Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950730013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895073001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895073001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-30
- Monat1895-07
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
5358 so bald wie möglich zu vollziehen. Zunächst gilb der Dor-1 sitzende, LandtagSabaeordnete und Manometerfabrikant Max Schubert, einen Bericht über seinen Empfang beim Reichs kanzler Fürsten Hohenlohe, sowie über den vor Monats frist erfolgten Abgang der ersten Expedition unter Führung de« AfrikaforschrrS August Einwald von Hamburg au«. Außer diesem zahlt die Expedition sechs Personen, von welchen drei aus eigeue Rechnung reisen. Sie wird dieser Tagt in der Delagoa-Bay rintrrffen, von wo sie nach Waberton ausbricht und hier vorläufig, um vor den end- giltiaen Entschließungen keine Geldmittel festzulegen, mieth- weise eine Farn» erwirbt. Waberton gehört zu Transvaal und ist als Operationsbasis deswegen gewählt worden, weil es der Küste nahe liegt, mit seinen 11 000 Einwohnern ein taktisches ConsumtionSgebiet bildet und als Durchgangspunct wrrthvoll ist, wenn die zu errichtenden Siedelnngen im Swasiland?, oder auch nach Johannesburg, der Hauptstadt von Transvaal, zu, begründet werden. Alle in der Syndi- catS-Sitzung gegenwärtigen Mitglieder erklärten ein stimmig, daß die genannte Operationsbasis richtig sei und, nachdem da« Unternehmen in ganz Deutschland so viele Freunde gefunden, die dessen rasche Förderung zu bewerk stelligen entschlossen wären, eS unbedingt nothweudig erscheine, daß dir Constituirung sobald wie möglich erfolge. Bis dahin werden Einwald'S Landofferten eingcgangen sein, worauf aus klar gezeichneter Grundlage die Thatigkeit der Gesellschaft weiter geführt werden kann. Aus eingegangenen Berichten wurde ersichtlich, in welchem mächtigen Umfange englische Gesellschaften südafrikanisches Gebiet aufzuschließen und eng lischen Unteressen dienstbar zu machen bestrebt sind. Deshalb nicht zögern, damit wir Deutschen nicht wieder zu spät kommen! ES ist daher auf schnelle und zahlreiche Betheiligung zu hoffe». Zur Ertheilung von Auskünften über die Gesell schaft und zur Annahme von Zeichnungen für dieselbe wurden die Herren Max Schubert, Fabrikant in Chemnitz, und Buchhändler Ludwig Fischer in Leipzig, Nenmarkt 19a, beauftragt. Berlin, 29. Juli. Wenn gegenwärtig von der Vor bereitung eines ReichSversicherungS-GesetzentwurfeS gemeldet wird, so wird damit keine Neuigkeit verbreitet. Solche Vorbereitungen sind schon seit dem Ende der siebziger Jahre getroffen, nachdem der Reichstag im Laufe der siebziger Jahre zweimal durch daSPlenum und einmal durch eine Commission den Wunsch auf Erlaß eines Reichsversicherungsgesetzes zu erkennen gegeben hatte In den Entschlüssen, welche der Bundeörath auf Be schlüsse des Reichstages Anfangs der achtziger Jahre gefaßt und diesem mitgetheilt hat, wird man mehrfach die Be merkung finden, daß Material zur Lösung der Aufgabe ge sammelt würde. Im Jahre 1883 ist im Neichsamte des Innern der Entwurf eines Reichsversicherungsgesetzes auf Grund des gesammelten Materials fertiggestellt worden. Jedoch hat dieser Entwurf kein günstiges Schicksal ge habt. Schon vor seiner Abfassung hatte eine namhafte Anzahl von Einzelregierungen die Bedürfnißfrage zur Regelung der Materie verneint. Und als der Entwurf trotzdem zur Be gutachtung an die Negierungen geschickt wurde, wurden auch so viele Einwände gegen einzelne Bestimmungen desselben er hoben, daß die Verhandlungen darüber sich bis in die Jahre 1886 und 1887 hinzogen. Da auch in der Oeffentlichkeit damals kein dringendes Verlangen nach dem Erlaß eines Reichsversicherungsgesetzes hervortrat, ließ man die Sache ruhen. Erst Anfangs der neunziger Jahre wurde die Frage von Neuem angeregt, und die zuständigen Reichsbehörden glaubten damals am besten zu verfahren, wenn sie sich zunächst Auskünfte aus denjenigen Landern, welche die Frage gesetzlich geregelt haben, aus England und Nordamerika holten. Auch Frankreich wurde später berücksichtigt. Alle diese Vorbereitungen wurden mrt der Absicht der Fertigstellung eines neuen Gesetzentwurfes unternommen. Bisher ist aber noch nicht bekannt geworden, ob sich die in der Mitte der achtziger Jahre hervorgetretene grundsätzliche ablehnende Haltung verschiedener Einzelregierungen geändert hat. Erst wenn nach dieser Richtung sich eine Aenderung vollzogen hat, wird man auf die Einbringung des Entwurfs eines NeichsversicherungSgesetzeS an die gesetzgebenden Factoren des Reichs rechnen können. * Berlin, 29. Juli. Unter der Überschrift „Versteige rungen, Submissionen und das Reichsgericht" schreibt der „Hamb. Corr": DaS preußische Strafgesetzbuch von 1851 enthielt eine Bestimmung, welche Denjenigen mit Strafe bedrohte, der bei Versteigerungen aus Eigennutz Jemand vom Bieten abhielt. In daS Reichsstrasgesetzbuch ist die Bestimmung nicht ausgenommen; das Reichsgericht hat aber schon mehrmals dahin entschieden, daß jene Be stimmung, da sie nicht ausdrücklich aufgehoben sei und einen Gegenstand betreffe, der im Reichsstrafgesetzbuch nicht geregelt werde, noch zu Recht bestehe. Es wurden seitdem denn auch in Preußen öfter Personen verurtheilt, die bei öffentlichen Versteigerungen Andere durch Geschenke, Versprechungen oder dergl. vom Bieten abhielten, so die Con- curreoz verminderten und sich den billigen Erwerb deS einen oder anderen Gegenstandes sicherten. Neuerdings hat diese Bestimmung vdn einem GttichtShvfe eine Au«ktgung erfahren, die, wenn sie dir Billigung deS Reichsgericht» fände, nicht blo« daS Abhalten eines BietungSlustigrn bei Versteigerungen, sondern auch die Abmachungen von Concurrenten bei Sub missionen mit Strafe bedrohen würde. Die Anwendung der Bestimmung auf Offerten bei Submissionen hat die Staats anwaltschaft in BreSlau versucht. Früher hatte ein Kauf mann in Beuthrn gewöhnlich den Zuschlag bei der Ver gebung von LebenSmittel-Liefernngcn für daS Gefängniß in Beuthen erhalten, von 1890 an erhielt sie meistens ein Kaufmann in Breslau. Den beteiligten Behörden fiel es schließlich auf, daß der Beutheuer Kaufmann zwar immer mit bot, aber stets so hohe Forderungen stellte, daß er auSfallen mußte; dies führte zum Verdacht, daß Beide im Einverständniß arbeiteten, und der Staatsanwalt erbob nach einigen Ermittelungen, die den Verdacht ver stärkten, Anklage gegen den Breslauer Kaufmann. Der Vertheidigrr de« Angeklagten beantragte bei der Verhandlung vor der Strafkammer die Freisprechung, einmal weil die Verdachtsmomente deS StaatSanwaltS nicht zu einer Ver- urtheilung ausreichten, dann aber auch, weil der tz. 270 deS preußischen Strafgesetze- gar nicht in Anwendung kommen könnte, da er nur vom Bieten bei Versteigerungen, nickt aber von der Betheiligung bei Submissionen handele. Der Angeklagte wurde in der Thal sreigesprocheu, aber nur, weil daS ihm zur Last gelegte Vergehen nicht genügend nachgewiesen wäre; bei der Verkündigung der Entschei dung erklärte aber der Vorsitzende ausdrücklich, daß der tz. 270 auch auf Fälle, wie der vorliegende, anwendbar sei. Nachdem diese Frage einmal erörtert ist, darf man mit Sicherheit erwarten, daß bald ein anderer Staatsanwalt sie aufnehmen wird. Gelegenheit dazu ist reichlich vorhanden. Erst vor ein paar Tagen ist z. B. das Vorhandensein eines Schwellenringes behauptet, allerdings auch bestritten worden, dessen Mitglieder unter sich vereinbarte», welche Gebote jeder bei Submissionen abgeben solle. Ein Mitglied erhält auf Grund des gemeinsam gefaßten Be schlusses den Zuschlag und die anscheinend wegen ihrer hohen Gebote leer ausgegangenen Submittenten werden in irgend einer Weise an dem Geschäft betheiligt oder entschädigt. Ganz in derselben Art arbeiten manche andere Ring-Conventionen, Syndicate und dergleichen. Sv ist es z. B. bekannt, daß früher wenigstens die Schiencn-Convention in dieser Weise vorging. Alle diese Abmachungen würden, wenn die Ansicht der VreSlauer Strafkammer vom Reichsgerichts approbirt würde, strafbar sein. 8. Berlin, 29. Juli. (Privattelegramm.) Der Director der handelspolitischen Abtheilung deS Auswärtigen Amtes Wirklicher Geheimer Rath Reichardt hat Berlin mit Urlaub verlassen und wird durch de» Wirklichen Geheimen LegationSrath von Mühlberg vertreten. 8. Berlin, 29. Juli. (Privattelegramm.) Dr.O.Ban- man», welcher sich nach Untersuchung der Insel Zanzibar zur Zeit noch dort aufhält, ist von dem Zuckersyndicat für Ostafrika, welches zur Zeit noch in Unterhandlungen mit dem Auswärtigen Amte steht, aufgefordert worden, nach Pangani zu reisen und dort Vermessungen vorzunehmen. 8. Berlin, 29. Juli. (Privattelegramm.) Die neue Expedition für Kaiser-Wilhelmsland unter Führung von vr. Lauterbach und Tappenbeck dürfte im Dccember auf- brechen und beabsichtigt, zuerst den Gogol-Fluß hinauf liehen und dann nach Südosten zu ziehen, um nach Unter suchung der Finisterre-Kette nach Finschhafen zu gelangen. 8. Berlin, 29. Juli. (Privattelegramm.) Die vertrauliche Conferenz der Vertreter der Vorstände deutscher AnnnngStierbände hat heute Vormittag hier begonnen. Erschienen sind der Geh. Neg.-Nath vr. Wilhclmi vom Reichs- amt des Innern, der Geh. Ober-Rea.-Rath vr. Sieffert von der Gewerbeabtheilung deS Haiidelsministertilnis, die Gewrrbekammer- secretaire vr. Jakobi-Bremen und vr. Bremer-Lübeck, der Vorsitzende der Dresdener Gewerbekammer Buchdruckercibesitzer Schröer, die Vorsitzenden der Jnnungsaurschüsse Beutel-Berlin, Hähnel-Breslau, Winter-Hnmburg, Bodenzig-Köln, die Jnnungsverbandsvertreter Sattler Kobau-Berlin, Schornsteinfeger Faster-Berlin, Schlächter Stein-Lübeck, Maler Boß-Hamburg, Stellmacher Elbe-Berlin, Schneider Krause-Berlin, Schmied Warnke - Berlin, Korbmacher Teutscher-Berlin, Klempner Wilhelmi-Berlin, Schlaffer Schmidt- Hamburg, Glaser Hessc-Berlin, Drechsler Meyer-Berlin, Schneider Krause-Berlin, Friseur Baumgarten-Berlin, Tischler Schöning- Berlin, Stadtrath KingS-Köln u. A. Den Vorsitz führt der Ober meister Faster als Vorsitzender des EentralausschusseS der ver einigten Junungsverbände Deutschlands; ihm steht der Verbands, secretair vr. Schulze zur Seite. Die Regierung hat der Conferenz eine Vorlage unter breitet, welche die Organisation deS Handwerks, daS Lehr lingswesen, die Handwerkerkammern und den Meistertitel betreffen. Die Frage des Befähigungsnachweises wird laut der „Nat.-Ztg." nicht in Betracht kommen. Für die Verhandlungen sind drei Tage in Aussicht genommen. 8. Berlin, 29. Juli. (Privattelegramm.) Die Maurer Berlins beriethen am Sonntag in Cohn's Festsälen über die Stellungnahme zu einer Lohnbewegung. Ein An trag, wonach vom Montag ab bei allen Bauunternehmern, die nicht Wenigsten« 55 -f Stundenlohn zahlen, die Arbeit niedergelegt werden sollte, wurde abgelehnt, dagegen wurden die Vertrauensmänner ermächtigt, über jene Bauten, auf denen 50 »s und darunter gezahlt werden, die Sperre zu verhängen. — Am 30. Juli vollendet Generalfeldmarschall Gras von Blumrnthal sein 85. Lebensjahr. — Dem Vernehmen der „Socialen Praxis" nach hat der Bundesrath beschlossen, eine Veröffentlichung der Ergeb nisse der ArbeitSlosen-Zählung, welche bei der BerufS- und Gewerbezählung vom 14. Juni stattgefnnden hat, nicht eher zu gestatten, als biS auch die entsprechenden Ergebnisse der Wiederholung dieser Aufnahme bei der am 1 December be vorstehenden Volkszählung vorliegen. Die „Sociale Praxis" bemerkt hierzu mit Recht: „Wir bedauern dies auf daS lebhafteste. Denn gerade wenn einer der kleinen Staaten oder eine deutsche Hauptstadt da« fragliche Material schnell bearbeitet, kritisch beleuchtet und diese Kritik mit den Ergeb nissen veröffentlicht hätte, würde man bei der Veranstaltung der geplanten Wiederholung von den gemachten Erfahrungen haben Gebrauch machen können. Gerade weil eS sich um einen ersten Versuch handelt, der vielleicht ganz mißlungen sein kann, sollte man nicht auch noch den zweiten Versuch dem etwaigen Mißlingen preisgeben. Den» eine weitere Wiederholung kann doch voraussichtlich erst im Jahre 1900 stattfinden." — Am 1. Oktober d. I. werden, wie die „Schl. Ztg." in Erinnerung bringt, zehn Jahre verflossen sein, seit ein sehr wesentlicher Theil der deutschen Arbeiter-Versiche- rungs-Gesetzgebung, die Unfallversicherung, in Kraft getreten ist. AllerwärtS hat man sich seitdem bemüht, die deutschen Einrichtungen, soweit eS angängig schien, zu über nehmen; in einzelnen Staaten ist man damit ziemlich weit vorgeschritten, in anderen noch erheblich im Rückstände ge blieben. Besonders schwierig ist das Zustandebringen eines entsprechenden gesetzgeberischen Werkes in Frankreich. Man sieht hieraus, wie schwer eS auf dem in Frage stehenden Felde ist, eine Einigung zwischen den Vertretern der einander direct gegcnüberstehenden Interessen zu Wege zu bringen, und welche Befriedigung eS uns gewähren darf, daß wir selbst über den große» Berg von Schwierigkeiten, wenn auch nicht mit einem Male und ohne Mühe, doch in verhältniß- mäßig kurzer Zeit hinübergekommen sind, obgleich unS das Vorbild fehlte, das die anderen Staaten jetzt an der deutschen Versicherungsgesetzgebung besitzen. — Eine empörende Gotteslästerung, die von einem Socialdemokraten in Kortryk (Courtrai) in Flandern verübt worden ist — ein gewisser Beckaert empfing in drei Kirchen die Communion, spie die Hostien nachher in seine Haud und versteigerte sie unter schändlichen Frevelreden für 5 Franken im socialistischen Vereinshause —, giebt der ultra montanen Presse zu vollauf begründeten Ent- rüstungöartikeln Anlaß. Aber nur ein einziges Blatt darunter, die „Tremonia", zieht aus dem Vorfälle eine praktische Folgerung für daS politische Leben, indem sie an die Katholiken die Mahnung richtet, nie und nimmer mehr einem Socialdemokraten bei Wahlen ihre Stimmen zu geben. Man sollte denken, daß schon nationale und poli tische Rücksichten eine solche Wahlparole auch der Centrums- partei, die nach ihrer Angabe wahrhaft konservativ ist, nahe legen müßten. Wenn es jetzt religiöse Erwägungen sind, welche die Mahnung deS ultramontanen Blattes veranlaßen, wollen wir aber auch damit zufrieden sein, denn schon die Mahnung an sich ist für die CentrumSwähler sehr am Platze. Wir hoffen, daß sie bei den nächsten Wahlen nicht wieder vergessen und daß nicht abermals die Parole ausgegeben wird, unter Umständen sei ein Socialdemokrat sehr wohl wählbar. * Witten, 29. Juli. (Telegramm.) Die National liberalen stellten im Reichstagswahlkreise Dortmund den früheren Abg. Moeller wieder auf. n. Cassel. 28. Juli. Dem Vernehmen nach ist vom Re gierungspräsidenten mit Rücksicht darauf, daß der zum Stadtraths,uitglied gewählte Rechtsanwalt Martin die Leistung deS ihm abverlangten Eides der mittelbaren Staats beamten in seiner bekannten Erklärung definitiv abgelehnt hat, die Vornahme einer Neuwahl an Stelle deS RechtS- anwaltS Martin angeordnet worden. * OelS, 28. Juli. Laut dem Blatte „Frei-Deutschland" wurde für die Reichstags« rsatzwahl in OelS-Warten- berg, die auf den 17. September anberaumt ist, der Redacteur Puchstein als Candidat der deutsch-socialen Reformpartei ausgestellt. * Coburg, 28. Juli. Der regierende Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha und seine Familie blieben der Gedächtnißfeier für den Prinzen August von Coburg, de» Vater deS Bnlgarenfürsten, fern: sie ließen sich jedoch durch den Hofmarschall Prinzen von Ratibor und die Geheimen Staatsräthe v. Kelelhodt und Wittken vertreten. (M. Z.) * Karlsruhe, 28. Juli. Zum Schutze der Bauhand werker bereitet die badische Regierung Maßregeln vor. DaS badische Ministerium de« Innern hat Ermittelungen anstelle« lassen und an die Gewerbeverrine ein Schreiben gerichtet, welches Gutachten über diese Fragen und Berichte verlangt. * Stratzburg» 28. Juli. Ueber da« Einschreiten der Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder der „Union vSIooipS- ckigus cko 8rnuco" ist noch Folgendes zu bemerken: Die „Union" verfolgt offenbar nationaleZwecke, indem sie in engster Fühlung mit den französischen Militairbehörden steht. Die Organisation der Vereinigung theilt daS Land in 27 Con- sularbezirke, die zum großen Theil mit den Armeecorpsbrzirken zusamniensallen. Und thatsächlich ist bei jedem comman- direnden General in der Provinz ein besonderer Vertreter der Union beglaubigt, um die Beziehungen mit den Militair behörden zu erleichtern. Jedes Miwued, welches 100 üm in weniger als sechs Stunden auf dem Rad zurückzulegen vermag, erhält von der Militairbehörde ein livret wilitairv nebst Bescheinigung kostenlos auSgefertigt und damit die Berechtigung zur Verwendung als Radfahrer in militairischen Diensten. Wohl ist nach einem Artikel der VereinSsatzungen jede politische oder religiöse Erörterung oder Kundgebung unter sagt, andererseits aber setzt jeder Antrag auf Zulassung die vollständige Unterwerfung unter da« Statut und die Regle ments der Union voraus. In Elsaß-Lothringen hat diese bis jetzt schon eine recht ansehnliche Verbreitung gefunden, indem hier nicht weniger als acht sogen. Consulate vorhanden sind (in Andlau, Colmar, Hagenau, Mörchingen, Mülhausen, Schiltigheim, Straßburg und Diedenhofen) mit mehr als 200 Mitgliedern. Der Chefconsul der Union mit dem Sitze in Luneville wird in einem Rundschreiben als „Chefconsul der 8. V. 8. für Elsaß-Lotbriugen" bezeichnet! Offenbar wird den Mitgliedern der Union und insbesondere den in Elsaß-Lothringen wohnenden höher» OrtS in Frankreich großes Interesse entgegeugebracht. Wird doch den in Elsaß- Lothringen ansässigen Mitgliedern von der Zollverwaltung der freie Eingang ihrer Maschinen in Frankreich zugebilligt, während sonst jeder auS dem Auslande die Grenze über schreitende Radfahrer zur Sicherung deS Zolles eine ansehn liche Summe zu hinterlegen hat. Manchen Mitgliedern hier zulande mag die Bedeutung ihrer Zugehörigkeit zur Union vSlocipSäiguo sie krauee unbekannt geblieben sein, jedenfalls muß es als Pflicht der LandeSbehörden erachtet werden, dafür Sorge zu tragen, daß derartige recht bedenkliche VereinS- bildungen im RcichSlande keinen Boden finden. Oesterreich -Ungar«. * Wien, 29. Juli. (Telegramm.) Rudolf v.Gasser, Redacteur des „Deutschen Volksblattes", HauptorganS der christlich-socialen Antisemiten-Partei in Wien, fand einen schrecklichen Tod. Er gerieth in der Boedlinger Tramway- Remise beim Abspringen von dem fahrenden Wagen zwischen diesen und die Remisenwand. Sein Körper wurde total zerquetscht. Der Unglückliche starb bald darauf im Spital. (B. L.-A.) Frankreich. * Parts, 29. Juli. (Telegramm.) Die Unruhen bei den GeneralrathSwahlen in Roubaix wurden durch collectivistische Socialisten hervorgerusen, deren Candi- daten unterlagen. Schiveden und Norwegen. * Chrtsttania, 29. Juli. (Telegramms DaS Stor thing lehnte in der heutigen Sitzung die Bewilligung von 10 000 Kronen Tafrlgelder für den norwegischen Minister in Stockholm mit 59 gegen 55 Stimmen ab. Für den Staatsminister in Christiania hatte der Ausschuß Tafelgelder nicht beantragt. Rußland. * Petersburg, 29. Juli. (Telegramm.) Professor Leyden aus Berlin befindet sich seit einigen Tagen hier. — DaS Großfürstenpaar SerjiuS Alexandrowitsch ist gestern in daS Ausland abgereist, trifft heute Abend in Berlin ein und reist ohne Aufenthalt nach FranzenSbav weiter. * Petersburg, 29. Juli. (Telegramm.) Nach Mel dungen der Blätter, welche sedoch noch der Bestätigung