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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950906021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895090602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895090602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-06
- Monat1895-09
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in vielen Fällen die enttäuschende Eröffnung hinndhmen. daß der angekündigte .,»t»r" plötzlich am Erscheinen verhindert wurde. Diesem Schwindel tritt „Genosse" Bebel im „Vor wärts" mit folgender Erklärung entgegen: Auf der Reise hierher zu einer Besprechung mit rlsässischen Ge nossen erjrh ich aus der FreitagSnummer de» „BorwärlS", Laß ich alS Festredner zur heutigen Lassallrfrtrr des vierten Berliner Wahlkreise« angrkündigt wurde. Ich muß erklären, daß ich zu dieser Ankündigung keine Brranlassung gab und keine Zusage ge» macht habe. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Genossen dringend ersuchen, mich als Redner nur dann anzukündigen, wenn ich meine Zustimmung dazu gab. Ich begreife, dag man durch Ankündigung von bekannten Personen als Redner bei Festen oder Versammlungen glaubt rin bessere« Resultat zu erzielen, aber man vergißt dabei, daß dir Borwnrse, dir al-dann gegen den angrkündigtrn Redner wegen seine« Nichterscheinens erhoben werden, diesen vollkommen unschuldig wessen und seine Gewissenhaftigkeit in ein schlechtes Licht stellen. Das ist keine angenehme Sache für den Betreffenden. Man klagt beständig in der Partei über Prrsonencultu« und fördert den selben dann wieder durch rin Verfahren wie da- gekennzeichnete. Mülhausen i. Elsaß, den 1. September 1895. «. Bebel. Scharfer, als e« im Vorstehenden geschieht, kann die socialdemokratische Verlogenheit und Heuchelei nicht beleuchtet werden. Unbefangener aber als Herr Bebel kann auch Niemand bekunden, daß eS ihm nicht der Sache wegen um dir Abstellung der verlogenen und heuchlerischen Praxis zu tbun ist, sondern nur deshalb, weil dir eigene Person in nicht „angenehmer" Weise in Mitleidenschaft gezogen wird. Im klebrigen „begreift" Herr Bebel daS Verfahren der „Genossen" vollkommen. * Berlin, 5. September. Der Reichskanzler hat be kanntlich die Absicht, sich vor seiner Rückkehr auS Rußland zu kurzem Aufenthalt nach Petersburg zu begeben. Zu dieser Nachricht erfährt die „Köln. Ztg.", daß es sich hierbei um einen Höflichkeitsbesuch handelt, den der Reichskanzler dem russischen Kaiser abstatten will, da er sich jetzt zum ersten Male seit seiner Ernennung zum Reichskanzler in Rußland befindet. DaS rheinische Blatt schreibt weiter: „Ebenso benutzte der Reichskanzler, al- er vor einem Monat in Auffee an der österreichischen Grenze weilte, diesen Anlaß, um den Kaiser von Oesterreich aufzu suchen. Wenn sich dem Fürsten hierbei Gelegenheit bieten sollte, auch mit russischen Staatsmännern zu sammenzukommen und mit ihnen die Ansichten über die Lage auszutauschen, so würde daS nur dem Verfahren ent sprechen, daS er auch in Oesterreich dem Grafen GoluchowSki gegenüber beobachtet hat, und daS insofern jedenfalls nur nützlich sein kann, als eS immer den Interessen der betheiligten Staaten entspricht, wenn ihre leitenden Staatsmänner sich auch persönlich näher treten. Die hier verbreitete Nachricht, daß Fürst Hohenlohe bereit- in Petersburg eingetroffen sei, ist falsch. Der Fürst dürfte voraussichtlich erst am nächsten Montag in Petersburg ankommen." * Berlin, 5. September. Es ist bemerkt worben, daß der französische MilitairattachS nicht den Kaiser manövern beiwohnt. Die Thatsache ist von unS ebenfalls berichtet, die von anderen Blättern hieran geknüpften Bemerkungen entbehren jeden Anhalts. Der „Hamdg. Corr." schreibt