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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950727015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895072701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895072701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-27
- Monat1895-07
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Reklamen unter dem RedactionSstrich (4ge> spalten) VO/4, vor den Familteunachrichteo (Sgespaltru) 40/4- GrSßere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernjax »ach höherem Tarif. Extn»--Beilagen (gefalzt), nae mit dee Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng SO.-. mlt Postbefördrruog e 70.- Annahmeschlaß für Anzeigen: (nur Wochentag») Abead-Au-gabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeige» sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. Sonnabend den 27. Juli 1895. 89. Jahrgang. Bestellungen auf Reiseabonnements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus <He LxpeMlon des I^lp/ixer ^axedlattes, Johannisgasse 8. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Herstellung einer Schleuse 2. Llaffe in der Lt»n6- Stratzc von der Johannisallee bis zum Windmühlenwege soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnung für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhans, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von SO /H, die auch in Briefmarken eingesendet werden können, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleuse in der Ltnns-Strahe" versehen, in dem oben bezeichnten Geschäftszimmer bis ZUM 8. August d. IS. 5 Uhr Nachmittags etnzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, jämmtliche Angebote ab zulehnen. Leipzig, den 25. Juli 1895. Des RatheS -er Stadt Leipzig le. 8639.Stratzenbaudeputation. Bekanntmachung. In Gemäßheit der 2 und 7 des Regulativs für Gasrohr- lcitungen und Gasbrleuchtungsanlagen in Prwatgrundstücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Paul Lux, Kleine Burggasse Nr. 8, zur lieber« »ahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 25. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 4188. I)r. Tröndltn. Wolfr. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 13. dizj., betreffend den Sattler Emil The-dor Lampe. Leipzig, den 23. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig, Armen-Amt, Äbth. U. ä. R. VI./Abth. II. 1029ä. Hen ts chel. Meyer. Es wird um Festnahme des Schachtmeisters Hermann Grimm, geboren am 3. Mai 1831 zu Karlsgrün, z. Zt. unbekannten Auf enthalts, und Ablieferung desselben ins nächste Amtegerichts« gefängniß behufs Vollstreckung einer 1 tägigen Haftstrase ergebenst »rjucht. Koenigsee, den 22. Juli 1895. Fürstliches Amtsgericht. Wachsmuth. Gelder auf Grundstücke bei vorzüglicher Sicherheit bez. größeren Capitalien auch,zu billigerem Zinsfüße leiht aus die städtische Sparcafie Falkenstein. Die Lage des deutschen Handwerks. ii. Grenze» der Loncurrenz des Großbetriebs und Mittel zur Verbessert»«« der Lage des Klctnhandwcrks. In einem der interessantesten Beiträge zu dem Werke deS Vereins für Socialpolitik, in dem Aufsatze von Or. Brösike über das Berliner Tapezierergewerbe, wird der Unterschied zwischen dem kapitalistischen, maschinellen Großbetrieb und dem handwerksmäßigen Betriebe kurz und treffend gekenn zeichnet: der kapitalistische Großbetrieb ist der Quantität-- betrieb, der handwerkmäßige der Qualitätsbetrieb. Damit ist im Allgemeinen die Grenze