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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950626020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895062602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895062602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-06
- Tag1895-06-26
- Monat1895-06
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455S hat. nach Zahlung der ersten IVO Millionen Tarl» au Japan diesem die Zolleinnahme» als Garantie für den Rest der Kriegsentschädigung zu überlassen. Wenn China sich den russischen Bedingungen unterwirft, würde e» die Räumung von Wei-hai-wei erst nach Zahlung der ganzen Kriegs» entschädigung beanspruchen können. In jedem Fall« würde China auch für die späteren Anleihen ganz und gar auf die Mitwirkung Rußlands angewiesen sein. Die ganze Sache scheint doch von Rußland etwa» unüberlegt eingefädelt zu sein. Dir »Pall Mall Gazette" glaubt in der Lage zu sein, das Geheimniß zu lüften, weshalb China deu Ab schluß der Anleihe noch immer nicht vollzogen hat. Da» wirkliche Hinderniß besteht nach ihr darin, daß China vor zwei Monaten, längst vor dem Abkommen mit Rußland, einen Anleihevertrag mit einer Londoner Bankfirma con- trabirt hat. „Am 22. April unterzeichnet« ein Sonder gesandter der chinesischen Regierung den Contract, wodurch China sofort eine Million Pfund Sterling zur Ver fügung gestellt wurden, nach Belieben zu ziehen. Die Bank sollte bei dem Abschluß der darauf zu contrahirenden größeren Anleihe das Vorzugsrecht haben. Am 30. April erfolgte die Ratification seitens der chinesischen Regierung. Da plötzlich mischten sich Rußland und Frankreich hinein. Die betreffende Londoner Bank ist nicht die Hongkong L Shanghai Bankgesellschaft. Man darf übrigens nicht ver gessen, daß die chinesischen Zölle, die zur Sicherung der neuen Anleibe dienen sollen, in Häfen erhoben werden, die sich tbatsächlich in den HändenfCnglandS befinden, und daß ohne die Hilfe englischen CapitalS die Anleihe nicht gelingen kann. Es ist ferner höchst zweifelhaft, ob die Emission Erfolg haben wird, wenn Rußland darauf besteht, daß sie nur auf dem Continent erfolgen soll. Jedenfalls aber kann der Unter zeichnete Contract nicht so mir nichts dir nichts bei Seite gesetzt werden. Vielmehr ist eS die Pflicht der britischen Regierung, für die Rechte ihrer Bürger einzutreteu." Deutsches Reich. U Berlin, 25. Juni. Dem Vernehmen nach ist in Aussicht genommen, die endgiltige Feststellung der Ergeb nisse der Berufs- und Gewerbezählung bis zum 1. September 1896 zu bewirken; eS soll jedoch schon vorher und zwar noch vor der für den 1. December d. I. — einen Sonntag —in Aussicht genommenen Volkszählung eine summarische Nachweisung über die ortSanwesende Bevölkerung, die Zahl der ausgefüllten HauShaltungSlisten, Landwirth- schaftskarten und Gewerbebogen nach den verschiedenen Staaten und größeren Verwaltungsbezirken aufgestellt und dem statistischen Amte übersandt werden. Es sind besondere Tabellen entworfen, nach welchen die Zusammenstellung der Ergebnisse zu erfolgen hat. Unter besonderer Be rücksichtigung der vorwiegend handwerksmäßig oder klein gewerblich betriebenen Gewerbe, welche so weit wie möglich je für sich gesondert zur Nachweisung gelangen sollen, während sie 1882 vielfach zu größeren Gruppen zusammen- gefaßt waren, würden jetzt über 200 verschiedene Berufe gegen 153 bei der Zählung im Jahre 1882 zur Nachweisung gebracht werden. * Berlin, 25. Juni. Ein Reichstagsmitglied schreibt der „Nat.