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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950914010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895091401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895091401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-14
- Monat1895-09
- Jahr1895
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Großer« Schriften laut unserem Pres«, derzeichntß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherem Tarif. Ghtra-Veilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-AuSgabe, ohne Posweiörderimg so.—, mit Postbefördernng ^4 ?o.-.. Annahmeschluß für Anzeigen; (nur Wochentag«) Abend-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Marge n-Au«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »in» halbe Stunde frither. Anteilen sind stet» an dt« Expedition zn richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leivzig. Sonnabend den 14. September 1895. 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die städtische Einkommensteuer betr. Der zweite Termin der slüdtiscbrn Elnkommensleurr ist am 15. Septem der d. I. mit dem sechsfachen Betrage de« einfachen Steuersätze« fällig. Die Beitragspflichtige» werden deshalb ausgesordert, ihre Steuer beträge bis spätestens 3 Wochen nach dem Fälligkeitstage bei Ver meidung der nach Ablaus dieser Frist gegen die Säumigen ein- tretenden gesetzlichen Maßnahmen an die betreffenden Zahlstellen unseres Stadtsteueramtes zu bezahlen. Leipzig, den 12. September 189b. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Bekanntmachung, die persönliche Anlage für die evangelisch-lutherischen Kirchen in Leipzig betreffend. Der mit dem auf den 15. September d. Z. fallenden zweiten städtischen Einkommensleuertermin einzuhebende Betrag der persönlichen evangelisch-lutherischen Kirchenanlage ist 1) im Verbände der evangelisch. lutherischen Kirchengemeinden in Leipzig mit 58°/„ in der Kirchengemeinde Nnger-Crottendorf mit 56°/». - - « Connewitz mit 68"/«, - - - Eutritzsch mit 46°/,. - - - Gohlis mit 45°/„ - - - Kleinzschocher mit Schleußig mit 95°/„ - - - Lindenau mit b9°/„ - - - Lößnig mit 120°/,. - - - Neustadt mit Neuschönefeld mit 85°/„ - - - Plagwitz mit 75°/,. - - - Reudnitz mit 52°/„ - - - Sellerhausen mit Neusellerhausen mit ü3"/„ - « - Thonberg mit Neureudnitz mit 85°/, und . - - Volkmarsdorf mit Bolkmarsüorser Straßem Häuser mit 68°/, des ans -er Einschätzung zur staatlichen Einkommensteuer sich ergebenden einfachen Steuersatzes der ftävttfchen Ein kommensteuer fällig. Die Beitragspflichtigen werden deshalb hierdurch aufgesordrrt. ihre Beträge binnen 3 Wochen, von dem Fälligkeitstag« ab gerechnet, zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist wird gegen die Säumigen da» Bet- treibungsversabren eingeleitet werden. Leipzig, den 12. September 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Bekanntmachung. Wegen Einlegung von Gleisen sür die «lettrische Straßen- bahn wird die Verber-Strahc vom 16. dieses Monats ab auf die Dauer der Arbeiten fnr allen, von der Gcrbcrbriicke »ach dem Biüchcrplatze zu sich bewegenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 13. September 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 4965. vr. Georgi. Dia ötahl. 2 3 4 5' 6) 7) 11 12 13 14 Bekanntmachung, die AuSloosung Leipziger Stadtschulvschetne betreffend. Die Ausloosung von 42 000 Capital der Anleihe von 1887 Serie II (cl. ä. 31. März 1890) soll den 24. dieses Monats Vormittags 10 Uhr im Nachhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 13, öffentlich erfolgen. Leipzig, am 12. September 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. L. Schulze. Bekanntmachung. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten haben wir be schlossen, den Preis für zum Kochen und Heizen, sowie zu gewerb lichen Zwecken aus den städtischen Leitungen bezogenes Gas vom 1. Januar 1896 ab von 15 für den obm aus 12 herabzusetzcn. Auskunft über etwa gewünschte Anschlüsse an die städtischen Gas leitungen wird in der Geschäftsstelle der Gasanstalten (Kurprinz- ftraße 14) während der Gejchäftsstunden rrtheilt. Leipzig, den 2. August 1895. Bekanntmachung. Verloren gegangen sind die Arbeitsbücher der Arbeitsburschen Albert August Holze, geb. 25./1. 77 in Neustadt (Leipzig 2605/92); Ernst Arthur Richard Bier, geb. 11./7. 78 in Lützichena (bas. 25. 4. 93) und Albert Gustav Hermann Ernst Neumeister, geb. 29/3. 78 in Lehesten (das. 92); der Schlossergeiellen Hermann Hugo Kühn, geb. 11./5. 76 in Osterfeld (Naumburg 92) und Carl Bernhard Robert Kloß, geb. 9./1. 77 in Plagwitz (Leipzig 7117,92); des Arbeiters Karl Reinhold Löbig, geb. 23./2. 77 in Leipzig (das. 11224/92); deS Laufburschen Ernst Oswald Gärtner, geb. 15/11.77 in Leipzig (Erlbach 1891); der Anlegerin Marie Anna Glebitzsch, geb. 16./2. 79 in Leipzig (das. 5304 93); des Tapezirergchiisen Friedrich Paul Arthur Korth, geb. ?./6. 77 in Eutritzich (Leipzig 8722 92); des Malergebilfen Franz Hugo Scholz, geb. 27-/5. 77 in Leipzig (Leipzig 14332/92); des Maurergesellen Friedrich Hermann Leuchtemann, geb. 18./4. 75 in Pretzsch (das. 1889) und der Kellnerin Laura Selma Paul, geb. 18.11. 75 in Rötha (Leipzig 876/92). Wir bitten, diese Arbeitsbücher im Auffindungsfalle Naschmarkt 2, Erdgeschoß, abzuliefcrn. Leipzig, am 11. September 1895. Der Rath -er Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Petzoldt. Oer städtische Bagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten bestehen. Leipzig, den 26. April 1894. Die Deputation zum Lagcrhofe. Städtische Gewerbeschute. Der Unterricht im Winterhalbjahr beginnt Dienstag, den 1. Octobrr früh 8 Uhr. Anmeldungen für die Tagesschule werden vom 18. bis 25. September an den Wochentagen 4—5 Uhr, Sonntags 11—12 Uhr im Schulgebäude, Wächterstraße 13, ent gegengenommen. Abendschute. ä. Abthetlung für Vau- und Kunstgcwerbe. Frrihand zeichnen, Modelliren. Projectionszeichnen, Perspective, Architekturzeichnen, Baucoustruction, Fachzetchnen für Bau und Möbeltischler, Schlosser, Klempner, Tapezierer, Bild Hauer, Graveure rc. L. Abtheilnng sür Maschinenbauer» Mechaniker und Elektrotechniker. Unterrichtscurse in Mathematik, Mechanik, Maschinenlehre, Projectionszeichnen, Maschinenzeichnen, Elektrotechnik, Buchführung. Offener Zcichcnsaal (TageSunterricht) zur Ausbildung in einzelnen Unterrichtsfächern. Nähere Auskunft ertheilt der Unterzeichnete in der angegebenen Zeit; später eingehende Anmeldungen können nur nach Maßgabe des vorhandenen Platzes Berücksichtigung finden. Leipzig, den 17. August 1895. Der Direktor: Architekt P. Schuster. Bekanntmachung. Io. 3725 1276. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Lröndlin. Aff. BtS. Bekanntmachung. Die Erd«, Maurer- und Zimmerarbeiten, sowie die Lieferung der Eisentheile für den Erweiterungsbau des Armenhauses zu Leipzig-Connewitz sind vergeben worden. Die unberücksichtigten Bewerber werden au« ihren bez. Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, den 5. September 1895. 7 11^. Der Rath der Stadt Leipzig. ' 1456. vr- Georgi. Ou. Die weitere Ausgabe der Synagogenkarten findet Sonntag, de» 15. September 18S5. Vormittags 16—12 Uhr, und Montag, den 16. September 1865, Nachmittags 3—4 Uhr, im Synagogengebäude, eine Treppe hoch, statt. Wir bitten bei Empfangnahme der Karten die bisherigen Karten nnd die diesjährigen Gcmctndcstenerqnittungen mitzubrtngcn. Leipzig, 13. September 1895. cTer Vorstand der Israelitischen ReligionSgcmcinde zu Leipzig. Bekanntmachung. Wegen Einlegung von Gleisen sür die elektrische Straßen bahn wird die «rassistrahe vom 16. dieses Monats ab aus die Dauer der Arbeite» sür allen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 11. September 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 4943. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. Wegen Einlegung der Gleise der elektrische« Straßenbahn wird die «rimmaische Strahe in der Ausdehnung von der Kreuzungsstelle derselben mit der Pferdebahnlinte GoyliS-Connewitz auf dem AugustuSplatze bi« zur Ritterstraße vom 17. dieses Monats an auf die Dauer der Arbeiten für allen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 12. September 1895 Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 4968. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. Wegen Verbreiterung der Straße auf der Südseite de« Markt- Platzes bez. gleichzeitiger Einlegung der Gleise für die elektrische Straßenbahn wird die «rtmmaische Stratze vom Naschmarkt bis zum Marktplatze uud die hieran anschließende Stratzenstrecke de» Marktes bi» ,ur PeterSstraße vom 17. dieses Monats ab ans die Dauer der Arbeiten für allen Fahrverkkhr gesperrt. Leipzig, am 12. September 1895. Der Rath »er Stadt Leipzig. VI. 4S67. vr. G«orgi. Stahl. Bekanntmachung. In der Zeit vom 18. Just bis 13. September d. I. empfing der Samariter-Verein von Herrn königl. Friedensrichter Carl Mundt 5 Sühne tn Sachen R. L. G. Sch. I. Rate, »3 - - - »»'/,» - II. » , 10 . . - --'/.- - III. - 25 - - - C. Br. '/- N. Sch. - 3 - - - P. H. '/. G. Sch. - 3 - - - O. K. '/. G. Sch. - 3 - - - H. H.'/. F. h. - 20 - - - A. Oe. '/- Tb. Sch. 5 - - - C. K. /. P. R. 5 - - - P. Z. '/. C. L. - 5 - - - A. P. G. Ra. - 5 - - . E. F. A. '/. M. Di. - 5 - B - C. T. /. G. F. Ho. - 50 - B - T. H. '/. H. G. - 3 - B - G. H. '/. A. Le. - 1 Geschenk von F. W. - 1 - - P- L- - 1 - - O. K. - 1 ' - P. Z- Summa 154, worüber hiermit dankend quittirt wird. Leipzig, den 13. September 1895. Der Vorstand des Samartter-veretnS. A»ton Stebert, Schatzmeister. Deutsche Verkehrs-Aufgaben. Unser ReichStagSabsteordneter Prof. Ist. Hasse schreibt unter dieser Ueberschrift in den „Alldeutschen Blättern-; Wer mit einiger Phantasie auSgestattet und bestrebt ist, über den moraenden Tag in die Zukunft hinauszublicken, dabei aber die Erfahrung macht, jeden guten Gedanken mit dem Einwande abgelebnt zu sehen: „Sehr schön, aber unauSfllhr- bar- — der gewahre sich einmal die stille Freude, da» zu lesen, wa« Friedrich List im Jahre 1833 — achtzebnbundert dreiunddreißigI — Uber daS deutsche Eisenbahnsystem gesagt*) oder vielmehr prophezeit bat. Ja, es aiebt noch Propheten, nur daß sie auch beule noch nichts im Vatcrlande gelten. In einer seinem Büchlein beigegebenen Kartenskizze von Deutschland hat List folgende Eisenbahnen eingetragen: Prag. Dresden, Leipzig, Halle, Magdeburg. Leipzig, Zwickau (Chemnitz). München, Nürnberg, Bamberg, Gotha. München, Augsburg, Ulm, Stuttgart, Karlsruhe. Augsburg, Lindau. Basel, Kehl, Karlsruhe, Mannheim, Darmstadt, Frankfurt, HerS« selb, Gotha, Weimar, Leipzig. Wittenberg, Berlin, Stettin. Hersseld, Cassel, Hannover, Bremen, Hamburg, Lübeck. Köln, Minden, Hannover, Braunschwetg, Magdeburg, Berlin, Thorn. Hamburg, Berlin, Breslau. Berlin, Stettin. Bromberg, Danzig. Spät genug sind einige dieser Linien zur Ausführung gekommen, aber ausgeführt sind sie heute längst alle. Wir wollen nun nickt erörtern, welche wirtschaftlichen Umgestal tungen durch die Verwirklichung der genialen Gedanken Friedrich List's bervorgerusen worden sind. Eins aber steht fest. Ohne Friedrich List kein deutsches Reich von 1870, ebne Zollverein und ohne Eisenbahnen keine staatliche Zusammen sassung der deutschen Stämme, die zwischen Basel und Danzig, zwischen München nnd Hamburg, zwischen Köln und BrcSlau sitzen. Ohne Friedrich List kein Otto von Bis marck! Sollten wir Alldeutschen da nickt auch zu der Ueber- zeugung kommen, daß unsere Gedanken durch große Unter nehmungen auf wirtschaftlichem Gebiet Fleisch und Blut ge Winnen können? Und sollten dies nicht in erster Linie große Berkehrsunternehmungen sein? Denn Friedrich List ist zwar längst todt, aber noch immer leben wir im Zeitalter des Ver kehrs. Der Nächstliegende Gedanke ist die Ausdehnung des deutschen Zollvereins auf das großdeutsche Gebiet. Doch davon ein anderes Mal. Diesmal wollen wir überlegen, in welcher Weise sich Friedrich List » Ideen über das deutsche Eisenbahnsystem heute nach Ablauf zweier Menschenalter weiter entwickeln lassen. Die Lage Deutschlands im Mittelpunkte von Europa legt dem deutschen Reiche schwere Kriegslasten auf. Sie ist aber andererseits die Vorbedingung für ein hohe» wirtschaftliches Gedeihen deS deutschen Erwerbsleben». Tie Hansa im Norden und die Handelsstädte im Süden sind Beweise dafür. Die Entdeckung Amerikas verschob das Schwergewicht des Durchgangsverkehrs nach England. Heute scheint es, als solle ein Tbeil des Weltverkehrs die alten Verkehrswege auf dem europäischen Festiande wieder aufsuchen Wir erinnern an die große sibirische Eisenbahn Rußlands die westwärts in Deutschland münden muß, und an die Wiederaufnahme des alten OrientverkehrS durch den Suez« canal und durch das Schwarze Meer. Unter diesen Umständen muß die deutsche Verkehrs Politik dafür besorgt sein, daß Verkehrswege, die ihrer Natur nach durch Mitteleuropa führen, nicht an Deutsch land vorbei geleitet werden, und daß da, wo wir nicht durch die Kürze des Weges in Wettbewerb treten können, wir durch Vervollkommnung der Verkehrsmittel einen Reiz auf den Weltverkehr auSüben müssen, deutsche Verkehrswege zu bevorzugen. Wenn wir uns dadurch einen Thcil des nichtdeutschen Handels tributpflichtig machen, so stärken wir nicht nur unsere Schultern, um die Lasten unserer mittel europäischen Lage zu ertragen, wir rüsten un» in diesen fried lichen, aber auch für Kriegszwecke verwertbbaren Verkehrs anlagen auch direct für den Krieg, und wir schlingen neue und festere Bänder um die jetzigen und künftigen, noch recht lose gefügten Glieder unseres deutschen Nationalstaates. Glücklicherweise braucht Deutschland mit einer derartigen Verkehrspolitik nicht erst zu beginnen. Der Anfang ist ge macht. Es gilt nur, das Begonnene muthvoll zu vollenden und sich der Zusammengehörigkeit einer großen Reihe von Einzelunternehmungen zu einem „deutschen System" bewußt zu werden. Den soeben vollendeten Kaiser - Wilhelm - Canal können wir als den Grundpfeiler eines derartigen Systems bezeichnen. Ob seinen Begründern der Ausblick auf eine durch die sibirische Eisenbahn bedingte ostwestliche Weltvcr kehrsstraße zun: Bewußtsein gekommen ist, möchten wir billig bezweifeln. Die nationale Bedeutung der Verknüpfung des deutschen Ostens nnd Westens („Emden und Danzig") durch den Canal ist wenigstens dem Hauptbegründer, dem Fürsten BiSmarck, aber doch von vornherein klar gewesen, wie sich aus seiner am 5. Mai d. I. in FriedrichSruh an die Ost friesen gehaltenen Rede deutlich ergiebt. Nun ist es aber im Rausche der Kieler Festlichkeiten eigenthümlicherweise in Vergessenheit gerathen, daß der Fürst BiSmarck dieses große deutsche Werk nicht für vollendet hält, sondern daß er im Kaiser-Wilhelm-Canal den Anfang eines noch gewaltigeren deutschen Werkes für Kriegs und Friedenszwecke erblickt. Nach Beendigung der feierlichen Begrüßung der Ostfriesen ließ sich nämlich der Fürst BiSmarck am 5. Mai mit einem Navigationslehrer aus Timmel in ein längeres Gespräch über die Canalprojecte zwischen Ost- und Nordsee ein. Er fragte: „Wie ist denn der Canal beschaffe», der durch Ost srieSland geht, der sogenannte TreckfahrtS-Canal?" Die Antwort lautete, der Canal solle wieder erweitert werden, und er würde sehr viel für Melioration der Moorgegenden verwandt. Darauf bemerkte der Fürst: „Ich hatte mit dem Lstseecanal immer den Gedanken, daß fortgesetzt werden sollte bis zum Jadebusen und vom Jade busen bis in den Dollart bis nach Emden. Da- wäre Kinderspiel im Vergleich mit den Bauten, di« sie in Holstein gemacht haben ES ist ja lauter Marsch und zum Theil schon Canal, von der Ostemiindung bi» nach der Gerstemündung hindurch durch das Bremerland und dann da« Butjadlngerland oder direct. DaS wäre ein ungeheuerer Gewinn." Auf den Einwand de- Angeredeten, der Canal sei nicht tief genug, erwiderte der Fürst: „Um so leichter könnte man ihn noch Herstellen. Das ist eigentlich gar keine Sache im Vergleich mit dem, was wir in Holstein gemacht haben, und unsere Flotte würde dreimal so stark, wenn sie aus vier Löcher» heraus könnte, auS Kiel sowohl wie aus Emden." Wie kommt es, daß dieser großartige Gedanke deS Fürsten BiSmarck nicht sofort von der öffentlichen Meinung ausgenommen und in der deutschen Presse auf daS Gründ- ichste erörtert wird? Wir wollen nicht hoffen, daß dies nur geschieht, weil eS sich eben um einen Gedanken des Fürsten BiSmarck handelt, sondern wir glauben, daß der DurchschnittSkeutscke zur Zeit von dem Erfolge deS voll endeten Werkes hypnotisirt, gelähmt ist und weiter hin aus nicht zu denken wagt. Und doch ist nichts nöthiger, als den Canal in das „System" einzureihen und mit dem Beginn der Fortsetzung nicht zu lange zu warten. Denn in diesem Augenblick sind wir in Deutschland im Besitze von Menschen und von Einrichtungen, um die unS die Welt beneidet, und die nach Vollendung deS großen Werkes nun nicht an Kleinigkeiten verkümmern dürfen. Also Fortsetzung des deutschen Canalbaues im größten Stile! Da giebt eS Canäle für Seeschiffe und für Binnen schiffe in Deutschland in Hülle und Fülle zu bauen für den äußeren und den innereuropäischen, für den deutschen und den fremden Verkehr. Köln muß unter allen Umständen zum Seehafen*) gemacht werden. Ob der Nheinseecanal m Antwerpen oder in Rotterdam münden wird, oder ob wir gezwungen sein werden, die Rheinmündung nach dem Dollart zu verlegen, das wird davon abbängcn, ob Holland oder Belgien ein größeres Derständniß für ihre Beziehungen zu ihrem Hinterlande an den Tag legen werden. Berlin durch Verbindung mit Hamburg oder mit Stettin oder mit beiden zum Srebafen zu machen, diese durchaus gesunde Idee StrouSberg'S wird jedenfalls leichter und eher verwirklicht werden als der Plan, Paris durch einen Canal für See schiffe mit dem Mittelmeer und dem Atlantischen Ocean zu verbinden.**) Die Verwirklichung eines eigentlichen Binnenschisffahrts- nctzeS wird sich durch parteipolitische Kurzsichtigkeiten in Deutschland auf die Dauer nicht aufbalten lassen. Eine leicht verständliche Uebersicht Über die „notbwendigen bauwürdigen und rentablen Canallinien" in Deutschland enthält eine Karte, die der um Deutschlands Wasserstraßen hochverdiente August Meitzen veröffentlicht hat.***) Außer dem selbstverständlichen Rhein Weser-Elbecanal plant Meitzen dessen östliche Fortsetzung über Guben, Posen, Bromberg zum Anschluß an die Weichsel, hieran anschließend von der Odra ausgehend einen Tonau- Odercanal über BrcSlau, das oberschlesische Kohlenbecken, Oderberg, Prerau, Hradisch nach Wien. Den von Meitzen geplanten großen Canal von Berlin nach Riesa an der Elbe möchten wir als Elbe-Donaucanal unter Anschluß an die regulirte Elbe und Moldau von BudweiS nach Linz fortgesetzt sehen.-s-) An Einzelplänen für Binnencanäle ist auch sonst im Vaterlande kein Mangel. Die Hauptsache ist nur, daß wir uns endlich von der fiScalischen Rücksichtnahme auf die verschiedenen Staatseisenbabnen losmachen, und daß wir bei der Anlage dieser Canäle nicht in der früher üb- ichen Weise kleinlich verfahren. Obwohl die Ausmaße für die Schleußt» des Nord-OstseecanalS während der Bauzeit vergrößert worden sind, würde man die soeben fertig ge wordenen Schleusten doch schon jetzt wesentlich größer ab messen, wenn man heule am Beginne des Werkes stände. Und man trifft doch derartige Maßregeln nicht nur für das nächste Jahrzehnt, sondern für das nächste Jahrhundert. Es ist ein viel gebrauchtes, aber doch noch wenig be herzigtes Schlagwort, daß wir jetzt aus dem Eisenbahnzeit- alter in das des Wasserbaues übergeben oder zurückkeyren müssen. Ist denn aber auf dem Gebiete deS Eisenbahn baues jede von unseren oben angedeuteten verkehrs- politischen Bedürfnissen gestellte Anforderung erfüllt? Wir haben jüngst an dieser Stelle (Nr. 30) einer solchen noch nicht gelösten Aufgabe gedacht, der Herstellung einer Eisen bahn durch die Tauern nach dem deutschen Hafen Triest. Die uns künftig von der sibirischen Eisenbahn gestellte Aufgabe, während der Zeit der Eissperre der baltischen ^äfen den großen westostlichen Winterverkehr über deutsche isenbahnen zu leiten, wird eine angenehme Veranlassung zur Entwickelung des östlichen Eisenbahnnetzes sein. Die protze Küstcnlinie St. Petersburg—Königsberg—Stettin— Hamburg bedarf ebenso einer Abkürzung und eines Aus baues wie die große Linie Warschau—Berlin—Köln- Antwerpen. Die Nothwendigkeit, den deutschen Osten und Nordosten industrieller zu entwickeln als bisher, wird eben falls dazu zwingen, die Maschen deS östlichen Eisenbahnnetzes enger zu ziehen. Hier wird man überall mit den bekannten und bewährten Mitteln des Eisenbahnsystems in seinen Ab stufungen von der doppelgleisigen Hauptbahn bis hinab zu der schmalspurigen Ortsbahn arbeiten können. Die Entwickelung des von dem Nordwesten nach dem Südosten führenden großen Durchgangsverkehrs wird uns aber vor die Frage stellen, ob wir mit der Vermehrung der Verkehrswege unter Benutzung der bisherigen Verkehrs mittel den gestellten Aufgaben gewachsen sein werden, ober ob wir nicht nach völlig neuen, leistungsfähigeren Ver kehrsmitteln Umschau halten müssen. Bei diesen Erwägungen wird man von folgenden That- sachen auszugeben haben: Die durch Frankreich führende Eisenbahnlinie Calais — Paris — Mont Cenis — Genua hat eine Länge von 1258 1cm. er *) Ueber ein sächsisches Eisenbahnsystem, als Grundlage eines allgemeinen deutschen Eisenbahnsystem» und insbesondere über di« Anlegung einer Eisenbahn von Leipzig nach Dresden. Bon Fr. List ! Consnl der Bereinigten Staaten sür da» Großherzogthum Baden Leipzig. A. G. LicbcSkind. 1833. *) Bergt. Die wirthschaftliche Bedeutung der Rheln-Seeschlssi'ahrt von vr. R. van der Borght, Secretair der Handelskammer zu Köln. Köln 1892. **) Ueber die geringen Aussichten diese- letzteren Zwei-Meere- Canal» vergl. Augusthest 1895 der Zeltschrist sür Binnenschifffahrt. ***) Al- Beilage zu einer Abhandlung über: „Tie Frage des Canalbaues in Preußen" in Schmoller'S Jahrbuch 1884. Vlll. 3. s) Leider erst bei der Correctur des obigen Aussatzes erhielten wir Kenntniß von den tiefdurchdachten Arbeiten vr. Gottsr. Zövfl'S in Nürnberg über deutsch-österreichische BerkehrSvrojnte, über einen mittelländischen BinnenschiffsahrtScongretz alS Grundlage zur Her- stellung eines eontinentalen Handelssystem», insbesondere einer deutsch-österreichischen Zollunion. Bergl. Zeitschrist für Binnenschiff- fahrt 1895, Hefte 8, 10. 11. Wir werden auf Züpst'S Bestrebungen, die sich mit de» unsrigen vielfach berühren, sväier zurückkommen.
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