darüber: „Der französische Militairattchö ist einfach den 25jahrigen Erinnerungstagen und den mit ihnen vielfach verbundenen Festlichkeiten auSgewichen, indem er sich beurlauben ließ, wie ja auch der französischeBotschafterHerbette dem Sedan tage aus dem Wege gegangen ist. Irgend ein anderes Motiv, sei eS politischer oder nulitairischrr Art, liegt also der Thatsache nicht zu Grunde. Im Gegentheil hat sich in der letzten Zeit wiederholt Gelegenheit »u gegenseitigen Gefälligkeiten zwischen den Kriegsministern Frankreichs und Deutschlands geboten. Die KriegSwifsenschaft wird von diesem erfreulichen Wendepunkt in den Beziehungen, auf die beide Theile Grund haben Werth u legen und sie zu erhalten, nur Vortheil haben. Denn eS iegt auf der Hand, daß über eine Menge Fragen nur amt lich Auskunft ertheilt werden kann. Man nimmt an, daß dies Beryiiltniß mit dem jetzigen französischen MilitairattachS uzuschreiben ist, dessen taktvolles Wesen übrigens auch grsell- chaftlich große Anerkennung findet." — Wie die „Pomm. ReichSP." erfährt, hat auch Fürst Bismarck vom Kaiser eine Einladung zu dem Festmahl erhalten, daS der Kaiser am S. September den Vertretern der Provinz Pommern giebt. Der Fürst hat aber mit Rück sicht auf sein körperliches Befinden die Einladung dankend ablehneu müssen. — Die Commission für die zweite Lesung des EntwurfS deS Bürgerlichen Gesetzbuchs wird am 1. Oktober ihre Berathunaen über den Entwurf de- EinführungSaesetzeS er öffnen. Die Redaktionskommission, welche ihre Ferien erst am 14. Juli angetreten und bis dahin da- erste und zweite Buch des HauvtentwurfS in der endgiltigen Fassung fertig- gestellt hatte, yat am 3. September ibre Arbeit wieder aus genommen und wird diese, wie der Münchener „Allg. Ztg." auS Berlin geschrieben wird, voraussichtlich bi- zum Wieder zusammentritt der Gesammtcommission vollendet haben. Die Vorlage de- definitiven Entwurfs an den BundeSratb wird vvn einer inzwischen im ReichS-Iustizamt vorbereiteten Denkschrift begleitet sein, welche die dem ersten Entwurf beigrgebenen Motwe wenigstens einigermaßen ersetzen soll. — Die Berliner Stadtverordneten -versamm- lung hat nach zweimonatiger Sommeruhr gestern ihre Ar beiten wieder ausgenommen. Die auf der Tagesordnung stehenden Gegenstände waren ohne hervorragende Bedeutung und wurden zumeist ohn» jede Debatte nach den Anträgen des Magistrats erledigt. Die Kosten der versuchsweise ein- zuführenden Gottesdienste für Fortbildung-- und Fachschule», durch welche der SonntagSuaterricht für diese gesichert werden soll, wurden von der Versammlung bewilligt. — Hinsichtlich der Anstellung jüdisch er Lehrerinnen in den diesigen Gemeindeschulen batte bekanntlich daS königl. Provinzial-Schulcollegium unter dem 16. Juni cr. an die städtische Schuldeputation eine Verfügung erlaffen, in welcher zwar die Vocation der jüdischen Gemeindeschullebrerin Neugast pure bestätigt, jedoch zugleich angeordnrt worden ist, daß in Zukunft jüdische Gemeindeiehrerinnen hauptsächlich nur für den jüdischen Religionsunterricht in den hiesigen Ge- meindeschulen angestellt werden sollen. Die städtische Schul deputation, welche sich am Mittwoch unter Vorsitz de» Bürger meister« Kirschner mit dieser Angelegenheit beschäftigte, bat beschlossen, dem Magistrat zu empfehlen, gegen diese Verfügung beim Unterricht-minister Einspruch zu erheben. — Nach dem „Hamb. Corresp." verlautet von Berathungen im Handelsministerium über die Frage, wieGrubenunfälle bester verhütet werden könnten. — Wie die „Tägl. Rundsch." erfahrt, wird am 15. Sep tember eine Filiale der Neuwieder CentraldarlehnS- casse der Raiffeisen'schen Genossenschaften, sowie der Firma Raiffeisen und Consorten in Berlin