Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189507228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-22
- Monat1895-07
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.07.1895
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
*/. r. 4 »1, 102,50 4 IOS.— r. 3-k 101.10 4 105 — 3-1» 102,20 4 104 — 3-, 103,10 4 104.— i- 31, 103,10 r. 4 — 136,25 r6 -ll- — — >.L. SS.— Sin. 70.— 8p. 1 ^ 8 158.— er». » 170,— «»kl 105,— vfd. 54.— -k. 395,— Leu 303,— US 126.— 346.— 8. LVQ 138,— 6K. IS?.— Äd. KI» 336,— »Sll. dr.) ar.) VS.— k. 258 — k-. 76.— sk. 22.— 103,— 8p. V7.— rd. 130,— -r. — L. ilr — ». 8onrs SS,SV 8. SV.— 8- VS.— 8. 08.H 6. VS,so 8. 78.35 8. 84,— 8. 03,— 8. 48,— 8. 8«,SV 8. SS.— 8. 16.35 8. ZS,— 8. Zö,7S b, Z2.SO dr 11.— 8, ill StUck. ISS,90 218,60 164.30 111,60 141,50 335^ 8S7-- 161,80 ISS — 66 — 156.30 159.— 134.70 170.70 1»!» 318,80. 134.50 175,20 156.50 ISS,— 133,70 >s 133,80 9.64-, 165,80 378,25 78,SO r SSO,SO 94,10 234.50 100,30 »ISS,40 131,45 48.1S 9,04-, 59,40 1,391, 113.50 io, K0VIS iso ooä 74 SV'Is 26-4 SS-j- ILS 64^ SOI, sxrainiu :ruiisclis Lroosus >ed 8,31, 34,34. 0. Usiv ein 2,98. ort 6,75. olUutsr :pl. 4.12. Sillium). 1. liscii« sk 10/11, Usur> eluuAls louteio uu Ilvu .konteiu dauuis- 713,10 i6.47>>, 414 — >0,37-, > 93,50 36,43 1« lor io »u. lo m»vdr. douux « es- »56 iOS iS« SV-!, BezugS'PretS I» d« Hauptexprdition oder den im Stadt bezirk uud de» Vororten errichteten Nu»« oabestellen ab geholt: vierteljährlich^ 4.50. bei »weimaliaer täglicher Zustellung in» Hau« b.SO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Directe tägliche Kreuzbandlenbung iw» Au-land: monatlich 7L0. Die Morgen-AnSgab« erscheint täglich mit Au»« nähme nach Sonn« und Festtagen '/,? Uhr, die Abenv-AuSgabe Wochentag» b Uhr. NrLactio« und Erpedition: Johannesgaffe 8. Die Erpedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: vtt» Me««'» Gartim. (Alfred chah«), Universitätsstratze 1» vani» Lösche. Katharinenstr. 14, Part, und Uöuig»vlatz 7. nMerIilMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- and Geschäftsverkehr. ^351. Montsg den 22. Juli 1895 Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petttzetle L0 Pfg. Reklamen unter dem Redaetion»strich (4 ge- spalten) bO^j, vor den Familiennachrichien (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis, verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernjaz. nach höherem Tarif. Gxtra»Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit Postbesördrrung 70.--. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentag») Abend«Au»gabe: Vormittag» 10 Uhr. Margen.Ausaab«: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen and Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet» an die Sr-editioi, zu richten. Druck uud Verlag von E. Pol, in Leipzig. 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Gelder auf Grundstücke bet vorzüglicher Sicherheit bez. größeren Capitalien auch zu billigerem ZinSsuße leiht aus die städtische Tparcasse Aalkcnstet». Die Gründung des Allgemeinen Turnvereins vor fünfzig Jahren. k. Am 23. Juli 1845, Abend» 7 Uhr, fanden sich auf Einladung deS Professors der Medicin Bock vierundzwanzig der angesehensten Bürger Leipzigs im kleinen Saale des Schützenhauses zusammen, um über die Gründung eines Turn vereins in Leipzig ru berathen. Bock, der populäre Leipziger Arzt und UniversitatSprofessor, hatte schon im Frühahr 1815 den Entschluß gefaßt, an Stelle einiger privater Turn anstalten, die nicht Jedem zugängia waren, einen allgemeinen Turnverein zu gründen. Er ließ sich