w.rd zunächst finden, daß es "rbal-mbmaß-g wen^ l welche das große Geschrei gegendic ZrrenaiZ recht denjenigen Fälle», um welche es ,ichhaiidcl,) GeisteS- llare, oft sehr schlaue, sogar durchtrieben rabul s kranke, bereu Krankheit der La.e nicht em t ' ann w ^^ nur aus krankhafte», oft chrom,chc», triebartigen ^ uch Assecteu, auf rabutist,scheu Verdrehungen dtr^An,ck'auung^ bei ungestörter fvriiieller Logik und oft vorz g » stetlmigssäbigkeit und großer «Schlauheit r.-,, meistens Querulanten, die sich v-rwlgt w° »- »nd z d ' furchtbarsten Verfolgern 'hrer nächsten Umgebung werd , verschrobene Charaktere, Proceßkramer Ontriguanten oder Alkoholiker, die es vorzüglich verstehen, sich <US LN lämmer zu geberden. Z" dedauern s s dennoch, denn sie sind unglücklich» glauben se ' . . ^ ° Verdrehungen, wähnen sich verfolgt. Sie )md e» gl Futter für gewissenlose Winkeladvoeaten. denn Jedem, d r ihnen schmeichelt und Recht gicbt, trauen sie unbedingt und blindlings. Aber gerade solche lucide Geisteskranke die eine Geißel für andere Menschen sind, oft sich selbst und ihre Fa milien durch ihre verkehrten Handlungen zu Grunde ncht , bedürfen am meisten der Anstaltöversorflung, viel mehr ;e ei ^ falls als harmlose, verwirrte Blödsinnige, die )edeö Kind als Geisteskranke erkennt." Die wirklichen Mängel und Mißstände in den Irren- anstaitcn liegen weit mehr aus anderen Gebieten und betreffen hauptsächlich die Privatanstalten. Vor Allem ist Gerdas Wärterpersoual häufig nicht genügend geschult und schlecht besoldet, die Ueberwachung der Wärter, die in gut geleiteten Anstalten den größten Theil der Arbeitskraft der A>ststenz- Aerzte erfordert, wegen Mangel an ärztlichem Personal nicht genügend, die Anstalten sind nicht selten überfüllt und weisen hvgieinischr Mißstände auf. Cs wäre vielleicht hier eine Radicalcur angezrigt; die Aufnahme von Geisteskrank«, sollte überhaupt nicht als Quelle privaten Erwerbes be handelt werden dürfen, die Geisteskranken sollten lediglich in staatliche» Anstalten, die für Ausschluß aller privaten Interessen genügende Bürgschaft geben, verpflegt werden. Andere Reformen, die von ärztlicher Seite seit Langem dringend gefordert werden, betreffen die Anstellung sachver ständiger Jrrcninspectoren, denen die gesammte heute un genügende Oberaufsicht über die Irrenanstalten übertragen werden solle. Gerade weil die wissenschaftliche Jrrenheilkunde kein bo>eS Gewissen hat, liegt eine gründliche gesetzliche Neuregelung der Verhältnisse der Geisteskranken, welche das vorhandene Mißtrauen beseitigt, in ihrem Interesse. Nur wenn sie von dem Vertrauen der öffentlichen Mei nung getragen wird, kann sich die Jrrenheilkunde weiter ge deihlich entwickeln. Freilich, von der preußischen Medi- cinalverwaltung ist man nicht gerade Schnelligkeit der Initiative gewöhnt. DaS ganze Medicinalwesen des großen preußischen Staates befindet sich in vormärzlichem Zu stande; seit Jahrzehnten wird alljährlich im Abgeordneten hause angefragt, wie es mit der neuen Medicinal- ordnung steht, und alljährlich ertönt vom Ministertisch mit der Pünctlichkeit einer Sonnenfil,sterniß die tröstliche Antwort, daß die Arbeiten in vollem Gange seien. So geht es im Wechsel der Ministerien, aber nie wird die große Ar beit vollendet; sie scheint lediglich innerhalb deS Ministeriums als Uebungsobject für den geheimräthlichen Stil zu dienen. Nicht einmal die Taxe für Acrzte, die aus dem Anfang des Jahrhunderts stammt, ist bisher durch eine neue ersetzt, sie scheint aber noch zuerst Aussicht zu haben, vom Dasein zu scheiden. Die Regelung der Jrrengesetzgebung ist in Preußen gleichfalls seit Jahren angekündigt, aber immer wieder ver schoben worden. Allem Anschein nach glaubt man in der Behrcnstraße mit Savignh, daß unser Jahrhundert kein Talent zur Gesetzgebung habe, und überläßt die Regelung dieser Fragen dem kommenden Jahrhundert. Am durchgreifendsten und naheliegendsten wäre die Rege lung durch die Reichsgesetzgebung, zumal in vielen deutschen Staaten gesetzliche Bestimmungen gänzlich fehlen. Leider übt das deutsche Reich bisher keine Aufsicht über die Jrrenpflege aus, obwohl nach Artikel 4 der Verfassung Maß regeln der Medicinalpolizei der Beaufsichtigung durch das Reich und der Gesetzgebung desselben unterliegen. Hoffent lich gicbt der Sturm, der sich in der öffentlichen Meinum nach dem Proceß Mellage erhoben hat, endlich den Anstoß zum Eingreifen der Neichsgesetzgebung. Wichtig genug ist die Angelegenheit; 1890 befanden sich in Deutschland 56 231 Geisteskranke in Irrenanstalten, davon 43 251 in 122 öffent lichen mit 370 Aerzten und 12 983 in 114 Privatanstalten mit 172 Aerzten. Als Grundlage für die Jrrengesetzgebung des Reiches könnte neben den Bestimmungen in einzelnen Staaten des Auslandes (England, Schottland, Niederlande) die in Württemberg kürzlich neu eingesührte dienen, die namentlich jede Möglichkeit der vielgefürchteten Zurückhaltung Geistesgesunder in Irrenanstalten beseitigen. Außerdem aber wäre es sehr wichtig, wenn endlich die Volköineiniing rahm gebracht würde, in den Irren Kranke und lediglich Kranke zu scben und nicht mehr das Gehirn leiden, wenn nicht als Sünde, so doch als Schande zu be- trachlen. So gut wie Jemand von einer Lungeneutzündunc befallen werde» kann, so auch von einem Hirnleide», und dieses kann so gut ausbeile» wie jene. In unserer Keit wo der Kampf ums Dasein mehr als je mit dem" Gehirn ausgefochten wird, ist das Irresein, das man als Löse geld sur ,eden Fortschritt deS McnschengcistcS bezeichnen denn je. Um so mebr sollten die Geisteskranken vor roher und unpassender Bchandluna ac- sichert s*'" ^ . . o v Geistesstörung ausmacht. Entscheidend ist, daß der Kraute ihn nicht wegräumen, durch Logik nicht überwinden, durck» seinen Wille» nicht hemme» kann; bei dem Kranken bilden sich gewisse Gefühle, Stimmungen, Willens- inipulse von innen heraus ohne äußere Motive. Der Halluciuireiide, der Mäuse und Polizisten überall sieht, uilnmt nicht die Welt mehr wahr, sondern sich selbst, d. b. Vorgänge in seine»! centralen Nervenapparat. Die Zwangs vorstellungen, die der Willenssieche nicht überwinden kann, beherrschen daS Leben des Kranken; der Charakter, die Persönlichkeit, das eigentliche Ich geht verloren. Gewöhnt sich daS große Publicum, die geistige Erkrankung wie jede andere körperliche zu betrachten, und wird durch eine umfassende gesetzliche Regelung deS JrrenwesenS dein vorhandenen Mißtrauen der Boden entzogen und die bc stehenden Mißstände beseitigt, so würden die Fortschritte der wissenschaftlichen Jrrenheilkunde bald keine eifrigeren und dankbareren Bewunderer haben, als die bisher so arg wöhnischen Kreise unseres Volkes. ^ Verwundeten wird Niemand in der Wunde bernmwühlen wollen, aber der Hirnkranke wird oft ,n bester Absicht an seiner wundesten Stelle gepackt und »war nicht bloS von taktlosen Menschen, die principiell auf iedes Hübnerauae treten müssen. ' ' Alle» Moral'siren und Borstellen hat Kranken gegenüber ^inen Zweck; sie lewen ;a eben darunter, daß sie nicht anders wolle» können. Nicht unter dem Gesichtspunkt der Moral sondern unter dem der Krankheit müssen sie beurtheilt werden Deutsches Reich. Lrtpztg, 25. Juni. Am 26. und 27. September dieses Jahres findet in Leipzig die fünfzehnte Jahresversammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthatigkeit statt. Ihr geht am 25. September Abends 9 Uhr eine Sitzung des Centralausschusses und des Ortsausschusses im Saale des Kaufmännischen Vereinsbauses (Schulstraße Nr. 3) voraus. Die Sitzungen der Jahres versammlung beginnen um 9 Uhr Vormittags. Die Tages ordiiulig ist folgende: I) «Äeschäftliche Mittheilungen. 2) Ilebersicht über die neueren Bestrebungen auf dein Gebiete der Armenpflege in den für uns wichtigsten Staaten des Auslands. Berichterstatter: Bezirks- Präsident z. D. Ur. Freiherr v. Reitzenstein (Freiburg i. B.). 3) Armenpflege und Arbeiterversicheruiig, bezw. Prüfung der Frage, in welcher Weise die neuere sociale Gesetzgebung auf die Aufgaben der Armkngesctzgebung und Armenpflege einwirkt. Berichterstatter: Vorsitzender der Jnvatiditäts- und Alters-Versicherungsanstalt Berlin Or. Freund (Berlin). 4) Die Stelluiiqnahiiie der Landesgesetz- gcbungen zu den gegen alimentationspflichtige Angehörige zu treffenden Zwangsmaßregel». Berichterstatter: Stadtrath J akstcin (Potsdam). 5) Fürsorge für Obdachlose in den Städten. Bericht- erslatter: Or. Münsterberg ^Hamburg). Mitberichterstatter: Geh. Reg.-Rath von Massow (Potsdam). 6) Fürsorge für schwach- innige und idiotische Kinder. Berichterstatter: Vorbehalten. 7) In welchen Füllen ist die Abnahme von Kindern der Gewährung von Familien-Unterstützung in offener Pflege vorzuziehcn? Bericht- erstatt«: Stadtrath Or. Ftesch (Frankfurt a.M ) 8) Wahlen (88- 6 und 7 der Satzungen). 9) Beschlußfassung über Zeit und Ort des nächste» Coiigresjes. Der Verein legt den größten Werth daraus, alle Die enigen, welche sich für Armenpflege und Wohlthätigkeit interessiren, als Gäste und Zuhörer seinen Verhandlungen beiwohnen zu sehen. ?. Leipzig, 26. Juni. Das deutsche KriegervereinS- wesen ist zu einer iiiiposanien Macht herangewachsen, die ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat, wie aus der be deutenden Zunahme, welche die deutschen Kriegerverbände ortlaufend zu verzeichnen haben, erkennbar ist. Die lange Zeit erstrebte Organisation der gewaltigen Schaar treu gesinnter patriotischer Männer, die nach den letzten Jahresberichten 16 090 Vereine mit 1 267 143 Mitgliedern umfaßt, wird am Tage der Einweihung des Kyff Hauser- Denkmals im nächsten Jahre einen wichtigen Abschluß er halten. An diesem Tage wird der ständige Ausschuß für die Verwaltung des Kyffhäuser-Denkmals gebildet, in welchem sämmtliche deutsche Kriegerverbände vertreten sein werden. Die gegenwärtige Organisation der deutschen Kriegerverbände bietet folgendes Bitd: Der deutsche Kriegerbund umfaßt die Vereine des Königreichs Preußen, und zwar 7896 Vereine mit 677 406 Mitgliedern, den elsaß- lothringischen Krieger-Landesverband mit 173 Vereinen und 17 556 Mitgliedern, den mecklenburgischen Krieger- verband mit 142 Vereinen und 15079 Mitgliedern, die Mecklen burg-Strelitzer Kriegerkameradschaft mit 14 Vereinen unv 1983 Mitgliedern, ven großherzoglich sächsischen Krieger und Militairvereinsbuud mit 305 Vereinen und 13 066 Mit gliedern, ferner die Verbände von Sachsen-Meiningen mit 226 Vereinen und 8728 Mitgliedern, Sachsen-Altenburg mit 81 Ve-reinen und 75l5 Mitgliedern, Coburg und Gotha mit 180 Vereinen und 10 080 Mitgliedern, Anhalt mit 120 Vereinen und 8831 Mitgliedern, Schwarzburg-Rudolstadt mit 54 Vereinen und 2403 Mitgliedern, Reuß (beiden Fürsleiithüinern) mit 47 Vereinen und 3457 Mitgliedern, Lippe mit 118 Vereinen und 7356Mitgliederu, Lübeck mit 22Vereinen und 2238Mitglicdcrn. Somit zählt der deutsche Kriegerbund 9378 Vereine mit 775 698 Mitgliedern. Mit dem deutschen Kriegerbunde unter dem Namen Reichskriegerverband sind noch folgende Kricgcr- vereinigungen verbunden: Oldenburger Kriegerbund mit 84 Vereinen und 7900 Mitgliedern, Braunschweiger Landwchr- verband mit 157 Vereinen und 14 900 Mitgliedern, Schwarz- burger Kriegerkameradschaft mit 70 Vereinen und 2800 Mitgliedern, Hamburg mit 60 Vereinen und 6000 Mil gliedern und Bremen mit 22 Vereinen und 3045 Mitgliedern. Hierzu kommen noch der bayerischeBeterancu -, Krieger und Kampfgenossenbund mit 2133 Vereinen und 150 000 Mitgliedern, der königlich sächsische Militair Vereins-Bund mit 1265 Vereinen und 142000 Mit gliedern, der Württemberg, sche Kriegerbund »iit N60 Vereinen und 52 000 Mitgliedern, der badische Militair- vereinsverband mit l l2l Vereine» und 79 000 Mitgliedern und Hessen mit 640 Vereinen und 33800 Mitgliedern. DaS Ganze bildet eine Organisation von 16 090 Vereinen und eine festgeschlossene Schaar von 1 267 143 Männern, welche sich die schöne Aufgabe gestellt haben, die Liebe und Treue zu König und Vaterland, Kaiser und Reich ru pflegen »nd die Kameraden und deren Hinterlassene in Noth und Krankheit, sowie bei Todesfällen z» »nterstützen. Berlin, 25. Juni. Eine alte und berechtigte Klage gilt der Gepflogenheit von weiblichen Angehörigen der besseren Stande, durch Anfertigung und billigen Absatz von Handarbeiten mit den Berufüarbeiteriniic» Beinbruchs. Ter geistige Zwang ist es, der da« Wesen der deren sie sich ebensowenig zu schämen^babn,'^ik^7^:«.''.' ausgedehnten und empsindliche» Wettbewerb zu R-ink,,...-».» -D.* etwa einer treten. Dem Uebelitande kann nur eine vermehrte sociale Einsicht allmählich abhelfcn. Zur Zeit vcrschlicßci, sich selbst
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