eröffnet. Die Filiale hat mit den DarlehnScaffen in Brandenburg, Pommern und Posen zu arbeiten. Die Zweiganstalt der CentraldarlehnS- cafse hat den Geldverkehr, diejenige der Firma die gemein schaftlichen Bezüge, wie Dünge- und Futtermittel, Saatgut, Kohlen rc. zu besorgen. Direktor der Filiale wird der Reichs- tagsabgeordnete von Werdeck. — Der von dem Frankfurter Pfarrer Naumann herauS- aegebenen „Hilfe" zufolge hat sich hier ein Verein von Freunden der „Hilfe" gebildet, die von dem Geist deS radikalen — wahren — ChristenthumS erfüllt seien. Der „ReichSb." bemerkt dazu: „Damit haben diese „christllch-social gesinnten Männer" con- statirt, daß „der Beist, wie er in der „Hilfe" zum Ausdruck kommt," ein anderer ist als der Geist der christlich-socialen Partei, denn wenn da- nicht der Fall wäre, würde eine besondere VereinSbildung nicht nöthig sein und sie könnten sich der be- stehenden christlich-socialen Partei anschließen. Ihren Gegensatz gegen die konservative Partei hat Herr Naumann schon früher constatirt; nunmehr ist hier auch eia Gleiches thatsächlich in Bezug auf die christlich-sociale Partei geschehen." — Wie der ultramontancn „Schles. VolkSztg." von maß gebender Seite mitgetheilt wird, will die CentrumSpartei zu der bevorstehenden Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise OelS keinen eigenen Bewerber aufstellen. Es wird daher den CentrumSwählern Wahlenthaltung empfohlen. — Von den diesjährigen Lassallefeiern in Deutschland behauptet die socialdemokratische Presse, sie sei noch niemals mit solcher Begeisterung und unter so starker Theilnahme begangen worden — eine Behauptung, die nur dem Bedürf nis entspricht, den Eindruck der großartigen Sedanfeier auf die „Genossen" abzuschwächen. — Im Aufträge des Pariser Mus6e Social trifft, laut den „Hamb. N.", in diesen Tagen eine Commission in Berlin ein zu dem Zwecke, die socialen Verhältnisse Deutschlands nach der socialpolitischen Gesetzgebung zu studiren. Die Mittel zu diesem Unternehmen entstammen einer Schenkung deS Grafen Chambrun an da« Musöe Social. An der Spitze der Commission, die zwei Monate auf ihre Aufgabe verwenden wird, steht der Universitäts-Professor vr. zur. Georges Blondel. Eine ähnliche Commission begiebt sich gleichzeitig zum Studium der Arbeiterverhältnisse nach England. — Eine Prdtestversammlung der Metallarbeiter Berlin- war behufs Stellungnahme gegen eine Anzahl von Firmen, welche am Sedantage geschloffen hatten, ohne die Arbeiter zu entschädigen, gestern Abend nach dem Restaurant „KöSliner Hof" einberufen und zahlreich besucht. Sie nahm aber dadurch einen unerwarteten Verlauf, daß gleich bei ihrer Eröffnung ein schriftlicher Protest der in zwei Fabriken beschäftigten Leute zur Verlesung gelangte, die sich entschieden verbaten, daß ihre Angelegenheit in die Debatte gezogen werde. Dieselben machten dann noch in der DiScussion geltend, daß diese Protestversammlung verfrüht sei, man müsse doch erst den LohnzablungStag am Sonnabend ab- warten, dann würde sich zeigen, ob eine Lohnentschädigung gezahlt werde. Der Referent in der Versammlung Naether erklärte, daß er ein Gegner der Sedanfrier sei und dagegen protestiren müsse. Wenn aber die Capitalisten den Sedaatag feiern wollten, dann müßten sie auch den Arbeitern den 1. Mai freigeben. Jedenfalls sollten die Arbeiter sich keine Abzüge machen lassen. Nach einer mehrstündigen, zeitweise lebhaften Debatte wurde mit sehr geringer Mehrheit eine Resolution in diesem Sinne gefaßt. — Der Generalstreik für alle Branchen deS Vergoldergewerbes ist gestern von einer Versammlung der Bergoldergehilfen und BerufSgeuossen proclamirt worden. Derselbe soll mit Beginn der kommenden Woche in Kraft treten; bis