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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189508185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-18
- Monat1895-08
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1895
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Bezugs-Preis t» der Hauptexprdition oder den im Stadt bezirk «ud den Vororten errichteten Aus- oabestellen abgrholt: vierteljährlich X 4.40, bei zweimaliger täglicher Zustellung iuS HauS X 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich X S.—. Direct« tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich X 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint täglich mit Aus nahme nach Sonn, und Festtagen '/,? Uhr^ die Abend-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. Ledaclion und Lrpeditiou: AohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbroche» geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: vtts Rle««'» Tortim. (Alfred Haha). UniversitätSskratze 1. Louis Lösche. patharinenstr. 44, pari, und König-Platz 7. UchWr TaMÜ Anzeiger. AM« st, WM, LMlMicht-, S-«d<U- »nd 398. SonntUK den 18. August 1895 Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclameu unter dem Redactionsstrich (4 ge spalten) bO^z, vor den Familieunachrichtru (8 gespalten) 40^- Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz vach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen«Ausgabe, ohne Postbeförderung X 60.—, mit Postbesörderung X 70.- Annahrneschlaß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Marge n-AnSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an dt« Er-edttis« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig. 89. Jahrgang. Die nächste Nummer erscheint am dto-ttag Abend. Anzeigen für diese Nummer, welche in erweitertem Umfange ausgegeben wird, wer en angenommen. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Den betheiligten Gewerbetreibenden wird hiermit zur Kenntniß gebracht, daß der regulativmäßig auf Montag, de» 2. September er,, allende Bichmarkt auf dein städtischen Viehhofe aus Dienstag, den 3. September er., verlegt wird. Leipzig, am 12. August 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. In. 3663. vr. Tröndlin. Lindner. Bekanntmachung. Für Michaelis dieses Jahres sind 4 AnSstattnilgSspendc» im Betrage von 77 X 25 07 X 58 40 X 04 ^ und 40 X 5» ^ an hiesige, arme, unbescholtene Franc«, welche sich in der Zeit zwischen Michaelis vorigen und Michaelis d. Jahres verheirathet haben, von uns zu vergeben. Die Spende von 40 X 64 /H kann nur an ehelich Geborene, die von 40 X 55 ^ nur an hiesige Bürgertöchter vergeben werden. Gesuche sind unter Bei fügung der Cheschließungsbescheinigiiiig, eines von zwei hiesigen Bürgern bei Bürgerspflicht ausgestellten Zeugnisses über die Un- bescholtenheit und Bedürftigkeit der Bewerberin und einer Geburts- bescheinigimg, bis zum 5. Oktober lsd. IS. auf dem Nathhnusc, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. I I, einzureichen. Leipzig, den 14. August 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Or. Tröndlin. Morche. Bekanntmachung. Ein neues vervollständigtes Verzeichnis; der Herren Aerzte nnd der Apotheke» der Ortskrankcncasse für Leipzig nnd Umgegend ist erschienen und liegen Exemplare bei der Eassen- Verwaltung und den Meldestellen zur Empfangnahme bereit. Leipzig, den 18. August 1895. ie Lrtskrankencasse für Leipzig und Umgegend, vr. Willmar Schwabe, Vorsitzender. G. Städtische Gewerbeschule. Der Unterricht im Winterhalbjahr beginnt Dienstag, den 2. October früh 8 Uhr. Anmeldungen für die Tagesschule werden voni 18. bis 25. September an den Wochentagen 4—5 Uhr, Sonntags 11—12 Uhr im Schulgebäude, Wächlersiraße 13, ent gegengenommen. Abendschule. L. Abthcilnng für Bau- und Knnstgemcrbc. Freihand zeichnen, Modelliren, Projectionszeichnen, Perspective, Architekturzeichnen, Bauconstruction, Fachzeichnen für Bau und Möbeltischler, Schlosser, Klempner, Tapezierer, Bild Hauer, Graveure rc. L. Abtücilinig für Maschinenbauer, Mechaniker nnd Elektrotechniker. Unterrichtscurse in Mathematik, Mechanik, Maschinenlehre, Projectionszeichnen, Maschinenzeichnen, Elektrotechnik, Buchführung. Offener Zcichcnsaal (Tagesuntericht) zur Ausbildung in einzelnen Unterrichtsfächern. Nähere Auskunft ertheilt der Unterzeichnete in der angegebenen Zeit; später eingehende Anmeldungen können nur nach Maßgabe des vorhandenen Platzes Berücksichtigung finden. Leipzig, den 17. August 1895. Der Direktor: —Architekt P. Schuster. Me städtische Sparkasse beleiht Wcrthpapierc unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Tie Sparcassen-Tepntation. Geld hat anszuleihen 8p»r«»88v b. Burgstädt. Königliche Kaligriverkenschnle jii Vlmikii i. N- Beginn des Unterrichts-Halbjahres am I. October. An Meldungen sind bis 20. September zu bewirken. Prospekte mit den Aufnahmebedingungen durch die Direktion. Prof. 1,8,re. Das Heer, das solches Wunder verrichtete, war von König Wilhelm geschaffen worden, geschaffen worden nicht nur durch ein Jahrzehnte langes Sorgen und Sinnen und Wirken für die Hebung der Wehrverfassnng, sondern auch durch das im Amte wie im Lebenswandel gegebene große Beispiel des Schöpfers. Wenn jemals ein Werk das Wesen seines Meisters wiederspiegelte, so war es das deutsche Heer im Kriege von 1870/71. Der tiefe sittliche Ernst, der thut, weil gethan werden muß, und nicht, weil die That vielleicht Glanz verleihen könnte, war das Beherrschende im Charakter des Königs, das ans seine Mitkämpfer überging. Die Nation nnd Europa fanden daher Wilhelm I. immer auf dem Platze, den ihm die mit gesundem Verstand und Herzen aufgefaßte Pflicht des Berufes anwieö, und erblickten ihn im öffent lichen Auftreten niemals an Stellen, wohin ihn seine Herrscher aufgabe nicht gerufen hatte. Diese wahrhaft königliche Haltung bewahrte Deutsch land im Innern wie in der auswärtigen Politik vor Schwankungen, Enttäuschungen und Mißverständnissen, mit denen gerade ein junges Staatöwesen, wie das deutsche Reich es ist, zu verschonen, ein hohes fürstliches Verdienst ist. Wenn durch das Denkmal, zu dem heute der Grundstein gelegt wird, Kaiser und Volk dem Herrlichen einen Beweis ihrer Dankbarkeit geben, so gilt der Dank, mag der Tag auch zuerst kriegerische Erinnerungen Wachrusen, dem Regenten ebenso innig und verdient, wie dem obersten Feldherrn in glorreichen Schlachten, dem im Frieden wie im Krieg unver gleichlichen ersten Kaiser, der die neue Würde allsogleich mit einem Inhalt erfüllt hat, welcher geschichtlichen Ueberliefe- rungen und Bedürfnissen der Gegenwart gleichmäßig ge recht wird. Indem das deutsche Volk sein Denkmal für Wilhelm I. in Berlin aufstellen läßt, überantwortet es der Reichshauptstadt ein Heiligthum, ein Symbol des Werdens der deutschen Einheit, in deren Bewahrung und Festigung allzeit der Geist des guten alten Kaisers walten möge! Gastfreundlicher Willkomm. Zur Grundsteinlegung des Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. L2. Heute, an dem Tage, da vor fünfundzwanzig Jahren der eiserne Ring um die nach Metz geworfene Armee Bazaine'S sich unzerbrechlich schloß und die militairische Mög lichkeit der Waffenthat von Sedan schuf, wird in der Reichs hauptstadt der Grundstein für das Denkmal Wilhelm'« I. gelegt. Der Tag ist glücklich gewählt. In jenem furchtbaren Ringen unter den Wällen der Mosel-Veste offenbarten sich in ganz besonderer Kraft bei den deutschen Streitern die Tugenden, denen wir die Erfolge des großen Jahres verdanken und deren leuchtendes Vorbild für daS Heer, lange bevor die deutsche und die preußische Diplomatie an nationale Kämpfe zu denken er laubten, der erste Kaiser gewesen ist. Die dreitägige, unter un säglichen Strapazen nnd Entbehrungen einem nach Zahl und Stellung überlegenen Feinde gelieferte Schlacht stellte an die Truppen Anforderungen, denen patriotische und kriegerische Begeisterung allein weniger noch als in den früheren und späteren Kämpfen des Feldzuges Genüge thun konnte. Es bedurfte der fleischgcwordenen DiSciplin, die in dem Pflicht gefühl, in dem völligen Hinopfern der Persönlichkeit an das Ganze ihre Wurzeln hat, eS bedurfte der gezeigten Unermüdlichkeit und grenzenlosen Standhaftigkeit, die stärkste kaiserliche Armee von der Entscheidung über da» Schicksal de» kaiserlichen Feldzuges auSzuschließen. Ein Zufall weht den „Grenzboten" folgenden Entwurf eines Begrüßungsartikels auf den Schreibtisch, den officiöse Federn aus Anlaß deS demnächst bevorstehenden Besuchs Ihrer großbritannischen Maje stät in Deutsch land für daS Leiborgan des Reichskanzlers zurecht gemacht haben. „Ihre Majestät", heißt es da, „kann in Deutschland stets einer herzlichen Aufnahme sicher sein, zunächst als Groß mutter unseres Kaisers, dann als Freundin und Verbündete Deutschlands. Zwar haben es die Deutschen von jeher mit dem salischen Gesetz gehalten und den Frauen in öffentlichen Angelegenheiten keine entscheidende Stimme einaeräumt. Dennoch steht auch bei uns die poli tische Weisheit der Großmütter, Schwiegermütter und Tanten im höchsten Ansehen, gern und willig leihen ihr bei uns Fürsten und Staatsmänner ihr Ohr. Die Be dingungen, die der Krone für ihr Wirken in Deutschland gegeben sind, unterscheiden sich freilich sehr wesentlich von denen, die in England gelten. Zu der selbstlosen Weisheit oder zu der weisen Selbstlosigkeit, zu Allem gläubig Ja und Amen zu sagen, waS die von der Nation präsentirten Minister Ihrer großbritannischen Majestät nur immer Vorschlägen, hat sich die Monarchie in Deutschland noch nicht hindurch gerungen. Das rückständige deutsche Staatsrecht kennt noch ein eigenes Recht nnd deshalb auch eine Pflicht des Herrschers, auch an seinem Theile über das Wohl der Deutschen nach zudenken und es nach seinem besten Vermögen zu fördern. Als Beherrscherin Großbritanniens und Kaiserin von Indien wird Ihre Majestät und werden Hochdero treugeborne Unterthanen auch bei uns nach der Art der Beziehungen ab geschätzt werden, die sie zu Deutschland unterhalten. Bisher glaubte man, englische Minister, gleichviel aus welcher Partei sie hervorgegangen seien, hegten keinen sehnlicheren Wunsch, als sich aus der Haut der dummen Deutschen Riemen zu schneiden, nachdem sie mit einigen täppischen und tölpelhaften Complimenten ihr Herz gerührt hätten. Jetzt aber weiß auch bei unS Jedermann, daß die Haupt- und Cardinalinteressen beider Staaten durchaus dieselben sind. Deutschland hat den dringenden Wunsch, von dem Ballast seiner Colonien befreit zu werden, und England ist großmüthig genug, sie uns für ein Billiges abzunehmen. Und giebt es wohl dringendere Lebensinteressen für Deutschland, als daß daS Pamirvlateau von den nach den indischen Besitzungen Ihrer Majestät vor strebenden Russen niemals überschritten werde, oder daß in Siam die Union Jack stets einige Zoll höher wehe als die französische Trikolore? Es würde deshalb allen logischen Voraussetzungen zuwiderlaufen, wenn Deutschland und Eng land nicht allezeit und überall verbündet blieben. Ein Freund sollte deshalb auch des Freundes Schwächen ertragen lernen. Mit Bedauern glauben wir sagen zu müssen, daß Ihrer Majestät Regierung in den letzten zwei Jahr hunderten nicht immer daran festgehalten hat. Ja man muß sagen, daß die Minister Ihrer Majestät nnd Ihrer erlauchten Borgänger ohne Unterschied der eignen Parteistellung immer eine stark betonte Neigung zu diplomatischen Unverschämt heiten geaen Deutschland haben hervortreten lasse». Die deutsche Politik war während dieser Zeit, wir gestehen es, meist hilflos und schwachmüthig. Wir Deutschen verehren gerade deshalb den Fürsten Bismarck, weil er ihr Rückgrat ein wenig gestärkt hat, und wir sind schon recht gelehrige Schüler seiner Strategie geworden, Freund« unsrer Freunde, . e- Nlieni aber die Nationen Feinde unsrer Feinde zu ^ sich mit leeren mit dem äußerste» Argwohn Z-bracb^ Händen und hohlem Pathos als sein g j„ Deutschland nicht Freunde ausspielen., Es Mt deshalb^>u ^.,kr-ich, dessen an Stimmen, die >3"s ü ^ Minister jederzeit aufö Gefüble ja auch Ihrer Majestät halten, Aengstlicbste zu schonen h^ü-sbethenerunaen von jenseit deS als sich an platonischen ZZ,fb'th u ung ^ deutsch- nicht die thörichtsten Deutsche s , so schwer be- cownialm ^und' andern untergeordneten Fragen un Trüben ^ Majestät wird weiter finden, daß ^var auf richtige Bewunderer des englischen Schuhwerks, des Fr - Coat und des Lawn-TenniSflanellS geworden sind, daß w>r aber aanr und gar keine Lust mehr verspüren, um der schone, Augen Ihrer indischen Majestät willen auch ^ Hau für sie und Höchstdero Unterthanen zu Markte Zu ttagem ^' Deutschen erinnern sich gerade jetzt einiger vor 2a Jahr bestaudnen Kämpfe, bei denen sie mehr d^v-Sohne auf der Wablstatt liegen gelassen haben, als Ihre Majestät dein Sckall ihrer Werbetrommel überhaupt nur an Soldaten aufrubringen vermag. Sie können nicht ganz vergelten, daj; siw^ geraL während jener blutigen Tage d.e Sympatb. n unsrer englischen Vettern überwiegend auf der Seite unsrer Feinde befanden, wenn sie sich auch nur m einem schwung haften Handel mit Pappsohlen nach der Normandie erschöpften Wenn ihre Majestät sich mit diesen und ähnlichen Stimmungen der Deutschen vertraut macht — und ihrem Scharfblick durfte nicht entgangen sein, daß die Deutschen inzwifchen eine -cation -worden sind — so kann das dem Einvernehmen beider Staaten nur frommen. Vielleicht bestimmt sie, wenn sie in politischen Dingen überhaupt eine Meinung zu äußern wagen darf, ihre Minister, Samoa zu räumen, die Walsifchbai. Zanzibar, Wituland und einige andere in deutsches Fleisch gerammte Pfähle herauszugeben, die Buren als unsere Freunde zu respectiren, panafrikanischen und sonstigen Traumen der über die Wogen deS Weltalls herrschenden Bntanma zu ent sagen und dergleichen mehr. Wenn das geschehen sein wird und die englischen Staatsmänner zugleich gelernt haben werden, gegen eine große Nation und gegen ihr als Gast bei ihnen wnlendes Oberhaupt eine etwas achtungsvollere Sprache zu führen, dann kann es vielleicht kommen, daß eines Tages auch Deutschland, wiewohl nach genauester, selbstsüchtigster Prüfung des Für und Wider, erwägen wird, ob es nicht seinen liebevollen englischen Vettern bei der einen oder anderen ihrer mancherlei kleinen Bedrängnisse auf dem Erdball gcsällic sein könnte." Deutsches Reich. di Berlin, 17. August. Die am Neckar und am Maine beheimathcte „DeutscheVolkspartei" beabsichtigt, demnächst in München einen Parteitag abzuhalten, der für die Partei ein neues Programm berathen und festsetzen soll. Ein hierzu vorbereiteter Entwurf ist in diesen Tagen bekanntlich zur öffent lichen Erörterung gestellt worden und manche Blätter be schästiaen sich mit ihm um so gründlicher, als mindestens kein Neichthum an anderem Stoff vorhanden ist. In mancher Hinsicht bietet es aber auch wirkliches Interesse, den Entwur näher zu beleuchten. Nicht etwa deshalb, weil er das Glaubensbekenntniß der Demokratie besonders glück lich in neue Formeln gebracht hätte. Vielmehr erinnern wir uns, die Forderung des parlamentarischen Regimes, der Volksabstimmung, des allgemeinen gleichen Wahlrechts in Reich. Staat und Gemeinde, der Trennung von Kirche und Staat u. s. w. schon ebenso geschickt aneinander gereiht gefunden zu haben. Ebenso wenig kann der Entwurf in formaler Hinsicht den Anspruch auf besonderen Werth er heben. Die Verquickung kleiner, nebensächlicher Dinge, denen in Parteiprogrammen niemals Raum gewährt werden dürfte ( mit den großen Principienfragen ist mehr als nur ein Schönheitsfehler. Aber insofern darf man einen Augenblick bei dem Entwürfe verweilen, als er nach der social- wirthschaftlichen Seite den Versuch macht, die manchesterliche Minderheit innerhalb der Partei zu majorisiren, und auf der staatsrechtlichen einen alten Gedanken der Zersetzung wieder aufleben zu lassen. In ersterer Hinsicht will er augenschein lich den Gegensatz zwischen Arbeit im weitesten Sinne des Wortes und Großkapital schlechthin, wie ihn neuere socia- listische Schriftsteller zu formuliren suchen, von Partei wegen anerkannt wissen. In diesem Sinne verlangt er vor Allem den MaxmialarbeitStag und die Regelung oer Lohnfragen durch EinigungSämter, andererseits die Verminderung irgend siaa"'chen Bevorzugung von „Ringen und Cartelen des Großkapitals . Der Münchener Parteitag mag die ^Wort „the.len, ob in Deutschland die Demokratie als solche den hier beze.chneten staatssocialistischen Weg be- !"Een ^hn Jahren gab es auf ihren Parteitagen m H-.lbronn mid anderen Orten jedeSmal harte Kämpfe zwischen den Vertreter» der Manchesterscbule und denen des Staats- und KathedersocialiSmuS innerhalb der Partei. Herr grober, der heute noch ein ReichtagSmandat Namens der Parte, auSübt und obendrein in München seinen Wohnsitz hat, ist unseres Wissens noch heute Frei- handler vom reinsten Wasser. Wenigstens hat öffentlich ^ " nach Damaskus gegangen ^ -^7" Punct. der unter dem Rubrum- Social- r Z? '-7'wffÄS SEtzL gegen daS Ueberhandnehmen des Großcapitals im Privat betrieb angernfen, wobei uns verlangt, zu erfahren, wer etwa Namens der Partei demnächst die Grenzen fest stellen soll, jenseits deren der Staat in den privatwirth- schasllichen Betrieb einzuweisen wäre. Die Ansichten darüber dürften namentlich im Kreise der Wähler der Demokratie ehr weit auseinander gehen. WaS die staatsrechtliche Seite des Programms betrifft, so vermißt man dort selbstverständ- ich jede Bezugnahme auf die Monarchie und auf den Kaiser an der Spitze des Reichs. DaS Programm anerkennt ediglich den Reichsverband, aber auch diesen nur, um nnerhalb desselben „jedem Volksstamme" den „gleichen An- pruch auf Selbstbestimmung" anznerkennen. Jedem Solls stamme — das ist natürlich etwas ganz anderes, als die dermalige Abgrenzung der einzelnen Bundes taaten gegen oder richtiger neben einander; es scheint eher auf die Kreisverfassung des alten deutschen Reiches römischer Nation zurückzugrcifen und soll vielleicht den Nach lang der aroßdeutschen Idee wachhalten, von der Treitschke soeben constatirt hat, daß ihr Parteiname spurlos verschwunden ist. Auch darüber werden die Münchener Ver- jandlungen nähere Auskunft bringen müssen. Möglich ist es a immerhin, daß der Verfasser des Entwurfs sich selbst die Fähigkeit zu einer Politik zutrante, dir „innerhalb des Neichs- verbands" auch ein niederösterreichisches Stammesglied oder dergleichen hergestellt und mit dem SelbstbestiMmungsrecht ausgerüstet sehen will. Aber selbst wenn die Pläne so hohen Flug genommen haben sollten: der Entwurf im Ganzen hat uns doch nicht den Eindruck geweckt, als ob die Klärung jenes Wirrsals, das man heutzutage deutsches Parteiwesen nennt, mit solchen oder anderen Programmformeln jemals vorwärts gebracht werden könnte. U Berlin, 17. August. Die Versicherungsanstalten der Jnvaliditäts- und Altersversicherung erfüllen eine wichtige socialpolitische Aufgabe bekanntlich auch damit, daß sie einen bestimmten Theil des bei ihnen angesammelten Vermögens rum Bau von Arbeiterwohnungen herleihen. In den Reservefonds der Berufsgenossenschaften sammeln sich nun zwar nicht ganz so viele Millionen wie Lei den Ver sicherungsanstalten, immerhin recht beträchtliche Beträge an. Man kann die Summe der gesammten Reservefonds auf 120 Millionen schätzen. Die Berufsgenossenschaflcn konnten indessen bisher nicht in derselben Weise thätig sein wie die Versicherungsanstalten, weil ihre verfügbaren Gelder nach H 76 des Unfallversicherungsgesetzes nur in öffentlichen Sparcassen oder, wie die Gelder bevormundeter Personen, bezw. dort, wo es landesrechtliche Bestimmungen hierüber nicht giebt, nach besonderen Vorschriften angelegt werden dürfen. Es dürfte jedoch in der beim Bundesrathe in der Ausarbeitung begriffenen Unfallversicherungs novelle diese Bestimmung dcö Unfallversicherungsgesetzcs derjenigen des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes angenähert werden, so daß für die Zukunft auch auf eine Thatigkeit der Berufsgenossenschaften hinsichtlich der Förde rung des Baues von Arbeiterwohnungen gerechnet werden kann. * Berlin, 17. August. Der Grundsteinlegung des Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. wicmet das „Militair-Wochenbl." einen längeren Artikel, in dem es heißt: „DaS ganze Volk stano hinter seinem Könige und unter den Volksgenossen ragten hoch empor die Männer, das Drei gestirn, das des Königs kluge Wahl sich erkoren hatte als Ge hilfen zur Vollendung des Baues, der seine Krönung am 18. Januar 1871 im Königsschlosse zu Versailles finden sollte. Der erste der Drei, Fürst Bismarck, der große gewaltige Kanzler, den Deutschland noch heute zu besitzen das allbeneidete Glück bat, dann Graf Moltke, der Schlachtendenker, und Graf Roon, der Organisator des HeereS: die Drei hat ihr Herr schöner und würdiger geehrt und gefeiert, als es hier zu geschehen vermag; nur wiederholt sei hier, was König Wilhelm beim Festmahle zu Bendresse am 3. September 1870, dem Tage nach der Capitulation von Sedan, sprach: „Sie, Kriegsminister v. Roon, haben unsere Massen geschärft, Sie, General v. Moltke, haben sie geleitet, und Sie, Graf Bismarck, haben seit Jahren durch die Leitung der Politik Preußen auf seinen jetzigen Höhcpunct gebracht. Ich trinke auf Ihr Wohl!" So war es vor 25 Jahren. Seitdem begann eine neue Zeit, und gewaltige Aufgaben traten an das neugeeinte Reich heran, denn nun galt es auszubauen, zu sichern nnd zu festigen, wozu im Schlachtensturm der Grund gelegt war. Es ist deshalb ganz natürlich, wenn die Erinnernngsfeste, die heute unS bewegen, auch zu einem Rückblick in die Jahre seit dem Kriege anrcgen. Denn alle diese Feste wären umsonst gefeiert, wenn nicht die Gegenwart der großen Vergangenheit entspräche, wenn wir, das Heer, nicht dieselben geblieben wären wie damals. Aber wir dürfen hoffen, daß wir es sind! An deS Reiches und des Heeres Spitze sehen wir unseren erhabenen obersten Kriegsherrn im Geiste König Wilhelm's schöpferisch und unermüdlich thätig, daS deutsche Schwert scharf und tüchtig zum wuchtigen Hiebe zu erhalten, uns Allen ein ebensolches Beispiel, wie es der große Kaiser war. In der Armee herrscht auch heute Pflicht treue, Selbstzucht, Gehorsam, Opferfreudigkeit und das durch ernste Arbeit berechtigte, jeder Ruhmredigkeit abholde Selbst gefühl und Vertrauen auf die eigene Kraft; Dank dem wachsamen Auge ihres obersten Führers aber schreitet die Armee stetig fort auf der Bahn kriegsgemäßer Ausbildung und Ausrüstung. Die Treue, die unser Kaiser uns bietet, wir haben sie gehalten und werden sie stets halten, gemäß unserem vor Gottes Angesicht gelobten Eide, so lange das Herz scklägt. Mag auch der lange Friede, die nagende Sorge um daS tägliche Brot oder die Gewohnheit behag lichen ErwerbenS, die Sucht nach Geld und Gut, nach Ver gnügen und Genuß, die künstlich geschürte Unzufriedenheit weiter Kreise deS Volkes den Schein erwecken, daß unseres Volke« Geist im Begriff ist, ein anderer zu werden, daß das Volk sich mehr und mehr von Gott abwende: es ist doch nur Schein; die Armee steht fest, und sollte von irgend woher der Versuch unternommen werden — was die Vorsehung ver hüten wolle — die Waffen mit uns zu kreuzen, so stänv«
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