die Satzungen aus wärtiger Turnvereine, deren eS in Sachsen schon in Planen im Vogtland, Dresden, Pegau, Borna und anderen Städten gab, einsenden und versuchte, einflußreiche Männer für seinen Plan zu erwärmen. Um auch den Schein jeder politischen Nebenabsicht zu vermeiden, ließ er die sonst wohl recht brauch baren Studenten, besonders die Burschenschafter, außer Spiel, was ihm viel Anfeindungen einbrachte. Dafür erhielt er von anderer Seite um so wirksamere Unterstützung. Der Kauf mann Carl Lampe (senior), der auf eigene Kosten vor dem Schützenthore neben dem Harkort'schen Grundstücke einen Turnplatz eingerichtet halte, verzichtete auf die Gründung eines „städtischen Turnvereins" und unterstützte fortan Bock's Pläne. So kam eS, daß dieser schon in der ersten vor- berathenden Versammlung am 23. Juli, deren Leitung ihm übertragen wurde, die Platzfrage erledigen und mit der Besprechung des Grundgesetzes beginnen konnte. Vorher hatte man schon beschlossen, auch Knaben zum Turnen zuzulasten, nicht aber, wie Bock wünschte, auch das weibliche Geschlecht. Am Schlüsse wählte die Versammlung zum Entwürfe der Satzungen einen Ausschuß, der schon am 30. Juli ein „Grundgesetz" vorlrgen konnte, das, mit geringen Aenderungen angenommen, auch jetzt noch fast in der alten Gestalt fort« besleht. „Männern und der männlichen Jugend Gelegenheit und Anleitung zu geregelten Körperübungen zu geben", ward als einziger Zweck veS Vereins bingestellt. Zum Eintritte waren nur erforderlich: das zurückgeleate siebente Lebensjahr und unbescholtener Ruf. Der Beitrag sollte in Zukunft 50 monatlich nicht übersteigen und gegebenen Falls Aermeren erlasten werden; die Uebungen auf dem Turnplätze sollten unter ärzlicher Aufsicht stehen. Im Ganzen waren eS nur 9 Paragraphen, die man für nothwendig hielt, und gerade diese kurze, allgemeine Fassung, die sich nicht in Einzelheiten verirrte, hat dem Vereine spater freie Entfaltung verbürgt. Leitung und Verwaltung deS Vereins waren vom Turn betriebe, für den der Turnlehrer Berndt gewonnen wurde, vollständig getrennt und in die Hand eines TurnratbeS von 9 Mitgliedern gelegt, dessen Vorsitzender der jetzt noch lebende Prof. Biedermann wurde, während der nachmalige Bürger meister Stephani das Schriftführeramt übernahm. Am 28. Juli schlossen sich 18 Mitglieder eines älteren „Turnverein-" dem Allgemeinen Vereine durch schriftliche Erklärung an. Erst am 11. August erschien in Nummer 223 des „Leipziger Tageblattes" auf Seite 2159 ein „Aufruf an die Bewohner Leipzigs", der zur Theilnahme an dem gemeinnützigen Unter nehmen deS Turnvereins anfforderte. „E- ist vor Allem nöthig", hieß es darin, „daß das Turnen als eine Allen gemeinsame Angelegenheit, alö eine Sache deS öffentlichen Wohls betrachtet und behandelt wird, daß Männer aus allen Ständen sich vereinigen und gemeiiischafllich. unter Beachtung ihrer verschiedenen Erfahrungen und Wünsche, der Leitung der Sache sich unterziehen, daß die Benutzung der Turnanstalten Allen, auch den Aermeren, zugänglich gemacht wird, daß da- Turnen selbst unter die Aussicht und Leitung von sachverständigen Männern, namentlich von Aerzten, gestellt wird. Die Namen der Männer, die den Aufruf als die Gründer des Allgemeinen Leipziger Turnvereins Unter zeichneten, haben in der Geschichte unserer Stadt und auch Weiter hinaus einen guten Klang. Es hatten unterschrieben: Prof.Bied ermann,Stadtger.-Act.Behgang.Prof. vr.Bock, G. Buch heim, Or. Göschen, N. Grüner, Prof. Or. Günther, Or. G. Haase» Prof. Hanßen, Dir. Or. Handel, Duchh. Hartung, Weber-Obermeister Hangt, I. Kistner, Or. G. Kistner, Adv. Or. H. A. Kori, Adv. Kori, Kaufm. C. Lampe, Commis A. Lieberoth, Commis F. Lindemann, Buchh. G. Mayer, Adv. Or. Mayer, Laoo. jur. M. Mayer, Or. L. Merkel, Or. C. Millies, Coiffeur B. Müller, Or. R. Osterloh, Conimissionair E. Riso, Or. Schlotter, Or. Schieber, Handschuhm. G. Schindler, Or. E. Stephani, Or. C. W. Streubel, Prof. E. Weber, Prof. I. Weiske, G- Wigand, Or. meck. Ziisß mann. Die unglücklichen Ereignisse deS 12. August, die mit dem Besuche des Prinzen Johann zusammenhiiige» und bei denen nach der Bekanntmachung deS Rathes vom 10. August 1845 sieben Menschen gelödtet und fünf verwundet wurden, ver- binderten die Eröffnung des Turnplatzes am 17. August. Erst acht Tage später, am Sonntag den 24. August, beging mau die Feier. Zuvörderst versammelte man sich Vor mittags r/zll llhr im großen Saale deS Schützenbause», wo vor mehreren Hundert Leuten die Professoren Biedermann, Bock und Scbreber über „Einfluß und Be deutung deS Turnens in gesundheitlicher und sittlicher Be ziehung und die für die Gesundheit zweckmäßigste Art seiner Einrichtung" sprachen und am Schlüsse sogar rin Dresdner, der Turnlehrer Hrusinger, daS Wort ergriff. Hierauf ging man nach dem Turnplätze, der durch ein „Freiturnen" ein geweiht wurde. Am 27. August Nachmittags von 4—8 Uhr begann der Allgemeine Turnverein seine regelmäßigen Turn Übungen, die er seitdem noch nie unterbrochen hat. Politische Tagesschau. » Leipzig, 22. Juli. Während von einem Tbeile der Berliner Officiösen in Abrede gestellt wirb, daß dre Reise deS ReichssckatzsecretairS Grafen v. Posadowsky nach Süddeutschland in irgend welchem Zusammenhänge mit der so dringend nöthigen, aber leider von den MebrheitSparteien deS Reichstags unter allerlei Vorwänden hinausgezögerten RcichSfinanzreform stehe, be reitet ein anderer auf neue Forderungen im nächst jährigen ReichSbauShaltSetat vor. So weisen die „Berl. Polit. Nachr." darauf hin, daß allein im Etat des Reichsamts des Innern drei Aenderungen bevorstehen, die mit erhöhten Ausgaben verknüpft sind. „Die erste", so führt das genannte Organ aus, „betrifft die Erhöhung deS Reichszuschusses zur Jnvaliditäts- und Alters versicherung. Dieselbe wird diesmal keine außergewöbn liche sein, denn in da« EtatSjahr fallen bei drr Invalidität«- und Altersversicherung keine Eniwickelungsmomente, welche für die finanzielle Betheiligung des Reichs von Bedeutung sein könnten. Das Jahr,189S/»7 wird welchem die BeitragSriickzadlungtn w ^^^dene von welche eine Ebe eingeben, sonne an ge 11 - ^ Reick, wird verstorbene,, Versicherten ^ ^ e,wa zu- vabei jedoch nur wegen des WeUV v dies geflossenen Zusahn,-rke„ l'etbk'l'gt se^^ so gering- üoerhaupt der Fall 'st> . auf die Bemessung fügigen Maßt sein, daß dieser Umstand auf Hz der Erhöhung der Posliion v°n k-'ne ' E ^ würde also, da auch keine AuSdeh g E»andcSrath, wie Pflicht auf Hausgewerbetreibende durch bei, T früher!.,-Jabren in krackst omm ^ lediglich das natürliche Anwach,en der MerS u realen zu berück,ichtigen ,ein. ^mmch vUst der Arbeiten in der Waare»re,chenschutzabtbr,lung be willigten Kräfte genügen b-,sp,eiSwe.,- nicht. ^ Hilfskräfte angenommen werken mü,en, ' auf die Dauer nicht auSzukommen sein dürste ««Uetz lich dürften in den Etat , deS R-icksan, s deS Innern ganz neue Positionen ,n Einnahme und Ausgabe für die L - rw ° , un , d - - L - il. - - WUd - > m. E - n -1 - werden. Diese Verwaltung ist bet der Eröffnung deS Canals dem Reich-amte deS Innern unterstelltwor°en u'id ebrt die große stahl der diesem bereits zugehörigen Verwaltungen. Sehr b-dnitend werden die mit diesen Veränderungen ver« bundenen Mehrausgaben nicht sein, aber sie drangen trotzdem die Frage der Eröffnung neuer E-nnabmeguellen für daS Reich wieder in den Vordergrund. Und sollte es wirklich glücken, auch für das nächste Jahr entweder durch Em- schränklinz der Ausgaben auf anderen Gebieten, oder durch mehr oder minder willkürliche Höherveranschlagung der Einnahmen, um eine solche Eröffnung sich berum- zudrücken, ohne dir Matricularbtttrage der Einzel, staatcn zu erhöhen, so weisen die von Jahr zu 2ahr sich stei. ernden Anforderungen deS Reiches doch gebieterisch darauf bin, wenigsten» durch Festlegung eine» bestimmten VerbättnisseS zwischen den finanziellen Leistungen der Einzel- stauten an das Reich und den Gegenleistung«, deS Letzteren die Einzelstaaten vor dem ewig drohenden Gespenst hoher, die Herauszahlungen de« Reiches übersteigender Matricular- beiträae zu schützen. Der Liebe zum Reiche wird wahrlich nicht Vorschub geleistet, wenn seine Glieder in jedem Jahre mit Sorge vor der Frage stehen, ob da- Reich so tief nl ihre Taschen fassen werde, daß sie entweder zu den bedenk lichsten Einschränkungen sich verstehen oder ihre ohnehin stark genug angespannten directen Steuern erhöhen müssen. Ter jetzige Reichstag kann sich daher nur noch mißliebiger machen, wenn er trotz der abermals nothwendig werdenden Erhöhung der ReichSauSgaben wieder nur mit kleinen Mittelchen für ein Jahr hilft und den Schritt unterläßt, der daö Reich nöthigt, über eine feste Grenze hinaus für seine eigenen Be dürfnisse zu sorgen. Daran, eS zum finanziellen Wohlthäter der Einzelstaaten zu machen, ist ja jetzt nicht mehr zu denken. Der „Nat.-Lib.-Corr." wird geschrieben: Mit den über raschend großen Wahlersolgen der konservativen Parte in England ist ein neues Moment für die Beurtkeilung der Frage deS Baues einer Eisenbahnlinie von der deutsch ostafrikanischen Küste nach dem großen Seengebiete Inner afrikaS, der sogenannten dentsch-ostafrtkantschen Eentralbahn, gegeben. Auch die von dem Vorsitzenden deS zur Betreibung dieses BahnbaurS eingesetzten Ausschusses, Herrn Geheimen Cominerzieuratb Or. Oechrlhäuser, auSgearbeitetr Denk schrift über den Plan der dentsch-ostafrikanisckien Eentralbahn betonte bereits, daß ker Ucbergang der Negierung in Eng land an die Conservativen eine Beschleuniaung des Zcil- )unctcS drr Inangriffnahme der von den Engländern ge planten Concurrrnzbahn von Mombassa nach Uganda bedeuten würde. Jeder zeitliche Vorsprung in der Beendigung der einen oder drr andern Linie wird aber zweifellos die später vollendet« Bahn in einen starken Nach theil bringen. Da über die kulturelle Bedeutung deS Baues der deutsch-ostafrikanischen Centralbahn für unsere ostafri kanische Colonie kein Wort mehr gesagt werden muß, ist es als selbstverständlich zu betrachten, daß diese unsere Colonie mit ibrer ganzen Zukunft an der Frage einer möglichsten Beschleunigung de« geplanten Bahnbaues intrrrssirt ist. Diese Thatsache drangt nothwendig zu einer erneuten Prüfung, welcher Weg am sichersten und schnellsten zu dem erstrebten Ziele einer Schienenverbindung zwischen der Küste und dem westlichen Hinirrlande unserer ostafrikanischrn Colonie führt. Drr Stand der Dinge ist bekanntlich zur Zeit der, daß daS Privatcapital unter der Bedingung einer inSgarantir (3 Proccnt) für da« Anlagekapital von eiten des Reiches znm Bau der Bahn sich bereit erklärt hat. Ohne allen Zweifel verdient die Initiative der be- ,heiligten Privatpersonen rückhaltlose Anerkennung. Das bindert aber nickt eine Erörterung der Frage, ob der hier eingeschlaaene Weg der richtige sei. Der Ausschuß für die deutsch-ostafrikanische Eentralbahn hat sich für die Aus führung deS Bahnbaues in mehreren Abtheilungen aus gesprochen, deren Inangriffnahme von dem Vorhandensein einer Zinsendeckung aus den Ueberschüssrn der Zolleinnahmen des ostafrikanischen Schutzgebietes abhängig gemacht wird. Man gebt nämlich von der Voraussetzung aus, daß ReichS- rrgieruiig und Reichstag eine Zinsgarantie nur bis »ur Höhe dieser Ueberscküsse Ubernebmen würden. Wir wissen nicht, worauf oirseAnnabme bezüglich der Reichsregierung sich gründet. Ist sie berechtigt, so würden wir diese Stellungnahme unserer Colonialverwaltung ru einem Projekt, von dessen Ausführung nach dem Uriheil aller Kenner der Verhältnisse die wirth- schastliche Zukunft DrutschostafrikaS abbängt, nur bedauern können. Cs ist unserer Ansicht nach ein Fehler, ein Unter nehmen, dessen wirtbschaftliche und finanzielle Ergebnisse in vollem Umfange erst nach seiner ganzen Durchführung zu Tage treten können, von den Resultaten seiner einzelnen Ab schnitte abhängig zu machen. Gewiß werden diese einzelnen Ab schnitte für die von dem Babnbau erschlossenen Geaenden von großer kultureller Bedeutung sein, aber der Haupt zweck des Unternehmens, die „Ersetzung der Karawanenwege, deS Waarentranöportö auf den Köpfen der Eingeborenen, der ursprünglichsten Menschenbeförderung. durch den Träger der wirthschaftlichen Entwickelung und Civilisation deS 19. Jahr hunderts, die Eisenbahn", kann und wird erst durch die Voll endung deS ganzen BabnbaueS erreicht werden. Welchen langwierigen Verhandlungen, welchen Verzögerungen setzt man sich aber auS, wenn bei der Vollendung jedes vorgesehenen Bahnabschnittes von Neuem die Frage der ZinSgarantie aufgeworfen werden muß! Es sprechen außer dieser Erwägung gewichtige kulturelle und politische Gründe dafür, daß das Reick den Bahnbau selbst in die Hand nimmt. Wer zweifelt heute noch daran, daß die Bahn Mombaffa Uaanda von England auf Staatskosten gebaut werden wird? Man wird dieses Unternehmen so sehr beschleu nigen, als irgend möglich ist. DaS ist zweifellos. Und da sollen wir unsererseits dem Bau der deutsch-ostafrikanischen Central- Fruilletsir 61 Das verlorene Paradies. Npk«r Roman von Anton Freiherr von Perfall. Nachdruck vkrletkN. (Fortsetzung.) DaS also sollte die ersehnte Abwechslung sein? Diese krampfhafte, conventionelle Welt, in der Jedermann eine andere Rolle spielt, nur nicht seine eigene? Dieser lächerliche Mädchenmarkt? Wie war eS doch herrlich dagegen in Vals, auf der Wildrose über Hecken und Gräben! — Sie war ja keine besondere Naturschwärmerin, aber jetzt tauchte deutlich die buntfarbige Haide mit dem tiefblauen Himmel drüber, der sonnige Buchenwald vor ihr auf — und noch etwa- — das war doch zu komisch — hier! — Schwarz acker U! Ja, Schwarzacker l Die garstige Grube mit ihrem monotonen Lärm! — Von ihrem Sitze aus blickte sie durch eine Reihe von Räumen in den Tanzsaal. Die Portiöre bot einen schmalen Ausschnitt, im grellen Licht von hundert Gasflammen, welche jetzt, als sie lange darauf hinstarrte, sich auf und ab zu schwingen schienen. Dieser Anblick rief rin andere« Bild wach, das ihrem jetzigen Jdeengange sehr nahe lag. Sie stand wieder mit Franz vor drr Schachtöffnung und blickte auf die phantastische Welt unter sich. — Gerade so tanzten die Lichter I Sie schloß die Augen und beugte sich zurück. — Wo war er jetzt? — In dem kleinen Grubennest am Rhein — vielleicht auch auf einen Ball, unter