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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.08.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950823027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895082302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895082302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-23
- Monat1895-08
- Jahr1895
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N. »1894 Koten 1-oose lolckr, ll.olr« llell« 108,76 103,70 99,80 91,30 55.— 70.60 40,— 51.60 84,— 82.60 95.40 80.80 146.80 143.75 99,90 126.75 94.40 128.70 105.80 120,10 160.70 123 80 93,10 107,90 210,— 178,— 98,-r- 107,50 168 30 123,^6 356.20 140,— 233,30 96,50 170,- 167/.-0 210.35 217,30 219.35 168.« 170.75 143.75 148,50 107,60 89,80 37,10 219,5V 140.30 103.60 93 40 90,D ivtisv avt ck« voll 338 VVO» , k«r»llsst«IIt is.) Vslrsv «ll per 8ep- looo 86,60 », »t. -k» 0,07). «>. i. ?»ekst5-L - -ko»tck»wl>r«r Bezug-Preis k» der Hauptexpeditlou oder den tm Stadt- bezirk und den Bororten errichteten Aut» flabeslellen ab geholt: vierteljährlich ^l4.öO» bei »wetmaUaer täglicher Zustellung tu« Hau« >> ü.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich >ll 6.—. Directr tägliche Dreuzbaodleiidung tn» Ausland: monatlich X 7.S0. Di» Morgra-AuSgab« erscheint täglich mit Aus nahme «ach Sonn, und Festtagen '/,7 Uhr, die Abend-AnSgabe Wochentag- b Uhr. Lrdaction «n- Lrpeditio«: IohanneS-affe 8. Die Expedition ist Wochentag- »nnnterbroche» ^evsfnet »o, früh 8 di- Abend« 7 Uhr. Filialen: vtt» Me»«'- Sarttm. <Alfre» H«hn), llutversitätSstratze 1, L-utS LSsche. Katharinenstr. 14, part. und KSnia-platz 7. Abend-Ausgabe ämtzerTageblait Anzeiger. Organ filr Politik, Localgeschichte, Handels- vnd Geschäftsverkehr. Anzeigeu.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reclam»< »nter dem Redaction-strich i4g»> spalten) 50vor den Familtennachrichtea (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Prri-- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernjatz nach höherem Tarif. 9rtra»Bei1agen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördenmg ^l 60.—, mit Postbesörderung 70.->. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eia» halbe Stunde früher. Au-eigr» sind stets an di» Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz l» Leipzig. Freitag den 23. August 1895. 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. August. Al- im Frühling dieses Jahres die bi« dahin erschreckend niedrigen Getretpepretfe eine nicht unbeträchtiiche Besserung erfuhren und Unbefangene den landwirthschaftlichen Pessi mismus auf diese Erscheinung tröstend hinwiesen, trat dem die agrarische Presse mit der Behauptung entgegen, die Er höhung sei vom Handel ins Werk gesetzt, um die den Er zeugern zu den schlechtesten Preisen abgepreßte Waare mit Bortbeil an die Verbraucher zu bringen; nach der Ernte, wenn die deutschen Landwirthe ihre Erzeugnisse zu Markte brächten, würden die Preise wieder auf einen die Mühe der Ackerbauer nicht lohnenden Stand herabgedrückt sein. Diese Vorhersage ist ein getroffen, Roggen und Weizen notiren an der Berliner Productenbörse wieder wie im Januar, der Zeit des schlimmsten Tiefstandes. Jene Behauptung und diese Prophezeiung muß man sich vergegenwärtigen, wenn man der Erregung gerecht werden will, die sich der land wirthschaftlichen Kreise wegen des eingetretenen Preissturzes bemächtigt hat. Denn es ist nicht nur erklärlich, sondern geradezu eine psychologische Naturnothwendigkeit, daß die Meinung, an der Productenbörse würden die Preise, statt sich zu bilden, gemäß den Interessen des Handels von diesem gemacht, durch daS Eintreffen des von Gegnern der Börse vorhergesaaten Ereignisses Be festigung