deS maschinellen Be triebs gegeben. Er dient der Massenerzeugung und der Ver- billigungStendenz, der handwerksmäßige Betrieb im Sinne der erhöhten Fertigkeit der Handwerker der Jndividualisirung und der Specialisirung. Wenn der maschinelle Betrieb m den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Aufschwung genommen hat, so liegt eS mit daran, daß daS Princip der Billigkeit ein nicht nur dmrch die materielle Lage der (Konsumenten, sondern geradezu durch einen gewissen Billigkeitssport bedingt und gefördert wurde. Steigender Wohlstand, verbesserter Ge fchma-ck und vor allen Dingen ein sich immer mehr steigerndes Bedürfniß nach individuellen Erzeugnissen weisen zugleich dem maschinellen Großbetriebe seine Grenze an und bedeuten die Möglichkeit des Gedeihens eines verfeinerten Handwerk betriebe-. Wo dieses verfeinerte Handwerk aus alter Cultur feste Wurzel gefaßt hat, wie z. B. in Nürnberg, ist für viele Handwerke ein goldener Boden gegeben. Dort ist dem Schlosscrhandwerk wie überall ein bedeutender Theil seiner früheren Tbätigkeit entzogen. Schlösser, Fenster und Thür beschläge, Ketten, Spalierlanzen, Rollladen, Eisenschränke und Kochherde werden nur vom Großbetriebe hergestellt. Trotzdem ist daS Schlossergewerk nicht im Mindesten zurückgegangcn, weil es im Kunst Handwerk ganz Hervorragendes leistet. An Nürn berger Patrizierhäusern werden schmiedeeiserne Drücker ver wendet, die 42 ^ pro Stück, Beschläge an natureichenen Thüren, die 500 ^ pro Stück kosten. Derartige theure kunstgewerbliche Leistungen sind natürlich nicht fabrikmäßig herstellbar, schon darum nicht, weil sich der individuelle Geschmack deS Er Werbers gegen eine Massenherstellung sträubt. Ferner sind eine große Anzahl handwerksmäßiger Leistungen technisch der Fabrithcrstellmig entzogen. Selbst im Schuhbandwerk, das zu seinem Unglück mit maschinellen Erfindungen überfluthet worden ist, sind gewisse Specialitäten der Handarbeit vor behalten. Seetticfeln, Jagd- und Reitstiefeln — die sogenannte schwere Arbeit — können nur durch Handarbeit die Dichtig keit und Haltbarkeit erlangen, dir für ihre Verwendung noto wendig ist. Deshalb ist, während im übrigen Holstein das Schuhmachergewerbe überall zurückgegangen ist, in dem Orte Barmstedt, wo von jeher die schwere Arbeit Specialität war, das Handwerk auf seiner früheren Höbe geblieben. Auch in anderen Gewerben, wie dem Malergewerbe, Dachdeckergewerbe und Tapezierergewerbe, ist der handwerksmäßige Betrieb gesichert. Allerdings hat sich hier der Kampf zwischen Großbetrieb und Kleinhandwerk stark entwickelt. Der Großhandwerker hat in diesen Betrieben für sich noch den besondrrn Vortheil, daß er ich zumeist mit dem Unternehmerthum zu gemeinsamen Leistungen verbindet, das gilt ganz besonders von dem Tapezierergewerbe, wo die Großhandwerker fast sämmtlich in einer bestimmten geschäftlichen Verbindung mit Möbelfabriken und Bauunternehmern stehen. Der Vortheil ist ein gegen seitiger; der Unternehmer schützt sich gegen das Productions- risico und sichert sich außerdem einen bestimmten Procentsatz am Gewinn, der Handwerksmeister hat den Vortheil ununter brochener, durch den Unternehmer ihm zugewiesener Arbeit. In einem ähnlichen Verhältniß stehen oft die Bauunternehmer zu den Dachdeckern. In diesen Gewerben ist daS Kleinhand werk hauptsächlich auf die Uebernahme von Reparaturen und kleinen Arbeiten angewiesen. Hier haben sie vor dem Groß betrieb den Vorsprung, daß der Meister selbst