-Ztg.": Durch Vermittelung des StaatssecretairS Holl mann war es den auf der „Columbia" untergebrachten Reichstagsabgeordneten am Nachmittag des 21. gestattet worden, die in der Nähe befindlichen Kriegsschiffe zu besich tigen. U. A. begaben sich daher einige der Herren mittels der bereitgestellten Boote nach der „Wörth", deren Com- mandant Prinz Heinrich ist. Die Officiere emfingen die Abgeordneten in liebenswürdigster Weise und zeigten und erklärten Alles, waS an Wissen»- und Sehenöwerthem vor handen war. Im Begriff, mit aufrichtigem Dank daS Schiff zu verlaffcn, wurden die Abgeordneten jedoch von der erfreulichen Meldung überrascht, daß Prinz Heinrich sie zu empfangen wünsche und bitten ließe, noch einige Minuten auf dem Schiffe zu verbleiben. Man begab sich nunmehr zurück auf das Oberdeck, und eS dauerte nicht lange, so erschien der Prinz mit einigen College», die nachgekommen und von ihm persönlich geführt worden waren. Er begrüßte die Anwesenden, bat sie, ein GlaS Wein mit ihm zu trinken, und brachte alsdann einen Toast auf den Kaiser auS, unter dessen Schutz sich alle Deutschen in ihrer Liebe zum Vater lande zusammenfinden, und dem wir für dieses großartige Fest zu neuem und besonderem Dank verpflichtet seien, indem es der deutschen Nation zum ersten Male gestattet sei, die Kriegsmarine der übrigen civilisirten Welt als Gäste zu be grüßen. Nachdem die kleine Versammlung lebhaft rin- gestimmt hatte in das dreimalige „Hurrah",' wurde auS der Mitte derselben ein Hoch auf den Prinzen Heinrich auS- gebracht. Mit den Worten: „Auch alles Schöne muß einmal ein Ende haben", entließ der Prinz die Abgeordneten, welche die einfache Art und große Liebenswürdigkeit desselben alle- sammt rühmten. — Während der Kieler Festtage leistete sich ein hiesiges Blatt Folgende-: „Die von der Finanz«ekt und den ihr ergebenen Gewalten abhängigen großen und kleinen Tageszeitungen sind ängstlich bemüht, Samtjäckchen über ihr Hauskleid angezogen, daS ihr ent zückend stand. Hardenberg wendete sich zu seiner Frau. „Onkel Dietrich findet, daß doch etwas in Deinem Zimmer fehle." „Und das wäre?" fragte ValeSka gespannt. „Ich vermisse frische Blumen, denn die künstlichen dort in ihren kostbaren Vasen können sie nicht ersetzen." „Das ist wahr", meinte ValeSka betroffen, „aber Blumen kauft man sich eben nicht, sollen sie Werth haben, muß man sie geschenkt erhalten." „Sie hat Recht", stimmte Hardenberg lächelnd bei, „und ich bin ein Bär, nun, da» wird man in dieser geschäftlichen Tretmühle. Aber warte, kleine Frau, morgen schon soll Dein Zimmer in einen Garten verwandelt sein, und wenn ich Dir selbst „das Schönste auf den Fluren" pflücken sollte." „Das würden in der jetzigen Jahreszeit nur Disteln und Dornen sein", meinte lachend ValeSka, ihre kleine Hand auf den Arm des Gatten legend und freundlich zu ibm aufblickend. Dann begaben sie sich zusammen in den Speisesaal, wo heute zu Ehren Onkel Dietriches das Mittagsmahl eingenommen werden sollte. Der „arme Saalfeldt" hatte sich inzwischen ganz vortrefflich unterhalten, da eS der Zufall gewollt, daß Renate ohne die Schwester erschienen war. Gustchen batte Besuch von einer kleinen Freundin und mochte sich nicht stören lassen — sie würde schon Nachkommen, meinte sie schnippisch, und wegen deS alten Onkels der Stief mutter verlohnte eS sich nicht der Mühe, sich eine Gene auf- zuerlcgen. Klopfenden Herzens eilte Renate in den Speisesaal, der alte Friedrich hatte ihn eben verlassen, nachdem »r die Tafel flüchtig gemustert und alles in Ordnung gefunden hatte. Victor war allein und schritt ungeduldig auf dem weichen persischen Teppich hin und her. „Eadlichl" rief er frohlockend, al» er Renate eintrrten sah. Sie näherte sich ihm hastig und flüsterte: „Gleich werden die Anderen hier sein, da nimm diesen Brief, ich schrieb fast die halbe Nacht, die einzige Zeit, in der ich unbewacht bin." „Dank — Heißen, innigen Dank, Du Engel meine» Leben»!" erwiderte Victor leise, indem er den dicken Brief in seiner Brusttasche verschwinden ließ. „Und nicht einmal einen einzigen süßen Kuß will mein bolde» Lieb mir geben?" fragte er mit einem