bedürfen, wird der Kreuzer „JaroSlaw", welcher im Jahre 1891 Montenegro geschenkt wurde, von Rußland zuruckgenommen. Derselbe »st jüngst in Kronstadt an- gekommen. Afrika. * Wie die „Köln. Ztg." auS Brüssel, 29. Juli, meldet, haben sich nach den letzten in Brüssel eingetroffenen Nach richten mehrere der aufrührerischen Stamme deS Aruwim-GebieteS unterworfen. Der Hauptmann Chaltin ist von Leopolvville nach dem Gebiete des Aus standes aufgebrochen. (Telegramm.) (Fortsetzung in der 1. Beilage.1 erweiterte sich um die ganze lange Grenze von Saraemünd bis Hüningen, und es mußte Bedacht auf einen Angriff von Baden oder der bayerischen Pfalz aus genommen werden, der daS Vordringen der französischen Armee in Rheinpreußen gelähmt hätte Um die numerische Ueberlegenheit deS deutschen HeereS, die durch die Haltung der Südstaaten dem Kaiser Napoleon noch augen scheinlicher entgegentrat, auszugleichen, drängte sich der fran zösischen Heerführung der Gedanke auf, schnell den Rhein zu überschreiten, die Vereinigung der Armeen Nord- und Süd deutschlands zu verhindern und vielleicht durch den Eindruck eines ersten Erfolges Verbündete unter den neutrale» Staaten zu erwerben. Die« war nach einer in der zweiten Hälfte deS Krieges erschienenen und dem Kaiser Napoleon selbst zugeschriebenen Schrift daS Wesentlichste des schließlich an genommenen Planes. Dementsprechend geschah der Aufmarsch der französischen Streitmassen in drei großen Gruppen: eS sollten 150 000 Mann unter Bazaine in Metz, 100 000 Mann unter Mac Mahon in Straßburg und 50 000 Mann im Lager von ChalonS vereinigt werden. Darauf wollte Napoleon die Armeen von Metz und von Straßburg vereinigen, den Rhein bei Maxau überschreiten und sich zwischen den Norddeutschen Bund und die Südstaaten drängen, während die Armee von ChalonS den Rücken decken und die nordwestliche Grenze be wachen, eine Flotte mit einer Landungsarmee aber von der Nord- und Ostsee aus die preußigen Küsten bedrohen und einen Theil der norddeutsche» Armee dort zurückhalten sollte. Dieser Plan hätte aber auch im günstiasten Falle — obwohl daS norddeutsche Heer schon allein im Stande gewesen wäre, der JnvasionSarmee ein trauriges Schicksal zu bereiten — die Möglichkeit de« Erfolges für sich gehabt, wenn die Deutschen an Geschwindigkeit überflügelt worden wären. Aber die veraltete und schleppende Organisation deS fran zösischen HeereS machte eine solche Ueberflügelung unmöglich. Dazu kam, daß da« französische Heer sich zu An fang de« Krieges in einer heillosen Verwirrung und Unfertigkeit befand, daß kein «inzige« Corp« in voller Stärke, kein- in wirklich operation-sahiaem Zustande vorgefunden wurde, obwohl der Krieg-minister Le Borns noch vor Kurzem erklärt hatte, Frankreich sei „nrotiipret", und Präsident Rouher den» Kaiser am 16 Juli geschmeichelt hatte, «seit 4 Jahren habe dieser die Ausrüstung der französischen Soldaten zur höchsten Vollkommenheit gebracht und die Organisation der französischen Militairkraft zu ihrer ganzen Macht erhoben". So sicher hatte Napoleon geglaubt, die Offensive ergreifen zu können, daß in seiner Armee nur Karten von Deutschland zur Vertbeilung gekommen waren. Angesichts der offenbaren Unmöglichkeit jedoch stand er schon bald nach der Krieg«erklärung von so kühnen Plänen ab, r« entstand ein Zaudern in dem Aufmarsch der französischen Heere, und im Gegensatz zu der überstürzenden Hast, womit französische Truppen unmittelbar nach der Kriegserklärung an die Grenzen geworfen worden, verlor man dann auf französischer Seite die Zeit mit Abwarten, unsicher»» Operationen und der Er gänzung der mangelnden Kriegsbereitschaft. Auf deutscher Seite geschah die Mobilmachung der un geheuren Streitkräfte mit unvergleichlicher Schnelligkeit uud Umsicht, welche die lange vorbereiteten französischen Rüstungen binnen 14 Tagen weit überholte. Anstatt mit immobilen Truppen