und weitere Verbreitung findet. Die Pessimisten haben Recht behalten, sie gelten daher für Kenner ver Börse, und auch ihre Versicherung, die Hausse des Früh jahres sei künstlich herbeigesührt worden, erlangt in den Augen von Millionen von Landwirtben autoritativen Charakter. Unter diesen Umständen erscheint es als eine aussichtslose Taktik der Vertreter der Börseninteressen, gegen die Agrarier loszuziehen; der Schein ist für diese und gegen die Börse. Denjenigen, die in der unermeßlich wichtigen Frage nach den Gesetzen der Preisbildung für landwirthschaftliche Produkte klar sehen wollen, machen diese Verwirrungsversuche eine unvoreingenommene Prüfung der in Betracht kommenden Umstände zur doppelt schweren Pflicht. Es erleidet keinen Zweifel, daß dem Eintritt eines vorher- aesagten Ereignisses ganz andere Ursachen zu Grunde gelegen haben können, als sie dem „Propheten" vorgeschwebt hatten, daß diesem also nicht die Voraussicht, sondern ein Glück, wie es gelegentlich Herr Falb an seine Wetterprognosen zu fesseln weiß, zur Seite gestanden hat. Andererseits hat sich gerade in der jüngsten Vergangenheit auf dem Getreidemarkt Manches zugetrage», was die Annahme, die Spekulation sei im Stande und geneigt, die Natur der wirthschaftlichen Dinge zu meistern, zu stützen scheint. Wir sind nicht in der Lage, die Behauptung zu controliren, wonach die Berliner Firma Cohn L Rosenberg im Interesse ihrer Baisse - Engagements die derzeitige PreiSentwerthung deS Getreides vorzugs weise herbeigeführt habe. Aber wir wissen, daß im Jahre 1892 eine einzelne SpeculationS - Firma ganz erheblich an der damaligen enormen Getreide- theuerung betheiligt war, und von den Mitteln, mit denen zu jener Zeit eine Hausse künstlich gemacht und ge halten wurde, ist uns erinnerlich, daß aus Amerika nach Berlin bestimmte Getreidemengen auf der See zu niedrigeren als den Börsenpreisen nach dem Westen Deutschlands unter der Bedingung dirigirt wurden, daß die Waare nicht auf dem Berliner Platze angeboten werden dürfe. Also der Satz, daß lediglich Angebot und Nachfrage, sowie das Bestreben, extreme Preisbildungen zu verhüten, an der Börse maßgebend seien, ist für uns nichts weniger als ein Axiom. Der so scharf betonte Umstand, daß die Mitglieder der Berliner Productenbörse, die infolge der jetzigen Baisse Geld verlieren, viel zahlreicher seien als die gewinnenden, daß also die Börse als Gesammtheit gleich falls von den niedrigen Preisen getroffen wird, schließt die Annahme einer künstlichen Preistreiberei keineswegs auS. Man muß nur nickt, wie eS die extrem-agrarischen Agitatoren thun, von der „Börse", der „Spekulation", sondern von Börsenleuten und Spekulanten sprechen. Für die Getreideproduction wäre es aber ganz gleichgiltig, ob sie von Individuen oder von einer Corporation durch unlautere Mittel um den Lohn ihrer Arbeit gebracht würde. Die „Freisinnige Zeitung" behauptet, unter Denen, die die jetzige Ueberfluthung der Märkte verschuldet hätten, befänden sich auch „Agitatoren für den Antrag Kanitz", d. b. ostelbische Großgrundbesitzer, und sie empfiehlt diese Thatsache ganz besonderer Beachtung. Sie verdient sie auch, aber freilich nur in den Kreisen des großen Publicums, daS nicht schon vorher gewußt hat, daß die agrarischen „Feinde" der Börse ein starkes Contingent zu der Spekulation stellen. Im Uebrigen wird aus der Feststellung der »Freist Ztg." nichts weiter zu folgern sein, als daß aus der gegenwärtigen Baisse, selbst wenn sie künstlich gemacht sein sollte, sich kein antisemitisches Capital schlagen ließe. Daß, wie das Blatt weiter andeutet, Jobber, erklärte oder heim liche, im Frühjahr Getreide gekauft hätten, weil sie an die Verwirklichung des Antrags Kanitz durch die Regierung glaubten, ist natürlich eine ungeheuerliche Annahme. Wenn der Antrag Kanitz von Spekulanten in Rechnung ge zogen worden sein sollte, so geschah es jedenfalls in der Hoffnung, daß Andere die Verstaatlichung der Getreideeinfuhr für möglich halten und demgemäß Gelegenheit zu Abgaben mit Gewinn geben würden. Indessen wird man weder bei den „Agitatoren für den Antrag Kanitz", noch bei der Spekulation im Allgemeinen derartige niedrige Berechnungen voraussetzen müsfen. Die Möglichkeit, daß der Hausse im Frühjahre Jrrthümer, und zwar zum Theile durch die amtliche Erntestatistik genährte Jrrthümer über die Ernte- auSsichten zu Grunde gelegen haben, ist nicht zu leugnen. Weiter stützt der Umstand, daß im Juli die sichtbaren Vorräthe in Amerika hinter denen im gleichen Monat des Vorjahres um rund 2^/r Millionen QuarterS zurück geblieben waren, die Annahme, daß die Vereinigten Staaten eine forcirte Ausfuhr in Scene gesetzt haben, um nun an den höheren deutschen Preisen zu profitiren. Ist diese Vermuthung richtig, so reichen möglicherweise trotz der glänzenden Maisernte die amerikanischen.; Vor räthe nicht aus, um den dortigen Bedarf bis zur nächsten Ernte zu decken, und so können wir es erleben, daß im nächsten Frühjahre auf Grund amerikanischer Nachfrage wieder eine Hausse eintritt, die den Ernteergebnissen nicht Stich hält, ohne daß dafür der deutsche Handel verantwortlich gemacht werden dürfte. — So betrübend die niedrigen Getreidepreise sind, wenig ist der Landwirthschaft gedient, wenn man ihr fälschlich oder doch leichtfertig Ursachen der Calamität nennt, die die Ab hilfsbestrebungen in falsche Bahnen leiten können. Daß übrigens das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden wird, dafür bürgt ungeachtet der Erregung der Producenten und der agrarischen Agitatoren die Besonnenheit von Land wirthen wie v. Graß-Klanin, der soeben in einer Abhandlung über den Antrag Kanitz schreibt: „Ich halte es für eine unbestreitbare Thatsache, daß unsere Korn Händler ohne Termingeschäft gar nicht in der Lage sein würden, jene 400 Millionen, welche der Landwirthschaft nach der Ernte unentbehrlich sind, ihm auch nur zu einem Theile zur Disposition zu stellen." Die Aufgabe wird nicht sein, die Börse in ihren natürlichen Functionen zu behindern, sondern die Landwirthe auf genossenschaftlichem Wege in die Lage zu versetzen, dieSummen, deren sie nachder^rnte b^ürftnaf an de re Weise als durch den sofortigen Verkauf .yr-r c. z » nisie zu beschaffen. Einer Zeitungsmeldung L^.^ines Feuert^rks Gestritten von Luxemburg neulich d'e Kosten eines ^ ^»»8 »er haben, das gelege,tlich der zu K^nigste anstalteten Siegesfeier abgebrannt wurde.^ D>e)e^^ lose Thatsacke erregt den Zorn gewststr ^ Gelegenheit die dem Großherzog zurustn, die Sieg» von 1870 an die Niederlagen von 1866 statt an die w g , denken sollen. Man scheint,, halt d.- „Ko n Ztg- de« Nörglern entgegen, an der Seine nickt zu ^n, v roh berroa Adolf äußerlich wie innerlich langst j""en »neden in P,'L» h-1 u»d °°ß. wi- Manch-- -- Lippen vernehmen konnte, die ^ ^ keinen Groll in seinem Herzen zuruckg-las en hab-n ^w 6 bat ihm die Trennung von seinem Herzogthum, dieser per unter den deutschen Landen, tiefe Seelenschmerzen bereitet, aber "r h-, dann Mn Unglück mannhaft °»d NN,Wn-d, -n tragen und einen Standpunkt, zu erreichen S-wußt- von dem aus er das Vergangene wie eine unabänderliche A That betrachten konnte. Dazu warf dann d's Luxemburgs ch Krone einen versöhnenden Schimmer aus seine alten Tage. Auch dar"n unterschiev er sich von diesem.und M-m Leidens gefährten aus dem Jahre 1866, daß er nie «" st'"^^°"s- chun, frevelte und daß ihm stets das B-wnßtsem bl.-b n deutscher Fürst zu sein. Darum konnte und mußte er mit allen guten Deutschen aufjubeln, als im Oah" 1870 -Mich der alte Erbfeind niedergeworfen wurde und bald darauf das deutsche Reich in ungeahnter Macht und Herrlichkeit Und wenn er beute das Andenken an fene ruhmvolle Zeit auf deutschem Boden mitfeiern hilft, so b-weist das, zu seiner Ehre sei eS gesagt, daß er trotz aller Wechselfalle der Politik ein guter Deutscher geblieben ist. ES erscheint für die Beurteilung der Beziehungen zwischen Italien und Frankreich von Interesse, daß die von Frankreich ausgegangene Kündigung des ^1^.1"nisch tunesischen Handelsvertrages von der öffentlichen Meinung südlich der Alpen alsbald im Lichte eines politischen Schachzuges aufgesaßt wurde und daß auch m den Be- sprechungen, welche die national-italienischen Blatter dem m Rede stehenden Gegenstände widmen, das politische Moment dominirt, während man den wirthschaftlichen Schaden, den Italien durch die mit der Kündigung des BardovertrageS seitens Frankreichs bezweckte Unterbindung seines Handels von und nach Tunis zu erleiden oroht, nur beiläufig erwähnt findet. Mit richtigem Instinkt hat die öffentliche Meinung Italiens sofort herausgefunven, wo die Pointe der mehrerwähnten Maßregel steckt. Sie ist einmüthig in der Erkenntniß, daß Frankreich, indem eS den Bardovertrag zur Kündigung krackte, dabei im Wesentlichen nicht von dem Wunsche, den französischen Handelsinteressen zu dienen, geleitet worden sei, sondern von dem Bestreben, dem italienischen Prestige auf nordafrikanischem Boden eine weitere Demüthigungzu bereiten. Der Name Tunis hat für jedes italienische Ohr einen bitteren Klang, seitdem Frankreich, im Widerspruch mit seinen eigenen formalen Erklärungen, eines schönen Tages sich dort' sestsetzle, obwohl es wußte, daß Tunesien seitens der Italiener von jeher als zu ihrer nordafrikanischen Macht sphäre gehörig betrachtet wurde. Wesentlich dieser Hand streich hat mit zu der Entfremdung beigetragen, die nunmehr seit Jahren zwischen Italien und Frankreich herrscht und ersteres bewog, in der Anlehnung an England eine Rücken deckung Legen die zu Uebergriffen neigende französische Mittel meerpolitik zu suchen. Die jetzt erfolgteKündigung des italienisch tunesischen Handelsvertrages beweist nach der „Nazione", daß Frankreich beabsichtigt, auf dem Wege der Confiscirnng "unesienS im eigensten Nutzen bis ans Ende zu gehen. Die Tribuns" schlägt vor, auf den Vorstoß Frankreichs mit Kündigung des Protokolls von 1884 zu antworten und die Wiederherstellung der Consulargerichtsbarkeit zu fordern. Andere Blätter gehen nicht ganz so weit, sondern wollen den Hinweis auf die Befugniß Italiens zur Kündigung jenes Protokolls nur als moralisches PressionSmittel angewendet wissen, damit Frankreich dem Abschluß eines neuen Handelsvertrages mit Italien auf Grund völliger Reciprocität günstiger gestimmt werde. Alle Blätter und national gesinnten Parteien aber begegnen sich in der Auf fassung, daß Italien nur dann mit Frankreich zu einem befriedigenden Resultat gelangen werde, wenn es sich zu einer energischen und zielbewußten politischen Aktion ent schließe. Etwas Derartiges deutet auch die gouvernementale „Riforma" an, wenn sie die Vermeidung von Repressalien davon abhängig macht, daß auf der andern Seile den nationalen Empfindungen Italiens gebührende Berück sichtigung gezollt werde. Jedenfalls scheint man in Italien ent schlossen, die Sache nicht einfach auf sich beruhen zu lassen, sondern eine diplomatische Aktion behufs Vertheidigung der Interessen eröffnen zu wollen, welche durch die Kündigung des BardovertrageS bedroht ersckeinen. Wie schon betont, sind diese Interessen keineswegs lediglich, ober auch nur vorwiegend, bandelspolitischer Art, aber eben deshalb ist eS sehr ungewiß, ob die einzuleitenden Schritte zu dem erwünschten Ziele führen werden. Frankreich hat sich nie genirt, wo es sich als den stärkeren Theil fühlte, nach dem Recht des Stärkeren zu verfahren. Den Ende Juni aus Madagaskar eingelaufenen un günstigen Berichten über den Verlauf des französiscken Feldzuges folgten bis in die letzten Tage eine gan^e Reihe von Meldungen, welche jene Berichte unbegründeter Schwarz färberei bezichtigten und in sehr optimistischem Tone gehalten waren. Wir haben denselben keine Beachtung geschenkt, weil sie den Stempel officiöser Beschönigungsversuche an der Stirn trugen und schon durch die Thatsache widerlegt wurden, daß im französischen Ministerium ein Streit darüber entstanden war, wer die Schuld an der völlig unzulänglichen Ver- proviantirung, dem gänzlich unzureichenden Munitionsersatz und manchen anderen organisatorischen Fehlern trage, der Marine-oder der Kriegsminister. Damit wurde doch zugestandcn, daß der Feldzug in unverantwortlicher Weise leichtsinnig vcr- bereitet war, elneUnterlassungssünde,die sich bei den territorialen und klimatischen Verhältnissen Madagaskars aufs Schwerste rächen mußte. Jetzt sind wieder ausführliche Meldungen in Paris eingetroffen — besonders ausführlich sind die des officivsen „TempS" — aus denen hervorgeht, daß jene ersten Nachrichten durchaus nicht pessimistisch gefärbt waren, daß sie vielmehr noch weit hinter der Wirklichkeit zurückblicben. Wenn von dem eigens für den Feldzug errichteten 200. Regiment dem glaubwürdigen „ilouru. cls8 stsbutg" zufolge drei Viertel des Mannschaftsbestandes in den Ambulanzen und Spitälern liegen, wenn speciell von einer Genie-Compagnie, die in Stärke von 275 Mann in Majunga ausgeschifft worden war, nur 26 Mann matt und entkräftet bei Suberbiville — halbwegs zwischen Majunga und der Hauptstadt Tananarivo — ein getroffen sind, wenn die Lazaretheinrichtungen so unvoll kommen sind, daß der größte Theil der Fieberkranken in primitivster Weise unter kleinen Zelten liegen muß und so den schlimmen klimatischen Einflüssen ohne Weiteres preis- gegeben ist, so braucht man sich nicht zu wundern, daß das Expeditionskorps des Generals Dnchesne's bis jetzt wenig mehr als die Hälfte des Weges zur madagassischen Haupt- 2j Ln der Fabrik. Erzählung von W. v. d. Mühle. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Also ist anznnehmen, daß er in fünf Minuten hier sein wird." „Ob er einen Brief aus Brasilien haben mag?" „Sehr wahrscheinlich, da Georg seit vierzehn Tagen nichts von sich hat hören lassen." Ilse legte die kräftigen, Weißen Hände lässig in den Sckooß. „Eben, daß er seit so langer Zeit nicht geschrieben, verstehe ich nicht. Es sind doch inzwischen zwei Posten an gekommen." „Wahrscheinlich hat der junge Mann andere, um nicht zu sagen interessantere Dinge zu thun gehabt. Du kennst ja seine rücksichtsvolle Art und Weise." Als sie keine Antwort erhielt, fuhr Frau Hedwig nach einer kleinen Pause nach denklich fort. „Ich möchte nur wissen, waS in aller Welt Ihr zwei miteinander gehabt habt. Erst so gute Freunde, daß Hans und ich jeden Tag Eure Verlobung erwarteten, und unS beinahe kindisch darauf freuten, den ewigen Welt- bummlrr endlich gefesselt zu sehen, und dann mit einem Mal, burr, geht er wieder auf und davon und wir haben daS Nachsehen." „Hans bat ihn doch selbst hinüber geschickt, um die Fabrik einzurichten." „Hans hätte aber auch ebenso gut einen Anderen schicken können, und würde eS zweifellos gethan haben, wenn Georg nicht darauf bestanden hätte, selbst zu gehen." „Dann wird er auch Wohl seine Gründe gehabt haben." „Die möchte ich gerade von Dir erfahren." Ilse wurde einer Antwort Überboben, da eben Lene Blei in die Thür kam. Die Kinderfrau wurde mit dem kleinsten Tvchterchen herbrigerufen, daS Kleid wurde anprobirt, und so übersah auch Ilse es, daß der Postbote in daS Haus trat. Herr Paulsen saß gerade in seinem Privatcomptoir, al« ihm die Post gebracht wurde. Hastig überflog er die Ans- schriften und ergriff dann ein Couvert, das die brasilianische Freimarke und den Stemvel „Porto Alegre" zeigte. Ein Schatten flog über sein Gesicht, als er einen Augenblick die Aufschrift betrachtete, vielleicht war eS nicht die Hand, welche er erwartet hatte. Beim Lesen des Briefes wurde der Schatten dunkler und dunkler; der erste Ingenieur, der sogenannte rothe Ruprecht, welcher eben mit einer Zeichnung in die Thür trat, hielt unwillkürlich an und zog sich, da sein Erscheinen gar nicht einmal bemerkt wurde, still wieder zurück. Herr Paulsen sah so unheimlich ernst auS, daß es nicht gerathen schien, ihn zu stören. Als Frau Hedwig ihren Mann eine Viertelstunde später in daS Wohnzimmer treten sab, wußte sie sofort, daß etwas nicht in Ordnung sei. „WaS ist geschehen?" rief sie bestürzt, „hast Du schlechte Nachrichten bekommen?" „Er zog den Brief hervor. AuS Brasilien!" „Von Georg?" „Nein, von Stengel. Georg liegt krank." „Ach HanS, wie schrecklich! Was fehlt ihm? Hat er daS gelbe Fieber? Liegt er im HoSpital? Ist Stengel bei ihm?" „Liebste Hedi, sei nicht so aufgeregt. Komm, setz' Dich einmal ruhig hin, so, und nun höre zu. Stengel schreibt, daß, wie wir wohl wüßten, Georg acht Tage vor Abgang dieses Briefes in Porto Alegre eingetroffen sei. Er habe ihm erzählt, daß die Fabrik vollständig eingerichtet sei, daß die Maschinen bereits in Tbätigkeit wären und sämmtlich gut functionirten, daß also seiner Rückreise nichts mehr im Wege stände. Stengel möge sich bereit halten, in ungefähr acht Tagen mit ihm zu fahren. Darauf seien aber mehrere Tage verflossen und Georg habe nichts mehr von sich hören lassen; da er auch bei dem ersten Sehen seine Adresse nicht angegeben habe, so habe eS ziemlich langer Nachforschungen bedurft, um ihn zu finden. Schließlich hat Stengel denn in einem Gasthof, natürlich kaum dritten Ranges, den Bescheid bekommen, Georg habe dort logirt, liege aber schon seit mehreren Tagen mit Malaria im Krankenhause." „Und ist Stengel bei ihm gewesen?" „Ja, er hat ihn recht krank gefunden. Besten Falls können immer noch mehrere Wochen vergehen, bis sie reisen können." „Daß Georg doch auch nie vernünftig wie andere Menschen bandeln kann. Warum geht er nicht in rin ordentliches Hotel, und warum hinterlaßt er Stengel nicht seine Adresse, oder giebt ihm Nackricht, daß er krank geworden sei." „Liebes Kind, nach dem Warum fragst Du bei Georg immer umsonst. Ec liebt nun einmal seine Freiheit über Alles, aber wi« mir scheint unseren braven Geschäftsführer um so weniger." „Wieso?" „Er bezeichnet? ihn in seinen Briefen ein paar Mal als Lassen oder Gecken und sprach überhaupt ziemlich mißbilligend über ihn." Hedwig lachte leise. „Es gehört nicht viel dazu, um in Georg s Augen als Geck zu erscheinen. Vielleicht hat der arme Stengel einmal einen bunten Shlips oder gelbe Hand schuhe getragen." Doch dann wurde sie wieder ernst. „Armer HanS, zu allem Aerger jetzt in der Fabrik auch noch die Sorge um den Bruder. Aber ängstige Dich nur nicht zu sehr, Du weißt ja, wie kräftig Georg's Natur ist, er schüttelt solche Fieberanfälle ab wie ein Huhn den Regen." Paulsen's Gesicht erheiterte sich auch bei diesem Tröste nicht. „Wir wollen hoffen, daß die Sache nicht so schlimm ist, unter allen Umständen bleibt es aber eine dumme Geschichte. Na, ich will Dich nicht mit Geschäftssachen quälen. Rege nur Ilse nicht mit der Nachricht auf." „Ach Du, die sorgt sich ohnehin. Sie scheint wirklich furchtbar