feurigen Blick. Sie sah schmachtend zu ihm auf. tiefgehend« Riff» mit kunstvolle« Deeoratioae» zu umgebe», die Geister zu versumpfen, die Gewisse» rinzuschläfer» «ad da» von Zeit »n Zeit deutlich vernehmbare Krachen de« Gesellschaftsbaues, seiner Stützen und Dämme durch Freudeafaufareo und andere» Festlärm, für den die Summen nicht gezählt werde», zu übertöaea. Warnende Stimme» bleibe» unbeachtet oder werden versehmt. Die Acht über dt» Spielverderber und „taktlose»" Kritiker, die e» wage», dir Dinge beim rechten Namen zu »»nur» und von den Hera», ziehrudeu Stürmen zu sprechen I Pfui über die „Friedensstörer", die über Hof- und Börsenarsinde hinweg alle grsrllschastlichen Schäden mit der Fackel der Wahrheit beleuchten I" Der Leser wird vielleicht glauben, diese Stilblüthe entstamme einer socialdemokratischen Feder, aber e» war daS christlich-sociale „Volk", dessen Spalten sie der „Reichs- bote" entnahm, um zutreffend dazu zu bemerken: „Kein social- demokratisches Blatt hat sich in dieser gehässigen, bissigen Weise geäußert. Wir hätten keine Notiz von diesem Ausfall genommen, wenn daS „Volk" nicht den Anspruch erheben würde, konservativ und christlich-social zu sein. Aber auf der couservativen Presse können wir solche Auslastungen nicht sitzen lasten." — Die Anmaßung der Polen wird immer größer. Schreiben da 7 Polen auS Berlin an die in Inowrazlaw er scheinende Zeitung „Dziennik KujawSki", sie müßten sich wundern, daß die in Berlin sich aufbaltenden Herren und Damen bei ibren Einkäufen in den größeren Geschäften nicht polnische Bedienung verlangten! Wie man in Berlin und anderen größeren Städten oder Badeorten französische, englische Aufschriften und Bedienung antreffe, so würde eS auch polnische Aufschriften und polnische Bedienung geben, wenn man dies forderte. In Berlin gebe es viele junge Polen, welche eine bessere Stellung einnehmen könnten und dann ein anderes Anseben als gegenwärtig genießen würden, denn jedes größere Geschäft würde dafür Sorge tragen, einen Polen zu beschäftigen. In dem Schreiben wird da» Ersuchen ausgesprochen, die Polen darauf aufmerksam zu machen, in den größeren Handelsgeschäften stet» die polnische Sprache zu verlangen, da die deutschen Kaufleute in Berlin den Wünschen und Forderungen ihrer Kundschaft stets gern entgegen kämen und mancher Deutsche in Berlin sich hierbei daran erinnern würde, daß die Polen noch lebten. Unterschrieben ist diese köstliche Forderung, das Polnische unter die Weltsprachen aufzunehmen, von folgenden echt polnischen Namen: Szulc, Szmak, Szubert, Szwam- berski, außerdem 3 wirklichen Polen. Die polnische Presse bezeichnet natürlicher Weise die Forderung der Herren Schulz, Schmal, Schubert und Schwamberger a!S „sehr richtig." — DaS Herrenbaus tritt am 5. Juli zusammen. — Der BndgetauSschnß deS Abgeordnetenhauses hat daS Gesetz über die Errichtung einer Centralanstalt zur Förderung deS genossenschaftlichen Personal- crediteS durchberathen und im Ganzen mit unwesentlichen Aenderungen angenommen. Zum Referenten für daS Plenum ist der Abgeordnete v. Mendel-SteinfelS bestellt worden. — Der Deutsch-freisinnige Arbeiterverein hatte auf gestern Abend eine öffentliche Versammlung einberufen, in der über den Mellage-Proceß gesprochen werden sollte. Kurz nach Eröffnung der Versammlung wurde ein Gast, der sich weigerte, Bier zu trinken, vom Kellner auf Befehl deS Wirths aus dem Saal gewiesen. Hiergegen erhoben alle Anwesenden lauten Protest, indem sie dem Wirth daS Recht bestritten, in öffentlicher Versammlung einen An wesenden zur Entnahme von Speisen und Getränken zu zwingen. Hieraus forderte der Wirth unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen die ganze Versammlung auf, den Saal zu räumen. Als dies nicht geschah, ließ der Wirth daS GaS ausdrehen. Die Polizei hatte eS abgelehnt, in