kleinen, unbedeutenden Bürgermädchen. Da wird sich rasch eines finden, da« sich glücklich preist, ihn begleiten zu dürfen in seine raube harte Welt! — Ein blondes, brave« Mädchen, mit sanften, blauen Augen, die nicht reitet und fährt und jagt wie ein Mann, die seine Nähe, seinen Anblick, seine treue innige Liebe all' dem Glanze der Welt vorzieht, allen PiknikS und Bällen, wobei man sich so vortrefflich amüsirt — so ein dummes, gutes — glückliches deutsches Mädchen! Als sie die Augen wieder öffnete, flimmerte und zuckte eS, wie von unzähligen, gekreuzten Klingen — Thränen füllten sie — und durch dieses Geflimmer hindurch näherte sich ihr Jemand — durch die leeren Räume. — Ein Säbel klirrte, Stiefel knarrten auf dem Teppich — die Gestalt er schien ihr ganz schwarz, unkennbar. Wenn r« jetzt Georg wäre! — und er träte vor sie hin und werbe um ihre Hand? — Sie würde sie ihm reichen, nur um der Oual ledig zu werden, der Erinnerung, um sich an Franz zu rächen, der sie so leicht aufgegeben — um da stand er wirk lich vor ihr, Georg — in drr kleidsamen, blauen Husaren uniform, mit dem überlegenen Lächeln unter dem sorgfältig gepflegten Schnurrbart. — In dem Gefühle ibrer Verlassenheit freute sie sich über sein Kommen, zugleich aber packte sie die Angst — jetzt wird auch das andere eintreten, waS sie sich eben gedacht. „Großartig! Bezaubernd!" Georg hatte daS Monocle eingeklemmt und beobachtete sie, auf seinen Säbel gestützt. Kitty war innerlich entrüstet über diese panale Huldigung — diesen kalten beobachtenden Blick hinter dem blitzenden Gla« — der ebenso gut einem schönen.Pferde hätte gelten können. „Wahrlich, Kitty, ich bin entzückt, baff!" „Und vor Allem ebenso entsetzlich langweilig, wie die ganze Gesellschaft da draußen", bemerkte Kitty. Da» Herz zog sich ihr zusammen — so entsetzlich, so entsetzlich und —I Georg ließ sein Monocle fallen. „Habe Dich wohl in süßen Träumereien gestört?" „Hast Du auch", erwiderte Kitty mit einer heftigen ab wehrenden Bewegung. „Welcher Art, wenn ich fragen darf?" „Oh, da würdest Du nur lachen darüber und daS will ich mir doch lieber ersparen. UebriaenS, wo kommst Du denn her mit Deiner höchst geistreichen Galanterie. Vom Circu» wohl?" „Ich kann'S nicht leugnen." „Natürlich! Und daS sind le» beaux rostss Deines Geiste-, die Du für mich gerettet! Miß Arabella, da» große Wunder, hat Dich wohl so völlig auSgeplündert?" sagte Kitty, mehr au» Uebrrmutb, der Langweile satt, al» auS bestimmter Ab sicht. Deshalb fiel ihr auch drr Eindruck auf, oen ihre Worte auf Georg machten. Er kaute an dem Schnurrbart — ein schlimme- Zeichen! Die Stirn zog sich in Falten. „Du irrst, Kitty", sprach er in schroffem Tone, „Miß Arabella, daS große Wunder, wie Du fie nennst, bedarf meiner Bewunderung wahrlich nickt." Kitty erhob sich jäh von ihrem Sitze, in ihrem Auge flammte es auf. „Aber ich bedarf sie, willst Du sagen! DaS ist ja reizend — unartig!" Georg bekämpfte mit Mühe seine Erregung. „Du scheinst etwa« sehr gereizt! Du mißverstehst mich! Ich vermnthete in Deiner Bemerkung ein gewisse« Dorurtheil gegen die Dame, welche» ich widerlegen wollte. Dasselbe ist ja bei Deiner völligen Unkenntniß der Verhältnisse sehr begreiflich. Der Sinn, welchen Du hinein legtest, lag meinen Worten völlig ferne. — Darf ich Dir jetzt meinen Ärm anbieten?" Kitty zögerte. Ein Gedanke stieg in ihr auf, drr sie mächtig reizte. „Ich mache eine Bedingung." „Im Voran» gewährt — zur Versöhnung", rntgrgnete Georg. „Du widerlegst meine Borurthrile praktisch, indem Du mich einmal in den Circu« mitnimmst und