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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950628016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895062801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895062801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-06
- Tag1895-06-28
- Monat1895-06
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Bezug-.Preis der Haupterpedttlo« oder den im Stadt bezirk mrd dm Vororte» errichteten avestellrn abgehokt: vierteljährlich ^»4.50, »wetmaltoer täglicher Zustellung in» > vchL Dwnb die Post be»oaro für utschland und Oesterreich: vierteljährlich X S.—. Direkte täglich« «renzbandsendung tnt Ausland: monatlich 7^0. Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich mit Au»- »ahm« nach Sonn- und Festtagen '/,? Uhr, di« Abenv-AnSgabe Wochentag» S Uhr. Nedartion «»d Lrpeditio«: JohauneSgaffe 8. Die Lrpeditio« ist Wochentag» »nunterbrocheN geöffnet vo» früh 8 bi» «bend» 7 Uhr. Filiale«: vtt» Me««'» Lorttm. (Alfred Haha), UniversitätSstratze L, Lont» Lösche. «atharinmstr. 1«, Part. und «Snigrplatz 7. 310. Morgen-Ausgabe MMerTagMM Anzeiger. VW« für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Freitag den 28. Juni 1895. *nnAelgen»Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclame» unter demRrdactionöstrich (4go» fpaltrn) bO^, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40/^. vrößere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. Annahmeschlvß für Anzeige«: (nur Wochentag») Abend.Au»gabe: Bormiltag» 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei dm Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet» au di« Expedition zu richten. Lrnck »nd Verlag von E. Polz in Leipzig. 8S. Jahrgang. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1895 baldgeElligft veranlassen. Das Leipziger Tageblatt erscheint, soweit nicht durch die gesetzlichen Bestimmungen über die Sonntagsruhe das Erscheinen beschränkt ist, z^^Mal. Ter Bezugspreis betragt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 ^ 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragcn 8 ^ 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Relch und Oesterreich-Ungarn E» In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arridtftrabe 35 Herr R. 0. Littet, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrafte 1 Herr llreoü. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Reim. Ll«88ke, Colonialwaarenhandlung, frankfurter Strafte (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OlloRrruir, Colonialwaarenhandlung, Löhrftrafte 15 Herr LiluarU Hetzer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerftrafte 0 Herr Raul 8ekre!der, Drogengeschäft, Nürnberger Strafte 45 Herr 11. R. Aldreeüt, Colonialwaarenhandlung, ^ Zeitzer Strafte 35 Herr V. LÜ8tei'» Cigarrenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Robert Orelner, Zweinaundorfer Straße 18, in Neustadt Herr L1eiueii8 8ebelt, Eisenbahnstraße 1, - Connewitz Frau Lieber, Hermannstraße 23, 1. Etage, - Plagwitz Herr 11. OrütLUirum, Zschochersche Straße 7 L, - Eutritzsch Herr Robert 4Uner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Reudnitz Herr IV. RuKiuami, Marschallstraße 1, - Gohlis Herr Rob. 411ner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - - Herr vernli. IVeber, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, - Lindenau Herr 41b. Llnäner, Augustenstraße 13, - Thonberg Herr R. Riint8ek, Reitzenhainer Straße 58, in Volkmarsdorf Herr 0. 4. Naumann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Peterskirchhos 5 Herr Ilux Xlertb, Buchbinderei, Pfaffendorfer Strafte 1 Herr 4. 