dieser Angelegenheit einzuschreiten. Der Zwischenfall wird wahrscheinlich ein gerichtliches Nachspiel haben, da der Vor stand deS Vereins gegen den Wirth die Entschädigungsklage anstrengen will. — Der zum Kaiserlichen Minister-Residenten in Luxemburg ernannte Legations-Rath Prinz von Thurn und Taxis ist auf seinem neuen Posten in Luxemburg eingetroffen. — Der Staatssccretair des Auswärtigen Amts Staatsminister Freiherr von Marschall hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Mit seiner Vertretung ist der Unterstaatssecretair Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Rotenhan betraut. — Dem Erbprinzen zu Hohenlohe»Schillingsfürst, Rittm. L la suite der Armee, wurde der Charakter als Major verlieben. * Dtrschau, 25. Juni. Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, traf heute hier rin und wurde vom Oberpräsidenten vr. v. Goßler, dem Grafen Lehndorff, dem Ordens convent und dem Vorstand des Johanniter-Krankenhanses empfangen. Ferner trafen ein die Spitzen der Provinzbehörden und zahlreiche Johanniterritter. Vereine und Schulen bildeten Spalier und be retteten einen herzlichen Empfang. Die Einweihung des Kranken Hauses verlief programmmäßig. Prinz Albrecht reiste um 8 Uhr nach Kamenz ab. * Solterg, 25. Juni. Die Stichwahl in Kolberg KöSlin findet am 28. d. M. statt. * Kiel, 25. Jnni. Der Kaiser nahm im Laufe deS Vor mittags die Vorträge der Chefs des Civil-, deS Militair und des Marinecabinets entgegen. Abends wird er ein größeres Diner an Bord der „Hohenrollern" geben und sodann einem Herrenabend in der Marineakademie bei wobnen. — Die „Hohettzvllern" hat ihren früheren Auster«' platz verlassen u»d sich iu der Nahe der Marineakademie an eine Boje gelegt.— Heute hat das englische Geschwader den Kieler Hase» verlasse». — Oberbürgermeister Fuß ver öffentlicht in hiesigen Blattern folgende Bekanotmachuna: „Im Aufträge Seiuer Majestät unseres Kaiser« u»d König» habe ich deu Bewohnern Kiel» den Allerhöchsten Dank für die durch den gestrtaeu Fackelzug dargeboteue schöne und patriotische Kundqedung, sowie die huldvoll» Anerkennung Sr. Majestät für die Theilnahme der Stadt und ihrer Bürger an dem herrlichen ver- laus dieser festlichen Tage zur Kenntuiß zu bringen. Seine Majestät hegt die Zuversicht, daß die Eröffnung de» Kaiser-Wilhtlm-LanolS ualerer von Ihm sehr geliebten Stadt reichen Segen bringen und ihre Entwickelung -» einem bedeutenden Emporium am Baltische» Meere befördern wird." * Brunsbüttel, 25. Juni. Die Schifffahrt durch den Kaiser-Wilhelm-Canal wird mit dem 1. Juli für Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 7>/, m eröffnet. * Posen, 25. Juni. Die Verhandlung gegen den infolge des ProcesseS Mellage verhafteten Schneider Josef Schopen (Bruder Heinrich) dürfte in nicht allzuserner Zeit stattfinden. Denn der CriminalcommissariuS Lohe hier- seibst, früher in.Aachen, der auch im Proceß Mellage als Zeuge auftrat, hat morgen iu der Strafsache gegen Schopen eine Vernehmung vor dem hiesigen Amtsgericht. * Vraunschiveig, 24. Juni. Mit Genehmigung deS Aus schusses des Landtages hat die Regierung eine Ergänzung deS Polizeistrafgesetzcs von 1873 vorgenommen, dahin gehend, daß das öffentliche Ankündigen von Geheimmittelu unter Strafe gestellt wird. Der Zusatz lautet nach der „F. Z „Geldstrafe bis zu 150 ^ oder Haft verwirkt Der jenige, welcher Geheimmittel, die dazu bestimmt sind, zur Verhütung oder Heilung menschlicher Krankheiten zu dienen, öffentlich ankündigt." * Görlitz, 25. Juni. Vom Kaiser ist auS Anlaß der Enthüllung deS Roon-DenkmalS heute folgendes Telegramm an den Vorsitzenden deS Denkmal-ComitoS ein gegangen : „An der heutigen EnthüllmigSfeker d«S Denkmals deS verewigten Kriegsministers Frtdmarschalls Grafen von Roon nehme Ich Herz- lichen Antheil und erinnere Mich gerne seiner großen Verdienste um die Armee. Kiel, Marine-Akademie, 25 /6. 