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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950703025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895070302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895070302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-03
- Monat1895-07
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Größere Schriften laut unserem Preis, »rrzeichnitz. Tabellarischer und Zissernjatz «ach höherem Tarif. Ertra--'Beilagen (gesalzt), nor mit der Dkorar«.Ausgabe, ohne Postbesörderimg 60.—, mit Postbeförderung 70.--. Äimahmeschluk für Änzei-en: (nur Wochentag«) Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. lvrt den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig. ^Z31S. Mittwoch den 3. Juli 1895. 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Verpachtung. Zu verpachten ist sofort auf etwa 10 Jahre da« «l« Nieder» läge geeignete Gebäude, welche« di«her Schul- und Wirthjchast«- zwrcken de« von hier nach Rochlitz verlegten Lehrerseminar« gedient hat, in seinem dermaliaen Zustande. Zu näherer Auskunft ist das unterzeichnet» Rentamt bereit. Grimma, am 1. Juli 1895. Königliche» Echulrentamt. R. Schmidt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Juli. Als an dem denkwürdigen 23. März d. I. der damalige Präsident des deutschen Reichstag«, v. Levetzow, den Antrag stellte, ihm die Ermächtigung zu ertheilen, dem Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburtstage die Glückwünsche de« Reich-tagS zu übermitteln, wurde ihm bekanntlich von der auS Centrum, Polen, Welfen, Social- und Richter'schen Demokraten bestehenden Mehrheit des Hauses diese Ermächtigung versagt. Herr v. Levetzow legte darauf da« Präsidium nieder, der zweite Vicepräsident Ür. Bürklin folgte seinem Beispiele. Der bisherige erste Vicepräsident, der ultramontane Frhr. v. Buol, wurde Präsident, sein Parteigenosse Spahn zweiter Vicr- präsident; die erste Vicepräsidentenstelle siel dem Abg. Schmidt als Lohn für die Gefolgschaft zu. welche die freisinnige Volk«. Partei dem Centrum auch am 23. März geleistet hatte. Seit dem steht der Reichstag auch äußerlich „im Zeichen de« Centrums". Um der Welt zu zeigen, was das heißt, ladet der jetzige Präsident, der seine Stellung dem Proteste seiner Partei gegen eine einfache Beglückwünschung deS Schmiede« der deutschen Kaiserkrone verdankt, den ganzen deutschen Reichstag zu einer Ehrung deS verstorbenen Mnpthorft ein, indem er als „ReichStagSangelegenheit" an alle Mit- glieder deS Hauses folgende Einladung versendet: Reichst««. Entsprechend einer Anzeige und dem Ersuchen de« LomitS« für Errichtung eines Windthorst-Denkmal« mach« ich hiermit die ergebenste Mittheilung» daß die Feier der Enthüllung de« Denkmal« am 16. Juli d. I., von Vormittags 9'/, Uhr ab in Meppen stattfinden wird und daß besagte« LomitS eS al« besondere Ehre betrachtet, wenn Mitglieder deS Reichstages der Feier bei wohnen würden. Mannheim, den 30. Juni 1895. Freiherr van Vnol-Berenber«, Präsident de» Reichst««». An die geehrten Herren Mitglieder des Reichstag». In der That, drastischer als durch diese Einladung konnte der ultramontane ReichStagSprästdent der Welt nicht beweisen, daß er mit seinen Parteigenossen der Ueberzeugung ist, durch die „Großthat" vom 23. März sei Centrum in der