mit Miß Arabella bekannt machst." Georg war sichtlich verlegen. „Aber, Kitty, für eine Dame Deiner Stellung ganz unmöglich." e » "A'' -Dame" bekannt zu werden?" entgegnrte Kitty spöttisch. „Welche Borurthrile!" „Der Papa wird e» einfach nicht dulden. E» handelt sich 1» mcht um Miß Arabella, sondern um da« ganze Völkchen, um den leichten Ton, der dort herrscht." „Ach, ich bin nicht so empfindlich, da« weißt Du ja, Georg, und ziemlich abgehärtet von Hause her. — Ich kann mich za in der hohen Reitkunst ausbilden wollen. Stunden nehmen. Miß Arabella Stunden giebt", versuchte Georg noch emmal rinzuwrndrn. ^Wrnn Du Dich für mich verwendest — gewiß" .""wünschte in seinem Innern seine Unbedachtsam. re,t Er glaubte rin unerfahrene» Mädchen vor sich zu haben und sah sich nun völlia durchschaut: anderseits fühlte er sich geschmeichelt von der eifersüchtigen Regung, welche Kitty nicht verbergen konnte. Er hatte gewichtige Gründe, dieselbe vor weiter anwachsen zu lassen. „Nun ja — ich verspreche «» Dir — dieser Tage — nur W.. Sie nahm seinen Arm. - d"' erregte Aussehen bei seinem Erscheinen kommt so, wenn rin Mädchm Mutt« !uswächst! ^ Graf Seefeld war freudig überrascht. Er zweifelte keinen Augenblick, daß sich heute noch sein Lieblingswunsch erfüllen werde. In seiner drollig-derben Weise rückte er Georg gerade zu auf den Leib, machte Anspielungen, die Beiden höchst peinlich waren. Das Soupö vereinigte alle alten Bekannten von BalS an einem Tisch, und es entwickelte sich an demselben bald eine so laute Unterhaltung, daß dieselbe die Aufmerksamkeit deS ganzen Saale- auf sich zog. Kitty war jetzt bei bester Laune. Ring« umgeben von bekannten Gesichtern, sah sie sich in daS gemüthliche Speise zimmer von Val« verseht und vergaß ganz, daß sie der Gegen stand der allgemeinen Aufmerksamkeit war. Der Kreis an ihrem Tische vergrößerte sich immer mehr und umfaßte die Elite der Gesellschaft. Kitty machte es einen kindischen Spaß, all' die Anstrengungen zu beobachten, die gemacht wurden, eingefübrt zu werden. Georg war vollauf mit Vorstellungen beschäftigt. Der zündende Erfolg Kilty'S, alle die feurigen Blicke, di« an sie verschwendet wurden, die heiße Atmosphäre in der Nähe eines schönen, gefeierten WeibeS, im vollen Zauber ihrer Reize, erhitzte auch sein Blut. Bei Gott, sie war schön, begehrenSwertb l Die Erbin von Millionen! — Sir liebte ihn, seit einer Stunde wußte er eö gewiß— und er durfte daS entscheidende Wort nicht sprechen. — Warum nicht? — Weil er ein Dummkopf war und einen verhängnißvollrn Namen genannt — Arabella. Er liebt« diese» schöne, verführerische Weib, da« ibm un- aewohnten beharrlichen Widerstand leistete, mit einer Leiden schaft, über die er binau« zu sein glaubte. — Aber wa« sollte daraus werden? Eine Verlobung mit Kitty wäre für ihn ja rin erwünschter Anlaß und vor Allem ein moralischer Zwang, mit der Reiterin »u brechen, sie nie mehr zu sehen — und heute, eben jetzt fühlte er sich reis zu diesem Opfer. — Aber er hatte e« sich selbst unmöglich gemacht. Er war gezwungen, Kitty selbst mit ihr bekannt zu machen, seinen Verkehr fort- zusetzen. — Da» machte vor der Hand jeden entscheidenden «chntt unmöglich. Kitty verweilte absichtlich lange dabei und schwärmte von dem Künstlerlebrn, als hätte sie bereits einen Einblick in dasselbe gethan. Dadurch lockte sie unwillkürlich die Herren au« ihrer Reserve. Pikante Ausschnitte, denen eigene Anschauungen zu Grunde lagen, wurden gemacht. Ein junger Officier wußte Genaueres über die höchst
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite