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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950822026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895082202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895082202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-22
- Monat1895-08
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Chinas. Im Inner» standen sich zwei Parteien schroff gegen über: die konservative» welche die alte Cultnr erhalten und an dem Vasallenverhältuiß China gegenüber nichts geändert wissen wollte, und eine andere Partei, welche modernen Ideen huldigte und Korea der europäischen Civilisation zu erschließen wünschte. Die letztere Partei war numerisch ledeufalls die weitaus schwächere. Sie suchte naturgemäß Anschluß an Japan, durch dessen Vermittelung sie mit der europäischen Cultur bekannt geworden. Nun ist sie unter legen, die wieder zur Macht gelangten Conservativen schüren fortgesetzt die Feindseligkeiten gegen die Japaner und das japanische GesandtsckaftSgebäude in Söul ist schon in Gefahr gewesen, vom Pöbel demolirt zu werden. Wie wir bereits meldeten, wurde der bisherige japanische Gesandte in Söul, Graf Inouye Kaoru, abverufen, da es sich gezeigt hatte, daß eS selbst diesem erprobten Diplomaten nicht mög lich sei, die an dem koreanischen Hofe sich stets erneuernden japanfeindlichen Strömungen zu beseitigen, so daß alle Be mühungen JavauS, Korea für civilisatorische Ideen zu ge winnen, aussichtslos erscheinen. Dieser freiwillige Rück zug Japans aus Kore<^ zusammen mit der durch daS Eingreifen Rußlands, Deutschlands und Frankreichs er zwungenen Rückgabe der Halbinsel Liaotong, stellt sich als eine empfindliche Schädigung der Interessen des sieg reichen Japan dar, welche in der zukünftigen Politik des Reiches zweifellos in bedeutendem Maße uachwirken wird. Korea bleibt Wohl für die nächst» Zeit wieder dem über wiegenden Einflüsse China- unterworfen, wenn nicht, waS ebenfalls als möglich angenommen wird, Ruß land auf dem einen oder andern Wege seine Macht- spbäre auch über Korea auSdehnt. Auf dem Wege der Presse wird wenigstens bereits für letztere Eventualität Stimmung gemacht. So erschien kürzlich in den Blättern Shanghais eine Depesche auS Petersburg, in welcher die Nothwcndigkeit hervorgehoben wurde, daß Rußland, in An betracht der auf Korea herrschenden Zustände, daS Protektorat über dieses Königreich übernehme. Sollte eS früher oder- später wirklich dazu kommen, so würde die in ganz Japan herrschende Erbitterung gegen Rußland noch beträchtlich ge steigert werden. — Auch auf Formosa will eS den Japanern nickt gelingen, festen Fuß zu fasten. Die schwarzen Flaggen, welche ihr Hauptquartier in Anping (auch unter dem Namen Taiwans» bekannt) aufgeschlagen haben, scheinen fest entschlossen zu sein, den Japanern energischen Widerstand entgegenzusetzen, io daß letztere sich gezwungen sahen, mit verstärkten Macht mitteln gegen diese Stadt vorzndringrn. Die Lage der Fremden aus Formosa gilt als sehr bedroht. Deutsches Reich. * Berlin, 21. August. In einem zweiten Artikel gegen die zünftlerische Presse weist die „Nordd. Ällg. Ztg? unter Heranziehung historischen Materials nach, daß der Befähigungsnachweis gemißbraucht wird, um daS Gewerbe für eine beschränkte Zahl zu monopolisiren. Nicht nur die deutschen Zünfte, so wird in diesem Artikel dargelegt, überall, vor Allem in Frankreich haben eS die Innungen verstanden, die Concurrenz so zu beschränken, daß eS nur den reichen Gesellen möglich ward, zur Selbstständigkeit zu gelangen. Im Anschluß daran wird die Frage aufgeworfen: „Hat unser Handwerkerstand heute wirklich einen derartigen Grad von Selbstlosigkeit erreicht, daß die Möglichkeit einer Wiederkehr der ehemaligen Mißbräuche ausgeschlossen erscheint?" Die Antwort darauf lautet: „AlS mau in Baden im Jahre 1860 die bis dahin in Geltung gewesene Zonftverfassung aufzugrben beschlossen hatte, hielt man es für angezeigt, ehe man da» Gewerberecht einer neuen Regelung unterzog, die Verwaltungsbehörden mehrerer städtischen und länd lichen Gemeindebehörden und die Gewerbetreibenden selbst gut achtlich zu hören. Dabet ergab sich, daß die Meisterprüfung bei den Zünften mit erheblichen Mängeln verbunden sei, daß manchem Ge- teilen die Anfertigung seiner Lrobrarbeit durch Ehicanen erschwert wurde — sowie daß r« ein« nicht geringe Zahl geprüfter Meister gebe, die schlechte Arbeit lieferten. Zu den Motiven zu dem demnächst auS- aearbeiteten Gesetzentwurf heißt eS, eS schein« unmöglich, „rtue Prüfungsbehörde für den hier vorliegenden Zweck zu bestellen und rin Verfahren bei derselbe» eiuzuführen, wobei die mit der bisherigen Meisterprobe verbundeu gewesenen, oft und bitter genug beklagten Verzögerungen und pekuniären Opfer fern gehalten und dem an- gehenden GewerbSman» fei» ohnehin sorgenvoller Anfang nicht aerade so sehr oder gar noch mehr al- bisher erschwert würde." Die in Baden gemachten Erfahrungen, welche sich übrigen» auch anderwärts, z. B. in Nassau, wiederholt haben, machen eS also jedenfalls zweifelhaft, ob die Möglichkeit einer egoistischen Handhabung de» Befähigungsnachweises heute ausgeschlossen sei." Und diese Zweifel, so fährt der Artikel fort, werde» noch verstärkt durch die Thatsache, vaß auch die heutige Gestaltung des Verhältnisses zwischen Meister nnd Lehrling zu Bedenken in der angegebenen Richtung An laß siebt: „Die von den Zünftlern jetzt vielfach ausgestellte Behauptung, daß die AnSbilduug drS handwerklichen Nachwuchses zur Zeit der Zunftverfaflung rin« vortreffliche gewesen sei, steht mit den geschicht- Itchen Lhatsachen im offenen Widerspruch. AuS eben jener Zeit stammen vielfache -lagen, daß die Zunftmeister auS egoistischen Motiven den Lehrlingen und Gesellen da» Wesentlichste und Wissen», wrrth« im Handwerk verschwiegen. In dem Lande, auf welche» die Zünftler mit Vorliebe exempltfictren, scheint auch heute Noch dir gewerbliche Au-btldaag der Lehrlinge um nichts bester za sein, als sie vor hundert Jahren war. Der Bericht der österreichischen Grwerbe-Jnspection vom Jahre 1892 enthält, soweit derselbe über gewerbliche Ausbildung spricht, Klagen darüber, dag „Fälle übermäßiger Ausnutzung und roher Behandlung von Lehrlinge», ungenügende Unterweisung, einseitige Ausbildung, Fernhaltrn vom Schulbesuche zu den täglichen Vorkommnisse» gehörten". Und wie steht e» bei uns? Unsere» Erachten» würden dir Zünftler ihre Sache dadurch am besten gefördert haben, daß sie durch Thaten den Beweis für den Besitz derjenigen moralischen Qualifikation erbracht hätten, welche jedenfalls eine un erläßliche Voraussetzung für die Gewährung deS BrsähigungSnach- weises bilden muß, daß sie also beispielsweise durch ihre Aufwendungen für den gewerblichen Unterricht die Regierung von ihrer altruistischen Austastung de» Verhältnisse» »wischen Meister und Lehrling zu über zeugen versucht hätten. Ein solcher Beweis ist unseres Wissens aber bisher nicht geführt worden. Im Gegentheil, die Klagen, welche vor Kurzem in unserer Presse darüber erhoben wurden. dag dir Innungen nur einen minimen Theil ihrer Einkünstr für Lehrzweckr verwendeten, sind unwidrrlrgt geblieben. Daneben wird sogar in Jnnungsorganen — wir wollen »pr die „Tischler-Zeitung" nennen — offen zugestanden, daß man dir Lehrlinge auSnutze und ihnen die Hantirungrn de- Gewerbe» nur sehr unvollkommen beibringe." Mit diesen Ausführungen ist ganz und gar Nicht ein verstanden die „Deutsche TageSztg.", daS Organ des Bundes der Landwirthe; eS besorgt, daß die Artikel des Regierungs organs auf die Führer der Handwerksbewegung einen Eindruck machen könnten, der für das in jenem Blatte sich bekundende AgitationSbedürfniß gefährlich wäre. Es schreibt daher, die Handwerker möchten sich nicht beirren lassen: „Der Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." ist lediglich eine Privatarbeit der Redaktion und hat als solche keinen be rechtigten Anspruch auf Beachtung." Damit wird die „Deutsche TageSztg." wohl keinen Glauben finden! — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht heute die Aus zeichnungen, die au- Anlaß der Gedenkfeiern einer Reihe von verabschiedeten Officieren verliehen sind. — Anläßlich des 60 jährigen DienstjnbilänmS deS General» der Infanterie z. D. v. Slosch hatte der commandirende Admiral Knorr dem Jubilar folgeudes Telegramm gesandt: „Zu Euer Excellenz heutigem Rückblick auf eine 60 jährige Dienst, zeit tu Armer und Marine, so reich an Verdiensten für das Vater- land, in Krieg und Friede», bringt die Marine ihre ehrerbietigen und herzlichen Glückwünsche dar. Knorr." Darauf ist folgende Antwort eingegangen: „Ew. Excellenz sage ich wärmsten Dank für die im Namen der Marine gesandten so inhaltreichen Worte und Wünsche, v. Sto sch." — Der „Anhalt. StaatSanz." schreibt: „In dem Ver zeichn iß der Schlachten, deren Tbeilnehmern durch den Erlaß Sr. Majestät deS Kaiser» die Auszeichnung verliehen worden ist, auf dem Bande der KricgSdenkmünze eine Spange mit dem entsprechenden Schlachtnamen zu tragen, fehlt merkwürdigerweise der Name der Schlacht bei Weißen burg. Der in diesem Falle maßgebende „ReichSanzeiger", nach dem wir daS Verzeichuiß brachte», führt diesen Schlachtennamen nicht auf. Es ist dies jedenfalls nur ein Versehen, da, wie uns von einem Freunde unseres Blattes, der bei der Kriegerparade in Berlin anwesend war, mit- aetheilt wird, beim Verlesen des Allerhöchsten Erlasses der Name dieser Schlacht ausdrücklich erwähnt worden sein soll." — Im „Rügenschen Kreis- und Anzeigeblatt" veröffent- licht Herr v. Hansemann folgende Erklärung: „Die Mittheilung in Ihrem geschätzte» Blatte bezüglich des Ver- kaufes von Schloß und Park Dwa sieden bitte ich dahin zu be richtigen, daß keinerlei Anfrage wegen eines solchen Verkaufes ge schehen ist, daß Lancken nebst Schloß und Park Dwasieden als Bestandtheil eines Fideikommisses unveräußerlich sind und Neu- Mucran nicht von mir angekaust worden ist." — In einem Erlasse deS Ministers des Innern, betreffend die Erneuerung der Ermächtigung zur Zulassung von Arbeitern aus Rußland und Galizien zur vorüber gehenden Beschäftigung in landwirthschaftlichen und industriellen Betrieben des Inlandes, wird, unbeschadet deS vorübergehenden Charakters der Maßregel, von einer zeitlichen Begrenzung der Ermächtigung abgesehen. — Der Kaiser hat dem Prinzen Hiroyas« Katchio von Japan den Kronen-Ordeu erster Classe verliehen. — Der Gesandte tn Haniburg Geheime Legations-Rath von Kiderlen-Waechter ist auf seinen Posten zurückgekehrt. * Hamburg» 20. August. Nicht uninteressant ist nach stehende Hamburger Correspondenz deS „Vorwärts": „Viel böse» Blut haben die Anträge des Vorstände» und des Distrikte» Bergedorf zweck» Reorganisation de» jocialdemo- kratischen Vereins für de» dritten Hamburger Wahlkreis unter den Mitgliedern des Verein» gemacht. Nachdem in mehreren Ver sammlungen über die Anträge, nach denen an Stelle der bisherigen direkten Stimmberechtigung säinmtlicher Mitglieder das Re präsentativsystem eingesührt werden sollte, heftige Debatten geführt worden sind, wurde jetzt von einer Generalversammlung des Vereins die wegen der Große des dritten Wahlkreises sehr wichtige Frage der Reorganisation dadurch erledigt, daß ein Antrag an genommen wurde, über die Vorschläge des Vorstand«» zur Tages- ordnung Überzugrhen." * Bochum, 20. August. Nach dem „WiaruS Polski" fand jüngst in Bochum eine Versammlung des Vorstandes und der Vertrauensmänner des „Polenbundes in Deutsch land" statt. Unter Anderem wurde hierbei beschlossen, die Polen deS Dortmunder Bezirks aufzufordern, bei künftigen Wahlen den Candidaten deS Centrnm» zu unterstützen und sich dadurch den deutschen Katholiken dankbar zu zeigen für die Unterstützung der Candidatur deS Propste» SzymanSki im Wahlkreise Bomst-Meseritz. * Fulda, 2l. August. Ende deS vorigen IahreS wurde der bisherige Landrath de« Kreise» Fulda, Herr Fliedner, al- OberregierungSrath nach Cassel berufen.' Sein Nachfolger wurde zunächst als commissarischer Land rath der bis dahin bei der Frankfurter Polizeidirrction beschäftigte RegierungSrath Steffen«, der inzwischen, wie im „RcichS-Anz." bereit« amtlich bekannt gemacht worben, zum Landrath ernannt ist. In dieser Ernennung sieht die „Köln. VolkSztg." eine Beeinträchtigung de» VorschlagSrechtS deS Kreistage» und knüpft daran folgende Mittheilungen: '»«'„Nach dem Ausscheiden deS LandraihS Fliedner richteten di« Krelstagsmitglirder eine Eingabe an dir Regierung in Eassel, in welcher sie einen Katholiken als Landrath wünschten. Es wurde bemerkt, daß bisher noch kein katholischer Landrath an der Spitze de» Kreise» gestanden. Der Regierungspräsident Elairon d'Hausson« ville theilte daraus mit, daß Herr Steffens aus Bestimmung des Ministers v. -öller nach Fulda als commissarischer Landrath gehe. Herr Steffen» ist evangelisch: er scheint aber dadurch noch wrniaer Beifall in Fulda gesunden zu haben, daß er aus den Fürsten Bismarck anläßlich deS 80. Geburtstags desselben eine Rede hielt. AlS nun im Mai d. I. der Kreistag von der Regierung aufgesordert wurde, sich bezüglich der Personen zu äußern, die für Besetzung des LandrathsamleS geeignet seien, wurde nicht, wie die» früher geschehen, aus daS Vorschlags- recht verzichtet, sondern mit 1? gegen 2 Stimmen der katholische Amtsrichter Greib vorgeschlagen. Eine Deputation de» -reis- tags ging dann nach Cassel und bat um Bestätigung diese« Bor- schlagS. Da sie mit der hier erhaltenen Antwort nicht zu frieden war, machte sich im Aufträge der Mehrheit rin Mitglied des Kreistage» auf, um Herrn v. Köller um die Bestätigung zu bitten. Diese Audienz soll nun folgenden Verlauf genommen haben. Herr v. Koller theilte mit. daß er io der Sache nicht» mehr thun könne, da diese schon im Ministrrrath« erledigt sei. In Fulda habe man in dieser Sache von vorn herein „Unfug getrieben". Er, der Minister, könne es sich nicht von dem Kreistage bieten lassen, daß derselbe ihm einfach seinen Coinmiffar ablrhne; soweit gehe das Borschlagsrecht nicht. Ueberdie» könne er den Amtsrichter nicht zur Ernennung Vorschlägen, zumal da sich Herr Greib zum Landrath ar nicht eigne. Derselbe sei ja au» ganz kleinen Verhältnissen ervorgegangen; sein Vater sei nur ein kleiner Besitzer. Außerdem wisse er ganz genau, daß mehrere Krei-tagsmitglieder sich gern für den Herrn Regierungsrath Steffens ausgesprochen haben würden, wenn sie nur gedurft hätten. Hieraus suchte der Deputirte de» Kreistages um eine Audienz bei dem Fürsten Hoheniohr nach, erhielt dieselbe auch am 29. Juni und bat io derselben den Fürsten in seiner Eigenschaft als Präsidenten de» StaatSministeriums um seine Vermittelung. Der Fürst erklärte im Gegensatz zu Herrn v. Köller, daß die Angelegenheit i.» Staatsministerium noch nicht zur Sprache gebracht sei, und versprach sodann, er wolle sich die Acten kommen lassen und über den Fall sich informiren. Auf den Bericht über diesen Verlauf der Audienzen in Berlin machten 19 Mitglieder des Kreistage» eine erneute Eingabe an den Fürsten Hohenlohe. Am 2. August d. Jrs. erhielten sie von der Regierung in Cassel folgenden vom 31. Juli datirten Bescheid: „Zufolge Er lasses des Herrn Ministers des Innern vom 25. d. M. eröffne ich den Kreistags-Mitgliedern ergebenst, daß den in der an den Herrn Präsidenten des königl. StaotsministerinmS gerichteten Eingabe vom 3. d. M. ausgesprochenen Wünschen hinsichtlich der Wiedcrbesrtzung deS Landrathsamtes im Kreise Fulda nicht hat entsprochen werden können". Herr Steffen- wurde Landrath". Soweit der Hergang, wie ihn die klerikale „Köln. VolkSztg." schildert. Es bleibt abzuwarten, waS amtlicherseils darauf erwidert wird. * Mainz. 2l. August. Der Kaiser trifft Montag Vor mittags 10 Uhr hier ein, steigt bei der Wagenfabrik in Castel aus und reitet von dort zum „Großen Sande", wo ein Manöver aller hier zusammcnaezogenen Regimenter des ll. ArmeecorpS stattfindet. (M. Z.) * München, 20. August. Der Kat-Holikentag hat die liberale Rathhauömajorilät in einige Verlegenheit gebracht. Soll der „Tag" officiell seitens der Stadt begrüßt werden oder nicht? Man mußte einen positiven Entscheid gghen, da der Vorsitzende des LocalcomitSS, Graf Prevsing, um Be grüßung officiell ersucht hatte. Und man entschied sich für die Begrüßung, weil der Katholikentag in den anderen Städten auch begrüßt worden sei. — Im Hinblick auf die in vielen Blättern erschienene Mittheilung, wonach die k. Regierung die Errichtung einer Heilanstalt für LupuS- kranke in WöriShofen genehmigt habe, kann die „Münch. Medic. Wochenschrift" versichern, daß eine solche Genehmigung bis jetzt um so weniger erfolgt ist, als der k. Negierung ein darauf bezüglicher Antrag bis heute überhaupt ulcht v o r l i e g t. Oesterreich-Ungarn. / * Wien, 21. August. Der Kaiser Franz Josef wird sich am 8. September nach Stettin begeben. Wie verlautet, hat der Kaiser über die Beendigung des Provisoriums noch nicht entschieden; Badeni erhielt noch nicht den Auftrag zur CabinetSbildung. Frankreich. * Paris, 2l. August. Der VerwaltungSrath der Glas hütten zu Car maux beschloß, falls die Arbeiter bis Sonn abend die Arbeit nicht aufnehmen, die Werkstätten endgiltig ru schließen. Der Minister des Innern ist hiervon ver ständigt worden. Belgien. N An den diesjährigen belgischen Herbstmanö vern werden sich die fremden Militairbevollmäch- tigten zahlreicher als früher betheiligen. Deutscherseits wird ihnen der zur Brüsseler Gesandtschaft commandirte Major Graf v. Schmettau beiwohnen: außerdem ist bi» jetzt gesichert di« Thrilnahme deS englischen Militairbevollmach- tigten Major« Barker, de» französischen Militairbevollmäch- tigten Capitainö Haillot, de« amerikanischen Lieutenant» Harris und de» holländischen Major« TyssoniuS de Wael. Belaischer- seit» wird den fremden Militairbevollmächtigtea für die ganze Dauer der Manöver der Hauptmann im Grneralstabe Chevalier de Sellier« de Moranville attachirt werden. Für ihre persönlichen Bedürfnisse wird auf Befehl deS General lieutenant» Brassine ein Commando vom 3. Ulanenrrgiment mit 20 auSerwählten Reitpferden am 1. September in Turn- hout bereit stehen. Luxemburg. * Luxemburg, 21. August. Der „Luxemburger Zeitung" zufolge ist die Meldung auswärtiger Blätter von der Er mordung de» Rentner- Wacquant, deS Bruder» deS Kammerpräsidenten, falsch. Wacquant starb plötzlich in Folge eine- Schlagflusse- beim Betreten seiner Wohnung und zog sich verschiedene Verletzungen beim Falle zu. An der Wohnung ist nicht» geraubt. Italien. * No«, 20. August. Die Bevölkerung Italien» wendet in diesen Tagen der deutschen SirgeS-ErinnerungS- festr ihre Sympathien rückhalt-los dem deutschen Volke zu. Die römischen Journale sprechen bezeichnenderweise nur von „Einheit-festen" und die „Riforma" schließt einen solchen Artikel mit den Worten: „Die sich in diesen Tagen von einem Ende zum anderen deS deutschen Reiche» äußernde Begeisterung beweist, daß daS deutsche Volk bereit ist, auch ein zweite» Mal die schwerste Probe für seine Vertheidigung, Einigkeit und Unabhängigkeit an dem Tage, wo eS bedroht werden sollte, zu bestehen. Die Eintracht, die Hingabe und die natürliche Begeisterung aller gesellschaftlichen Classen bei den ErinnerungSfeiern sind ein beredter Beweis für die Einigkeit aller Parteien in der nationalen Frage und ein Fingerzeig für die Feinde Deutschlands, sowie ein kostbares Beispiel für andere Nationen." > Grohbritannre«. * London, 20. August Der neue Oberbefehlshaber der Armee, Feldmarschall Wolseley, ist ein geborener Irländer und steht im 63. Lebensjahre. Er ist so ziemlich überall dabei gewesen, wo die englischen Waffen engagirt waren. Seine Kriegssporen verdiente er als StabSosficier im ersten Birma-Feldzuge, in der Krim und im 1860er chinesischen Kriege. Im Jahre 1867 finden wir Wolseley in Canada, wo er die Red - River - Expedition befehligt. Sechs Jahre später führt er mit Glück daS Ober-Com- mando- an der Goldküste im Aschanti-Feldzuge. Das Parlament votirte ihm seinen Dank und eine Subvention von 25 000 Pfund Sterling, die Londoner City übergab ihm das Ehrcnbürgerdiplom und einen Ehrensäbel. Dann wurde er an die Spitze der Verwaltung der Insel Cypern mit den Befugnissen eines High CommissionerS und Oberst-Comman- direnden und kurz darauf in derselbe» Eigenschaft zum zweiten Male nach Natal berufen. Wolseley commandirte auch 1879 in der Zulu-Campagne. Vor dem l 882er egyptischen Feld züge wurde er zum General-Ouartiermeister der Armee er-' nannt. Am bekanntesten ist Wolseley außerhalb Englands als Führer im Nil-Feldzuge geworden, dessen siegreiche Beendigung ibm den Titel eines BaronS von Kairo und wieder den Dank deS Parlamentes eintrug. Der Sieg von Tel-el-Kebir über Arabi Pascha wurde in England freilich über Gebühr als Waffenthat gepriesen. Wolseley'S Mißerfolg in der Campagne zum Entsätze KhartumS gegen die Mahbisten ist noch in frischer Erinnerung. Damals erhielt er den ViScount-Titel und wurve kurz darauf zum General-Adjutanten der Armee und 1890 zum General-Conimandirenden von Irland er nannt, von welchem Posten er jetzt zum Oberbefehlshaber der britischen Armee berufen worden ist. Auch als militairischer Schriftsteller ist Lord Wolseley hervorgetreten. Orient. * Sofia, 21. August. Dir „Swoboda" bespricht die be treffs der Ermordung Stambulow'S geführte Unter suchung und tadelt, daß Capitain Morfow, welchen das Blatt beschuldigt, die Mörder zu kennen, nur wegen Ueber- schreitung der Befugnisse, welche darin bestehe, daß der Diener Stambulow'S verwundet wurde, vor Gericht gestellt werden wird, und daß der Polizcicommissar Iurechow, welcher auf eigene Verantwortung noch am Abend des Mordes Tirfektschieff in Freiheit setzen ließ, einfach abgesetzt werden soll. * Sofia» 21. August. Da Fürst Ferdinand das Audienz, gesnch des englischen ConsuIS, angeblich wegen Zeitmangels, ablehnte, haben die übrigen hier residirrnden Consuln be- schlossen, sich dem Fürsten vor dessen Abreise nach Varna nicht vorzustellrn. zu haben, er schaute trübselig zum Fenster hinaus. Plötzlich verstärken sich seine Züge. Blitz, was war das für ein bild- faubereS Mädchen, da» da den^chmntzigen Fahrweg herunter und auf die Fabrik zukam. Vorn an der Straße lag da» Paulsen'sche Wohnhaus, dahinter der Garten. Seitwärts vom Garten, ein Ende von der Hauptstraße entfernt, lag die Fabrik, an der Rückseite vom Fleet begrenzt. DaS junge Mädchen, welches den Gang hinabkam, hatte eben die Pforte deS Garten- links liegen lassen; sie wollte also zweifellos in die Fabrik selbst. Ein einfaches blaues Kattunkleid umschloß die mehr wie mittelgroße, frische Gestalt. DaS Haar hing in zwei langen braunen Zöpfen über den Rücken, am Arm trug sie einen Korb, aus dem der Hals einer Kaffeeflasche verlockend hervorsah. Jetzt ging sie am Hauptgebäude vorüber gerade zu auf die «schmiede. Vom Kirchthurm schlug eS vier, »ah und fern tönten die Dampf pfeifen, eS war VeSperzeit. Oll Hagemeister schmetterte eben mit doppelter Wucht seinen Hammer nieder uud ließ ihn dann mit behaglichem Knurren zu Boden finken, da sah er das Mädchen über den Platz kommen. „Korl", schrie er mit feiner mächtigen Stimme den Sohn an, denn bei dem allgemeinen Getöse war wenig zu verstehen, „Korl, sühst denn gornich, wer kümmt?" Kvrl lachte, daß seine Zähne wie zwei weiße Reihen in dem berußten Gesicht erschienen und streckte seine breite Pratsche auS. „DaS 'S aber nett Len', daß Du mal selbst wieder das VeSper bringst." Sie schlug kräftig in seine Hand ein, und man sah eS dem lachenden Gesicht an, daß sie seine Freude über diesen Besuch theilte. „Der Laufjunge hat gestern auf dem Wandsbecker Markt sich an Pflaumen und Schmalzkuchen den Magen verdorben, und liegt nun im Bett und heult", berichtete sie. „Tante wollte durchaus nichts davon wissen, daß ich den Korb selbst hcrbrächte, aber ich ging einfach damit ab." „Ja, Du bist'» StaatSdeern", lachte der Alte und legte seine Hand wohlgefällig auf da» weiche, volle Haar. „Hast renn dem Onkel schon sein Theil in die Tischlerei gebracht?" „Er guckte au« dem Keller, als ich vorbeiging, wenn er WaS haben will, kann er ja au« seinem Bau herauskriechen." Peter Hagemeister schien selbst dieser Ansicht gewesen zu sein, er tauchte eben auf der Bildflache auf und schleuderte der! Schmiede zu. Ebenso groß wie fein Bruder, hatte er doch I im Uebrigen nichts von dessen breiter, kräftiger Figur bekommen. Er war mindestens zehn Jahre jünger als der Schmied, hielt sich aber immer etwas vornüber gebeugt, wozu wohl die gebückte Haltung keim Tischlern daS Ihrige beigetragen haben mochte. Sein Gesicht trug die Spuren großer Gutmüthigkeit, er gehörte entschieden zu den Menschen, von denen man sagt: sie sind aber doch so gut, weil man sonst eben nichts zu sagen weiß. Bei Peter Hagemeister war daS auch nicht nöthig, denn Alles, was in seinem Hause etwa gesagt werden mußte, sagte seine Frau. Sie hatte daS Geld in die Ehe gebracht und hielt dafür, daß sie nun auch daS Regiment haben müßte. Leider gehorchte ihr aber Niemand wie der gute Peter. Ihre Kinder spielten ihr heimlich und öffentlich auf der Nase, die Nichte, die elternlos war und der Tante im Hause helfen sollte, war selbst, was man eine gute Partie nennt, und that, was sie wollte. Der Schmied, der mit seinem Pflegesohn im Hause deS Bruders wohnte, schüttelte sich nach den Reden seiner Schwägerin wie ein Pudel, der in das Wassex gefallen ist, und dachte dann nicht mehr daran. Karl war überhaupt ein schwarzes Schaf, denn er zog immer mit Lene am selben Strang, also niemals an dem der Tante. Es gehörte kein scharfer Blick dazu, um zu merken, daß Karl Hagemeister und Lene Blei ein Liebespaar waren, oder e« werden wollten. Ihre Augen strahlten einander ganz unverhohlen in'S Gesicht; und als sich Alle vor der Schmiede behaglich auf einem Stoß Bretter niederließen, schien eS selbstverständlich, daß die zwei nebeneinander kamen. „Ich will nachher noch in'S HauS zu Frau Paulsen", erzählte das Mädchen, „sie hat bei der Tante ein Kinderkleiv für daS Jüngste bestellt, das will ich abgebe»." „Ne gute, kleine Frau", lobte der Schmied, „immer ver gnügt und lustig." „Aber die Schwester, Fräulein EverS, die da jetzt zum Besuch ist, ist dreimal so hübsch, meinte sein Sohn." „So, also jetzt schaust nach dem schönen Fräulein auS", schmollte Lene, „nichts wie Fiscmatenten hast im Kopf." Er haschte begütigend nach ihrer Hand, die ihm kurz entzogen wnrde. „Aber Deern, sei doch stad; WaS geht mich die schöne Prinzessin dadrin an. Die iS mir lang zu vor nehm. Ich weiß bloS eine, die mir gefällt, ne lütte, sööte Deern." „Ach waS, Dn bist rn F'lou. Ich kenni Dich. Sonntag hast erst mit der Möllerschen in Iüthorn getanzt." „BloS weil Du nicht mit mir gehen wolltest." „In solche Tanzlocale geh' ich nicht, und mit Dir schon gar nicht." „DaS'S recht, Len'", lachte Hagemeister in seinem tiefen Baß, „trumpf' dem Jungen düchdig eins auf. Die Frau hat den Pantoffel, er kann kuschen." Sie warf die rotheu Lippen trotzig auf. „IS noch lang vich auSgemacht, daß ich seine Frau werd." „Hoho!" rief Karl. „DaS hast mir schon vor zehn Jahren versprochen, als ich zuin ersten Mal in die Fabrik ging. Weißt nicht mehr, was Du gesagt hast? Sei man recht fleißig Karl, denn will ich Dir auch mal heirathen, und ich hatte Dich gar nicht mal darum gebeten." Allgemeines Gelächter antwortete ihm, Lene stand beleidigt auf. „Mit acht Jahren hat man leicht versprechen, mit acht zehn besinnt man sich." Damit ergriff sie daS Packet mit dem Kleidchen und wandte sick zum Gehen. „Den Korb bol' ich nachher noch ab", rief sie zurück, dann war sie ver schwunden. Karl pfiff leise für sich: „Ach Du lieber Augustin, Me ist weg, weg, weg", dann reckte er sich, hielt die Kaffeeflasche gegen daS Licht, und als er sich überzeugt, daß auch nicht der kleinste Schluck mehr darin sei, machte er sich wieder an die Arbeit. Sich um solchen kleinen Zwist graue Haare wachsen zu kaffen, war nicht seine Art. N. Der Chef der Fabrik saß indessen mit Frau und Schwägerin beim Nachmittagskaffee. Er war eine kräftige, breitschultrige Gestalt mit dichtem dunklen Haar und Bart. An den Schläfen erschien hier und da ein weißer Faden, doch zeigte daS frische, gebräunte Gesicht mit den liebenswürdiaen, dunklen Augen, daß dieser Mann die Vierzig kaum überschritten haben mochte. Seine Frau war eine mittelgroße, vergnügliche Blondine, mit zierlichem Stumpfnäschen und krausem Haar. Eine ge wisse Familienähnlichkeit mochte zwischen ihr und der jüngeren Schwester bestehen. Beide hatten dieselben weichen Formen, denselben kleinen Mund und die zarten Farben, doch trug die Jüngere einen ernsteren, durchgeistigteren Ausdruck im Gesicht als die immer fröhliche Frau Paulsen. Ihr Haar, zwar ebenfalls blond, hatte einen röthlichen Schein, und unter den langen goldenen Wimpern überraschten ein Paar rehbraune Augen. Die schweren Flechten trug sie, aller Mode entgegen, einfach um den Kopf geschlungen, WaS ihr ein kindliches Anssehen gab und den etwas harten Ausdruck des Gesichtes milderte. Herr Paulsen saß und blätterte in der Zeitung. Ein übermäßig eifriger Politiker war er nicht, also war sein Zeitunglesen immer schnell geschehen. Er verehrte Bismarck, begeisterte sich für die Größe seiner Vaterstadt, hielt die Würde eines Senators für sehr annehmbar, war ein streng reeller Kaufmann, sorgte gut für seine Arbeiter und liebte die Juden nicht. So verklärte sich sein Gesicht denn nicht aerade, als an die Thür geklopft wurde und August, der Hausknecht, sein verschrumpeltes, rothes Gesicht hereinsteckte. „Herr Paulsen, der Levison iS all wieder mal da." „WaS will er." „Er sagt, er muß durchaus den Herrn sprechen, WaS er will, sagt er mir doch nich." „Ist er wieder so fein?" fragte die junge Frau. August'S Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. „En rothen Slip» hat er um, und stinken thut er wie ein ganzer Parfümerieladen." „Ihre Sprechweise könnte sich auch etwa- bessern, August", verwies sein Herr, obgleich eS selbst um seine Mundwinkel zuckte. „Führen Sie Levison in'S Bureau." August verschwand, und Herr Paulsen griff wieder »ach der Zeitung; bei dem Nachmittagskaffee ließ er sich grund sätzlich nicht stören. „Ist die Post von Brasilien gekommen?" fragte seine Schwägerin, und ihre Stimme klang, als zwänge sie sich, gleichmüthig zu spreckien. Der Hausherr durchflog die Spalten. Der „Albatros" ist gestern Abend von Cuxhaven signalisirt, die Post muß heule Nachmittag ausgetragen werden. Mich wundert, daß nicht schon um zwölf ein Brief gekommen ist. Er zog seine Uhr. Bald halb fünf, ich habe unverantwortlich lange gebummelt heute. Na adieu, laßt Euch die Zeit nicht lang werden. Wenn Ihr Lust habt, können wir heute Abend in die Oper gehen. „Die Sucher singt heute die Isolde", meinte Hedwig, als ihr Mann da» Zimmer verlassen hatte, „waS meinst Du, Ilse, wollen wir geben?" Ilse fuhr verwirrt herum. „WaS sagtest Du?" „Aber, Schatz", lachte die Schwester, „wo waren Deine Gedanken?" „Ich sah nach dem Postboten, er ging eben drüben bei Schwartz hinein." (Fortsetzung folgt.)
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