zunächst den drohenden französischen Einfall an der Grenze aufhalten zu wollen, zog die deutsche Heerführung eS vor, planmäßig mobil zu machen, selbst auf die Gefahr hin, die Grenzprovinzen fürs erste preiszugeben. Nur die der Grenz« zunächst liegenden Garnisonen sollten einen Grenz gürtel bilden, um den Feind zu täuschen; im Innern des Lande« aber ward die Mobilisirung mit der Gründlichkeit betrieben, die allein eine nachhaltige Kriegführung möglich macht. Die treffliche Führung und die Aufopferung der schwachen Trnppentheile, denen die Grenzsicherung zufiel, er möglichte die Ausführung dieses kühnen Vorhaben«. Vom Augenblicke der Kriegserklärung an bis zur Erstürmung von Weißenburg, fast 3 Wochen lang, hielten einzelne Regimenter daS ganze französische Heer in Schach, indem sie ven Glauben erweckten, eS befänden sich bereits bedeutende Corps an der Grenze. In Baden wußte man, von Württembergern unterstützt, durch einzelne Militairabtheilungen, die sich da und dort in täglich wechselnden Stellungen und wechselnden Uniformen demonstrativ am rechten Nheinufer sehen ließen, die Meinung beim Gegner zu erzeugen, daS Land sei von einem „Schwarzwald CorpS" gut bewacht und man dürfe nur mit starker HeereSmacht den Uebergang wagen. Auch in der Folge noch verhinderte ihre Anwesenheit und die Ueber- schätzung ihrer Zahl den Uebergang von Freischaaren au« dem Overelsaß. AuS der Ausstellung der deutschen Heere von Mannheim bis Koblenz ergiebt sich, daß die deutsche Heerführung bi« zu dem Augenblicke, wo die eigne Schnelligkeit zusammen mit der Unentschlossenheit deS Feindes die Möglichkeit der Offensive für die Deutschen herbeifllhrte, auf die Wahrschein lichkeit deS Angriff« der Franzosen Bedacht nahm und'sogar den Fall nicht außer acht ließ, daß die französische Armee die Neutralität Luxemburgs verletzen könnte. Der linke Flügel sollte zugleich Baden uud Süddeutschland vertheidigen. Aber auS dieser Aufstellung ergiebt sich auch, wie sehr die Beschaffenheit der damaligen deutsch-französischen Grenze rum Nachtheil Deutschland« war. Während die französische Armee in unmittelbarer Nähe der Grenze auf gesicherten Punkten vereinigt werden konnte, mußte die deutsche Armee bedeutende Provinzen preisgeben, um nur eine gesicherte Operationsbasis zu besitzen. Der energische gewaltige Anmarsch der überlegenen deutschen Armeen fand einen Feind sich gegenüber, der noch über die eigenen Ziele unklar war. Die immer wachsenden Versuche der Franzosen, hauptsächlich in der Gegend von Saarbrücken, sich einzelne StellunaSvortheile zu verschaffen, sowie eine Entfaltung der deutschen Streitkräfte zu veranlassen, trugen daS Gepräge der Unsicherheit und Zwecklosigkeit, bis endlich am 2. August durch den Angriff deS ganzen CorpS Froffard auf Saarbrücken bewiesen ward, daß eine combinirte energische Offensive überhaupt nicht mehr im französischen Kriegsplane lag. In Saarbrücken, der offenen, gewerbreichen Grenzstadt, hütete eine kleine preußische Heerabtheilung, ein Bataillon Füsiliere und drei EöcadronS Ulanen, im Ganzen 1500 Mann mit 4 Geschützen, die Grenze. Gegen diese zog ein ganzes französisches Armeecorps unter General Froffard von Mey a»S ins Feld. Kaiser Napoleon selbst befand sich mit dem Prinzen LouiS, zu dessen militairischen» Erzieher Froffard be stellt worden war, bei dem Heer, um durch einen glücklichen Anfang da« kaiserliche „Prestige" zu befestigen. Napoleon hatte am 29. Juli in Metz den Oberbefehl über die „Rhein armee" übernommen, und bei seinen bisherigen Truppen besichtigungen mit besonderer Auffälligkeit dänische, schwedische und österreichische Orden zur Schau getragen, wohl in der selben Hoffnung, mit der die französische officiöse Presse und Diplomatie um Verbündete sich bewarben. Jetzt sollte ein Angriff in Gegenwart de« Kaiser« und deS kaiserlichen Prinzen dem ungeduldigen französischen Volke einen Sieg vorfuhren, mit dem der kaiserliche Name verbunden wäre. Die vorläufige Räumung Saarbrückens war von deutscher Seite schon von Anfang an vorhergesehen worden; auf die Kunde von dem Anzüge so bedeutender Streitkräfte wollte man die geringe Mannschaft sofort zurückziehen: aber der Befehlshaber, Oberstlieutenant v. Pestel, erbat sich die Er- .a>aniß, den Kampf anzunehmen. So kam e-zu dem Gefecht bei Saarbrücken, dessen Verlauf sich mit mathematischer Gewißheit vorau-sehen ließ. Nachmittags zog sich die kleine preußische Besatzung, welche Saarbrücken stundenlang gegen drei feind- lichr Divisionen und daS Feuer von 23 Geschützen ge halten hatte, vor der erdrückenden Uebermackt in völliger Ordnung über die Saar in die Stellung zurück) die zu ihrer Aufnahme schon vorbereitet war. Zu diesem theatralischen Manöver waren französischerseit« über 100 000 Mann zu- sammengezogen worden, um der „Feuertaufe" de« 14 jährigen Prinzen Lulu beizuwohneu I In Pari« wurden über diese „Schlacht" die überschwänglichsten SiegeSbülletinS verbreitet. In den Berichten spielte Prinz LouiS eine große Nolle; „der Kaiser" — so hieß es in der officiellen SiegeSdepesche — „wohnte den Operationen an und der kaiserliche Prinz, der ihn überallhin begleitete, hat auf dem erste» Schlachtfelde die Feuertaufe erhalten. Seine Geistesgegenwart, seine Kalt blütigkeit waren des Namens würdig, den er trägt. Der Kaiser ist um 4 Uhr nach Metz zurückgekommen", und an die Kaiserin Eugenik richtete Napoleon folgendes Telegramm: „LouiS hat soeben die Feuertaufe erhalten; er war von bewundernSwerther Kaltblütigkeit und ließ sich gar nicht an der Fassung bringen. Wir standen in erster Reihe, aber die Flinten- und Kanonenkugeln fielen zu »nsern Füßen nieder. LouiS hat eine Kugel behalten, die ganz nahe vor ihm einschlug. Es giebt Soldaten, die weinten, als sie ihn so ruhig sahen." Die „France" berichtete: „Der kaiserliche Prinz in Person that den ersten Schuß auS unser« Mitrailleusen, welche die Preußen buchstäblich niedermahten. Es lebe der kaiserliche Prinz!", und die ganze Pariser Presse jubelte: „Saarbrücken ist wieder eine fran zösische Stadt geworden. Saarbrücken ist die erste Etappe, bald werden wir die letzte, Berlin, erreichen!" In Wirklich keit war daS Gefecht bei dem Zahlenverhältniß und der gegebenen Lage glänzend für die Preußen ausgefallen. Gegen einzelne Schützenzllge der letzter» hatten sich ganze Bataillone der Franzosen entwickelt, denen eS nicht gelang, sie durch ihr Feuer zu vertreiben oder ihnen bedeutende Verluste beizubringen. Schon jetzt zeigte eS sich, daß das Chassepot - Gewehr, das bei Mentana 1867 gegen Gari baldis Freischaren „Wunder" gewirkt haben sollte und auf dessen Vorzüglichkeit sich die französische Siegeszuversicht zumeist gründete, den geschulten deutschen Truppen gegenüber keine Vortheile erringen konnte. In welcher Verfassung da« französische Heer rücksichtlich der Verproviantirung war, erhellt daraus, da« am 3. der französische General den Bürger meister von Saarbrücken einladen ließ, mit ihm oben aus dem „Hahnen" da« Dejeuner einzunehmen, aber hinzufügle, die Ingredienzen möge der letztere doch selbst mitbringen, denn sie selbst im Lager hätten nichts — worauf der Bürger meister ein reichliche» Frühstück hinaufschickte, sich selbst aber entschuldigen ließ. Energischer „requirirten" in Saarbrücken die ausgehungerten fränzösischen Soldaten. Damit war di« so großsprecherisch vorbereitete französische „Invasion" in Preußen aber auch schon zu Ende; sie hatte in der Be schießung einer offenen Stadt bestanden. General Froffard begnügte sich trotz seine« „großen Siege«" damit, seine Defensivstellung gegenüber der Saarlinie zu halten, ohne vorzurücken, bis ihm am 6. August diese feste Stellung sammt den scheinbaren Bortheilen vom 2. wieder entrissen ward.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder