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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.09.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950907016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895090701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895090701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-07
- Monat1895-09
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(6 ge,palte») «0>4 Größere Schriften laut unserem Preis, »rrzetchniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. Ertr«»veila>en (gesalzt), »ur mit de, Moraea-Ausgabe, ohne Postbeförderlma 60.—. mit Postbrsördrrung Avnahmeschluß sLr Anzei-e«: (n«r Woch,»tag») Ab e»d-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Margen-Ausgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je rin« halb« Stund« früher, «nrei,e» sind stet« au di« Ertzediti«» zu richte». Druck «ud Verlag von E. Pokj kn Leipzig. ^-^32. Sonnabend den 7. September 1895. 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bei Gelegenheit des sogen. Tauchaer Jahrmarktes ist in früheren Jahren namentlich von halbwüchsigen Burschen und Kindern in den Straßen diesiger Stadt Lurch unerlaubtes Abbrcuncu von FeucrwcrkSkör-ern. wie sogen. Kanonenschlägen, Frösche» und bengalischen Zündhölzchen, welche nach dem Anzünden empor, geworfen werden, öfter erheblicher Unfug verübt worden. Es wird daher gegen ein solches Gebühren nachdrücklich eingeschritten werden. Die Berüber derariigen Unfugs haben ihre Bestrafung auf Grund 8. 360 Ziffer I I, bez. 8> 368 Ziffer 7 des Reichsstrafgesetzbuchrs zu gewärtigen. Auch wird darauf hingewiesen, daß nach 8. 26 der Bestimmungen über den Verkehr mit Sprengstoffen die Abgabe derartiger Feuer- werkskörper an Personen, von welche» ein Mißbrauch derselben zu befürchten ist, insbesondere an Personen nutcr 10 Jahren vcr- boten ist, und sich Nanflcnte und Händler, welche diesem Verbote zuwiderbandeln, ebenfalls ihrer Bestrafung nach 8- 367 Ziffer 5 des ReichSstrafgesetzbuches aussetzen. Leipzig, am 6. September 1895. Las Polizeiamt der Stadt Leipzig- V.R.4257. Bretschneider. Bekanntmachung. Wegen Inangriffnahme des Baues der Vorfluihschleuße für Leipzig-Kleinzschochcr wird die Carl-Heinc-Strahe in L.-Plagwitz in ihrer Ausdehnung von der Molike» bis zur Forststraße, und die tzlisabeth-Allee in ihrer Ausdehnung von der Wrißenselser- bis zur Schmiedestraße in L.-Plagwitz nnd von der Straße HI. des Bebauungsplanes der Leipziger Immobilien. Gesellschaft bis zum Echleußiger Wege in L.-Kletnzschocher vom 0. dieses Monats ab bis auf Weiteres für den durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 5. Sepieniber 1895. IX. 4824. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Maneck. Bekanntmachung. Io. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten haben wir be- schloffen, den Preis für zum Kochen und Heizen, sowie zu gcwerb- lichen Zwecken aus den städtischen Leitungen bezogenes Gas vom 1. Januar 1896 ab von 15 für den edm ans 12 ^ herabzusetzen. Auskunft über etwa gewünschte Anschlüsse an die städtischen Gas leitungen wird in der Geschäftsstelle der Gasanstalten (Kurprinz strabe 14) während der Geschästsstunden ertheilt. Leipzig, den 2. August 1895. 3^5 Der Rath der Stadt Leipzig. 1276. vr. Tröndlin. Ass. Kts. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 19. dieses Monats, den Kürschner Ferdinand Richard Kyppc betreffend. Leipzig, den 30. August 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt, Abth. IV». I. B.: Ludwig.Wolf. L.. ». Abth. IV», Nr. 1513a/95. Bekanntmachung. Montag, den S. September er., von Vorm. 10 Uhr an, sollen im Grundstück Vzcrmilk's (Sorten 10. hier, 1 Partie Elsenbeinpapier, Lithograpkiesteine, 1 Schreib maschine, Formularschränke, Schreibtische, Zeichentafel», Lithographietische, Schreibepulie, Ladcniafeln, Regale, Glüh lampen, 1 Geldschrank u. v. A. meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 6. September 1895. Ter Gerichtsvollzieher des k. Amtsgerichts das. Stadtbaumeisterltetle. Die hiesige mit einem Gehalte von jährlich 1800 dotirte Stadt- banmeistcrstelle ist spätestens am 15. Oktober d. I. neu zu besetzen. Bewerber, welche eine der für das Hoch- und Landbaufach ge- ordneten Prüfungen bestanden haben, wollen ihre Gesuche unter Beifügung von Zeugntßabschriften bis 10. September dieses Jahres bei dem Unterzeichneten Stadtraih einreichen. Bei zufriedenstellenden Leistungen wird Gewährung von Gehalts zulagen in Aussicht gestellt. Stadtraih Roßwein, den 24. August 1895. Bürgermeister Klicker. Armenpflege und Arbeiterversicherung. 8. 0. Die neueren deutschen Gesetze über Arbeiter- Versicherung gelten namentlich im Auslande noch vielfach als gewagte Experimente, welche jedoch Beachtung und Studium verdienen. In Deutschland werden sie als gegebene That- fachen und feste Einrichtungen hingenommen und von allen Rentenempfängern natürlich als Wohlthat empfunden, während die übrige Bevölkerung sich mit den von ihr geforderten Opfern allmählich aussöhnt und nur die Beitragsleistungen und Controle etwas bequemer zu ge' stallen sucht. Gleichzeitig werden die Wirkungen der Gesetze zunächst auf die Armenpflege sorgfältig untersucht. Ein besonders Verdienst hat sich der Deutsche Verein für Armenpflege und Wohlthäligkeit dadurch erworben, daß er schon auf seiner 12. Jahresversammlung in Hamburg im September 1891 eine Commission einsetzte zur Prüfung der Frage: „In welcher Weise die neuere sociale Gesetzgebung auf die Aufgaben der Armengesetzgebunz nnd Armenpflege cinwirkt?" Ueber die zu einem Abschluß gekommenen Arbeiten dieser Commission ist noch vor Ende August von dem Vorsitzenden der Invaliditäts- und AlterSvcrsichcrungS- anstalt Berlin, vr. zur. Richard Freund, ein gedruckter Be- richt erstattet, und unter dem Titel „Armenpflege und Arbciterversicherung" als Heft 21 der Schriften deS Deutschen Verein« für Armenpflege und Wohlthäligkeit (Leipzig, Verlag von Duncker L Humblot, 1895) veröffent- licht worden. Es werden dadurch die Verhandlungen der 16. IahreS- Versammlung des Deutschen Vereins, welche am 26. und 27. September in Leipzig stattfinden sollen, in würdjger Weise vorbereitet. Bei der Untersuchung der Wirkungen der Arbeiterversicherungsgesetze sind auch die Versicherungsver hältnisse der Arbeiter vor Einführung der Gesetze berührt und daher vier Berichtsjahre, 1880, 1885, 1890 und 1893 auSgewäblt. DaS bei der Commission eingegangene Material ist nach den vier Gruppen der größeren, mittleren, kleineren Städte und Landgemeinden geordnet. Obwohl das von Len verschiedenen deutschen Armenverwaltungen eingesandte Material nach Umfang und Inhalt nicht gleich artig und öfter auch nicht vollständig ist, so enthält eS doch sehr viel Interessantes und Belehrendes. Man darf aller dings nicht jeden Rückgang bei der Armenpflege auf bas Conto der Arbeiterversicherung schreiben. Wie die Aeuße- rungen der Armenverbände erkennen lassen, haben vielfach OrqanisationS-Aenderungen, insbesondere die Einführung des „Elberfelder" Systems, ferner bessere Erwerbsverhältnisse rc. zur Entlastung der Armenpflege geführt. Aber im Allgemeinen lassen die deutschen ArbeiterversicherungS- Gesetze trotz der kurzen Zeit ihres Bestehens doch schon jetzt eine mächtige Wirkung erkennen. Die Armen pflege ist in bedeutendem Maße von Unterstützungsfällen entlastet worden, welche nunmehr von der Arbeiter versicherung erledigt werden, die Arbeiterversicherung hat in erheblichem Maße die Arbeiterbevölkerung vor Inanspruch nahme der öffentlichen Armenpflege bewahrt. Die Arbeiter versicherung hat aber auch ans die Hebung der gesammten Lebenshaltung der unteren Bevölkerungsclassen schon jetzt einen derartigen Einfluß auSgeübt, daß die Armenpflege, indem sie diesem Umstande Rechnung zu trage» genöthigt war, die erzielten Ersparnisse durch Verstärk»,^ und Aus dehnung ihrer Leistungen in manchen Orten völlig daran setzen, ja vielfach darüber hinaus Aufwendungen machen mußte. Von großer Wichtigkeit ist es, daß unter dem Ein flüsse der Arbeiterversicherung rin ganz anderes, wider standsfähigeres und zuversichtlicheres Arbeiter geschlecht heranwächst. Was im einzelnen die Einwirkung der drei Versicherungs arten auf die Armenpflege anlangt, so nimmt die Kranken versicherung den ersten Platz ein. Sehr wohlthätig wirkt auf den ganzen Arbeiterstand das rechtzeitige Eintreten und die nicht vorzeitige Beendigung der Krankenfürsorge. Während früher der nicht versicherte Arbeiter höchstens bei ernsten Erkrankungen und auch dann meist viel zu spät ärztlichen Rath in Anspruch nahm und kaum geheilt, noch geschwächt von der Krankheit, die Arbeit wieder ausnahm, um der Familie den Ernährer wieder zurückzngeben, hat sich jetzt der Arbeiter daran gewöhnt, bei der geringsten Störung seiner Gesundheit den ihm unentgeltlich zur Verfügung stehenden ärztlichen Rath in Anspruch zu nehmen, erforderlichenfalls die Arbeit einzustellen und erst nach seiner völligen Wiederherstellung sie wieder aufzunehmen. Völlig neu entstanden ist unter dem Einflüsse der Krankenversicherung die ReconvaleScenten- pflege, welche eine Ergänzung der Krankensürsorge bildet, sie bewirkt die völlige Wiederherstellung des Erkrankten, ver hütet daö Eintreten von „Rückfällen" und übt dadurch einen bedeutenden vorbeugenden Einfluß aus. Die Einrichtung ist da, wo sie von den Communalverbändsn bewirkt worden ist, auch den Nichtversicherten, insbesondere den Armen Pfleglingen, zugänglich. Ferner hat die Arbeiterversicherung auch auf vas Beerdigungswesen eine unverkennbare Wirkung ausgeübt, indem sie durch Leistung des Sterbegeldes auch den nicht versicherten Theil der Bevölkerung zur Ver meidung des Armenbegräbnisses anregt. Die Berliner Arme» Verwaltung erblickt in dem Rückgang der SterbeunterstützungS fälle einen Einfluß der Socialgesetze und bemerkt u. A.: „Andererseits ist zu berücksichtigen, daß bei einem großen Theil der ärmeren seßhaften Bevölkerung sich das Bestreben zeigt, durch Mitgliedschaft bei einer (auf Freiwilligkeit be ruhenden) Sterbecaffe sich ein angemessenes Begrabniß zu sichern, das Armenbegräbniß zu vermeiden." Aber nicht nur da» KrankenversicherungSgesetz, sondern auch daS Unfall- und Invaliditätsversicherungsgesetz üben eine hervorragende Wirkung aus auf die Ausübung der Krankenfürsorge, welche gerade in letzter Zeit sich in einer für die Arbeiter-Hygieine sehr bedeutsamen Weise zu entwickeln be gonnen hat. Die Unfallstationen, welche für sofortige ärztliche Behandlung nach Eintritt des Unfalles sorgen, die Unfallkranken, bäuser, welchen die energische Durchführung deS Heilverfahrens für verletzte Arbeiter obliegt, die Sanatorien der Versicherungs anstalten, welche für solche Personen da« Heilverfahren über nehmen, bei denen in Folge schwerer chronischer Krankheit der Eintritt der Invalidität zu befürchten steht — alle diese Einrichtungen werden einen großen Einfluß auf die Ge sundheitsverhältniffe der Arbeiterbevölkerung auSttben und den Procentsatz derjenigen wesentlich verringern, welche früh- zeitig dem Siechtbum und der Invalidität verfallen. Der Einfluß der Unfallversicherung zeigt sich besonders bei der Almosen- und Waisenpflege. Schon aus den Klagen vieler Armenverbände, daß sie wegen Verzögerung der Rentenfest setzuug in zahlreichen Fällen vorläufig an Stelle der Unfall Versicherung eintreten mußten, wird erwiesen, daß die Fälle jedenfalls der Armenpflege dauernd verbleiben würden, wenn nicht die Unfallversicherung vorhanden wäre. Aus den aller dinaS nur vereinzelten statistischen Angaben ist die Ein> Wirkung bei der Almosenpflege schon deutlich erkennbar. So bemerkt z. B. die Armenverwaltung von Kempten, daß von 14 Unfallrentenempfängern 7 sicher und 2 vielleicht die Armenpflege hätten in Anspruch nehmen müssen. Schneeberg ist der Ansicht, daß die Unfallrentner „meist" mit Familie der Armenpflege zur Last gefallen wären. Die Invaliditäts- »nd Altersversicherung wird erst mit der Zeit, dann aber wahrscheinlich sehr bedeutend, die Armenpflege beeinflussen, da die Armenverwaltnngen in der Regel am stärksten von denen belastet sind, die dauernd mit laufenden Almosen unterstützt werden müssen. Eine Hauptursache der dauernden Unterstützungen ist hohes Alter und Siechthum. Gerade diele Fälle werden aber von der Invaliditäts- und Altersversicherung erfaßt. Ferner ist es für die Armenpflege bedeutsam, daß in Fällen langandauernder Krankheit die Invaliditätsversicherung ergänzend «»tritt, da die Krankenkassen eine längere als 52 wöchige Unterstützung nicht gewähren dürfen. Von besonderer socialpolitischer Wich tigkeit ist tz. 12 de« Invaliditäts- und Altersversicherung« aesetzeS, wonach den Versicherungsanstalten die Besuqniß zu steht, für die bei ihnen versicherten Personen die Kranken sürsorge ru. ubernrbmen. „sofrr lS Anspruch ErwerbSunfabigkeit zu ö'Ag ' bearündet". Bei dieser auf rcickSgesetzliche handelt eS sich um Krankenfürsorge der Versicherungöa s ^ und der die Durchführung eincS energischen H e Zwischenräumen in Anspruch zu neh ^ LN' ÄL von vr. Freund scheinen zu der Hoffnung zu vettw 'g^ daß die neuere deutsche Socialgesetzgebung mit der Ze t v Bedeutung für die Entwickelung rrr ^ sL.n L.b...»d°»ung br.»-- Masten der Bevölkerung wird. Deutsches Reich. Berlin 6. September. Zn Uebereinstunmung nnt unseren Ausführungen über die Brkämpsung der Soclal - „Litt dem Entschluß. zu dem Mittet des Sonderge ttzes zuru^ zukehren, wäre sehr wenig gethan; unzweisethaft hat da» Lch-tt-rn de» Versuche» der vorigen Session den Uebennuth der Agitatoren wie ihr Ansehen in den v°" Massen wesentlich gesteigert, und ganz d'-!-be Wrkunn war- nvchmals von einem vergebliche» Versuche nut einem Svecia aelede zu erwarten. Er dars nur aus Grund ganz anderer Vorbereitungen unternommen werden, als der °°Lgk' welchen nach freisinniger Anempfehlung der Taktik des ''Scheines. d b etwas geschieht", Gras Laprivt begann und der so durchgesührt ward, daß er in den llerikaltsirten Eomimssions-Antr^en und deren Verweisung endete. Weder die Entrüstung weitester «reist über da« Treiben der Socialdemokratte in der längsten Zeit, noch d,e Rede de» Kaisers ändert etwas daran, daß mit dem Reichstag und mtt der Regierung gerechnet werden muß. welche in der letzten Session am Werke waren. Wir sehen keinen Grund, in dem jetzigen Reichstag bet der Vorlegung eines SpecialgesetzeS größeren Erfolg zu erwarten, namentlich nicht, wenn die Aktion der Regierung sich nicht vorher völlig änderte. .... Die „Nat.-Z." fährt dann fort: „Erfolg ist nur zu erwarten, wenn da» Vorgehen gegen die socialrrvolutiouatre Agitation zum Mittelpunkt der gesummten inneren Politik gemacht, wenn zwar zunächst getrachtet wird, in dem gegenwärtigen Reichstag zum Ziele zu komme», aber von vornherein feststeht, daß die Action entschlossen fortgesetzt wird, sofern er versagt. Die Wahl des Zeitpunkte- für seine Auflösung würde man sich Vorbehalten; aber die gesammtr innere Politik müßte aus den alsdann bevorstehenden Kampf an den Wahlurnen eingerichtet sein. Für gänzlich ver fehlt halten wir den Gedanken, Parteien, die sich in wtrth- schajtlichen oder kirchenpolittschen Fragen derart bekämpfen, wie einzelne Bestandthetle der in der vorigen Session für die „Um sturzvorlage" erstrebten, aber nicht erlangten Majorität, lediglich zu dem einen Zwecke des Zustandebrtngens eines Ge setzes gegen die Soctalrevoluttonaire, wie in einem politischen „GotteSfriedrn", zu vereinigen, während jene Kämpfe weiter gingen. Es ist höchst zweifelhaft, ob etwa- Derartiges mit parlamentarischen Fracttonem durchzu- führrn wäre; ganz ausgeschlossen erscheint der Versuch, wenn man nicht auf seinen Erfolg innerhalb deS zur Zeit vor handenen Reichstags rechnen kann, sondern auf die Fort- jetzung im Wahlkampfe gefaßt sein muß; ein solcher ist von vornherein verloren, wenn unter denen, welche in der Haupt frage desselben zusammenstehen sollen, tm Uebrigen ein Kamps Aller gegen Alle herrscht, wie er bis in die jüngste Zeit das deutsch« Parteiwesrn kennzeichnete. Somit setzt unseres Erachten- ein neues Vorgehen gegen die soctalrevoluttonaire Agitation voraus, daß eine Regierung, welche dazu entschlossen ist, über alle wichtigen schwebenden Fragen zu einem festen, von ihr solidarisch vertretenen Programm gelangt, daß sie über dasselbe, wenn nicht mit einer Mehrheit, so doch mit Minderheit». Parteien sich verständigt, die bereit sind, gemeinsam mit ihr tm geeigneten Augenblick den Wahlkampf zu führen, und daß bi» dahin, ohne Rücksicht auf momentane parlamentarische Erfolge oder Mißerfolge, nur nach Maßgabe dieses Programms verfahren wird. Dann muß es unbedingt heißen: wer nicht für mich ist, der ist wider mich; Regierungs-Actione», welche heute die eine und morgen «ln« andere Mehrhettsbtldung bedingen, muffen völlig aus geschlossen sein. Die Parteien, weiche für da» Hauptziel der ver- etnbarten Politik, für die Einschränkung der socialrrvolutionatrrn Unterwühlung des Boden», auf dem die Nation leben und arbeiten will, eintreten, dürfen nicht in die Lage gebracht werden, unter einander und mit der Regierung in Fehde zu gerathen. Wie die Ding« bet uns liegen, kann der Kern einer derartigen Loalitton nur au» den gemäßigten Liberalen und einer konservativen Partei be- stehen, wie sie vorhanden war, bis diese politische Richtung unter die Herrschaft der Eattitnarter grrteth. Die Vorbedingung ist somit, daß innerhalb de- ConsrrvattsmuS eine überwiegend conservattvr Regierung, wie r« die jetzige ist, den Einfluß zurückgewinnt, den sie auf ihn immer besessen hat, wenn st« wollte, und daß sie ihn sür Herbeiführung einer Verständigung mit den gemäßigten Liberalen anwendet, welche alle phantastischen Heilmittel sür di« wirth- schaftt'chen Schwierigkeiten ausschließt, aber die Anwendung der bescheideneren, jedoch Erfolg versprechenden feststem. Zur Mitwirkung bet einer solchen Politik wäre jede Partei, l-de Gruppe willkommen, welche die gemeinsamen Zwecke fördern will, ohne dafür Bezahlung mit der Erfüllung von Parteisorderungen Gs kommt nicht so sehr darauf an. dergestalt sofort eine Maiorität zu erlangen — wenngleich dies selbstvrr,ländlich sehr erwünscht wäre —, als darauf, mit Aussicht auf Erfolg an der Erlangung einer solchen arbeiten zu können. >Ob dt« Regier«»«, dit VorauSIrtz)»ng einer Politik. ^'E die hier skizzirte, zu erfüllen „nd ob sie dann die weiteren Schritte zu thun vermag — davon hängt nach unserem Dofür- halten letzt die Möglichkeit eine» Vorgehen» gegen die socialrevolu- t onatr« Agitation ab. Ledigltch auf Grund momentaner Aufwallungen, ohne umfassende Vorbereitung würde e« »u einer neuen Niederlage führen." ^ Die -Kreuzztg." hält mit der „Nat.-Z." den Gedanke» eines „politischen GotteSsneden," lediglich behufs des Zustande- bringen» eines Gesetzes gegen die socialrevolutionaile «gita- t.on für verfehlt; andererseNS glaubt sie. daß die Forde- ^ng „ner Aktion der Regierung und gewisser Parteien auf Grund tme« vereinbarten umfassenden Programms viÄ die Forderung „einer klaren, festen, entschlossenen RegierungS- )vlitik als nothwendiger Voraussetzung für die Samm- ung der Parteien". — Von ultramontanrr Seite ergreift etzt auch die „Kölnische VolkSztg." das Wort gegen ein Ausnahmegesetz: „Bon einem ne«en Socialisten- oder Umsturzgesetze versprechen wir uns sehr wenig, und wenn man statt der Krankheit blo» die Symptome behandeln, den Umsturz von unten bekämpfen, den von vben ober, der an Allem Schuld trägt, unbehelligt lassen will, so Wird man abermals schon mit dem Versuche eines solchen Gesetzes im Reichstage scheitern. Auf die Kraft des „gesammten Volkes" werden wir schließlich angewiesen sein, und da wissen wir noch immer kein wirksameres Mittel als da- alte: Religion nnd sociale Reformen. Einige Ausschreitungen mag man durch Strafgesetze eindämmen, der Socialdemokratie wird man nur Herr, indem man einmal den religiösen Geist t» den Mafien wieder belebt und zweitens ihre Lebenslage so gestaltet, daß sie mit ihrem Schicksale zufrieden sind." DaS „Volk", daS über den Brief des Herrn Stöcker Schweigen beobachtet, versichert, es gebe keine wirksamere Agitation sür eine Partei, als wenn man ihre Anhänger durch „Verfolgungen" als Märtyrer erscheinen läßt. * Berlin, 6. September. Gegenüber den gehässige» Be hauptungen französischer Blätter über barbarisches Verhalten unserer Truppen während des Krieges in Frankreich theilen die „Hamb. Nachr." nachstehenden, vor 25 Jahren ergangenen Commandautur-Befehl mit! „Cvmmandantur-Befehl. ES wird hierdurch den Bürgern und Einwohnern bekannt gemacht, daß sie ihrer Einquartierung nichts zu liefern haben außer Holz zum Kochen und Quartier. ES darf Niemand requiriren und die Einwohner sind nicht verpflichtet, zu liefern, eS sei denn, daß die Requisition durch die Commandantnr schriftlich genehmigt und vom Maire abgestempelt wäre. Alle Klagen der Einwohner wegen Verletzung ihres Eigen tbums sind sofort an die nächste Wache zu richten, welche den Schuldigen zu verhaften und nach der Commandantur zu tranSportiren hat. Sedan, den 6. September 1870. Die Commandantur." Oe Llairs üo 8eck»n tait savoir »ux dabitÄvts qu'ils u'ont ä fournir aux milttaires IvxSs ekex eux qus le loxvment et ocm p»s I» nonrriture, m»is >e teu pour ln eutro. Xucune Inquisition ns psut Stre knite ea vills, et les knbi- tnnts ne sont odlixss cks rten ckSIivrer «nix militaires qve sur l'orckre sifsi.s cks koosieur Io Oolonel <?omwLnck»nt cks In klaue et pvrtnnt Is enebet cks l» älairie. Pontes le, plnintes ües daditant-, ckevront etre närsssüez mix poste» les plus voisin«, qui ont orckrs ck'nrrstsr Iss contrevemnits ou mnltniteurs et äe Iss eonckuirs L blonsisur ls Oomwsncknnt qui fern justiee. Lecknn, lv 6. 8eptembrs 1870. Oe Unirs kkilippotesux. geükm. — Imprimeris Vsuve I» kooke-cknood, ruo Anpolsoll Xc>. 22. 8. Berlin, 6. September. (Privattelegramm.) Der „Hambg. Corr." empfahl bekanntlich, die Eonvertirnng der 450 Millionen Mark 4proc. Reichsanleihe s. Z. nicht in 3proc., sondern in eine 3>/rproc. Prämienanleihe vorzunehmen: diese werde zu einem Preise zu begeben sein, der mit einem Schlage Len „AuSgleichungSfondS" deS Miquel'schen Reichs- FinanzplanS beschaffe. Es wird jetzt erklärt, daß die Ne gierung mit dem Projekt nichts zu schaffen habe. 8. Berlin, 6. September. (Privattelegramm.) Finanrministcr Miqucl hat sich kürzlich für die Einführung der «Stenographie in der Schule ausgesprochen. Die Anhänger der Stenographie knüpfen hieran besondere Hoff nungen. Der zuständige Decernent im CultuSministerium Geh. Rath Wehrenpfennig hat nämlich bisher immer geltend gemacht, daß nur der Kostenpunkt der Einfügung der Stenographie in den Lehrplan der höheren Schulen hinderlich im Wege stehe. Man hofft nun, daß Minister Miquel bereit sein werde, die erforderlichen Mittel bereit zu stellen. dl Berlin, 6. September. (Privattelearamm.) Die „Magdeburger VolkSftimme" vom heutigen Tage ist wegen eines Leitartikel-: „Merkwürdige Ansichten eines Staats anwalts" confiScirt worden. — DaS Mehr an wirklichen ReichSeianahmen gegen den Voranschlag soll, wie der „Schl. Ztg." von gut unterrichteter Seite mitgetheilt wird, ungefähr 10 Millionen Mark betragen. — Der „Vorwärts" hatte als Entschuldigung ange führt, daß der Artikel vom 17. August, der als Grund für die Beschlagnahme des Blatte- angegeben wird, der „Germania" entnommen sei. Darauf antwortet die „Germania" mit einiger Verlegenheit, sie könne in ihre», Artikel nichts erblicken, was einer Majestät-beleidigung ähnlich sehe. Es werde sich wohl um Zusätze handeln, die der „Vorwärts" dem Artikel hinzuzusügen für nöthig ge balten. DaS ist möglich, aber für das Blatt bleibt doch die beschämende Thatsache bestehen, daß der socialdrmokratische „Vorwärts" sich für seine Behauptung, in bürgerlichen Kreisen denke man über den Kaiser Wilhelm ähnlich wie er, auf den Artikel der „Germania" über die „triviale Hanimer- klopferei" beziehen konnte. — Zu dem vom „Vorwärts" veröffentlichten Briefe Stöcker'S macht der „Hambg. Corr." folgende Bemerkungen: e- Schreiben, an dessen Echtheit schwerlich Zweifel gestattet *Lir hegen solche um so weniger, als wir wissen, daß dieselbe raffintrte Taktik, dieselbe« Manöver, wie sie Herr Stöcker hier gegen den Fürsten Bismarck anräth, einige Jahre später mit Ersolg gegen den Grasen Laprtvi in Scene gesetzt worden sind. Und auch jetzt, unter dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe, fehlt eS nicht an Anzeichen, daß da- gleiche Spiel versucht werden soll, allerdings von Leuten, di« nicht bet Stöcker in hi« Schule zu Sehen brauchten." H Der „ReichSanzeiger" veröffentlicht die Formulare für Volkszählung vom 2. Decrmber d. Ä. * »irl. 5. September. Zu dem SchisfSunfall. der zwei Matrosen daS Leben kostete, berichtet da« „B. T ", daß da« Marineboot infolge des Äuffahrrns des Torpedoboot« auf die Stahltroffe versank, die Schleppdampfer und v»ot verband.
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