dabin wird neue Arbeit nicht mehr angefang«;». Gefordert werden, wie die „Post" berichtet, 33»/, Proc. Zu schlag zu den Akkordsätzen, um die jetzt vielfach 9—15 betragenden Wochenverdienste etwa« aufzvbessern, und da durch in die Lage zu kommen, an dir Umwandlung der Accordarbeit in Lohnarbeit, die schon für diese« Jahr ge wünscht, aber wieder ausgegeben worden war, geben zu können. ES wurde gestern noch beschlossen, daß die Strei kenden in den ersten 14 Tagen des AuSstandeS keine Unter stützungen zu erhalten hätten. — Der „Reichsanzeiger" meldete vor einigen Tagen di» Ber- leihung des Allgemeinen Ehrenzeichen« an den Portrvs- Fähnrich Frhrn. v. Hammerslein vom königlich sächsischen Infanterie-Regiment Nr. 105. Diese Drcorirung, welche — so schreiben die „Berl. N. R."— unseres Wissen« für einen PortepSe- ähnlich zum ersten Male erfolgt ist, hat ihren Grund in der iste, welch» Herr v. Hommerstein bei Ergreifung de« entsprungenen Einbrechers Kothe im vergangenen Frühjahr in der Nähe von Glogou leistete. Herr v. Hammerstein war damal« zur Krieg«, schule in Glogau commandirt und wurde von dem Verbrecher mit einem Revolverschuß schwer verletzt. Dieser Au-zeichnong ging eine gleiche auch durch den König von Sachsen vorau«. * Essen, 5. September. Wie die „Rhein -Wests-Zeitung" meldet, ist der König von Württemberg heute Nach mittag 5 Uhr nach Burgsteinfurt abgereist. * AuS Hessen, 5. September. Die demokratische „Hessische LandeSzeituna" in Marburg schließt einen „Da- Ende der deutschen Einheit" überschriebenen Leitartikel, in welchem die letzte Rede de« Kaiser« besprochen wird, mit den Worten: „Da« ob>r ist daS Betrübende, daß im Jubeljahr der deutschen Einheit dem Au-lande da« Bild tiefster Zerrissenheit in brennenden Farben zur Schau gestellt wird! Ist da- nicht ein Triumph für den überwundenen Feind, der höhnisch sein „V»e victoridus" un« ins Gesicht schleudern wird?" Die in dem letzten Satze für die Franzosen liegende Auf munterung wird da« deutsche Volk ruhig über sich ergeben lassen können. Wie sehr aber an der vorhandenen Zerrissen heit Demokratie und Freisinn gemeinsam mit den Social- demokraten ein wohlgefülltes Maß der Schuld zuzuweisen ist, verschweigt daS Blatt klüglich seinen Lesern. 6. 8. Ludwigshafen a. Rh., 5. September. Der auf dem Gebiete der Socialpolitik hervorragend thatige Leiter der badischen Anilin- und Sodafabrik Commerzienrathvr. H. Brunck hat an die Aufseher und Arbeiter der Fabrik folgende- Schreiben gerichtet: In ganz Deutschland werden die Gedenktage an die große Zeit gefeiert, welche vor 25 Jahren nach siegreichem Kampfe da» geeinigte deutsche Reich erstehen ließen. In Erinnerung an diese Siege hat die Direktion bestimmt, daß diejenigen unserer Aufseher und Arbeiter, welche vor 25 Jahren al« Soldat einberusen wurden, eine Woche Urlaub erhalten, und daß ihnen während der Urlaubszeit der Lohn vergütet wird. Um auch meinerseits diesen Männern, welche mit mir vor 25 Jahren unter der Fahne gestanden haben, eine Annehmlichkeit zu bereiten, möchte ich denselben Gelegenheit geben zu einer Erholungsreise. Ich übersend« Ihnen beifolgend 50 ^ in baar, welchen Betrag Sie vielleicht dazu benutzen, um die Gräber der im Kriege 1870/71 gefallenen Kameraden aufzu» suchen. Mit bestem Gruß vr. H. Brunck. * Rensta-t, 5. September. Bei der heutigen Landtags- Ersatzwahl wurde der Bürgermeister Exter (national liberal) gewählt. 