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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950806011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895080601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895080601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-06
- Monat1895-08
- Jahr1895
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BezugS-PreiS >k der Hauptexpedtston od« de« du Stadt bezirk und de» Vororten errichteten An«, oabrstellrn ab geh alt: vierteljährlich ^4.50, bei zwetmaliaer tLgltcher Zustellung in« Hau» 5^0. Durch dt« Post bezogen für Deutschland and Oesterreich: viertel,Shrlich >4 S.—. Direct« täglich« Kreuzbandseudung IM Ausland: monatlich ?ch0. Die Morgen-An-gab« erscheint täglich mit Au«, aahme «ach Sonn- und Festtagen >/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag« 5 Uhr. Le-actio» und LrpeLitto«: AahanneSgass» 8. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abu»d« 7 Uhr. Filialeu: Ott, «e»«'« Sartim. (Alfred Haha), lluiversitätSstraße 1, L-«i« Lösche. Kathariuenstr. 14, pari, und Aöuiasvlatz 7. Morgen-Ausgabe. tWgtr Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels, und Geschäftsverkehr. Anzeigen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Nrclameu unter dem Redacttonsstrich (4ga» spalten) SO>4, vor den Familtennachrichtru (6 gespalten) 40^. Srößere Schriften laut unserem Preis- verzrlchnib. Tabellarischer and Zissernsa» nach höherem Tarif. Ertnr»vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördenma 60.—, mit Postbesörderuug 70.- Annahmeschluß für Anzeige«: (nur Wochentag«) Abend-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet« an dt« Erpeditiau zu richten. Druck und Verlag von E. Pol, in Leipzig. 376. Dienstag den 6. August 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Ausschreibung. Die Ausführung der nachverzeichneten Arbeiten soll vergeben werden: n) der Abbruch des Steigerhauses an der Marschall-Stratze in Leipzig-Reudniy und dessen Transport und Wiederaufbau im Feuerwehritepot an der Schenkendors-Stratze (Haupt- sächlich Zimmerarbeiten), b) die Erd- und Maurerarbeite«. o) die Stetnmetzarbette», für Herstellung einer LinsrtedigungSmauer zur Vergrößerung de« KeuerwehrdepotS an der Schenkendorf-Stratze. Die Bedingungen und Arbritsverzeichnisse sür diese Arbeiten, ebenso die Pläne u s. w. liegen bei unserer Hochbau - Verwaltung, Rathhau«, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 7 aus und können daselbst eingesehen, bez. auch die erstrren gegen Entrichtung der Gebühren im Betrag« von 1 50 zu n), 1 - — - - h) und . — - 30 - - o), > die auch in Briefmarken, unter Zuschlag de« Rückportos, eingesandt werden können, entnommen werden. Die Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: Feuerwehrde-ot Schcnkendorfstratze, SteiaerhauS, bez. - - Einfriedigung, Maurerarbeiten. - - - Einfriedigung, Stetnmctzarbciten versehen, an obengenannter Stelle portofrei bis zum 1«. Anglist diese« Jahres, Vormittags 1V Uhr einzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter de» Bewerbern, die Theilung der Arbeiten und die Ablehnung sämmtlichcr Angebote vor. Leipzig, den 3. August 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Id. 3702. > vr. Tröndlin. Etz. Bekanntmachung. Wegen Schleußenbaues wird die Leipziger Straße im Stadtbezirk Leipzig-Lindenau in ihrer Ausdehnung von der Angrrbrücke bis zur Anger- bez. Philippstraße vom 8. dieses Monats ab auf die Dauer der Arbeiten sür den durchgehenden Kahrverkehr gesperrt. Leipzig, am 5. August 1895. IL 4243. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröudliu. Maiieck. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Pflasterung der ErufiuS-Strahk zwischen Läubchenweg und Nostitz-Straße ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werven aus ihren be züglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 29. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 3655. vr. Tröndlin. CH. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebene Kuhwegregelung in der Ferdi- nand-Rhode-Stratze hier ist vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden aus ihren An geboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 31. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 3715. Vr. Trröndlin. Ctz Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine goldene Danien-Remontoir-Uhr, auf der Rückseite mit eingravirter Rosette, inwendig mit der Firma des Uhrenhändlers Jost versehen, ein silberner Eßlöffel mit dem Monogramm „V. v." oder „IV. k.", Anfang Juni; 2) eine sitberne Eyltnderuhr, Nr. 8899, mit doppeltem Gold, rand. Secunde und eingravirtem Rosenkranz auf der Rückseite, am 3. August; 3) ein Schlüffelkasten, dunkelbraun mit Messinabügel, ent> haltend 7—8 EinhunSertmarkscheine, 1 englisches Psnndstück. einige kleine englische Sildermünzen, eine oftafrikantjche Silbermünze, ein 2-^-Stück mit dem Bildniß König Otto's II. von Bayern und ein goldenes Medaillon in Buchform mit schwarzem Stein und einer Dameuphotographie, vom 27. Juli bis 1. August; 4) ein Jacketanzug» ziemlich neu, von graubraunem wolligen Stoff, am 28. Juli; 5) et» Pnenmatic-Rover mit der Nummer 690 und der Firma „Nestlyr L 8ka<iooll, Obemmtr", am 28. Juni; 6) ein Treibriemen, ca. 10 m lang und 12 cm breit, am 26. Juli. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Criminal-Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den 5. August 1895. Las Poltzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Holzverkauf in -er Oberförsterei Zeih. Freitag, den 0. Anglist 18A», Vormittags 11 Uhr. kommen im Thiergarten-Restaurant bet Zeitz folgende Hölzer au» sämmtltchen Schntzbezirkrn der Obersörsterei in großen Loosen zum öffentlichen Verkaufe. Eichen: 180 Nuhslück« mit 31 km, 54 rm Scheit, 77 rw Knüppel Buchen: 153 rw Scheit, 9 rm Knüppel. Anderes Lanbholz: 47 Nutzstücke mit 14 km, 18 rm Scheit, 32 rm Knüppel. Nadelholz: 5034 Nutzstämme mit 1489 km, 2116 Fichtenstangen I. Cl., W78 II. El.. 9315 III. El., 65 Hdt. IV. El. 71 Hdt. V. El., 7 Hdt. VI. Cl., 24 Hdt. VH. El. 354 rm Schelt, 331 rm Knüppel. Zeitz, den 31. Juli 1895. Der Königliche Forstmeister. Die städtische Sparkasse beleiht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 18V5. Die Spareaffen-Deputation. Der städtische Lagerhos in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager, scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 26. April 1894. Dir Deputation znm Lagerkwke Heinrich v. Sybel Nachdruck »erdste,,. vr.H Klio hüllt ihr Haupt in Trauer: Einem ihrer Jünger, nein, ihrem Liebling und erkorenen Meister bat der Tod die Dackel an« der Hand genommen, die ein reiches Menschen eben hindurch Vergangenheit und Gegenwart hell durch- euchtete. Seit Leopold von Ranke hat die historische Forschung aum einen Größeren verloren. ES ist eine eigene Fügung, daß in diesen stolzen Jubel tagen des deutschen Reiches gerade Heinrich von Sybel scheiden muß, der tapfere Bannerträger des Einheitsgedankens, der glänzende Geschichtsschreiber, dem wir das grandiose Werk Iber die Begründung des Reiches durch Wilhelm I. ver danken. Es war die leuchtende Krone seiner Schriften und bleibt für uns daS herrlichste Vermächtniß dieses nationalen Geschichtsschreibers. Aus Marburg kam uns die Trauerkunde vom Dahin scheiden des großen Gelehrten. Mit der alten landgräslich hessischen Musenstadt Philipp's des Großmüthigen war auch sein Leben eng verknüpft. Diese Hochschule gab unserm Historiker 1845 zuerst den akademischen Meisterbrief; von dort ward er als Abgeordneter in die kurhessische Stände- versammlung und ins Erfurter Parlament entsandt. Noch jetzt bekleidet dort sein Sohn Ludwig von Sybel daS Ordi nariat für Archäologie; bei ihm ist der Vater während eines Besuches gestorben. Der Name des Dahingeschiedenen wurde vor zwei Jahren mit großer Lebhaftigkeit genannt, als die befremdliche Nach richt den Kreislauf durch die Blätter machte, daß der ihm von der Akademie zugedachte Verdun-PreiS infolge kaiserlicher Willensmeinung dem großen Historiker nicht zu Theil ge worden sei. Bei der damaligen politischen Eonstellatwn wurde angenommen, die Art, wie Fürst BiSmarck in Sybel'S Werk von der Begründung deS Reiches im Ber- hältniß zu Wilhelm I. in den Vordergrund gestellt worden sei, habe jene Entscheidung veranlaßt. Ob diese LeSart be gründet war, bleibe dahingestellt.*) Tbalsächlich trug bald darauf Professor ErdmannSdörffer in Heidelberg den Verdun- PreiS davon. Sybel wurde später zum 50 jährigen Diensl- jubiläum mit dem Titel Wirklicher Geheimer Rath und dem Prädicat Excellenz bedacht. „Entellent" war in der Thal das Können und Schaffen dieses Meisters. Eine schlichte Erscheinung voll beschaulicher Ruhe und freundlicher Milde, daS Antlitz von schneeweißem Bovbart umrahmt, der ihm fast daS Gepräge eines alten Seemannes gab, fesselte der Greis durch einen seltenen Zauber der Rede. Wenn er z. B. in der Akademie der Wissen schaften als Herausgeber der politischen Correspondenz Friedrich'- deS Großen über den Fortgang des Unternehmens berichtete, begnügte er sich niemals mit einem trockenen Referat, sondern gab ein lebendige geistsprühende Schilderung, die, ein wahre« Cabinetsstück, jedesmal Entzücken hervorries. Sybel machte das Vorurtheil zu Schanden, als ob Schwerfälligkeit und Nüchternheit der Darstellung ein noth- wendigeS Zubehör gründlicher Forschung unv gelehrter Arbeit sei; er zeigte, daß künstlerische Form sür die ernste Wissen schaft ein reizvolles, schönes Gewand bilde, in welchem sie die weitesten Kreise deS Volkes gewinne. Unter diesem Zeichen ist er selbst populär geworden. Aber nicht die Form — nein, der freie Blick, die staatS- männische Auffassung, die schöpferische Gestaltungskraft ver leiben Sybel'S Schriften ihren großen Werth. Er gehörte zu jenen seltenen Meistern, die nicht nur aus den Quellen und Archiven, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen, den „geschichtlichen Thatbestanv" kritisch erforschen und fest stellen, die nicht nur die Bausteine mühsam herbeischaffen für das feste Fundament, er war zugleich der geniale „Architekt", der auf der selbstgeschaffcnen Grundlage den schönen und stolzen Bau großer GeschichtSwerke zu errichten verstand. Diese wunderbare Vereinigung ist eben das Merk mal des genialen Historikers: sie charakkerisirte Leopold von Ranke sowohl als seinen einstigen Schüler Heinrich y. Syh,l. Der Heimgegangene Meister entstammte der rheinischen Künstlerstadt Düsseldorf; am 2. December 18l7 ist er dort geboren. Zu seinen Kameraden in der Schulzeit zählten der spätere Geschichtsmaler Bandemana und der Romanist Wind- scheid. AlS er zum Studium nach Berlin kam, hatte Ranke mit einigen reiferen Schülern jene historischen Uebunaen be gonnen, die sür die jetzigen Seminare und den Geschichts unterricht maßgebend und vorbildlich wurden. Der junge Sybel trat in jenen Kreis ein, der vorher und nachher Männer wie Waitz, W von Giesebrecht, Wattenbach, Ph. Jaffö, Dümmler angeregt und auSgebildet hat. Wie er noch im Alter hervorhob, ist ihm der kräftige, temperamentvolle und doch stets auf d,e exacteste Methode dringende Impuls, den er dort empfing, unvergeßlich und bestimmend geblieben. Heinrich von Sybel's Laufbahn hat sich nach verschiedenen Richtungen geltend gemacht. Sie begann mir akademischen Lehrämtern) da« öffentliche Vertrauen führte ihn später wiederholt rn parlamentarische Körperschaften, und den Schluß bildete dir Stellung als Direktor ver Staatsarchive. Neben her aber ging die Arbeit de« Geschichtsschreiber-, deren gob dene Früchte jene anderen Bethätigungeu überdauern werden. Vom Katheder au« hat er der Reche nach in Bonn, Mar burg, München und zuletzt wieder in Bonn gewirkt. Höchst bedeutsam war das Lustrum (1856—61), da« ihn an die Hauptstadt Bayerns fesselt«. Sybel begründete dort da« erste GeschichtS-Semmar in Deutschland unv die „Historische Zeit schrift", er veranlaßt« die Herausgabe der deutschen Reichstag«, actrn und war der leitend« Srcreiair der von König Maxi- milian II. eingesetzten historischen Commission. Von Bonn au«, wo er Dahlmann zu ersetzen hatte, trat er dann auch parlamentarisch als Mitglied des Abgeordneten Hause- und deS coiistituirenden Reichstages in den Vorder grund. In den Conflictsjavren hielt er sich zur Opposition und stand seit 1867 in Pen Reiben der Nationalliberalen. Ein scharfer Kämpfer gegen die Ultramontanen, hakt? er schon früher mit Gilbemtlster die Unechtbeit de« „Rocke« von Trier" dargelegt. ") Unsere« Wissen« steht die Lharakteristik, vl« Sybel dem ver- itorbenea Herzog Fr'tdrich von TchleSwtg-Holstein-Sonderburg. Augustendurg, dem Vater der Kaijrrin, zu Lyell werden ließ, mit ;,n:r Entscheidung tm Zusammenhang». Red b. T." 1874 vertauschte Sybel das Lehramt mit der verwalten- den Thätigkeit an der Spitze der preußischen Staatsarchive. Die sonst ängstlich behüteten und verborgenen Schätze machte er im Dienste der Wissenschaft zu einer Ouelle, auS welcher die GeschichtSkunde reicher und Heller hervorströmte. 1878 begann die stattliche Reihe der Veröffentlichungen archivalischer Dokumente. Und auch sonst verdanken ihm zahlreiche wichtige Publikationen aus dem Bereiche der Urkunden und Acten ihre Gründung, Leitung oder Mitarbeit. Wie freudig griff er da ein beim ersprießlichen Zusammen wirken. Hat er doch selbst einmal erklärt: „Wenn ein Historiker sieht, mit wie unermüdlichem Fleiß an hundert Punkten neue Schachte angebaut und neue Ergebnisse zu Tage gefördert werven, wenn er inne wird, wie diese Tätig keit gleichmäßig allen Zweigen seiner Wissenschaft zu Gute kommt, so drängt es ibn zu dem Ausruf: „In diesem Jahr hundert ist es eine Lust zu leben." Bei alledem aber hat Sybel nicht mit seinem eigenen wissenschaftlichen Wirken gerastet und niemals auf seinen reichen Lorbeeren ausgeruht. Wie umfassend war diese Lebensarbeit — von den ältesten Zuständen unserer Vorfahren geht sie bis auf Wilhelm I., BiSmarck, Napoleon III. Mit eindringlicher Kritik nahm er in der Geschichte deS ersten Kreuzzuges Peter dem Einsiedler und Gottfried von Bouillon ihre überlieferte Stellung, indem er Geschichte und Sage scharf zu sondern wußte. Weniger Zustimmung fanden Sybel's Ansichten vom römischen Ursprung de« deutschen Königthums. Eine der größten Leistungen der neueren deutschen Geschichts schreibung bildet seine fünfbändige Darstellung der Revo lutionszeit von 1789—1800. Zum ersten Mal war hier nach authentischen Quellen jene politische Sturm- und Drangperiode geschildert; alle Ansichten über die Entwickelung jener Zeit wurden über den Haufen geworfen, und die Glorie, welche die Führer der Gironde umstrahlte, erfuhr eine starke Trübung. Nur ein Politiker war im Stande, alle Fäden dieser viel verschlungenen Zeit aufzudecken und zu lösen. Und dabei, wie meisterhaft, wie plastisch werden die einzelnen Persönlich keiten gezeichnet. DaS ist nicht mehr d»e Arbeit eine- Gelehrten allein, das ist zugleich auch schöpferische Kunst! „Alle Schriften Sybel's erhalten ihren Charakter durch die Höhe der sachlichen und literarischen Kritik." Diesen Satz sprach die Akademie der Mffe»fch«ste« an«, al« sie den Meister zum goldenen Doctor-Jubiläum beglückwünschte. „Mit Genugthuung" — sagte st« — „kört man zu, wie den Karolinger Annalen ein Theil ihre- Nimbus entzogen, wie über Albertus Aquensis der Stab gebrochen wird. Sie be handeln Lafayette ohne Gnade, Sie wissen Mirabeau'S staatS- männische Bedeutung in ihr Recht einzufetzen; aber wir haben daS Gefühl, daß in diesem Tadel und m diesem Lob kerne Person spricht, sondern die Geschichte." Dieser echt historische Sinn verlieh Sybel allein auch die Möglichkeit, an die Epoche, auf deren siegreichen Abschluß wir mit Stolz zurückschauen, als Geschichtsschreiber heran- zugeheu, obwohl er hier selber noch kämpfend in Reih und Glied gestanden hat. Eine Meisterhand ist eS, welche di« lebensvollen Zeitbilder vor unseren Augen entrollt. Nun ruht diese Hand für immer, — Sybel's Arbeit ist vollbracht, sie gehör! nun selbst der Geschichte an. Er bat ihr Urtheil nicht zu fürchten. Seine Werke werden für ihn sprechen und zeugen und den Namen ihres Schöpfer- bi- in ferne Zeiten tragen. Eine Ansprache des Großherzogs von Laden. * Karlsruhe, 5. August. (Telegramm.) Der Großherzig von Baden hielt gestern auf dem badischen Krieger- verrinstage eine Rede, die nach der „Karlsruher Ztg." folgenden Wortlaut hat: „Vor Abschluß der Festlichkeiten liegt eS mir am Herzen, Ihnen meine Gefühle auszusprechen. Die begeisterten Worte und patrio tischen Gedanken, dir wir eben mit Freudigkeit vernommen und denen Sie zugejubelt haben, haben Ihr Herz tief erschüttert und erfüllt. Es bleibt darnach nicht- mehr zu sagen übrig, was die festlichen Empfindungen deS heutigen Tage« noch starten könnte, und doch ergreift mich der Anblib so vieler Veteranen, so vieler Theilnehmer an dem Kriege von 1870/71 in einer Weise, daß ich erinnern muß an alle diejenigen Kräfte und Einrichtungen, welch uns wirklich zum Siege geführt haben. Sie haben eben vernommen, welches die Entwickelung der Zeit war bis zum Kriege und seit dem Kriege. Wir müssen aber auch zurückblickru auf die Unter nehmungen, welche «S möglich gemacht haben, zu siegen. Wir müssen ziemlich weit zurückgehen, wenn wir die ganze Bedeutung deffen er. fassen wollen, wa« wirklich zum Sieg« geführt hat. Ich denke dabe zuerst an di« großen und unsterblichen Verdienste Kaiser Wtl Helm'», der von früh an, al« er noch Prinz von Preußen war und hier im Land« den Aufstand bekämpfte, von da an sein« ganz« Kraft der Neugestaltung und Befestigung der Armee gewidmet hat Di« Erfahrungen, welche er damals gemacht, haben ihn veranlaßt, bei vrm Könige Friedrich Wilhelm IV Bestimmungen zu er wirken, die ein« vollständige Veränderung de« Ausbildung«, modu« der Armee hrrbeigrführt haben. In diesen Gedanken, di« der damalige Prinz von Preußen kundgegebea, liegen die Anfänge deffen, wa« von nun an di« Armer Große« und Br« deutende« geleistet hat. Sein Gedanke war: Jeder Einzelne muß nicht nur auSgebildet, sondern auch erzogen werden, und da« ist durchgeführt worden. Ich will mich auf Einzelne« nicht etolassm, sondern nur im Allgemeinen sagen: r« ist durchgeführt worden mit der Gewissenhaftigkeit, die nur rin solche« Lffici«r.Eorp« zn leisten vermag, wie r« auch jetzt noch da« deutsche ist. Nur wenn dies« Voraussetzung besteht, ist e« möglich, diesen Gedanken von der Au«bildung nud Erziehung de« Einzelnen ganz und doll durch, zuführen. Meine Freund«! El« werden verstehen, wa« Ich damit mein,. Es ist nicht nur die Arme«, e« ist da« Volk, da« auf diese Weise erzogen wird, und Sie alle haben diese Schule durchgemacht. Ich .-'e also zu solchen, die diese Erfahrung für sich haben und dir diese Erfahrung angewendet haben in ernstester Zeit, und richte mich nicht an diejenigen, die seit dem Krieg gedient haben und viel leicht noch einmal berufen werden könnten, zu dienen, also in der Lage sind, zu bewähren, was sie gelernt haben. Sehen Sie, meine freunde, diese dem Individuum gewidmete Aufmerksamkeit, diese Erziehung deS einzelnen Mannes, nicht nur daß er Waffen in der Hand hält und den Rock anzieht, nein, daß er mit Geist und Herz dabei ist, das führt zum Siege, da« muß er- halten bleiben. Reiflich aber muffen wir auch gedenken deffen, wa« der hochselige kaijer während de« Kriege« geleistet hat. Denn er hat dort rin Beispiel gegeben, da« un« allen zur Nacheiferung dient, ein Beispiel der Hingebung, der Aufopferung und der Liebe. Ja, meine Freunde, es sind eigentlich nur zwei Empfindungen, ans die wir den größten Werth legen müssen, damit sie anerzogen werden, wo sie noch nicht vorhanden sind, daS ist dir Liebe, die größer ist als alles Uebrige in der Welt, und der Gehorsam. Der Gehorsam, meine Freunde, wird oft auch DiSciplin genannt. Ich nehme das Wort gern in den Mund. Gehorsam ist Allen nütze; denn wer sich nicht unterzuordnen versteht, der kann auch nicht ühren. Unterordnung unter die große Ordnung des Staates und des Reiches ist etwas, was auch in der Armee gelernt werden kann und gelernt wird. Sie alle, meine Freunde, die Sie hier vor mir stehen, haben das bewährt. Ich spreche also nur zn Solchen, die mit mir empfinden und es bethätigt haben. Es gewährt große Befriedigung, solche Leut« vor sich zu haben. Ich bringe aber auch noch eine Mahnung, meine Freunde: wirken Sie in ihren Kreisen auf die Heranwachsende Jugend, daß sie diese beiden Grundpfeiler des öffentlichen und LeS staatlichen Lebens in der Familie mehr in sich aufnehme, die Liebe und den Gehorsam. Trachten Sie darnach, daß damit alle jene Bestrebungen bekämpft werden, die nur darauf hiuausgehen, diese feste Ordnung zu stören, ja zu gefährden. Davor müssen wir uns hüten, und dafür hilft nichts Anderes als die Schule des Heeres. Bedenken Sie, meine Freunde, daß das Wort „Gehorsam" eines der höchsten, ja daS höchste Beispiel in sich schließt, wenn wir e« selbst bethätigen. Ich sage: „Gehorsam bis zum Tode am Kreuze!" da- ist daS Borbild, dem wir nachzustreben haben, da ist »S, waS Christen auSzeichnet im Streben und Handeln. Dem folgen wir noch, daS tragen wir im Herzen, damit es Ihnen und uuS Allen gut geh«. Wenn wir einen Rückblick werfen wollen auf die Thätigkeit unsere- hochverehrten hochseligen Kaisers, so will ich mich ganz kurz fassen. Welch' schöne- Bild ist eS! Das wissen Diejenigen, die es erlebt haben, und auch Diejenigen, die e« durch die Tradition erfahren haben. Stellen Sie sich den Kaiser vor an der Spitze des Heere-, begleitet von dem größten Strategen der Gegenwart, ja ich möchte sagen, auch der Vergangenheit, Moltke, von einem Staatsmann wie Bismarck, der berufen war, da« deutsche Reich zu begründen, von einem Organisator wie Roon, von dem der Kaiser oft gejagt hat, ihm verdanke er die gute und unvergleichliche Heeres- organisation l Und so viele Andere wären noch zu nennen, die mitgewirkt haben. Ich beschränkt mich aber auf zwei Heer- sichrer, die dem Kaiser am nächsten standen, den hochverehrten Kaiser Friedrich und den Prinzen Friedrich Karl. Leider sind beide früh heimgegangen, aber ihr treues Vor- bild besteht für alle Zukunft; solchen Geistern nachzu- streben, das ist die wahre Schule der Armee. Ich nehme Abschied, meine Freunde, von Ihnen mit diesen letzten Worten, in der Hoffnung auf Wiedersehen, wo es auch sei, hier oder im Jenseits. Ich rufe Ihnen noch einmal zu: Halten Sie fest an dem, was geholfen hat. Sie zum Siege zu führen, verbreiten Sie diesen Gedanken in den Kreisen der Ihrigen in bester, geeignetster Weise und bestätigen Sie mir die Empfindung, die Sie heute im Herzen haben, damit, daß Sie einstimmen in den Ruf: „Unser deutsches Vaterland, da« deutsche Reich und unsere Heimath leben hochl"" Deutsches Reich. Berlin, 5. August. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit tauchen jährlich um diese Zeit die Gerüchte von ungewöhnlich großen Neu- und Mehrforderuugen der Marineverwal- luna für den nächsten ReichSbauShaltSentwurf auf. Da dies die Zeit ist, zu welcher die einzelnen Ressorts ihre Wünsche für den nächsten Etat anzumelden haben, läßt sich nicht immer mit Sicherheit sagen, wieweit man eS mit der publi- cistischrn Vertretung tatsächlich angemeldeter Wünsche oder nur mit Lückenbüßern zu thun hat, die dem Mangel an „aktuellem" Stoff für die TageSpreffe abhelfen sollen. Im gegenwärtigen Falle läßt sich gleichwohl mit ziem licher Bestimmtheit erkennen, bis zu welcher Grenze die um laufenden Gerückte höchstens der Wahrheit entsprechen können. Dir Verhandlungen des Reichstag«, brzw. der Budget commission de« Reichstag« haben in dieser Hinsicht Anhalts punkte gegeben, die zuverlässig sein mußten, weil anderenfalls eine Mehrheit für die vier neuen Kreuzer kaum zu Stande zu bringen war. Die Marineverwaltung hatte, w,e erinner lich, den bereit« vor Jahresfrist in Umlauf gesetzten Gerüchten über große neue Forderungen die nachdrückliche Versicherung entgegensetzen lassen, daß r« sich bei allen in Aussicht zu nehmenden neuen Anforderungen an die Opferwilliakeit deS Lande» lediglich um die Vermehrung, bezw. den langst ge planten Ausbau der Kreuzerflotte handle, also nicht so sehr um die Verstärkung unserer Kriegsmacht zur See, als um den nothwen- digcu stetigen Schutz unsere» Handel« in fremden Gewässern. Dieses Versprechen hatte die Marineverwaltung gehalten, indem sie im Etat für 1895/86 lediglich die ersten Raten für die vier neuen Kreuzer forderte, außerdem nur unerläßliche Ausgaben für eine Neuconstruction der Kessel und Maschinen bei den großen Schlachtschiffen und allerdings auch ein« erste Rate sür dir Erweiterung der Torprdoflotte. Letztere Forde rang fand aber keine Mehrheit im Reichstage. Betreffs de« künftigen Bauplanes gab nun die Verwaltung ausführliche Erklärungen ab, wobei sie unverkennbar bemüht war, zu
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