0. Olafen, Colonialtvaarenhandlung, Ranftsche Gasse 6 Herr Rrledr. Rlsollor, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LilKelmrmn, Colonialwaarenhandlung, Schützenstrafte 5 Herr ^ul. 8e!mitl1i Ken, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr ü. vlttrlob, Cigarrenhandluna, Porkstrafte 32 (Ecke Berliner Straße) Herr V. Vebu8, Colonialwaarenhandlung, Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. In unserer Bekanntmachung vom 6. d. M., das Preisausschreiben für die Bebauung des Pleißenburgareals betreffend, hatten wir als Termin zur Einreichung der Entwürfe den 30. August d. I. Abends 6 Uhr bestimmt. Nachdem jedoch der Verein Leipziger Architekten unter Hinweis auf die arbeitsreichen Sommermonate um eine Verlängerung de» Termins gebeten hat, haben wir als letzten Terinin zur Einreichung der Entwürfe dey 30. yctobcr d. I. Abc-ids 6 Uhr bestimmt, was wir unter Hinweis aus die übrigen Bestimmungen der angezogenen früheren Bekanntmachung hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen. Leipzig, den 25. Juni 1895. In. 3039. Der Rath der Stadt Leipzig. Ilr. Georgi. Größe!. Bei Durchsicht des Materials der Berufs» und Gewerbezählung vom 14. Juni d. I. hat es sich heransgestellt, daß einige Listen von den Zählern nicht abgeholt worden sind. Wir fordern deshalb alle Haushaltung-Vorstände und Gewerbe treibende auf, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 5 ^solche nicht abgeholte Listen sofort und spätesten» bis zum 29. d. M. an unser statistische» Amt — Kupsergüßchen 1, II. — einzusenden. Leipzig, den 28. Juni 1895. 8t. X. 1 l 68/95. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Haffe. Lekanntmachung. Am heutigen Tage ist Frau Lina verw. Schttbert, L.-Conncwitz, Leipziger Straße Nr. 19 wohnhaft, als Hebamme für den Stadtbezirk Leipzig mit der Maßgabe der- pflichtet worden, daß sie ohne unsere ausdrückliche Erlauoniß aus dem Stadttheile, in welchem sie jetzt ihre Wohnung hat, in einen anderen Stadttheil nicht verziehen darf. Leipzig, den 24. Juni 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. VNI. 3892. vr. Georgi. Dietrich. Lekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen Autzwegregeinngen in der Reichü-Stratzc, in der Maricn-Ltratzc, in der Vahnhof-Stratze und in der HoSpttal-Stratzc» von der Thal, bi» zur Plato-Straße, sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher au» ihren bezüglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 21. Juni 1895. L741 Der Rath der Stadt Leipzig. 930.vr. Georgi.Etz. Ic. Lekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Herstellung von Thonrohr- fchlcnhen in der Ewald-, in der Juliu». und in der Wilhelm- Straße in Leipztg.Bolkmar»d«rf ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher au» ihren bezüglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 20. Juni 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. 925.vr. Georgi.Etz. Gesucht wird der am 19. December 1863 in Prnig geboren« Handarbeiter Rodert Pani Stetnert, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 25. Juni 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Arme»-A„,t, Abth. H. X. K. H. I. Nr. 3619. Hentschel. Kaniß. Gesucht wird dt« am 6. Mai 1865 in Ezarnikau gebar« Sängerin Johanna Klara Stcnzel, welche zur Fürsorge für ihr Kind anzuhalten ist. Leipzig, den 24. Juni 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Ar«e»amt, Adth. IV». X. R. IV». Nr. 1201. Hentschel. Hr Die städtische Sparcaste beleiht Wcrthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. ^ Die Spareaffen-Deputation. Am 11. April 1895 ist dem Musikerlehrling Julius Pflüger in > Halle a S. eine silberne Eylindcr-Rcmontoirtihr mit zwei Goldrändern Nr. 4484 von den unten beschriebenen Unbekannten gestohlen. Vor Ankauf wird gewarnt und um Ermittelung und Anzeige der Thäter zu den Acten ck. V. e. 527/95 gebeten. Halle a/S., den 14. Juni 1895. Ter Erste Staatsanwalt. I. Beschr Alter: 22—24 Jahre. Größe: 1,72 — 1,75 w. Haar: schwarz. Stirn: frei. Nase: groß, etwa gebogen. Mund: gewöhnlich. Bart: dunkler, spitzer Bollbart. "ähne: e» fehlen 2 Oberzähne. !inn: bewachsen. Gesicht-bildung: schmal und lang. Gesichtsfarbe: blaß. Gestalt: schlank. Sprache: deutsch. Besondere Kennzeichen: auf dem Backenknochen rothe Flecke. Kleidung: dunkler Jacket- anzug, weicher weißer Filzhut. eibung: H. Alter: ca. 20 Jahre. Größe: 1,60—1,63 m. Haar: braun. Stirn: frei. Augenbrauen: braun. Augen: braun. Nase: klein. Mund: gewöhnlich. Bart: Heller kleiner Schnurrbart. Zähne: gut. Kinn: breit. Gesichtsbildung: rund. Gesichtsfarbe: gesund. Ge- statt: untersetzt. Sprache: deutsch. Kleidung: schwarzer Rock, hell- und braun-gestreifte Hose mit schwarzem Galon, schwarzer steifer Hut. Der Ursprung -es Krieges von 1870. Heinrich von Sybel hat, wie wir an anderer Stelle schon mittheilten, im neuesten Hefte der „Historischen Zeit- schrift" „Neue Mittheilungrn und Erläuterungen zur Ge schichte der Begründung des Deutschen Reiche» durch Wilhelm I." veröffentlicht, die theils Einwände gegen seine Darstellung kritisch beleuchten, theils seinen Stand- unct unter Beibringung neuen Materials ausführlich egründen. Sybel'S „Mittheilungen" beschäftigen sich u. A. mit der Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers, mit dem Verhältniß des württembergischen KriegSministerS von Hardegg u König Karl, mit der Friedenspolitik des Grafen Beust, mit siapoleon III. und Eugenie, endlich mit der Politik Bismarck'S. Um den zahlreichen Besitzern des Sybel'schen GeschichtSwerkS, dessen zwei zuletzt ausgegebene Bände bereits in 5. Auflage vorliegen, die „Mittbeilungen" leichter zugänglich zu machen, hat die Verlagshandlung R. Oldenbourg in München sie als Sonderabdruck erscheinen lasten. (72 Seiten. Preis 60 ^f). — In diesen Tagen, wo die 25. Wiederkehr der großen Siege von 1870/71 bevorsteht, sind aus Sybel'S „Mit- theilungen" besonder» diejenigen von Interesse, die über die stellung Folgendes wieder: „Ich bin wohl darauf angesprochen worden, ich hatte die Kaiserin Eugenie in meinem Buche milde behandelt: dafür wüßte ich keinen Gruud anzugeben, da ich nie die Ehre Pflich . . ^ Urtheil Über eine Handlung oder einen Menschen zu fällen, bis die ihn belastende Anklage durch zwingende Beweise bestätigt ist. - brer damal« zärtlichen Eh« schwamm sie in Glück und Lebenslust. Sehr schnell hatte sie mit weiblichem Tacte sich in die würdige Repräsentation ihrer hohen Stellung gefunden; von geistigen oder politischen Dingen war damals bei ihr keine Rede: als der Kaiser bei seinem Aufbruch zum italienischen Kriege sie zur Regentin während seiner Abwesenheit ernannte, hatte sie kein anderes Gefühl als Schmerz über die Trennung und Sorge Uber die Gefahren de- Kriege». Oft mußte sie auf den Balcon hinauStreten, um au» marschirende Regimenter unter Iubelrufen vorüber best liren zu sehen: dann grüßte und winkt» sie freund lich, abrr unter Thränen und Schluchzen Die Kürze der Trennung ersparte ihr die RegierungSsorgen; der einzige Wunsch, den sie al» Regentin geäußert hat, war der möglichst rasche Frieden»schluß. Er wurde ihr erfüllt. Schon damals nahm d«r Zorn der revolutionairen Parteien sie zur Zielscheibe; sie sei e- gewesen, welche ihren Gemahl rum vorzeitigen Abbruch eine» großen Befreiungskrieges be stimmt hätte. ES war au» der Luft gegriffen und die wahren riedens von Villafranca lagen offen vor aller ugenie konnte sich wieder ihrer bisherigen Haupt arbeit widmen, der Herrschaft über die^jährlichen Schöpfungen Ursachen deS Welt Augen. der Pariser und damit der europäischen Moden. Diese Sorge für die äußere Erscheinung war hier begreiflich; es verlohnte sich bei ihr, sich zu schmücken. Denn sie war von hinreißender Schönheit und zugleich von seltner natürlicher Anmuth. Als Bismarck von einem Besuche in Paris 1857 zurückkam, erklärte er, vielerlei Schönes habe er dort gesehen, von Allem das Schönste aber sei Eugenie. Bei ihren Zu sammenkünften mit der Königin Victoria gewann sie deren Herz, wie die Anerkennung der ältesten Tochter, später unserer Kaiserin Friedrich. Auch unser Kronprinz hatte bei einem Besuche in Paris seine Freude an ihr. Zwar fand er sie nach ihrer klösterlichen Erziehung kenntnißarm und schwach gebildet. Sie fragte ihn einmal, ob er etwas von der weißen Dame wisse, die im Berliner Schlosse umgehe. Er antwortete scherzend: Natürlich, daS ist ja eine meiner Tanten. Wie erschreckt sah sie ihn darauf aus großen Augen an und bezeigte ihm seitdem eine Art von eigenthümlichem Respect. Daneben aber be merkte er bei ibr einen bellen Verstand, ein rasches, meist zu treffendes Urtbeil über Menschen und Dinge und einen fun- beugsamen Willen. Die Lebhaftigkeit dieses weiblichen Willens verursachte zuweilen kurze Stürme am ehelichen Himmel, be sonders wenn eS sich um Meinungsverschiedenheiten über kirchliche Fragen handelte. Im Uebrigen hatte sie damals kaum ein anderes Streben, als selbst fröhlich zu sein, andere Menschen zu erfreuen und frohe Gesichter um sich zu sehen. Und dennoch kam von dieser Seite die tragische Wendung m ihrem Lebensgang. Napoleon war von jeher an niedrige Liederlichkeit gewöhnt, kurze Verliebtheit in gemeine Schönheiten, denen er, nachdem er sie genossen, unter mäßiger Bezahlung sogleich wieder den Rücken kehrte. Eugenie, gegen die sein Benehmen sich niemals änderte, erfuhr davon nicht viel oder hielt die Angaben für übertrieben. Aber im Jahre 1864 fiel Napoleon in die Netze einer berufenen Pariser Courtisane, die ihn längere Zeit zu fesseln wußte, ihm große Geldsummen abschwmdelte und das unsaubere Verhältniß in großem Prunke öffentlich vor sich her trug. In Eugenie'S kräftiger Natur empörte sich der volle kastl- lianische Stolz gegen diese Beschimpfung; sie verfiel einem schweren Nervenleiden, drängte aus PariS hinweg und er langte die ärztliche Anordnung einer längeren Cur in Schwal- bach. Man ermißt leicht, welches Aufsehen dieser Streit verursachte und wie viele Vermittler aller Art sich um die Heilung des Bruchs bemühten. Es gelang denn auch, Eugenie, deren Mutterherz sie zu dem hoffnungsvollen Sohne zog, zur Rückkehr zu bestimmen. Ach, sagte sie damals zu Mörimse, wie bin ich unglücklich; eS giebt keine Eugenie mehr; cS giebt nur noch eine Kaiserin. Indessen begann doch ein leidliches Verhältniß zu dem Gemahl sich wieder her zustellen, vollends als 1865 die Nemesis über den Sünder hereinbrach, der erste stärkere Anfall der quälenden Krankheit, die seitdem den Rest seines Leben« vergiftete. AuS Mitleid und Dankbarkeit erwuchs, soviel man weiß, zwischen ihnen eine von der Erinnerung an bessere Tage durchwärmte, zwar nicht mehr zärtliche aber herzliche Freund schaft. Um ihn in seinen Regierungssorgen bei seiner geschwächten Kraft zu unterstützen, begann sie sich für Politik zu interessiren, setzte sich mit den Ministern in Verbindung und gewann mit ihrem klaren Verstände bei ihnen wie bei dem Gemahl einen gewissen, in späteren Darstellungen sehr übertriebenen Änfluß. Ihr leitender Rathgrber war Rouber, damals ohne Zweifel der begabteste unter den französischen Staatsmännern, im Innern rin Gegner der liberalen Tendenzen Ollivier'S und der konstitutionellen Neigungen Napoleon'-, in der auswärtigen Politik aber ein Mann deS Frieden». So lagen für sie di« Dinge, al» am 3. Juli die Candidatur Hobenzollern bekannt und gleich am 6. durch Gramont'S krieg»schnaubende Rede, nach dessen eigenem Ausdruck, die Thür zur Friedenspolitik geschlossen wurde. Die „Partei der Kaiserin" erzählte sofort, daß die Kaiserin den Gemahl zur Kriegserklärung dränge. lst die» Drängen wahrscheinlich? Man kann sich denken S Ansehen Preußen onaparte ohne Lorherrn in ohne Bändigung Preußen« die Thron- daß die fortgesetzten Erörterungen, wie Nqpolron'l heim Volke durch die unwürdige Schwäche gegen Lesunken. die Herrschaft eines Bonaparte ohne Lc rankreich unmöglich, vH folge ihres SohneS verloren sei, daß dies Alles in ihrem Mutterberzen und ibrem Ehrgefühle Widerhall fand. Auf der anderen Seite aber wußte sie, daß im Kriegsfall Napoleon den Oberbefehl über die Armee übernehmen mußte und daß er den Sohn mit sich nehmen würde, um, wie er sagte, das erste Studium im Berufe deS SouverainS zu machen. Sie >atte täglich seine grausame Krankheit, sein Leiden und eine Unbehilflichkeit vor Augen, so sehr er auch die Ursache deS Elends verheimlichte und den letzten Rest seiner Kräfte aufbot, um seine Schmerzen hinter gezwungenem Lächeln zu verstecken. Sie wußte ferner, daß er seit Jahren die Erhaltung des Friedens austrebte und 1867 nur zur Verteidigung Niel'S Heereörcsorm veranlaßt hatte. Als Niel dann 1868 dem Auslande erklärte, daß die Armee cklagfertig sei, hatte sie durch Rouber erfahre», daß die icke der Kammer die Armee schwer reducirt hätten und ohne Bündnisse ein Krieg nicht zu wagen sei, und auf ihre Frage hatte Niel selbst geantwortet: die Armee ist fertig, aber Ihre Allianzen sind es noch nicht. Die Allianzen waren auch 1870 noch nicht fertig. So wurde sie unaufhörlich durch zwei gleich starke, aber einander entgegengesetzte Besorgnisse angeregt, um den Sohn und um den Gemahl, um die möglichen Vortheilc und die sicheren Gefahren deS Kriegs. Vst ist seitdem gesagt worden, ihr kirchlicher Eifer habe sie endlich unter klerikalem Einfluß für den Kriea entschieden. Gewiß, die Kaiserin hatte eine glühende Verehrung für das Oberhaupt ihrer Kirche und wünschte dringend, die rebellischen Italiener von Rom fern zu halten. Dieselbe Absicht beseelte auch den Herzog von Gramont, der sonst persönlich bei der Kaiserin schlechterdings keinen Einfluß besaß; sie theilte damals und später daö wegwerfende Urtheil ihre- Gemahls über den eitlen Hohlkopf, und während dieser in blindem Dünkel die französische Armee für sich allein jedem Gegner überlegen erachtete, klang ihr stets Niel'S Wort in das Ohr: meine Armee ist fertig, aber Ihre Allianzen sind eS noch nicht. Sie wünschte also dringend einen Ausgleich mit Italien, ver im Kriegsfall der französischen Armer mehr als 10V OVO Mann Verstärkung geliefert halte. Aber seit 186t hatte Italien dafür stets die Ueberlassuna RvmS, die ihr unmöglich schien, zur Bedingung gemacht. Also wie sich entscheiden? Der nach seiner Stellung als Präsident deS Staatsrathö durchaus zur Erkenntniß befähigte Parieu, selbst ein über zeugter Katholik, erklärt eS völlig bestimmt für eine Fabel, daß die Kaiserin aus katholischem Eifer zum Kriege getrieben habe. Wohl mag sie in ihrer von Recht» und von Links ge preßten Lage nach den wechselnden Eindrücken in einem Augenblick eine Ehrenpflicht zum Kriege, in einem anderen die Nothwendiakeit des Frieden» anerkannt haben, aber durchaus wahrscheinlich bleibt mir da» Urtheil eines mit dahin habe ihr wohlbekannten österreichischen Staatsmannes, gehend, ganz tadelfrei könne er sie nicht erachten: sie sicher nicht zum Kriege gehetzt, aber freilich auch ' a Einfluß nicht zur Abwendung desselben ig gebraucht. Ein anderer deutscher B< ihren thätig gebraucht. Ein anderer deutscher Beobachter, der Jahre lang mit ihr in nahem Verkehr gestanden hat, erklärte mir vor kurzer Zeit seine Ueberzeugung, daß die Kaiserin, ein- geschüchtert durch die Unheilspropheten Gramont und Genosse», lediglich der Sorge um die Zukunft ihres Sohne» nach- gegeben hätte, wenn sie ihre Einwilligung zum Kriege aus gesprochen, den sie in ihrer Weiblichkeit, ebenso wie aus anderen Gründen ihr Gemahl, fürchtete und verabscheute. Und nun vollend- ihre tausend Mal berufenen geflügelten Worte: O'sst wa guerro, m» vatit- guerrs, l» guvrr« L mol! Freunde und Feinde streiten über ihre Politik und ihren Ehr geiz, aber Alle sind einstimmig darüber, daß sie zu allen Zeiten Verstand, Tact und Urtheil besessen hat, und dennoch nimmt man kurzweg an, daß st« sich beim Au-bruch tine- furchtbaren Nationalkriege- mit der Albernheit einer solchen geschmacklosen Renommaae der Mit- und Nachwelt vor^estellt hätte. Sic selbst hat stet- dagegen protestirt; ihre Palast dame Carctt« hat «- ebenso wie der treffliche Forscher Giraudrau al- eine mcht-würdige Erfindung bezeichnet, , wir dkesrn Zeugen man vergeben- nach jene Worte au-dem Munde der Kaiserin vernommen, oder nach einem Zeugen, dem jene» sie berichtet hätte " I Ueber di, entscheidenden Vorgänge in Vt- Eloud «» uurauvrau aw eine nichrowurvige ^ und auch Herrn von Parieu werden hinzufüarn können. Andrrrrseit- fragt einem Gewähr-mann, der jene Worte
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