That Trumpf geworden im deutschen Reiche. Er würde, wenn er nicht gefürchtet hätte, die Socialdemokratie würde ihm die Gefolgschaft auf dem Wege nach Meppen versagen, wohl gar den „edlen Mutb" bewiesen haben, den Reichstag wahrend der Tagung mündlich und in einer an den Antrag Levetzow ganz direct erinnernden Form zur Betheiligung an der Windthorst-Ehrnng aufzufordern. Aber auch die schrift liche Form wird einen stattlichen Theil der Reichstag«- mehrhtit vom 28. März nach „Muffrika" führen — schade, daß dort, wo man den Sedantag noch jetzt den „SatanS- tag- nennt, die Enthüllung de« Denkmal« nicht auf den 2. September verlegt ist. Vielleicht würde dann auch die Socialdrmokratie ihre Abneigung gegen den ehemaligen Führer der Ultramontanen überwinden und vor seinem Staadbilde gegen den „TatanStag" protrstiren. Zu sagen von anderen Parteien scheint Herr v. Buol bereit« zu haben. Denn al« der demokratische Präsident der württembergischen Kammer Payer am 24. Juni im Bremer Rath«kellrr in schwungvollen Worten da« Ansehen lichen officiellen Einladung de- Herrn Reichstag-Präsidenten. Vielleicht wiederholt er am 16. Juli in Meppen seine Rede vom 24. Juni und bringt dort der „kleinen Excellenz" und ihrem Lebensideale die Huldigungen dar. die er und seme Ge sinnungsgenossen dem größten Mannede-Jahrhundert« und seinen unsterblichen Thaten versagen. Herr Eugen Richter fehlt gewiß ebensowenig, al« sein Parteigenosse Albert Träger, der die Saiten seiner Harfe zum Preise Windlborst'S schon vor Jahren erklingen ließ. Auch Herr Vicepräsident Schmidt, der beim Gedanken an die Theil» nähme an der vom Kaiser zu Ehren de« ersten Kanzler« veranstalteten Feier erkrankte, wird durch Gesundheitsrück sichten von der Theilnahme an einer Feier zum Gedächtnisse der schwarzen „Perle von Meppen" sich nicht abhaltru lasten. Und da bei den Kieler Festlichkeiten die Nennung deS NamenS Bismarck von allen officiellen Rednern vermieden worden ist, so finden sich Wohl auch noch einige Windfahnen in Meppen rin, die der Meinung sind, da« Kaisrrwort, da« die That vom 23. März ebenso scharf wie treffend kennzeichnete, habe unter den jetzigen Verhältnissen seine Bedeutung so völlig verloren, daß ein kluger Mann sein Verständaiß für die Zeitumstände nicht bester al« durch eine Wallfahrt nach Meppen an den Tag legen könne. So wird voraussichtlich der 16. Juli ein „großer" Tag nicht nur für Meppen, sondern für ganz Deutschland, eine „würdige" Nachfeier de« 80. Geburtstage« de« Fürsten Bi-marck werden und der Welt offenbaren, wir herrlich weit wir e« 25 Jahre nach dem größten Jahre der deutschen Geschichte gebracht haben! Dir iw Aussicht g emmmene statistische Untersuchung «her hle Verhältnisse im Handwerke erstreckt sich der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" zufolge auf 70 Gewerbe. Al- Zweck der Erhebungen ist angegeben, Anhaltspunkte hinsichtlich der Zahl und de« Personal« derjenigen Gewerbe treibenden zu gewinnen, welche für eine korporative Organisation in Betracht kommen können, und al« solche Gewerbe sind diejenigen bezeichnet, welche nicht oder nicht überwiegend fabrikmäßig betrieben werden. Eine Bestimmung des Begriffs „Handwerk" fehlt hier, wir sie sich auch in der österreichischen Gesetzgebung und in den vom deutschen Reichs tage angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Einführung de« Befähigungsnachweises, nicht findet. Da bei der Organisation ohne Zweifel dieselben Betriebe in Betracht kommen wie bei dem Befähigungsnachweis, so ist ein Ver gleich zwischen dem UntrrsuchungSprogramm der Regierung und jenen gesetzgeberischen Elaboraten gestattet. Er ergiebt, daß die deutschen Erhebungen auf 22 Gewerbe mehr aus gedehnt werden, als in Oesterreich, und aus 7 mehr al« in dem ReichStag-entwurf für handwerksmäßige angesehen werden. Welche Gründe für di« Vermehrung bestimmend waren, ist nicht ersichtlich, da in den erwähnten, offenbar von rer Regierung ausgehenden Mittheilnngrn der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung", wie gesagt, die Eigen schaften, welche bei der deutschen Untersuchung als Kriterien für den handwerksmäßigen Charakter Gewerbe« h- - - -- - «— betrachtet werden, nicht angegeben sind. eines Der rntaegengestellte Begriff „handwerksmäßig" giebt keine Aufklärung, da die Merkmale Maschinenbetrieb und Zahl der beschäftigten Hilfsarbeiter bei der Unterscheidung im Stiche lasten. Schon im Jahre 1875 gab e« in Deutschland nur noch l4 Handwerke, die nicht mit Maschinen arbeiteten, und bei einer Reihe von Betrieben, die durchweg oder ganz überwiegend für handwerksmäßige gelten, findet eine sehr große Anzahl von Arbeitern Beschäftigung. In Oesterreich bat da« Gesetz nicht nur die Definition von ,,Handwerk", sondern auch die Bezeichnung der Gewerbe, die für hand werksmäßige gelten sollen, vermieden und die Aufzählung der selben vem Handel-minister überlasten. Da« Gesetz sagt nur, als handwerksmäßige Gewerbe seien solche anzusehen, bei denen eS sich um Fertigkeiten handelt, welche die Ausbildung im Gewerbe durch Erlernung und längere Verwendung in demselben erfordern und für welche diese Ausbildung in der Regel auSreicht. Das ist kein« Vorschrift, sondern ein Fingerzeig. Da- im Jahre 1884 vom österreichischen HandelSnnnistrr auf gestellte Verzeichniß der handwerksmäßigen Gewerbe ist seitdem allerdings nur um ein einzige- vermehrt worden, aber die er wähnte Tbatsache, daß der deutsche RrrchStagSrntwurf 13 Ge werbe mehr als die österreichische Regierung unter die Hand wrrkSmäßigrn einreiht, gestattet daS Urthril, daß man unter jener Maßgabe, obschon sie eine Directive darstellt, wie sie besser kaum gegeben werden kann, sehr willkürlich verfahren kann. Der deutsche ReichStag-entwurf führt zwar die Gewerbe, bei denen der Befähigungsnachweis zu erbringen ist, die also seine Verfasser al« die handwerksmäßigen betrachten, selbst auf, daß er aber damit das Problem gelöst habe, wird man auch in den Kreisen der JnnungSfrrunde nicht behaupten wollen. Auch die bevorstehende Enquete wird die Schwierig keit der Unterscheidung von Handwerks- und Fabrikbetrirb kaum überwinden können. Da« hindert aber nickt, mit der „Norddeutschen Allg. Zeitung" zu hoffen, daß die Erhebungen rin sehr wrrthvolle-Maten bieten werden. laterial für gesetzgeberische Arbeiten Die internationaleBogelschutzconserenz in Paris bat ihre Arbeiten nach fünftägiger Berathung zr? Ende ge führt. Wie schon betont wurde, ,st di» Verständigung zwischen den einzelnen Cvnferenztheiluehmern ernsteren Schwierig keilen nicht begegnet, vielmehr herrschte allseitig eine erfreu liche Uebereinstimmuna sowohl hinsichtlich deS anzustrebenden Ziele«, al« der zum Ziele führenven Mittel und Wege. Es handelte sich eigentlich nur darum, das von der Wissen schaft und Erfahrung zur Verfügung gestellte Material m die Form einer internationalen Vereinbarung zu bringen. Den werthvollstrn Theil des ConferenzwerkeS bildet das Verzeichniß der schutzbedürftigen und als schutzberechtiat an erkannten Vogelarten. Nach dem Inhalte der Conferenz- beschlüste sollen alle diese Bogelarten deS absoluten Schutzes gegen Nachstellungen nicht nur mittels der Schiekwaffe, sondern auch mittel« Fallen, Netzen, Schlingen,c. thrilyaft sein. Sie genießen eine permanente Schonzeit, ebenso ihre Nester, Eier und Jungen. Die Schutzliste umfaßt nur die in Europa heimischen Bogelarten, nicht die exotischen. Da die Jagd gesrtzgebung der Einzetstaatrn sehr verschiedenartige Bestim mungen enthält, so konnte die Conferenz in dieser Hinsicht keine aleichförmigen Reglement- festsrtzen. Indem sie aber bestimmt hat, daß alle als jagdbar betrachteten Vögel nur mit der Schußwaffe zu erlegen sind, und nur innerhalb der von den ahllose um O um O)pfer fallen, einen dankenswerthen Riegel vorgeschoben. Venn der gute Wille in der praktischen Durchführung der Conferenzbeschlüsse dem bei Fassung derselben hervorgetreteiien «ten Willen nur im Geringsten entsprechend ist, so darf die an der Erhaltung der Nutzvögel vorzugsweise interessirte Land- und Forstwirthschaft mit Grund hoffen, daß der Zweck der Conferenz in erfreulichem Umfange und mit der Zeit immer vollständiger erreicht werden wird. Bei der Berathung des Budgets des italienischen Handels und AckerbauministeriumS ist auch die noch ungelöste Frage der sicilischen Schwesrlkrisi« wieder zur Sprache zekommen. DaS Schwefelgeschäst der Insel liegt seit Jahren im Argen, obgleich sie gewissermaßen ein natürliches Monopol auf gediegenen Schwefel besitzt; 79 Procent der Welterzeugung in Schwefel fallen auf Sicilien. Im Jahre 1874 galt die Tonne sicilischen Schwefels noch 140 Lire, beute ist der Preis auf 55 gefallen. Die Gründe diese-Preisrückgänge- sind verschieden. Am wesentlichsten haben dazu mitgewirkt die Concurrenz der Schwefelkiese, die in der Schwefelsäurebcreitung den gediegenen Schwefel fast ver drängt haben, und die gedankenlose Ueberproduction der sicilischen Gruben in Verbindung mit einer ungesunden Schleuderspeculatio«. Obwohl u. A. der Weinbau in wachsen dem Maße des Schwefels bedarf, hat doch der sicilische Schwefel trotz der niedrigen Preise in den letzten Jahren keinen befriedigenden Absatz mehr gefunden, die Magazine von Porto Empedocle, Licata, Cantania sind überfüllt und zahlreiche Gruben haben den Betrieb einstellen müssen; bei Girgenti z. B. wird seit Monaten nicht mehr in den Gruben gearbeitet. Die Arbeitslosigkeit Tausender von Menschen, die unausbleiblich daraus folge» mußte, ist um so bedenklicher, al- die Änsel seit Jahren auch unter einer Krise ihrer sämmt- lichen landwirthschaftlichrn Erzeugniste leidet. Die Schwefel- Interessenten rufen daher schon lange nach Hilfe, klagen über die Last der Grund- und Gewerbesteuern, über den Ans- fuhrzoll auf Schwefel u. A. mehr. Mit Anfang deS Jahres 1895 schien uun ein Hoffnungsstrahl zu leuchten. Lang wierige Verhandlungen zwischen den HandrlSkammern unv der Regierung hatten schließlich dazu geführt, daß die Regierung die gesetzliche Einführung allgemeiner Schwefelmagazine versprach, sobald die Interessenten durch Bildung einer Actiengesell- schaft die Finanzirung des Unternehmens gesichert haben würden. Der Zweck der allgemeinen Magazine war der, durch Monopoltsiruna des Schwefelhandels in den Händen der Gesellschaft die Preise reguliren zu können. Bedingung deS Zustandekommens der Gesellschaft war die Voraussetzung, daß die Regierung innerhalb des Monats April eine Ausfuhrvergütung auf Schwefel gewähre bezw. auf einen Theil ihrer Einnahmen aus dem Ausfuhrzoll zu Gunsten der Verkäufer verzichte. Da die Regierung aber diese Hoffnung nicht erfüllte, so haben in einer Versammlung vom 23. Juni die Schwefel-Interessenten die Gesellschaft für endziltig aufgelöst erklärt und bei dieser Gelegenheit der Regierung heftigen Tadel nicht erspart. In der Kammersitzung vom 26. Juni erhoben daher Abgeordnete aller Pateien, die Ministeriellen San Giuliano und Finocchiaro-Aprile, der Radicale Pantano und der Socialist Colajanni, bei der Berathung deS Handelsbudgets ihre Stimme für da« noth- leideude sicilische Schwefelgeschäst und verlangten die schleunige Errichtung der allgemeinen Schwefeln» agarme unter finan zieller Beihilfe der Banco di Sicilia. Di« Erörterung wurde am 27. Juni fortgesetzt unter Einreichung einer Tagesord- FeniHetsir. Haus Hardenberg. LSj Roman von Ernst von Walbow. Nachdruck vtlkatrn. (Fortsetzung.) „Dann wird ein anderer Diener seine Stelle rinnehmen", meinte Raabe bedenklich. „Nein, daS weiß ich bestimmt, weil ich die Mutter auS- geholt habe. Sie sind alle so vertrauensselig, da noch nie etwas vorgefallen ist, so lange daS Hau« steht. Friedrich, der andere Diener, schläft im Oberstock, nahe den Zimmern seines Herrn, auch wenn dieser verreist ist. Nur dir Köchin mit einer Magd ist unten im Hause. Aber sie haben ihre Kammer hinter der Küche und au« dem Borderhause gelangt man zuerst in einen schmalen Gang, der zur Küche führt, deren Fenster nach dem Hofe stehen. Dort, im Seitengebäude, schlafen Wittich, der Kutscher, seine Frau und Tochter und ein Stallbursche. Letzterer in einer Kammer neben dem Pferdestall. Hunde werden nicht gehalten, weil der Herr sie nicht liebt. DaS große Thor ist stet« verschlossen in der Nacht, aus genommen wenn di« Herrschaft in Gesellschaft gefahren und später zurückerwartet wird. Außerdem wird e« noch durch eine Eisenstange verwahrt, die der Kutscher an jedem Abend selbst vorzulegen pflegt, während Anselm, oder jetzt, während dessen Krankheit, der Kammerdiener Friedrich die kleine AuSgang-thür verschließt, den Schlüssel abzieht und den Riegel vorschirbt. Letzterer wäre sehr schwer zu beseitigen gewesen." Der Deutsch-Amerikaner schmunzelte vergnügt: „Man kann behaupten, daß Dein Lieutenant Dir beim Einbrechen behilflich gewesen ist, denn wenn er Dir nicht den Gefallen gethan haben würde, Dir selbst den Schlüssel zu bringen, um «inen zweiten danach zu machen» dann yatten wit un« doch den Mund wischen können, trotz der günstigen Chancen." „Gewiß, daS war »in Glück, ich traute meinen Augen kaum, al« er da gestern mit dem Schlüssel ana,rückt kommt und dir Lüge macht, daß die« sein Stubenschlüffrl von der Berliner Wohnung wäre und die Wirthin wollt« ihn haben, er aber möchte eine