05. Wilhelm. L." * Hagenau, 26. Juni. Gestern Abend explodirte auf dem Truppen-UebungSplatze ein Pulverschuppen. Ein daranstoßenver Holzschuppen gerieth mit in Brand. Eine gefahrdrohende Ausdehnung hätte das Feuer nehmen können, wenn daS in der Nähe gelegene Laboratorium vom Feuer ergriffen worden wäre, da in demselben eine große An zahl gefüllter Granaten und ShrapnelS sich befand. Diese Gefahr wurde jedoch abgewendet. Einige Soldaten erlitten unbedeutende Verletzungen. Die hiesige Feuerwehr wurde zur Hilfeleistung herbeigerufen. * Stuttgart, 24. Juni. Die „Schw. Tagw." veröffent licht eine neue Liste von Mitgliedern des „LiederkranzeS", Gewerbetreibenden, Geschäftsleuten u. s. w., die nach einem wiederholten Beschlüsse zu boycottiren sind. Unter den Proscribirten befindet sich auch der Kammerpräsident Rechts anwalt Payer. Boycott gegen einen Rechtsanwalt ist jeden falls eine originelle Neuerung. WaS wird aber ein echter und rechter Socialdemokrat anfangen, wenn ihm einmal Herr Payer als Ofsicialvertheidiger vom Gericht bestimmt wird? * München, 24. Juni. Nach den Aeußerungen der Kreise, die in unmittelbarer Fühlung mit dem Hofe stehen, ist man dort über die Kieler Festtage und über das, WaS mit ihnen zusaminsnhing, nach allen Seiten hin sehr erfreut. Die bayerischen Würdenträger befanden sich auf dem Schiffe, dessen Fahrt im Canal durch Ausstößen verzögert wurde. Wie die „Franks. Zta." hört, rühmen sie die Energie und Umsicht des Prinzen Heinrich, der sofort nach dem Auffahren die Führung selbst übernahm und daS Schiff alsbald frei brachte. Oesterreich-Ungar«. * Wien, 25. Juni. Wie dem „Przeglond" berichtet wird, liegt der jungtschechischen Partei angesichts der bevor stehenden Landtagswahlen sehr daran, die radicalen tschechischen Wähler in der Ansicht zu bestärken, daß der jungtschechische Club im Rcichsrathe ein ausschlaggebender Factor geworden sei, den die anderen Parteien für sich zu gewinnen trachten. Sie verbreiten insbesondere das Gerücht, daß die Polen den angeblich vielumworbenen Iungtschechen Anerbietungen wegen eines einvernehmlichen Zusammengehens gemacht haben. Man bat eS da nun, schreibt das polnische Blatt, einfach mit einer Blague zu thun, die etwa dazu dienen soll, den jung tschechischen Abgeordneten zu einer effectvollen Pose in den Wählerversammlungen zu verhelfen, wo man natür lich behaupten wird, die Herren Kaftan, Pacak und Herold seien ganz famose Kerle, um deren Freundschaft die Ex- cellenzen Graf Hohenwart und ZaleSki vergebens sich ab mühen. Die Iungtschechen wollen sich diesmal in der Dele gation ein staatSmännischeS Air geben und durch Maßhalten imponiren. Man weiß jedoch, daß nichts desto weniger die tschechischen Radicalen im Grunde ihres Herzens Rußland noch immer sehnlichst herbei wünschen. — Die „Neue Freie Presse* bringt heute die Unterhaltung de» Kaiser- mit den Abgeordneten beim Hofviner. Der Kaiser sprach mit einer Reche von Delegirten, wobei e» vielfach die Aufmerksam keit erregte, daß der Kaiser wiederholt Anlaß nahm, den Ab geordnete» die Fertigstellung de» Budget» an» Herr zu legen. Zum Delegirten vr. Herold sagte der Kaiser: Ich freue Mich ungemein, daß Sie Heuer in der Delegation milder gesprochen habe». — Delegirter Vr. Herold erwiderte: Majestät, ich trachte immer, meine Ueberrruaung zum Ausdruck zu bringen. — Der Kaiser fuhr fort: Auch in der bosnischen Frage haben Sie ein« objektive Stellung eingenommen. — Delegirter vr. Herold: DaS war, Majestät, immer unsere Absicht. — Kaiser: E» ist tatsächlich sehr viel in diesen Ländern geleistet worden. — Mit dem Delegirten Grafen PioinSki sprach der Kaiser über die parlamentarischen Arbeiten und sagte, daß e» äußerst wünschenSwerth wäre, daß die Civilproceß- Reform noch in diesem SessiooS-Abschaitte erledigt werde, wenn dies ohne bedeutende Verzögerung de» Budget» möglich wäre. — Mit dem Delegirten Lu pul sprach der Kaiser über die parlamentarische Situation, wobei er der Erwartung Aus druck gab, daß der StaatSvoranschlaa einer baldigen Er ledigung zugeführt werden wird. Aus die Bemerkung deS Delegirten, baß der Club der Eonservativen beschlossen habe, die provisorische, vom Kaiser in glücklicher Lösung der be standenen Krisis ernannte Regierung in der ,br zu Theil gewordenen Aufgabe zu unterstützen, bemerkte der Kaiser: Hoffen wir, daß die dringendsten Angelegenheiten nunmehr rascher erledigt werden. — Zum Delegirten Freiherrn v. Dipauli äußerte sich der Kaiser: Sie werden e» wohl auch bedauern, daß Sie nach Tirol so lange nicht zurück- kehren können. — Delegirter Freiherr v. Dipauli: Es wird unser Bestreben sein, die Verhandlungen sobald als nur möglich durchzufübren, schon im eigenen Interesse, weil eS einem Landwirth schwer ankommt, drei bi» vier Monate unausgesetzt sich hier aufzuhalten. — Kaiser: Da habe» Sie vollkommen recht. Ich hoffe, daß das Budget rasch und glatt erledigt werden wird. — Delegirter Freiherr v. Dipauli: Soviel in meinen Kräften steht, werde ich hierzu beitragen. — Mit dem Delegirten vr. Promber unterhielt sich der Monarch über die Arbeiten der Delegation und speciell de» Budget- AuSschusseS und bemerkt hierbei, daß die DelegationS-Geschafte sich Heuer sehr rasch abwickeln. Der Kaiser sprach dann mit dem Delegirten Promber auch über die Arbeiten ve» Ab geordnetenhauses. — Zu dem Delegirten Ritter v. Stalitz sagte der Monarch: Sie werden sich überzeugt haben, daß Sie in Wien länger bleiben müssen, als Sie jungst annehmen zu können glaubten. Es werden bald große Festlich keiten in Triest stattfinden. Es ist sehr erfreulich, daß so viele Schiffe und Maschinen jetzt im Inlande gebaut werden. — Gegenüber dem Delegirten SzczepanowSki äußerte sich der Kaiser, eS werde möglich sein, daS Budget mit der größten Beschleunigung im Hause durchzubringen. — Delegirter SzczepanowSki erwiderte: Es wäröehr gut, wenn wir Ende Juli fertig werden könnten. — Mit dem Delegirten vr. Klaic besprach der Kaiser die Landtagsarbeitea in Dal matien und äußerte sich über dieselben mit Befriedigung. * Wien» 25. Juni. (Abgeordnetenhaus.) In der Debatte über das Budget-Provisorium für Monat Juli erklärt Abg. Kaizt Namens der Iungtschechen, daß seine Partei, wie bisher, eine oppositionelle Haltung einnehmen und daher gegen das Budget- Provisorium stimmen werde. Abg. Ritter von ZaleSki grebt NainrnS seiner Partei die Erklärung ab, daß der Rücktritt des Fürsten Windischgrätz von seiner Partei sehr bedauert werde; die jenigen, welche die Schaffung der Coalition angestrebt haben, hätten für dieselbe auch weiterhin ehrlich einzutreten. Redner betont die dringende Nothwendigkeit der Erledigung der Ctvilproceß-Ordnung und empfiehlt die Annahme de- Budget-Provisoriums. Abg. Gras Kuenbnrg erklärt NamenS der Linken, er stimme im allgemeinen Staatsinteressr für das Budget-Provisorium, seine Partei behalte sich indeß in politischen Fragen volle Actionssreiheit vor. Abg. BarwtnSki sagt Namens der Ruthenen der Regierung seine Unterstützung zu. Abg. Prinz Liechtenstein spricht sich Namens seiner Partei flir das Provisorium au»; bezüglich deS Budgets mache seine Partei die Entschließung von den Erklärungen der Regierung abhängig. Die Abg. vr. Barruther und Coronini empsehlen gleichsalls die Annahme des Provisoriums, der letztere mit dem Zusatze, daß seine Partei die Regierung rückhaltlos unter- stützen werde. Hierauf fand die Abstimmung statt, deren Resultat bereit- gemeldet worden ist. Zum Schluß wurde die Regierungs vorlage. betreffend Ergänzung des Markenschutz-GesetzeS in zweiter und dritter Lesung angenommen. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag statt. Frankreich. * Paris, 25. Juni. Der Protokollchef de» Aus wärtigen Amtes Crozier hat sich beim Spazierritt durch einen Sturz vom Pferde schwer verletzt. * Paris, 25. Juni. Ueber die bereit» gemeldete Rege lung der chinesisch-indochinesischen Grenze seitens Frankreichs und Chinas wird deS Näheren berichtet, daß daS neue Uebereinkommen die Fortsetzung der bereits früher festgesetzten Grenzstrecke von Montzay bis Laiichou bei Laokay betrifft. Durch dasselbe wird das unmittelbare Zusammen stößen der französischen Besitzungen mit dem chinesischen Ge biete festgesetzt für das Grenzgebiet, welches sich von deni genannten Grenzpuncte Laiichon längs des NamuthaleS bis zum Mekong-Thale hinziehl. DaS Uebereinkommen erstreckt sich gleichzeitig auch auf die Herstellung von Transportmitte ln „Du Ungestümer!" Aber sie lächelte doch ganz verklärt, als er sie in die Arme nahm und an seine Brust preßte? „Wann werden wir uns auch vor der Welt gehören?" hauchte sie dann unter seinen Küssen. „Ja, wann?I" seufzte Victor und seine Stirn furchte sich sorgenvoll; er dachte an seine Gläubiger und daß er keine Zeit zu verlieren habe. Man hörte GustchenS silberhelles Lachen, dann kam die Kleine hereingesprungen und rief ausgelassen: „Renate, warum hast Du mir nicht gesagt, daß Onkel Lieutnant hier ist, dann hätte ich Mathilde gleich gehen geheißen und wäre zu Euch gekommen." „Sehr schmeichelhaft, meine kleine Freundin", scherzte Victor. „Ich glaubte nämlich", fuhr die Kleine zungenfertig fort, daß nur der alte steife Hauptmann da ist, Sie wissen ja, der Onkel unserer Stiefmama, und alte Herrn sind mir unaus stehlich." „Auguste!" sprach die Schwester in warnendem Tone, während Saalfeldt bei sich dachte: „Eine gute Nestel brennt bei Zeiten." „Wolleu wir Haschen spielen, bis die Alten kommen?" „Gern, mein Herzchen." „Dann fangen Sie mich, Onkel Victor!" Jetzt ging die wilde Iagv los; Renate ließ eS gern ge schehen, denn eS war ihr lieb, daß man sie nicht allein mit dem Geliebten fand. Hardenberg und ValeSka mußten herzlich lachen, als sie unbenierkt eintratcn und mit ansahen, wie geschickt daS kleine Mädchen, sich zwischen den Stühlen durchwindend, da und dorthin sprang und Victor'S Versuche, sie zu fangen, immer wieder vereitette. Nun wandten sich beide wie auf Commando dem Eingänge zu und Victor begrüßte lächelnd das Ehepaar und den Haupt mann, während Hardenberg bemerkte: „Meiner Treu, wenn ich geahnt hätte, daß Sie Aermster hier Blindekuh spielen müßten, dann würde ich Ihnen die Kinder nicht über den Hals geschickt haben. Wißt Ihr kindischen Mädchen wirklich nichts Bessere», um einen Gast zu unterhalten?" Renate schwieg, die Blicke zu Boden gesenkt. Ihre Wangen färbte Purpurgluth. Wie ahnungslos war doch ihr Vater! — Wenn er gewußt, WaS vorhin hier vorgegangen war! Einen Moment kam r» wie Neue über sie — wenn sie Victor aufgäbe? Noch konnte sie ja zurück, denn eS war doch nicht recht, daß sie ihr Herz so heimlich und eigenmächtig verschenkt. Doch ein Blick auf deS Geliebten schönes Antlitz, in seine leuchtenden Augen machte sie sofort anderen Sinnes, und als man die Suppe gegessen, da hatte sie sich der Worte erinnert, welche die Heldin deS letzten Romans, den sie gelesen, zu ihrem tyrannischen Vater gesprochen, schöne Worte von den geheiligten Rechten des Herzens und der Freiheit der Entschließung, wo es sich um Liebe und Ehe handelte. Am nächsten Tage reiste Onkel Dietrich nach Erbach, ihm war jetzt am wohlsten dort, besonders da er nicht in dem einsamen Jagdschlößchen, sondern in der Meierei wohnte, wo die Familie Alles that, um ihm den Aufenthalt behaglich und angenehm zu machen. Von Siegfried hatte er ValeSka keine guten Nachrichten gebracht, die Verlobung mit Wilhelmine von der Golze hatte immer noch nicht stattgefunden, ja