8. Greiz, 5. September. Ans eia an den Fürsten BiSmarck anläßlich der Einweihung des Denkmals ab- gesandteS Telegramm ist folgende Antwort eingegangen: Unterzeichneten Ihre« Telegramms für die freundliche Begrüßung und dir Ehre, die Sie mir durch Errichtung des Denkmals erwiesen haben, meinen herzlichen Dank. v. Bismarck. DaS Denkmal trägt die Inschrift: „Dem Fürsten BiSmarck die dankbare Stadt Greiz." * Nürnberg, 5. September. Die socialistische„Frän- kische Tagespost" ist wegen eine-Artikels über die Kaiser rede consiScirt worden. * Stuttgart, 4. September. Nachdem die Social» demokratie gesehen, daß sie mit dem Boykott der „Liederballe", deS „Liederkranzes" und jede« einzelnen Mitgliedes derselben auch nicht daS Geringste auSgerichtet bat, weil die socialdemokratische Achterklärung im Grunde Niemand bekümmert, wird jetzt aus- Neue auügeholt, um den „Liederkranz" zu schädigen. Da dies direct nicht ging, so will man auf einem Umwege zum Ziele gelangen: die hiesigen Arbeitergesangvereine sollen aus dem Schwäbischen Sänger bund auStreten. Es scheint, als ob man hiermit die stille Hoffnung verbinde, daS im Jahre 1896 hier stattfindende deutsche Sängerfest zu schädigen. Von solchen Wirkungen wird aber bei dem Austritt keine Rede sein können, er wird vielmehr als durchaus belanglos bezeichnet, sowohl für den Bestand des Schwäbischen Sängerbundes, als ganz besonders, auch mit Rücksicht auf die Abhaltung deS deutschen Sänger- feste- in Stuttgart. (Allg. Z.) Oesterreich-Ungar«. * Pest, 5. September. Wie die „Budapester Corresp." meldet, ist der Ministerpräsident Baron Banffy zu ein tägigem Aufenthalte nach Wien abgereist. Matte«. * Mltlinp, 5. September. Der eucharistifche Co«, arrß wurde heute Nachmittag in der von einer dichtgedrängten Versammlung anaefüllte» Katbevrale in feierlicher Weise ge- schlossen. Am Schluffe der Ceremonie segnete der Cardinal Ferrari von der Plattform der Kathedrale auS die draußen harrende zahlreiche Volksmenge. Grostbritannie«. * Land««, 5. September. Der Lord-Kanzlrr verla« im Ober haus «inen königlichen Erlaß, durch welchen die Session geschlossen und da« Parlament bi« zum 18. November vertagt wird. Eine Thronrede wurde nicht gehalten. * Earbtff. 5. September. Der Eongreß der Gewerk vereine nahm mit 266 000 gegen 246 000 Stimmen eine Resolution an, die Regierung zu ersuchen, die Einwan derung mittelloser Au-lander zu verhindern. Spaniers« * Madrid, 8. September. Wie die Zeitung „Dia" mit theilt, hat der Colonialmiuister seine Entlassung eingereicht. Dänemark. * Kopenhagen, k. September. Professor Leyden, der heute auf Schloß Bernstorff angrkommen ist, hat erklärt, der russisch« Großfürst-Thronfolger müsse schleunigst nach dem Kaukasus abreisen. Rußland. * Petersburg, 5. September. Au- Anlaß der Er rettung de- Königs Alexander von Serbien auS Lebensgefahr (?) wurde heute ein feierlicher Dankgottes dienst io der Kasanschen Kathedrale abgehalten. Orient. Soft«, b. September. Der „Narodnh Prawa" zufolge ist Oberst Paprikow über Varna nach Rußland gereist, um dort Unterhandlungen wegen Lieferung russischer Pferd« für da- bulgarische Militair anzuknüpfen, welche bisher auS Ungarn bezogen wurden. Rußland wollte früher die Lieferung von Pferden nicht zulafsen. Afrika. * Rom, 5. September. Wie eine Privatdepesche aus Mafiauah meldet, ließ Eccrghie TheophiloS am 31. August auf dem Markte von Adona in Gegenwart von 4000 Personen und fämmtlicheu Officieren der Garnison eine Proklamation feierlich bekannt machen, in welcher er die Grundsätze der äthiopischen Religion auseinandersetzte und die Bevölkerung ermahnte, nicht auf die beabsichtigte russische Mission zu hören, welche geschickt würde, die äthiopische Religion zu zerstören, und keine Verbindung mit der Mission zu unterhalten, die auS falschen Propheten bestände. Nach der Verlesung der Proklamation stimmte die abefsynische Geistlichkeit den Psalm vom AuSzuge der Juden an- Aegypten an. Militair un- Marine. Kiel» 4. September. Die Schulschiffe „Stosch" und „M oltke" treten am 2b. d«. eine Reise nach Weslindien an, die Schulschiffe „Stein" und „Gnriseoau" führen eine sechs- monatige Uebungsfahrt nach dem Mittelmeer aus. Königreich Sachsen. Die vorliegende Nummer enthält an anderer Steve noch folgende unter diese Rubrik fallend« Sonderartikel: Die kirchlichen Fest« in Dresden (18.). — Bezirkslehrerverein Leipzig-Land (Sitzung). — Maler- und Lackirrriauung (außerordentliche Generalversammlung). * Leipzig, 6. September. Herr BezirkSarzt Mebicinalrath vr. Siegel ist für die Zeit vom 8. bis 16. d. MlS. be urlaubt worden. Derselbe wird im 11. Medicinalbezirke (AmtShauptmannschaft Leipzig) durch Herrn BezirkSarzt vr. Kindt in Grimma und im Stadtmedicinalbezirke Leipzig durch Herrn Hofratb vr. Blaß — unter Assistenz deS Herrn vr. meä. Pötter — bierselbst vertreten werden. Leipzig, 6. September. Vor Kurzem wurde mit getheilt, daß die Continentale Gesellschaft für elektrische Bahnen in Nürnberg «ine elektrische Schwebe-Schnell bahn Halle-Leipzig nach den Plänen deS Geheimen CommerzienrathrS Eugen Langen in Köln a. Rh. zu er bauen beabsichtige. Jetzt hat, wie anS Halle gemeldet wirb, Herr Civilingemeur Peine in Berlin, hinter dem ein sehr leistungsfähige- Consortium stehen soll, ebenfalls die Errichtung einer elektrischen Schwebe-Schnellbahn, wenn auch nach andern, System, zwischen Halle und Leipzig zu erbauen in Aussicht ge nommen. Bon dem zuletzt genannten Projekt ist hier an zuständiger Stelle nichts bekannt. Zur Ausführung derartiger Pläne ist in erster Reih« die staatliche Genehmigung er forderlich, da ja die Bahnen zumeist auf staatlichem Boden zu gehen bestimmt sind. Ob diese Genehmigung ertheilt wird. Worte riH die Horn aber nicht versiand, weil sie portugiesisch waren. Auf dem Boden lagen em rresigeS Eisbären- und verschiedene Luchs-, Polarfuchs- und Wolfsfelle. Geradeaus sah man in einen schönen Garten, in welchem auf Stangen mehrere bunte Papageien und Ara saßen. An den Wänden und von der Deck« herab hingen sehr kunstfertig aearbritetr Schiffsmodelle und in der Mitte war ein riesiger Lüster au« Kupferbronze angebracht. Endlich erschien der Diener wieder. So gerade, wie wenn er einen Ladestock verschluckt hätte, stand er vor dem Officier, als er in monotoner, geschäftsmäßiger Art bemerkte: „Herr Thorstraten hat noch einige Minuten zu arbeiten, läßt den Herrn Lieutenant aber ersuchen, hier einzutreten." Damit öffnete er eine andere Thür und schloß dieselbe, als Horn durchgeschritten war, von außen wieder, ohne selbst nachzufolgen. Der Officier stand allein in einem ziemlich großen Salon. Ein flüchtiger Blick belehrte ihn, daß der ganze Raum sehr reich, aber steif und fast ungemüthlich eingerichtet war. Man sah sofort, hier herrschte bedeutender Luxus, aber eS seblte die Hand einer Frau, welche durch alle möglichen Kleinig keiten selbst einen von Schätzen aller Art strotzenden Saal zu einem wohnlichen und aemüthlichen Aufenthaltsort machen kann. Hier hingen an den Wänden auf der gelbseidenen Tapete kost bare Bilder. Aber sie schienen nicht von einem Kunstkenner je nach ihrer Art, sondern von einem pedantischen Geometer nur nach symmetrischcn Grundsätzen aufgehängt zu sein. Alle waren von prächtig geschnitzten, jedenfalls sehr theuern Rococorabmen umgeben, aleicbgiltig ob sie eine Landschaft, ein alte» Heiligenbild, ein Portrait oder ein moderne« Genre stück darstrllten. In der Mitte deS Zimmer« stand ein sehr wertbvoller Florentiner Mosaiktisch, und auf diesem befanden sich eine schöne Alabastervase mit Visitenkarten und einige Prackstwrrke. Persische Teppiche bedeckten den Boden. An den Wänden standen Gla-schränke mit kunstreiche» Silber-, chinesischen Porzellan- und GlaSwaarrn und dazwischen geschnitzte Stühle, sowie ein große- Sopha. Von allen Möbeln konnte man aber nur die Füße erkennen, da der übrige Theil mit geblümten Kattunüberzügen verdeckt war. Ein riesiger mit geschnitztem Goldrahmen umgebener Spiegel zwischen den beiden Fenstern, sowie ein von der reich bemalten Decke hrrabbängender Lüster an« Bergkrystall, dann «in japanischer Ofenschirm vor dem hohen Fayenceofen und eine Boulrcommode, auf der eine alt-franröfische Pendüle stanv, vollendeten di« Ausschmückung diese- Salons. Horn sah Alles nur flüchtig, weil er lauschte, ob er nicht Tritte vernehme. Mehr unbewußt ergriff ihn eine gewisse Ernüchterung infolge der trotz ihre- ReichthumS ihm kalt und steif vorkommende Umgebung, in der sich befand. Ver geblich strengte er sich immer mehr an, etwas zu hören. Alles blieb todtenstill, nur da« Ticktack der Pendüle machte ein leise« Geräusch. So vergingen etwa 10 Minuten. Sie erschienen dem jungen Officier wie eine Ewigkeit. Mit einem Male öffnete sich geräuschlos eine Thür und ein großer älterer Herr mit englischem Favoritbart trat ein. Er sah tadellos auS. Ein dunkles Beinkleid, ein langer schwarzer Gehrock, ein blendend weiße« Hemd mit hohem, steifem Kragen, eine dunkelseidene Halsbinde, in der eine Cravattennadel mit einem funkelnden aber gar nicht protzig erscheinenden Solitär steckte, bildeten seinen Anzug. So konnte jeder Minister erscheinen. Die feinen scharf geschnittenen GesichtSzüae und daS forschende strenge Auge ließen auch eher auf einen Diplomaten, wie auf einen Kaustnann schließen. Herr Thorstraten — er war eS — erwiderte die tiefe Verneinung deS völlig überraschten Officier» nur wenig und bot seinem Gaste durch eine Handbewegung stillschweigend einen Stuhl an. Dann setzte er sich ihm gegenüber. Einige Momente herrschte eine beklemmende Ruhe. Da fragte der Kaufherr: „Sie wünschten mich zu sprechen, Herr Horn?" Die eisige Rübe diese- Mannes brachte den Lieutenant bei nahe au« der Fassung. Er raffte sich aber mit Gewalt auf und begann anfangs mit gepreßter, dann jedoch immer sicherer werdenden Stimme: „Herr Thorstraten, ich glaube, daß Sie den Grund, weshalb ich gekommen bin, kennen. Ich will daher keine weiten Umschweife machen und Ihnen offen gestehen, daß ich Ihre Fräulein Tochter unaussprechlich liebe, daß ich glaube, auch ihr nicht glcichgiltig zu sein, und deshalb Sie um die Hand derselben bitte." Der Kaufherr verzog keine Miene und machte keine Be wegung seines Körpers. Nur die Finger der langen schmalen Hand, welche auf einem der Prachtbäude lagen, tupften in langsamem Tacte auf da« Buch. Line dem Officier entsetzlich lang erscheinende Panse ent stand. Dann bemerkte Herr Thorstraten langsam und ge schäftsmäßig: „Herr Horn, e« war voreilig, daß Sie die Reise von München hierher unternahmen. Wir hätten die Angelegenheit besser schriftlich in« Reine gebracht." „Wieso, Herr Thorstraten? Halten Sie eS nicht für richtig, daß der Mann, welcher um Ihre Tochter anhält, sich Ihnen persönlich vorstellt?" „Nein, Herr Horn, nicht so schnell. Die Verheirathung eine« Fräulein Thorstraten ist kein Geschäft, daS man in 10 Minuten abmacht. Sie hätten mir erst Zeit lassen müssen, über Sie Erkundigungen einzuziehen. Sie hätten mir Refe renzen aufgeben müssen." „Mein Herr, erlauben Sie mir die Bemerkung, daß auch ich meine Verheirathung nicht wie ein Geschäft ansehe. Ich bin Officier und noch dazu KriegSakademiker, der viel leicht Aussicht hat, in nicht zu ferner Zeit in den Gencralstab versetzt zu werben. Daß ich ein Ehren mann bin, darf ich mit Recht und Stolz behaupten. Mehr Referenzen hielt ich nicht für nöthig und diese konnte ich za mündlich geben." „Wieviel Vermögen besitzen Sie?" „Vermögen! Eigentlich keines. Ich hatte zwei bayerische StaatSobligationen von je 300 Gulden. Eine mußte ich ver kaufen. um diese Reise zu unternehmen." „Bon wa« leben Sie denn?" „Von meiner Gage, wie alle Officiere." „Woher bekommen Sie denn die Zulage, welche die Ossi- ciere baden müssen, um in ihrer Stellung bleiben zu können?" „Zulage? Eine derartige Zulage kennen wir in Bayern nicht." „Dann ist ja dort da- Hungerleben der Officiere noch größer wie in Preußen." „Herr Thorstraten, wir führen kein Hungerleben. Wir leben einfach und bescheiden, aber immerhin so gut wie jeder junge Beamte. Dazu genügt unsere Gage vollkommen." Jetzt zog ein leichte« aber kaum merkbare« Lächeln über da« Gesicht de- Kaufherrn. Im Nu zeigte er aber wieder die kalte unbewegliche Miene wie vorher. Er fuhr fort mit eisiger Ruhe zu fragen: „Von wa- wollen Sie denn eine Frau ernähren?" Horn stieg bei dieser Frage alle- Blut io den Kopf. Un sicher und verlegen erwiderte er: „Ich dachte, Fräulein Thorstraten besäße die Summe, welche der bayerische Staat für die OfficierScautioo bei Heirathen verlangt, als Mitgift. Sie beträgt 11 500 Thaler. Von den Zinsen dieser Caution und meiner Gage könnten wir so gut leben, wie eS weitaus die meisten meiner Kame raden zuwege bringen." Wiederum überflog ein leichte- Lächeln da- strenge Ge sicht de- Kaufherrn. Mit einem Male richtet« er sich auf, zwang dadurch Horn, sich ebenfalls zu erbeben und sprach be stimmt: „Herr Horn, e» ist nicht mehr nöthig, daß wir diese Unterhaltung fortsetzeo. Ich gebe meine Tochter nie einem Officier zur Frau." Der Lieutenant war wie vom Blitz getroffen. Dennoch gab er den Versuch, sein Ziel zu erreichen, noch nicht auf. „Worauf beruht denn diese ungerechtfertigte Meinung? Ich dachte, gerade in Norddeutschland ständen die Officiere- in sehr hohem Ansehen." Hart, fast drohend klang e- jetzt au- dem Munde deS Kaufherrn: „Herr Horn, wenn «in Thorstraten eine Ansicht aus spricht, so ist sie nie ungerechtfertigt. Ich will Ihnen aber auch sagen, worauf sie beruht. Wir Hamburger wollen in unseren Familien keine Faullenzer und Müßiggänger baben. Wir verlangen von unseren Söhnen und Schwiegersöhnen gleiche Thatigkeit und gleichen Fleiß, wie wir selbst unser ganze« Leben in strenger Arbeitsamkeit zugrbracht und damit freilich auch etwa« erreicht baben. Nun wissen Sie, warum ich meine Tochter keinem Officier zur Gattin gebe." Diese schroffe und ungerechte Ansicht verletzte den Lieute nant tief. DaS hatte aber das Gute zur Folge, daß er die Scheu, die ihm daS Auftreten deS kalten, ernsten ManueS rinaeflöst hatte, verlor. Mit erhobener Stimme erwiderte er höflich aber fest: „Verzeihen Sie, Herr Thorstraten, wenn ich nochmals da« Wort wiederhole, Ihre Meinung über daS Leben der Officiere ist ungerechtfertigt. Ich wenigsten- gehöre gewiß nicht zu den von Ihnen erwähnten Faullenzern und Müßiggängern. Wenn Sie gesehen hätten, wie viele Nächte ich durcharbeitete, um mich für die Kriegsakademie vor zubereiten, wenn Sie beobachten könnten, wie ich oft wochen lang Abend« nicht auSgehe und mir nicht die kleinste Er holung gönne, um ganz meiner Arbeit zu leben, würden Sie ein« richtige Idee von meiner Thatigkeit bekommen. War also die- der einzige Grund Ihrer Ablehnung, so ist er hin fällig geworden. Dafür aber müssen Sie einen anderen sehr in die Waagschale Ihre« Urtheil« legen: da« ist unsere gegenseitige Liebe. Ebenso unumstößlich, wie meine glühend«, wahre und treue Liebe für Renate ist, ebenso bin ich übrrzeuat, daß Renate mich wieder liebt und deßhald unter allen Umstanden auch fest und treu za mir halten wird.* (Fortsetzung folgt.)
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