Doublen« behalten, um gleich eintreten zu können, wenn er unverhofft ankäme, und andere Dumm heiten mehr. Ich roch denn nun auch gleich den Braten, denn in ihrer Ueberbebung geben sich die vornehmen Leute gar nicht einmal dir Mühe, e« geschickt zu machen, wenn sie unsrreinrm eine Nase drehen wollen. Am Abend jedoch schlich ich mich mit dem Schlüssel der ^Berliner Wohnung" de« Lieutenant« zum Hardenberg'schen Hause und probirte ihn ganz leise am Schlüsselloche der Seitenthür — richtig, der paßte hinein wie angegossen. Was «S doch so für merkwürdige Zufälle giebt — he?" „Wie mag er nur zu dem Schlüffe! gekommen sein?" „Je nun, seine Angebetete wird ihn hergegrben haben." „Nicht doch, den von der Thür wird sie ihm nicht ge geben haben. E« ist ein kleiner Schlüfselschrank vorhanden, darin befinden sich die Doublrttrn sämmtlichrr Schlüssel, und eder ist mit einem Stück Pappdeckel versehen, worauf ge. chrirben steht, zu tva« er gehört. Dieser wichtige Schlüssel- chrank hat sich früher immer im Zimmer der Hausfrau »rfundrn, da habe ich ihn selbst gesehen, al« ich dort war n meiner Bubenzeit mit der Mutter. Jedenfalls hat die junge Frau auch jetzt da« Schränkchen bei sich, zu dem sie allein den Schlüssel verwahrt. Da konnte sie denn leicht den HauSthÜrschlüffel heran«, nehmen, freilich batte e« der Lieutenant verdammt eilig mit der Arbeit, für die er mir zwei Thaler versprach — wieder eine Dummheit, denn wenn ich keinen Verdacht gehabt, da hätte ich ihn bekommen müssen, da man für emen Hau«, schlüffel gewöhnlich nicht zwei Thaler zu zahlen pflegt, da« Schlosserhandwerk hätte sonst noch mehr al- einen goldenen Boden I Den Schlüffel gab ich ihm nun heut« zurück, al« er aber nun auch den zweiten verlangte, log ich ihm vor, daß ich etwa« daran zerbrochen hätte, al« ich dir letzt« Feile an- gelegt, und vor morgen früh der neue Schlüssel nicht fertig sein könne." „Aber warum thatrst Du das?" „Nun höre mal, mit Deiner gewohnten Weltweisbeit scheint, e» auch auf schwachen Füßen zu stehen. Hast Du denn noch nicht begriffen? Wenn er morgen den Schlüffel hat, dann wird er selbst mir aufmachrn, da« ist immer in vieler Hinsicht vorzuziehen. Für alle Fäll« habe ich für meinen persönlichen Gebrauch auch «inen Schlüffel nach dem Modell, welche« er mir freund lich geliefert, angesertigt und kann hinein und heraus kommen, wann e« mir beliebt." Raabe machte ein ängstliche« Gesicht, dann meinte er: * „Entschuldige meine Unerfahrenheit in solchen Sachen —" Karl unterbrach ihn durch ein schallendes Gelächter. „Ja, ja, wir wissen schon, Du bist der reine Waisenknabe, aber fahre fort, T>ein unschuldiaeS Gemüth auszuschütten." Der Deutsch-Amerikaner erröthete. „Ich meine", er widerte er gereizt, „daß Du bei einer so ernsten Sache, wo e« uni Kopf und Kragen geht, die schlechten Witze lassen könntest." „Nun, so rede nur, ich bin neugierig, waS Du für Ein wendungen zu machen hast." Sage m»r, warum Du just zugleich mit dem Lieutenant im Hardenberg'schen Hause sein willst? Es ist doch eher eine Möglichkeit, daß er oder die Frau Dich sehen können!" „Ersten« hat sie den Riegel von innen weggeschoben, und dann habe ich die Gewißheit, daß Beide schweigen werden wie da« Grab über eine solche Begegnung, wenn sie mich entdecken sollten." „Hm — wenn es sich um eine so große Anleihe