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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950718016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895071801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895071801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-18
- Monat1895-07
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t.— 8. ts 6. t» S. w 6. LU. kl-ts k.«l- >Y ». Li 1010 rb».kl.loo6»u IS u. L t l-It.k s ti lW.-L. 7 - » L 6. L LM W2LS. » «. - " O.LI. 110.L02 - s. lU. >030 'S ' »NI7L7 1895. Iinttvl». s»/,iow. koiieu. r.87:101.10 u. w.o.l'Ll. SSsr— IX t». «:502 'arli S- »bü Bezugs-Preis I» der Hauptexpeditton oder den im Stadt« beitrS und de» Vororten errichteten An«, aaoestellen ab geholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5ch0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direct« tägliche Kreuzbandsrndung 1»s Susland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich mi t Aus« nahm» nach Sonn- ond Festtagen '/,? Uhr, dt« Lbeud-Ansgabe Wochentags L Uhr. Ledaction und Lrpeditiou: Jotzannesgnffe 8. Die Erprdition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt» «emm'S kortim. (Alfred -ad«). Universitätsstraße 1, Louis Lösche. Kathartnenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. tzteclamen unter demRedactionsstrich (4ge- spalten) 50^. vor den Familirnnachrichten (6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnth. Tabellarischer und Ziffrrnjatz nach höherem Tarif. Extra »Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbefördernng »l 60.—, mit Postbeförderung ^ 70.-^. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgr n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^34t. Donnerstag den 18. Juli 1895. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Reudielung des Kettensteges über den Pleißenfluthcanal ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden aus ihren bezitgl. Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 11. Juli 1895. Id 3228. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi.Ctz. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Herstellung einer Schleuste 3. Claffe in der PertheS-Ttratze in Leipzig. Reudnitz ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden aus ihren Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 11. Juli 1895. 8338 Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 1131 vr. Georgi. Ctz. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Granitschwellen-Berlegung in der PerthcS-Strahe in Leipzig-Reudnitz ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden au« ihren be züglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, den 10. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig Io. 3240. vr. Georgi.Ctz. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen Pflasterungen in der Langcn- und in der Marienstratze hier, sowie in der Hauptstratzc in Leipzig-Anger-Lrottendorf sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden auS ihren bezüglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 16. Juli 1895. Ijgzh der Stadt Leipzig. Io. 976. vr. Georgi. Ctz. Bekanntmachung. Die bisher von Herrn Kaufmann W. E. Hansniann hier, Elisenstraße Nr. 23. verwaltete Zwejameldesielle Nr. 7 wird von Montag, den L2. Jnlt 1895, ah Herrn Kaufmann V. R. Kretzschmar, Inhaber eines Cigarrengeschüft», hier Bayerische Straße Nr. 18, Ecke Hohestraßr, übertragen. " Leipzig, am 15. Juli 1895. ie vrtstrantencaffe sür Leipzig und Umgegend. Albert Conrad, stellvrrtr. Vorsitzender.G Gefunden oder als herrenlos angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 1. bi» 15. Juli 1895 folgende Gegenstände: rin Geldbetrag von 16 79 Portemonnaie» mit 9^l7^, 8^l, 3 79 und 3 1 sowie mit geringeren Beträgen, eine scbwarzledcrne Geldtasche mit Geld und Werthmarken, eine silberne Hcrrenuhr mit Kette, eine neusilberne und »ine vernickelt« dergleichen, einige goldene Ringe, ein goldene» Medaillon mit Damenbild und 1 Trauring, ein goldene» Medaillon mit Damen- und Herrrnbild, ein goldener Armreif, eine goldene Shlipsnadel, ein Opernglas mit Etui und Riemen, ein Damcntäschchen von Sammet mit silbernem Bügel, ein Klemmer, 3 Brillen, eine Anzahl Leihhausscheine, ein Spazierstock, mehrere Regeu- und Sonnenschirme, eine Parti« Schlüssel, 1 Dutzend Taschentücher, 1 Damengürtrl, ein grauer Damenrock, ein Friseurmantel, 1 schwarzer Filzhut, ein graublauer Winter- uberzieher, ein Droschkenmantelkragen, 4 Stück Bisamselle, eine Baumscheere, eine Wagenkapsel, 2 verschiedene wollene Pferdedecken» «ine leinene buntcarrirte dergleichen, ein Puppenwagen, eine größere Quantität Wurst und zwei zu geflogene Lanarienvögrl. Zur Ermittelung der Eigentümer wird die» hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welch« im Monat April, Mai und Juni 1894 Fundgegenstände bei uns abgegeben haben, auf, dieselben zurückzufordrrn, andernfalls darüber den Rechten gemäß Verfügt werden wird. Leipzig, den 16. Juli 1895. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: > vr. Schmid. Ml. ZUM 18. Juli! * 9» den Tagen der Erinnerung an den großen Krieg darf auch da« 25jäbrige Jubiläum der päpstlichen Un- fehlbarkeitSerklärung nicht vergessen werden. Ist sie es doch gewesen, welche der römischen Kirche einen ganr neuen Charakter ausgeprägt und den jesuitischen Geist der Unduld samkeit und des Cadavergehorsamö in ihr zur ausschließlichen Herrschaft gebracht hat. Nach und nach haben die Regie rungen mit diesem neuen vatikanischen System ibren Frieden zu machen für gut befunden, und zwar über die Köpfe der glaubenSsesten und überzeugungstreuen Altkatholiken hinweg, welche, zuerst als schätzbare Bundesgenossen gegen Rom be trachtet, nun leichten Herzens dem ultramontanen Nimmersatt als Compensationsobject preisgegeben werden. Es war kein bloßer Zufall, daß die päpstliche Unfehlbar keit »um neuen Dogma erhoben wurde in einer Zeit, wo die deutschen Staatsmänner ihr Augenmerk auf große politische Fragen gerichtet hatten: die UnsehlbarkeitSerklarung in Rom erfoigte gerade einen Tag vor der Ueberaabe der französischen Kriegserklärung in Berlin. Zwischen Heiden Ereignissen be stand rin innerlicher Zusammenhang. Wenn auch nach den neuesten Forschungen Heinrich von Sybel'S die Kaiserin Eugenik im entscheidenden Augenblick mehr geschoben worden ist, als geschoben hat, so widerspricht da- doch keineswegs der Erklärung, die Fürst Bi-marck am 5. Decrmber 1874 im deutschen Reichstage abgab: „daß der Krieg im Einver- stäudnik mit der römischen Politik gegen un- begonnen worden ist, daß da- Concil de-balb abgekürzt ist, daß die Durch führung der Eoncillbeschlüffe, vielleicht auch ihre Vervoll ständigung, in ganz anderem Sinne ausgefallen wäre, wenn die Franzosen gesiegt hätten, daß man damals in Rom wie auch anderswo auf den Sieg der Franzosen als ans eine ganz sichere Sacke rechnete, daß an drin französischen Hofe gerade die römisck-politiscken, jesuitischen Einflüsse, die dort be rechtigter oder unberechtigter Weise thätig waren, den eigent lichen Ausschlag für den kriegerischen Entschluß gaben." Concil und Krieg waren die untrennbaren Bestandtheile eines politischen Planes. Der Sieg der Franzosen, den man für zweifellos hielt, sollte für Rom eine „neue Aera" herbei führen und den neuen „großen Sieg" PiuS' IX. vervoll ständigen. Im Elsaß galt denn auch der Krieg thatsächlich den Katholiken als ein Religionskrieg und die elsässischen Protestanten mußten die deutschen Truppen gegen ihre katho lischen Nachbarn zu Hilfe rufen. Auch die ultramontanrn Abgeordneten in der bayerischen Kammer wollten von einem Anschluß an Preußen nichts wissen. Doch auch sonst haben die entscheidenden Vorgänge in Paris und Rom mit einander viel Aehulichkcit. In Paris wurden die vernünftigen Gründe einer Minderheit von der gewaltthätigen Mehrheit mit anhaltendem Lärm beantwortet, und „leichten Muthes" nahm Ollivier die Verantwortung sür den frevelhaft begonnenen Krieg auf sick und seine Minister- collegen. Und in Rom mußte sich die Minderheit der Ver gewaltigung durch die Flucht entziehen, damit die Ver kündigung der päpstlichen Unfehlbarkeit ungestört vor sich gehen konnte. Wie aber die französischen Staatsmänner von dem gefahrlosen und ruhmreichen „Spaziergang nach Berlin" träumten, fühlte sich auch Pius IX. als „Unfehlbarer" auf der Höhe seines Ruhmes, glaubte er doch seinen Thron ge schirmt durch Frankreichs siegreiche Waffen. Und soweit die Sache in der Macht der römischen und der Pariser Politiker lag, gelang sie: jene setzten ihr neues Dogma durch und diese erklärten Preußen den Krieg. Aber schließlich sollte nach dem Rathe der Vorsehung doch der Sieg Jenen zu Theil werden, welche von der „Pest" deS Protestantismus durchseucht waren. Der deutsche Kaisertbron wurde aufgerichtet, während die Throne der beiden Ver bündeten, deS Franzosenkaisers und deS Papstkönigs, in den Staub sanken. Unter einem furchtbaren Gewitter wurde am 18. Juli 1870 die Lehre von der päpstlichen Unfehlbar keit verkündigt. Aber noch furchtbarer war jener Wetter strahl, der zwei Monate später das zweite Kaiserreich ver nichtete. Damit war aber auch das Geschick des Kirchen staate- besiegelt. Unter dem Jubel der Römer zogen am 20. September die Truppen Viktor Emanuel'S in die ewige Stadt ein. Da» italieniscke Volk aber meinte sinnig, Papst PiuS IX. habe an sich selber die Geschichte vom Sünden fall erlebt. Stambulow's Vorahnungen. Die „Köln. Ztg." schreibt: Ein Freund unseres Blatte», der vor einigen Monaten Gelegenheit batte, den jetzt vom Mordstrahl getroffenen bulgarischen Staatsmann, den er schon früher gekannt, zu sprechen, theilte uns damals die nach der Unterhaltung gemachten Aufzeichnungen mit, die gerade im gegenwärtigen Augenblick mit besonderem Interesse gelesen werden dürften. „ES ist gut, daß Sie gekommen sind — sagte Stambulow — Ich wollte Sie heute bitten, mich zu besuchen. Ich habe Ihnen Ernstes mitzutheilen. Vorher lesen Sie dieses Telegramm, das ich Bismarck zu seiner Feier senden will, und haben Sie die Güte, es ins Deutsche zu übersetzen." In dem Telegramm war u. A. gesagt, daß eine freundliche Vorsehung gefügt habe, daß Bismarck das Werk, von dem er in seiner Jugend geträumt, an dessen Verwirklichung er als Mann gearbeitet habe, an seinem Lebensabend stark und trotz aller Stürme lebensfähig vor sick sehe. „Mir", fubr Stambulow in seinem Gespräche fort, „wird das nicht beschiedrn sein." Warum denn nicht auch Ihnen? fragte ich. Sie sehen doch heute schon Ihr Werk fast vollendet, und wenn es auch Andere sind, die den Bau krönen werden, so baden Sie doch die Grundlagen geschaffen, die Mauern aufgeführt, das Dach gedeckt; Ihre Nachfolger haben nur noch die Fahne auf- zuhiffen . . . „Ja, die Fahne", unterbrach mich Stambulow, „die Fahne der Unabhängigkeit werden die Leute nicht hissen, die Bulgarien an Rußland auslirfern. Doch lassen wir das. Ich wollte Ihnen von andern Dingen sprechen: man wird mich e rmorden!" Aber denken Sie doch nicht an den Unsinn, den Ihnen allzubesorgte Freunde zutragen l Wie oft glaubten Sie schon, daß man Ihnen nachstelle; an Gelegenheit hat es trotz aller Vorsicht nicht gefehlt; da Ihnen bi- jetzt nicht- geschehen ist . . . „So wird auch in Zukunft nichts vorfallen, meinen Sie? DaS ist eine schlechte Logik. Dieses Mal kommt zu viel zusammen. Ich kann nicht umhin, zu glauben, baß nunmehr Ernst gemacht wird. Man braucht zu allem Zeit. Ich höre jetzt von meinen Freunden, daß die Dinge ur Reife gediehen sind. Schließlich, wenn ich fallen soll, o werden meine Freunde meine Frau und die Kinder nicht verlassen; ich gönne aber meinen Feinden diesen Triumph nicht. In einflußreichen Kreisen wird man dafür sorgen, daß'aus „ganz Bulgarien" Telegramme «intreffen, die zwar dir Mörder vrrurtheilen, aber doch der Grnugthuung deS „Volke-" sür immer von dem „Tyrannen", dem „Ehebrecher" befreit zu sein, schwungvollen Ausdruck geben!" Aber was sagen Sie da! Selbst den Fall angenommen, daß die Mörderhand Sie erreicht, wie sollen einsichtige Lands leute, mit denen Sie zum Theil lange gemeinsam gearbeitet haben, dir- billigen, wenn Sir auch heute Ihnen feindlich gegenUbersteben I „Ach, Ihr Europäer! Manche von Euch leben Jahrzehnte unter unS und lernen unS doch nicht kennen! Wie sollen sie, fragen Sie. Wir sind ein wildes Volk mit seinen Vorzügen und seinen Fehlern!" Aber, Herr Stambulow, Sie werde« doch zugeben, daß wenn solche finstere Pläne gesponnen werden, daß man sie geheim kalten würde, daß Ihre Freunde doch sicher nichts davon erfahren haben würden, daß also wahrscheinlich auf Sie ringewirkt werden soll, sich in der „Swobova" noch mehr zu mäßigen, wenn anscheinend als tiefe- Geheimniß Ihren Freunden von AltentalSpläncn in- Ohr getuschelt wird. „Da sieht man wieder den Europäer! Als wir 1876 den ersten Aufstand gegen die Türken planten wußten alle Bulgaren davon; die Türken allein lebten seelenrubig in den Tag hinein» bis wir den ersten Dutzenden die Kopfe ab geschnitten hatten! Als das Attentat auf mich, dem Beltschew zum Opfer fiel, bevorstand, wußten in Sofia Tausende davon; nur der Polizeipräfect und seine Leute blieben vertrauens selig. Heute wissen auch Viele von dem bevorstehenden Attentat, und meine Freunde — ick habe deren gottseidank noch überall — sind klüger als die Türken und die Polizei; ich kann Ihnen nicht Namen nennen, aber meine Nachrichten sind gut. Der frühere Polizeipräfect Jlija Lukanow, ein Ehrenmann, der mir aufrichtig ergeben ist, der sehr gewandt ist und heute noch sehr weitgehende Verbindungen in allen in ländischen Kreisen hat, kam gestern zu mir. Er war ganz aufgeregt, der ernste, kalte Mann. Er wollte zum Fürsten gehen, um ihm Alles mitzutheilen. Jlija, sagte ich zu ihm, das wäre die erste Dummheit, die du begehen würdest! Siebst du denn nicht, daß die Mörder sicheren Rückhalt haben?" Haben Sie denn ganz sichere Anzeichen einer Verschwörung gegen Sie? Und wer sollen denn die Teilnehmer sein? „Wir wissen ganz genau, daß in Uetschbunar (einer Vor stadt Sofias) sich eine Bande gesammelt hat, die sich sogar im Gebrauch von Waffen übt. Das soll angeblich für Make donien sein, und die Regierung, die überhaupt nicht weiß, was sie will, läßt es geschehen. Wir wissen aber, daß diese Leute — es sind die Mörder Beltschew's unter ihnen — einen Schwur geleistet haben, mich zu ermorden, um Panitza und die vier nach dem B elt s ch ew -P r oc e ß Gehängten zu rächen. Daß der Fürst auch auf der Liste steht, ist eigentlich komisch. Er war es allerdings, der Panitza erschießen ließ, um schon an demselben Tage nach Karlsbad zu reisen. Die Bande, von der ich sprach, besteht aus Rosarew, Halu Arnaut, Tüfektschiew und e inigen andern. Tüfektschiew ist in Konstantinopel wegen des Mordes an dem vr. Wulkowitsch zu Ibjährigem Kerker verurtheilt; trotzdem treibt er sich hier ungefährdet umher. Er ist sogar zum Beamten an dem Babnbau ernannt wor den, bleibt aber hier und bezieht seinen Gehalt. Nebil Bey, der türkische Wakufcommissar. hatte seine Auslieferung ver langt. Natschewitsch aber bat ihn dringend, darauf zu ver zichten, da die Auslieferung böses Blut gegen die Türkei machen und dir makedonische Agitation anfachen werde, Tüfektschiew werde hier arretirt werden und seine Haft hier verbüßen. Trotzdem ist er frei und wird mit Nachrichten überhäuft. Welikow, der in dem Beltschewproceß zu 15 Jahren Kerker verurtheilt worden und nach meinem Rück tritt begnadigt war, ist beute Staatsanwalt in Lowtscha. WaS soll man da erwarten! Seit Jahren wird hier mit dem Revolver und dem Dolch gearbeitet, man hat sich daran gewöhnt, wie man sich im Kriege ans Blutvergießen gewöhnt! Jetzt haben wir den Bürgerkrieg, den die Regierung nur anfacht, während wir früher nur mit wirklich Schuldigen erbarmungslos verfuhren. Die Uebriggebliebenen dieser Schuldigen sind heute oben. Stoilow findet weder bei seinen College» noch bei seinen Beamten Gehorsam; warum sol also nicht der „Tyrann, der Blutsauger, der Ehebrecher" gemordet werden!" „Und nun denken Sie! Nachdem ich vorgestern und gestern genaue Angaben über den Mordplan erfahren hatte, laßt sich mir plötzlich heute Tüfektschiew melden! Tüfektschiew, der mich anschuldigt, seinen Bruder im Gefängniß zu Tode gefoltert zu haben, um ihm Geständnisse zu entreißen! Auf die Frage meines Thürhüters, was er wolle, erwiderte er: Mich mit Stambulow vertragen, um Makedoniens willen! Ich habe ihn natürlich nicht vorgelassen, ebensowenig, wie die Brüder Jwanswi, die auch mit in der Verschwörung sind. Was wollten die Leute von mir? Sie müssen sehr gut wissen, daß ich sün ' entschlossene, bis an die Zähne bewaffnete Diener im Hause hatte, die im Falle eines Angriffs auf mich unbedingt den Mörder niederschießen würden. Was wollten sie also, Tüfektschiew und bald darauf die Brüder Jwanswi? Es bleibt nur die Annahme übrig, daß sie sich mit mir „ver tragen" wollten, um für den Fall, daß man sie später wegen des Mordes an mir belangen sollte, was zwar unwabr- scheinlich ist, aber doch von geriebenen Verschwörern in Be tracht gezogen werden muß, geltend machen zu können, daß sie „wegen Makedoniens" ihren Racheplänen längst entsagt hatten und unschuldig seien. Dieser Versuch Tüfektschirw^S und der Brüder Jwanswi ist für mich der Beweis gewesen, daß die Meldungen meiner Leute richtig waren und daß die Verschörung reif geworden ist." Inzwischen waren die frühem Minister Slawkow und Petrow ringetreten. Ersterer erzählt auf Stambulow'- Anregung genau mit denselben Einzelheiten eine Unterhaltung mit einem Geheimpolizisten von Stambulow, die Slawkow zu Stambulow'- Kenntniß gebracht hatte. Ich schloß au« dieser Uebereinstimmung zwischen Stambulow'- und Slawkow'ö Erzählung, daß thatsächlich Stambulow'» Freunde an Stam« bulow solche Mittbeilungen hatten gelangen lassen und daß st« an deren Richtigkeit glaubten, da sie Stambulow gebeten batten, vorläufig da« Hau» nicht zu verlassen. Ich muß ge stehen, daß ich vorher rin gewisses Mißtrauen nicht über winden konnte, daß Stambulow mir als durchreisenden Fremden, der manche Bekanntschaften hatte, etwa- stark auf- trüge, um seine Anschuldigungen vielleicht später an eiufluß- reicher Stelle anzubringen. Ich werde heute, fuhr Stambulow fort. Alle», wa» ich über dies« LttentatSaeschichte weiß, zu Papier bringen. Dann soll man für die diplomatischen Agenten der Großmächte und auch für Sie — zu mir gewendet — Abschriften machen. Alle dies« Briese sollen d,e Aufschrift tragen: Nach meinem Tode zu öffnen. Dann wird die Welt erfahren, auf welche Weis« treue Dienste in Bulgarien belohnt werden. Deutsche- Reich. u Berlin, 17. Juli. Seit einiger Zeit ist es bekanntlich weiblichen Versicherten, welche eine Ehe eingehen, sowie gewissen Hinterbliebenen von verstorbenen Versicherten ge- stattet, Anspruch auf Rückzahlung der Hälfte der für sie bezw. den Versicherten gezahlten Beiträge zur Jnvali- ditä'S- und Altersversicherung zu erbeben. Es wird sür die Personen, welchen dieses Recht zusteht, von Interesse ein, zu erfahren, daß der Anspruch auf Erstattung unter Beibringung der zur Begründung desselben dienenden Beweis- 'tücke bei dem Vorstande derjenigen Versicherungsanstalt, an welche zuletzt Beiträge entrichtet worden sind, geltend zu machen ist. Was als Beweisstücke anzusehen sind, darüber entscheiden die Versicherungsanstalten. Einzelne haben auch bereits Verfügungen nach dieser Richtung erlassen. Im All gemeinen wird man annehmen können, daß die Beweisstücke, wie sie von einer Versicherungsanstalt in jüngster Zeit als noth- wendig bezeichnet sind, genügen werden. Danach sind den Anträgen folgende Schriftstücke beizufügen: 1) Dem Anträge einer Ehefrau auf Erstattung ihrer Beiträge: die Ehe- schließungSurkunde, die laufende OuittungSkarte und die Be scheinigungen über die Aufrechnung der früheren Ouittungs- karten; 2) dem Anträge einer Wittwe aus Erstattung von Beiträgen ihres verstorbenen Ehemannes: die Sterbeurkundc des Ehemannes, die EbeschließungSurkunde, die laufende OuittungSkarte und die Bescheinigungen über die Aufrechnung der früheren Quillungskarten des Ehemannes; 3) dem An träge ehelicher Kinder aus Erstattung der Beiträge ihres verstorbenen VaterS: die Sterbeurkunde des Vaters und der Mutter, die Geburtsscheine der Kinder,die Quittungskarte und die AusrechnungSbescheiniaung des Vaters und die Vormundschafts bestallung deS den Antrag stellenden Vormundes; 4) dem Anträge vaterloser ehelicher Kinder auf Erstattung der Beiträge ihrer verstorbenen Mutter: die Stcrbeurkunde der Mutter, die Geburtsscheine der Kinder, die OuittungSkarte und die Aufrechnungs-Bescheinigungen der Mutter, die Vor- mundschastSbestallung deS den Antrag stellenden Vormundes und die Sterbeurkunde des Vaters der Kinder; 5) dem An träge unehelicher Kinder auf Erstattung der Beiträge ihrer verstorbenen Mutter: dieselben Urkunden, wie vorgehend angegeben, mit Ausschluß der Sterbeurkunde des Vaters der Kinder. Bei Erstattungsanträgen Hinterbliebener ist außer dem eine Bescheinigung über die Todesursache deS ver storbenen Versicherten beizubringen, in der insbesondere auch angegeben werken muß, ob etwa auS Anlaß eines Unfalls den Hinterbliebenen eine Unfallrente zusteht. Die Ausstellung dieser Urkunden und Bescheinigungen hat nach Vorschrift des tz. 140 deS Gese^eS vom 22. Juni 1889 gebühren- und stempelfrei zu geschehen. * Berlin, 17. Juli. Wenn der Mangel an deutsch patriotischer Gesinnung bei der Socialdemokratie gegenüber der Erinnerung an den Nationalkrieg von 1870/7! einen geradezu verbrecherischen Ausdruck gefunden bat, so darf doch auch, wie die „Post" richtig ausführt, nicht über sehen werden, daß der Klerikalis mus gleichfalls durch eine besonders schwache Entwickelung des deutschen National- gefühls gekennzeichnet wird. Dies gilt insbesondere aus der ganzen Linie, wo es sich um den Kampf gegenüber dem Slawentbum handelt. Aus den Verhandlungen deS Ab geordnetenhauses ist bekannt, wie sehr wenigstens ein Theil des oberschlesischen KlcrikaliSmuS nicht bloS mit den Sprachbestrebungen der Polen, sondern auch mit denen der Mähren und ähnlicher slawischer Gruppen liebäugelt. Noch in den jüngsten Tagen bat man es erleben müssen, daß, obwohl ein polnischer Wahl sieg in Meseritz-Bomst den polonisirenden Tendenzen in den preußischen Ostmarken einen neuen starken Aufschwung geben müßte, Führer des Centrums persönlich um die Stimmen der deutschen Katholiken für den polnischen Can- dibaten warben. Aber diese Eigenthümlichkeit deS Kleri- kalismuS beschränkt sich keineswegs auf das deutsche Reich und Preußen. Auch in der C'llier Schulfrage trat sie scharf und widerwärtig hervor. Ein klerikaler deutscher Bauer war eS, welcher dadurch, daß er die Verleugnung seines Deutsch- thunis bis zur rednerischen Befürwortung der Annahme des Budgetpostens sür ein slowenischesEGymnasium trieb, die von unS ausführlich wiedergegebenen stürmischen Scenen im österreichischen Reichstage hervorries und einen Sturm be rechtigter Entrüstung bei der deutschen Minderheit ent fesselte. — Man wird, wenn man die Parteien in Bezug auf ihre deutschnationale Gesinnung richtig schätzen will, diese besondere Eigenschaft des deutschen Klerikalismus voll in Rechnung stellen müssen. 8. Berlin, 17. Juli. (Privattelegramm.) Die Com miss are des Handelsministeriums und des Reichs- aintS deS Innern, welche zum Studium der in Oesterreich mit der Zwangs»» gaiitsation der Handwerker gemachten Er fahrungen auSgesandt worden sind, kehren Sonnabend nach Berlin zurück. L. Berlin, 17. Juli. (Privattelegramm.) Die Regelung der Mtlitairdienstzeit der BolkSschullehrcr ist fetzt, wenn der „Rhein. Cour." recht berichtet ist, in einem den oft geäußerten Wünschen der Lehrerschaft günstigen Sinne entschieden worden. Die Schulverwaltung habe sich nach ein gehender Prüfung aller einschlägigen Verhältnisse dafür aus gesprochen, daß die Lehrerseminare die Besiigniß erkalten, gütige Zeugnisse oder die wissenschaftliche Befähigung zum Einjahrig-Freiwilligendienst auszustellen, wie eS in Bayern schon jetzt der Fall ist. Auch das preußische StaatS- ministerium habe sich dieser Auffassung angeschloffen, und, wie die Dinge liegen, könne al» ausgemacht angesehen werden, daß vom nächsten Jahre ab den Volksschullehrern die Be rechtigung zum Einjahrig-Freiwilligendienst zugestanden wird. 8. Berlin. 12. Juli. (Privattrlegramm.) Die „Voss. Ztg." berichtet: In dem Befinden de» Prof. v. Gneist ist wieder eine kleine Besserung ringetreten. Die gemeldete Abnahme der Kräfte de-Patienten ist darauf zurückzuführen, daß er in den letzten Tagen die Annahme von Nahrung verweigert hat. Nachdem Prof. v. Gneist wieder Nahrung genommen hat, haben seine Kräfte und da» Allgemeinbefinden sich entsprechend gebessert. — AuS Straßburg wird der „Nordd. Allg. Ztg." ge meldet, eine der Spionage verdächtige Persönlichkeit fei gestern in der Nähe des neuerbauten Forts Mölsheim ver haftet worden. Dir Behauptung deS Verhafteten, daß er italienischer Officier sei, habe sich als unwahr erwiesen. * Bremen, 16. Juli. lieber denDirector deS St. Jü rgenS- asyls ist, dem „Reichsboten" zufolge, die DiSciplinar« Untersuchung verhängt worden.
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