viel von ihm zu halten —" Der Fabrikherr ging in sein Comptoir zurück und las dort den Brief noch einmal durch. Die Falte auf seiner Stirn wurde tiefer. Bor reichlich einem halben Jahre war der jüngere Bruder, von einer Reise nach Argentinien heimgekehrt, und der Aeltere hatte gehofft, ,hn jetzt endgültig bei sich in Hamburg zu be halten. Georg Paulsen hatte aber schon nach kurzer Zeit behauptet, daS regelmäßige Leben sei nichts für ihn, und war wieder davon gegangen. Von klein auf war er ein lebhafter, unruhiger Geselle gewesen. In der Schule hatte er seine Lehrer ebenso oft ,n Erstaunen gesetzt durch Das, was er wußte, wie durch DaS, was er nicht wußte. Stets mit tausend verschiedenen Dingen beschäftigt, die mit der Sckule absolut Nichts zu thun hatten, war er von Ostern bis Weihnachten stets einer der faulsten in der Classe gewesen. Allen Prophe- zelungeu seines sicheren Sitzenbleibens begegnete er mit stoischem Gleichniuth, um in, letzten Vierteljahr plötzlich einen ungeahnten Fleiß zu entwickeln. Hatte er sein Ziel erreicht da- heißt, war er glücklich als einer ver Ersten versetzt worden' so leate er sich von Neuem auf die Bärenhaut. Nachdem er sein Abiturium bestanden, hatte er drei vkahre m der Fabrik des Vater« gelernt und sich die besondere Zuneigung der Arbeiter erworben. Dann hatte er auf ver- ^ Jahre gereist, .e ° "dt werde er st» endlich eine feste Stellung suchen, oder in die väterliche Fabrik eintretcn, war er plötzlich auf und davon gewesen, und hatte von Indien aus an die Seinen geschrieben, er sei dort als Ingenieur bei Bahnbauteil angestellt. Seitdem hatte sich die Familie an derartige kleine Ueberraschungen so gewöhnt, daß Frau Hedwig behauptete, sie würde sich gar nickt wundern, wenn Georg nächstens einmal vom Monde schreibe. Dieses Wunder ereignete sich nun zwar nicht, wohl aber ein anderes. Die Arbeiter hörten eines Morgens vom Haus knecht die Freudenbotschaft, daß, „uns' jungen Herrn" nach zehnjähriger Abwesenheit am Abend vorher plötzlich eingetroffeii sei. Was sie freilich nicht erfuhren, war der Empfang, der ihm zu Theil geworden. Ilse saß an jenem, ihr ewig unvergeßlichen Abend gerade im Zimmer ihres Schwagers, als ohne Anklopfcn die Thür geöffnet wurde. In dem Glauben cs sei Jemand von der Familie, achtete sie nicht weiter darauf. Da legte sich plötzlich ein Arm uni ihre Schulter und eine fremde mäniilicke Stimme sagte: „Na, bekomm' ich keinen Kuß zum Willkomm?" Zugleich wurde ibr Kopf rurückgcbogen, und ihre Lippen machten herzhafte Bekanntschaft mit einem Schnurrbart. Im nächsten Angenblick brannte eine gehörige Ohrfeige auf der Wange des zärtlichen Fremden. Einen Moment schaute dieser spracklos in das dnnkeleralühende Mädchengesicht, dann brach er in ein schallendes Gelackter auS. „Donnerwetter, da bin ich an die Verkehrte ge kommen! Verzeihen Sie, mein Fräulein, ich hielt sic für Frau Paulsen. Sie sehen ihr so ähnlich, gehören Sie vielleicht zur Familie?" In Ilse s Erinnerung tauchte ein Studcntcngesicht mit großen, dunklen Augen und einem koketten kleinen Schnurrbart auf. ES war allerdings nicht glanblich — „Georg", staniinelte sie, „Sic können es doch nicht sein?" „Manchmal passircn noch Zeichen und Wunder, spottete er, habe ich vielleicht die Ehre, Fräulein Ilse EverS zu be grüßen?" „Entsinnen Sie sich meiner noch?" „Natürlich", ein humoristisches Lächeln flog um seinen Mund, „die Haare sind ja immer noch rolh." „Und Sie immer noch schändlich boshaft." Krau Hedwig störte da- Zwiegespräch und war sprachlos vor Staunen, bei ihr der höchste Grad von Verwunderung, als sie ihren Schwager erblickte. »Na sieb, da bist Du ja", begrüßte Georg sie, all sei
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