schien nicht einmal in naher Aussicht zu stehen. Dagegen hatte Frau Goldstücker die frühere Erzieherin ihrer Tochter herzlich grüßen lassen und für den nächsten Sommer, wo sie eine Cur im Bade Warnibrunn brauchen wollte, ihren Besuch in Aussicht gestellt. Nach der Abreise de» Onkels Dietrich fühlte ValeSka eine gewisse Leere. Ein Gefühl der Bangigkeit überkam sie, fast wie Heimweh. Gern hätte sie den Oheim nach Erbach begleitet, um die Plätze ihrer Kinderspiele wieder zu sehen. Da» trübe regnerische Wetter mochte wohl auch dazu beitragen, sie melancholisch zu stimmen, sie hatte weder Lust zum Lesen noch zum Clavierspielen, die Zeit wurde ihr lang. Kurz vorher war Renate bei ihr gewesen und hatte nach langen Vorreden die Bitte an sie gestellt: den Papa zu be stimmen, daß er ihr gestatte, sich an den TanzunterrichtSstunden zu betheiligen. Im nächsten Fasching könne sie dann die Bälle auf der Börse besuchen, sonst wage sie dies noch nicht, da ihr die nötbige Sicherheit feble. ValeSka hatte den Wunsch deS jungen Mädchens ganz natürlich gefunden und versprochen, denselben bei Papa zu befürworten. Versprach sie sich doch selbst einige Abwechs lung davon, wenn Renate dem Cirkel beitrat, der sich zum Zwecke gebildet hatte, den ballfähigen jungen Damen den letzten Schliff zu «rtheilen. Der Balletmeister deS Theater» war von einigen mit Töchtern gesegneten Familienvätern engagirt worden, andere junge Herren und Damen auS der Gesellschaft batten ihren eitritt erklärt, und ein paarmal in der Woche sollten diese Unterrichtsstunden bald in dem einen, bald in dem anderen Hause entfaltet werden. Eigentlich waren eS Tanzvergnügen, bei denen ein ziemlicher Luxus, was die Toilette der Damen und die Bewirthung betraf, abgehalten wurde. ValeSka war noch jung genug, um Freude bei der Aussicht zu empfinden, selbst wieder einmal sich im Walzer zu drehen, denn sie tanzte sehr gern. Wie sie so in Gedanken versunken, in die Weichen Polster de» kleinen Fauteuils am Kamin geschmiegt saß und sinnend in die Gluth blickte, öffnete sich leise die Thür zu ihrem Toiletten zimmer und Renate'« blasses Gesicht ward sichtbar. „Bist Du r», Kind? Du hättest mich fast erschreckt, so komme doch herein." „Danke — nein. Ich wollte Dir blo» sagen, daß Papa gleich hier sein wird, und Dich bitten. Du möchtest eS nicht vergessen wegen der Tanzstunden." «Sei ganz ruhig." Renate zog sich so geräuschlos zurück, wie sie gekommen war, und bald darauf trat Hardenberg bei seiner Frau rin. DaS Zimmer hatte noch keinen Blumenschmuck erhalten, denn der Kaufherr batte seine Zusage schon am nächsten Tage unter wichtigeren Geschäften vergessen. ValeSka sachte gerade jetzt daran und seufzte leise — ihr Gatte war doch gar zu nüchtern! Freilich waren das nur Kleinigkeiten, aber dergleichen Nichtigkeiten bilden den Schmuck des Leben», sie verklären und verschönern die trockenen Alltäglichkeiten desselben. Trotz dieser momentanen Erwägungen, die blitzartig ihr Gehirn.dnrchkre»izten, ging ValeSka ihrem Manne doch freundlich entgegen und sagte, ihm die Hand reichend: „Ei, daS ist hübsch von Dir, Wolfgang, daß Du mich in meiner Einsamkeit aussuchst." „Kann man eine Taffe Thee bei Dir bekommen, Schatz?" „Gleich werde ich Luise den Auftrag geben, für unS beide den Thee hier zu serviren." Er ließ sich auf den anderen Sessel am Kamin nieder und entzündete eine Cigarre. „So, jetzt können wir gemuthlich plaudern. Ich sollte eigentlich heute beim Stadtrath Krön mit von der Whist partie sein, batte aber keine Lust, bei dem Reaenwetter noch auözugehen, und da siel mir ein, mich zum Thee bei meiner Frau zu laden, das ist ja auch eine Abwechslung. Ja Deinem Boudoir fühle ich mich als Gast, im Speisezimmer bin ich bei mir zu Hause." (Fortsetzung folgt.)
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