handelt, wie wir da zu machen beabsichtigen —" „Siehst T)u, Wilhelm, da» kommt davon, wenn man sich sein Lebtag immer in schlechter Gesellschaft bewegt hat, man verliert da völlig die Fähigkeit, anständige Leut« zu beurtheilen. Ich zum Mindesten, obgleich Socialdemokrat, habe Verständlich für die DenkungSart deS BlaublutS und gebe Dir mein Wort als Ehrenmann, daß diese kleine Aristokratin sich eher in Stücke schneiden ließe, als ihren Herrn Gemahl auf unsere Spur zu bringen, und wenn wir dessen ganzes Vermögen weggetragen hätten. Nun sehe ich auch weiter und denke mir, daß e« immer aut sei, für den Fall einer Entdeckung eine Sicherung zu ^abtn. Wenn ich gefaßt würde, oder Hardenberg auch nur Wind bekäme, daß ich eine näcytliche Visite in seinem Haus« ge macht, dann brauchte ich ihm nur zu sagen, daß ich nicht der einzige Besucher gewesen und auch Andere seinen Hausschlüssel bet sich führen. Ich glaube kaum, daß mein Herr Vetter mir Gelegenheit geben würde, derlei Aeußerungen vor dem Schwurgericht zu wiederholen, und mindesten« würden wir straffrei «»«gehen, wa« immer etwa« ist." „Ich hätte Dich nicht für so weitsichtig gehalten/ G „Ja, das ist eben mein Schicksal, unverstanden durch die Welt zu gehen, und wenn ich nicht so gescheidt wäre, mich über das Nrtheil der Menschen hinwegzusetzen und selbst Hand anzulegen, meine Lage zu verbessern, würde ein Genie wie ich im Elend umkommen." „Wenn Du nur Deiner Sach« sicher wärest, was den Gelvschrank betrifft —" meinte zagend der Deutsch-Amerikaner. Karl seufzte. „Ich glaube das System zu kennen und habe zur Fürsorge mehr als einen Schlüssel gefertigt — cö muß gelingen, mir, einem Sachverständigen, ich habe mich ja schön drüben in dergleichen geübt." „So — da« wußte ich ja gar nicht." „O, nur zum Vergnügen, eine Liebhaberei, und dann, weißt Du, ist eS im Leben stets gut, gewisse Fertigkeiten zu besitzen." „Ja, das ist wahr. Vermögen kann man verlieren, eine erlernte Kunst nicht." „Also auf morgen. Durch meine Mutter, die jetzt wieder viel im Hardenberg'schen Hause verkehrt, erfahre ich ganz genau alles Wissenswerthe. Wenn der Alte morgen reist, dann ist eS bestimmt. Um 11 Uhr treffe ich Dich aus dem Blücherplatz. Vorher aber sehen wir un« noch. Jetzt aber ist es Zeit, daß wir scheiden, denn ich will meinen Lieutenant überwachen. Adieu und schlafe Deinen Rausch ans." So trennten sich die Gesinnungsgenossen. VII. „Du siebst so verstimmt auS, Bally", fragte Hardenberg theilnehmend und bot seiner Gattin den Arm, um sie aus dem Speisezimmer in ihr Gemach zu führen, wo er in letzter Zeit liebte, den schwarzen Kaffee zu trinken und eine Cigarette zu rauchen. „Offen gestanden", erwiderte dir junge Frau, „ist es niir diesmal recht unlieb, daß Du mit dem Architekten nach Tiefen see fährst. Weihnachten ist so nahe, da giebt eS Manche- zu besprechen und einzurichten, e- ist überhaupt eine Zeit, wo man gern, so viel eS angeht, in der Familie beisammen ist." Hardenberg lächelte. „Anderen Frauen ist eS lieb, wenn ihre Männer just um diese heilig« Zeit vom Hause abwesend sind, der Weih- uachtSarbeiten wegen." „O, die mein,ge ist vollendet." „Da» ist mir lieb zu hören, dann habe ich um so mehr Berechtigung, Dir rin« neue Arbeitslast auf die Schultern zu ladru."
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