mit an die Arbeit geht und seinen oder seine Gesellen stets im Auge hat, während die Magazinwerkstätten einen Gesellen ausschicken, der, weil er ohne Aufsicht ist, von der Gelegenheit zum Faullenzen leicht Gebrauch macht und deshalb weniger zur Zufriedenheit der Auftraggeber arbeitet. Sind so dem Großbetriebe gewisse Schranken gesetzt, so giebt eS auch noch eine Anzabl von Mitteln einerseits, um das Kleinbandwerk wirthschaftkich zu fördern, andererseits, um ihm eine größere Ausdehnung seines Arbeitsfeldes zu ver schaffen. Freilich, eins der am meisten anempfohlenen Mittel, der genossenschaftliche Zusammenschluß, zeigt nach den Ergebnissen des Werkes mancherlei Bedenken. Von einigen der Verfasser der einzelnen Aufsätze wird zwar die Bildung von Rohstoffeinkaufsgenofsenschaften dringend empfohlen, aber bezeichnender Weise zumeist an Orten, wo bisher Versuche damit noch nicht gemacht worden sind. Von den Orten mit derartigen Genossenschaften wird noch am meisten Erlangen gelobt, wo hervorgehoben wird, daß die Schneidergenossenschaft ihren Mitgliedern Seide statt für 80 für 57 pro Kilo und Nähmaschinen statt für 120 ^ für 74 liefere. Aber auch hier wird vom Verfasser bemerkt, daß nicht alle Mitglieder den Nutzen der Genossenschaft sehr hoch veranschlagten, einzelne ihn sogar geradezu bestritten, weil die Grossisten infolge der starken Concurrenz bei Zahlung ebenso billig lieferten. Diese Genossenschafter sehen deshalb den einzigen Bortbeil in der Creditgewährung durch di« Genossenschaft. Der Verfasser de« Aufsatzes über daS Schreiuergewerbe in Augsburg lobt dir Ge nossenschaften als brauchbare LVaffe für den Handwerkerstand, muß aber zugestehen, daß von drei Versuchen genossenschaftlicher Gründungen, die in Augsburg für das Schreinergewerbe gemacht worden sind, der eine gescheitert ist, die beiden anderen im Niedergänge begriffen sind. Ebenso ist in Frankfurt a. M. die Dachdeckergenossenschaft eingegangen. Nicht minder betrübend sind die Erfahrungen mit Verkaufs- aenossenschaften; so ist die Schuhmachergenoffenschaft in Preetz binnen einem Jahre so herabgegangen, daß der Unter gang nahe bevorsteht, ebenso ist die Altonaer Schuhmacher- börse, die im Jahre 1878 einen Absatz von 63 850 hatte, im Jahre 1893 bereits auf 14 318Umsatz herabgeganaen. Die Gründe sind fast immer dieselben: Mangel an Einigkeit, gegenseitiger Neid, Besorgniß wegen der genossenschaftlichen Haftpflicht, Absonderung gerade der lristungssäbigsten Mit glieder und Verdruß über die an die Genossenschaft zu zahlenden Gebühren. Ein wesentlich wirksameres Mittel wären Creditfach- aenossenschaften. Diese Genoffenschaften bestehen zwar zum Theil schon, der Creditumsay ist aber meist ein geringer, sich auf wenige tausend Mark beziffernder. Es ist ja auch ganz klar, daß die Handwerker bei ihrer gedrückten Lage, selbst ^venn sie sich korporativ zusammenthun, nicht soviel zu sammenbringen können, um die einzelnen Mitglieder wirksam in dem Kampfe gegen die kapitalistischen Unternehmungen unterstützen zu können. Hier müßten die Gemeinden oder die Provinzialverbande oder endlich der Staat eingreifen, so zwar, daß diese Verbände die finanzielle Basiruna über nähmen, vertrauenswürdigen Fachmännern aber die Leitung zu überlaffen hätten, damit Darlehne nur an geeignete Per sonen gegeben würden. Freilich wäre es verfehlt, wenn Mittel, die der Gemein samkeit gehören, zu nutzlosen Zwecken verwendet würden. Nutzlos aber wäre eS, gegen Maschinenbetrieb und Capita- lismuS da anzukämpfen, wo ihnen der Sieg bereits gehört, und wo er sich in der Zukunft noch stärker geltend machen wird. ES ist ein Vorzug deS Wirken- des Vereins für Socialpolitik, daß in den meisten Abhandlungen in dieser Hinsicht keine falschen Illusionen erweckt oder erhalten werden. ES wird im Gegentheil überall mit Offenheit hervorgehoben, daß auf einzelnen Gebieten ein Kampf überhaupt nicht mehr möglich ist; auf anderen die Indolenz des Handwerkerstandes einen großen Theil der Schuld trägt. ES wird daher ein großer Werth auf die Erziehung de» Handwerkerstandes zu legen sein. Aus den meisten Berichten geht hervor, daß die Männer mit gründlichenKenntniffen in ihrem Fache gut vorwärtskommen. So hebt der Bericht über daS Düsseldorfer Schlachtgewerbe hervor, daß dir Qualität der Wurstwaaren zumeist bestimmend für die Größe de« Absatzes sei, die Qualität aber wieder durch daS individuell« Können de- Meister- bestimmt würde, während kenntnißlose Meister schon dadurch Schaden litten, daß sie beim Einkauf den betrügerischen Manipulationen der Viehhändler anheimfielen. Höchst lehrreich ist der folgende Fall: Der bedeutendste Hammelschlächter Düsseldorf« richtete eine Schweinemetzgrrei rin; er war als Viehhändler hinsicht lich des Einkauf- erfahren, besaß viel Capital, batte seinen Laden in bester Gegend und betrieb die Reclame in aus giebigem Maße. Trotzdem scheiterte sein Unternehmen voll ständig, weil er von seiner neuen Tbätigkeit nicht genug ver stand und seine Waare daher von minderwertbiger Qualität war. Ebenso wird von sachkundigen Schuhmacbern bestätigt, daß nicht die Hälfte der Schuhmacher die nöthige Leder- kenntniß besitze und dadurch zu Grunde geh«. Diese fachmännischen Kenntnisse sind um so nothwendigrr, als — wie schon rrwäbnt — dir Gegenwart den Zug zur Jndividualisirung und Specialisirung zu zeigen beginnt. Die letztere wird auch gerade durch den maschinellen Betrieb und die ArbeitSvertheilung zu einer Nothwendigkeit gemacht. So wird die Zukunft für neue Gattungen von Handwerks i-Iri-b,» >m- Vas.« ^"„^Hau».ffd!"gu»«>n L ff, ° ihr Können stellt, vorzuberetten, cmdere.s^ zu halten, um tüchtige Handwerker in 'b"" ^^ben mit Er- und sie den Kampf, den sie dann zu führen haben, m» « folg bestehen zu lassen. Deutsche- Reich. Leid,lg. 26. Juli. Da- R e i ch - g e r i ch t hat entschieden, daß die aus Grund de« SocialistengesetzeS 'm 8 h 1884 vom F,Scu« verkaufte s°c.aldem°krat sch- Druckern „Silesia" in BreSlau m,t Recht confiScirt worden sei. * Berlin, 26. Juli. Die „Berl. Polit- Nachr. schrnben In einigen Blättern wird es als z,eml,ch sicher bingestellt, daß der im November 1892 dem Ke.chStage sch°« ^gelegte Entwurf über daS Auswanderungswesen in der nächsten Tagung wieder erscheinen werde. Wenn man sieht, daß diese Blätter in den Entwurf gern die Regelung colonialer Materien gebracht seben wochttn, so w.rd man schon daran erkennen, daß der Wunsch deS Gedankens der Einbringung ,n der nächsten Tagung ist. ES darf aber versichert werden, daß gegen wärtig, wie es auch nur natürlich ist, über den Kre'S der für die nächste Tagung dem Reichstage vorzulegenden Entwürfe noch nichts feststeht. Sicher 'st,"»r- dag der Plan der Herstellung eines Auswanderungsgesetzes mcht aus. gegeben, daß an dem Entwürfe, zu dem letzteren auch se der Tagung von 1892/93 gearbeitet ,st und daß. falls die inzwischen verflossenen Tagungen mit gesetzgeberischem Ma terial nicht so stark belastet gewesen waren wie sie eS tbat- sächlich gewesen sind, der Auswanderungsgesetzentwurs schon von Neuem den Reichstag beschäftigt hätte. Hiernach kann man genau ermessen, von welcher Bedingung die Vorlegung de« Entwürfe- in der kommenden Tagung abhängig ist. Wenn übrigen- in den erwähnten ZeitungSmittbeilungen sie Sachlage so dargestellt wird, als hätte der frühere kntwurf die coloniale Sette überhaupt nicht berücksichtigt, v darf doch darauf hingewiesen werden, daß der Entwurf Bestimmungen enthalten hat, wonach die Auswanderung nach bestimmten Ländern und Landestheilen durch Ver- agung der betreffenden Concessionea an die „Unternehmer", oweit deutsche AuSwanderungShäfrn in Betracht kommen, verboten werden konnte. ES wäre damit also daS Mittel für eine active Auswanderung-Politik und damit auch da« für eine größere Berücksichtigung unserer Colonien gegeben gewesen. ES ist selbstverständlich, daß die Anregungen, welche von colonialer Seite zur Umgestaltung d«S früheren Entwurfs zegeben sind, in Erwägung gezogen werden. Man würde aber irren, wenn man annahme, daß solche Anregungen nur von der genannten Seite gekommen sind. Von den vrr- chiedensttn Seiten hat dir mit der Bearbeitung der Materie »«traute behördliche Stelle AenderunaSvorschläge unterbreitet erhalten. Namentlich hat die Verpflichtung der AuS- wanderungSlustigrn zur Anmeldung bei der Polizeibehörde, die Frage der Errichtung von AuSkunftSbureauS, dir Ab änderung deS Gesetze- über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit nach der Richtung eines besseren Zusammenhalte- der Auswanderer mit dem Mutter lande, die reine reichsbehördliche Organisation der AuS- wanderung-behörden u. A. m., Veranlassung zur Darlegung von Wünschen gegeben. Natürlich sind auch alle diese Wünsche in Erwägung gezogen worden. Wenn thatsächiich beschlossen würde, den Auswanderungsgesetzentwurs in der nächsten Tagung wieder an den Reichstag zu dringen, so würde eS sich nach dem Stande brr Vorarbeiten unschwer ermöglichen lassen, ihn in kürzerer Zeit zu dieser Vorlegung fertig zu stellen. * Berlin, 26. Juli. Wie schon in Kürze gemeldet worden ist, haben die Stadtverordneten in Münster, die sämmtlich mit einer einzigen Ausnahme katholisch sind, den dortigen Lomplatz zu einem Denkmal für den „westfälischen Bauernkönia", den sängst verstorbenen Freiherrn v. Schor lemer-Alst, verweigert. Da- ist um so auffälliger, als es nicht um «in von der Stadt zu errichtendes Denkmal sich bandelt, sondern um dasjenige, welcyeS der westfälische Bauernverein seinem Gründer und langjährigen Führer aus eigenen Mitteln (für 25000 Mark) setzen will. Der Magistrat hatte den Antrag der DeukmalS-Commisflon de- Westfälischen Bauernverein-, die Aufstellung auf dem Domplatz, an dem auch da- Provinz,alständehaus liegt, befürwortet, indeß hatte sich hiermit die RechnunaS- commission, das ist der ständige AuSscbuß der Stadt verordneten, nicht einverstanden erklärt: derselbe schlug viel mehr vor, mit dem Bauernverein in Verbindung zu treten um einen anderen Platz in der Stadt Münster für da« Denk-' mal auszusuchen. Als Gründe für die Verweigerung des Domplatze- wurde in der Besprechung geltend gemacht, daß da« bereit« dort stehende Denkmal de- früheren Münster,schen Minister« v. Fürflenberg durch ein zweites Denkmal beeinträchtigt würde und daß man dem letzteren ziereudeu Bäum« opfern wolle, Gründe, deren Suchhatttgke.t von dem einen Theil der Mitglieder bezweckest wurde. E« wurde deshalb von Professor Abt di'° «"mittlung»antrag gestellt, den Domplatz nicht dlrect auSzuschlleßco, sondern einen Ausschuß 2." Ilatzfraae mit dem Bau.rnv« unterhandeln solle. Der Antrag scheitert« dadurch, daß von 25 anwesenden Stadtverordneten 13 für den Antrag der Rechnungscommission sich entschieden. In der Besprechung wurde noch Folgende« geltend gemacht: Or. wsä. Thalmana^meinte "S-N zu müssen, welch. Verdienste Frhr v!n Scho. - cm-^ ^ erworben habe, daß sich ein Denkmal für ibn in Munster rechtfertige. Ein Handwerker Tischlermeister Mertens, zeichnete Frhrn. v. Schorlemer-Alst als Feind »,« D-z,g„> wu,d<» °«n .ff,,,? S>", (Prof. Or. König, Iustizrath Meyer, Kaufmann Havixbeck- Hartmann) die Verdienste SchorlemerS um Staat und Kirche, namentlich um die heimathliche Provinz, voll anerkannt, und auch der einzige Protestant in der Versammlung, Rentner Junkermann, bekannte sich zu der Ansicht, daß für das Schvr- lemer-Denkmal der Domplatz in erster Linie in Betracht kommen muffe. — Der in Wahrheit für daS ablehnende Votum der Majorität den AuSschlag gebende Grund ist natürlich nicht offen ausgesprochen worden: Freiherr von Schorlemer-Alst, der Befürworter der letzten Militairvorlage, ist, um eS kurz zu sagen, den centrumsfrommen Herren in Münster nicht schwarz genug, um auf dem Domplatz ein Denkmal zu verdienen. — Der vorjährige Christliche Studentenconareß hatte beschlossen, die nächste Zusammenkunft am Schluß des Sommersemesters 1895 in Halle abzuhalten. Das mit der Ausführung dieses Beschlusses beauftragte ComitS hat jedoch sich entschieden, die Wiederholung des CongreffeS aus die psingstwoche deS nächsten Jahres zu verschieben und als Zongreßort eine Stadt Thüringens in Aussicht zu nehmen. — lieber Neuforderungen im nächsten preußischen Cultusetat macht die „VolkSztg." einige Mittheilungen. Sie will wissen, daß die geplanten Neueinstellungen in den Etat viel belangreicher als sonst sein würden. Zunächst würden für die bevorstehende Medicinalreform ansehn liche Summen mehr in den Etat einzustellen sein. Dazu kämen die ersten Raten für die Neubauten der Charit 6. Endlich werde daS LehrerdotationSgesctz erhebliche Forderungen nöthig machen. * Alton», 25. Juli. Vom Commerzcolleginm in Altona wird der Plan eines Küsten-CanalS betrieben, der die Strommündungen der Ems, der Weser undElbe verbinden und damit die nordwestdeutschen Knstenlandschaften, sowie namentlich den Verkehr von Rheinland-Westfalen her mittelst des Elbe-Trave-Canals an die Ostsee anschließen soll. In Oldenburg hat sich jüngst auch der Verband der HandelS- u»d Gewerbe - Vereine für das Herzoathum Oldenburg mit dieser Frage beschäftigt und beschlossen, entsprechende Anträge an die Landesregierung zu richten. Für Preuße» legt man diesem Canal deshalb große Wichtigkeit bei, weil man meint, daß allein durch ihn die englische Kohle von der Weser und Elbe durch die westsälische Kohle zu verdrängen sein würde. Nach Hamburg würde außerdem die Entfernung um 300 lcm abgekürzt werden, sie beträgt durch den Mittellandcanal 750 km. durch den Küsten- canal 450 lcm. Das Projekt will den Verkehr vom Dort- mund-Ems-Canal durch den Hunte-EmS-Canal, durch die corrrgirte Hunte nach der Weser, nach der Elbe und nach der Ostsee dirigiren. Die Kosten sind auf rund 7 000 000 veranschlagt, die event. zwischen Oldenburg, Preußen, Bremen und Hamburg zu theilen wären. (F. Z.) * Posen. 25. Juli. Welche Zwecke die Veranstalter rolnischerKinderfeste verfolgen, erhellt aus nachstehendem Gedicht, das bei solchen Gelegenheiten von Kindern decla- mirt wird: ,Lch bin ein volnisches Kind; ich brauche nicht erklären, lIosiir mir Gott heut Knechtschaft bestimmt hat; Wofür wir unter der fremden Knute und Geißel stehen, Wofür wir vor aller Welt verleumdet sind." Ich bin ein polnisches Kind; ich werde die Grausamkeit über- dauern; Doch endlich einmal wird unser Märtyrerthum enden, O, unser heiliges Volk, wie Christus wirst du siegen I" In den „Berl. N. N." wird hierzu treffend bemerkt, daß eS mit dem Feuer spielen heiße, wenn man die Erregung der polnischen Mafien durch solche aufreizende Elaborate als -armloS belächelt. * Köln, 25. Juli. (B. Z.) In der heutigen Stadtratbs- sitzung wurde bekannt, daß die hiesige Irrenanstalt beute früh unerwartet revidirt wurde. Die unruhige Station wurde als zu stark belegt und die Waschküche für unzureichend befunden. * Augsburg, 25. Juli. Während die „Münchener Post", das von Vollmar inspirirte Hauptorgan der bayerischen Socialdemokratie, ebenso wie die Grillenberger'scbe „Fränk. Tagespost" sich nach wie vor in Schweigen über das Agrarprogramm hüllt, hat der Führer der hiesigen Socialdemokraten kürzlich über daS Programm gesprochen. Seine AuSführunaen sind insofern von Interesse, als sie die erste bayerische Stimme sind. Herr Breder ist aber ein energischer Gegner deS neuen Programms; die social- demokratische „Volksstimme" berichtet darüber: „Die Meinung des Redner» geht dahin, daß die Vorschläge in ihrer Gesammtheit nie und nimmer angenommen werde» könne», weil sie zum Theil in der heutigen capitalistischen Gesellschaft un. durchführbar sind und anderntheits die principiellen Grundsätze des ersten TheileS de« jetzigen Programms ausheben oder mindestens illusorisch macken würden. Solle da- Massenelend auch >>> der Landwirthschaft beseitigt werden, so dürfe der geistig-revolu- tionaire Kampf nicht beeinträchtigt werden, welche Gefahr durch die Annahme der Vorschläge thatsächiich entstehe. Man könne nicht in einem Theil« des Programms die Frist, in der der Mittelstand in der Landwirthschaft noch Tcheineigentdümer „seines" Besitzes sei, zu verlängern suchen und dadurch dem Capital da« LuSbrutungsobjrct länger ln seinen Klauen lassen und im anderen Thrile sagen: „Diese gesellschastlicht Um wandlung bedeutet die Befreiung nicht blo« deS Proletariats, sondern de< gesamntten Menschengeschlecht-, daS unter den heutigen Zuständen leidet. Aber sie kann nur das Werk der Arbeiterklasse sein, weil alle anderen Classen, trotz der Interessen- streitigkeiten unter sich, auf dem Boden des Privateigenthnm- an Productionßmittrln stehen und die Erhaltung der Grundlagen der heutigen Gesellkchast »um gemeinsamen Ziel haben." — Tic socialdeinokratiiche Partei Deutschland« kämpft also nicht für neue Tlossenprivtleglen und Vorrechte, sondern für di« Abschaffung der Classenherrschaft und der Classen selbst und für gleiche Rechte und gleiche Pflichten Aller ohne Unterschied de» Geschlecht« und der Abstammung. Bon diesen Anschauungen ausgehend, bekämpft sie in der heutigen Gesellschaft nicht blo< die Ausbeutung und Unter drückung der Lohnarbeiter, sondern jede Ausbeutung und Unter- druckung, richte sie sich gegen eine Classe, eine Partei, ein Geschlecht oder eine Rasse. (Beifall.)" In Augsburg will man also von einem opportunistischer Programm nicht« wissen.
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