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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.09.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950918010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895091801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895091801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-18
- Monat1895-09
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Reel am»« unter dem Redaction»strich <4gv- spalte») 50/^, vor den Familiennachrichtrn (6 gespalten) 40 »L- Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Zifierusatz nach höherem Tarif. Extra »veilagrn (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesördernng 60.—, mit Postbcsörderung ^l! ^nnalsmefchlub für ÄnMgea: (nur Wochentag») Abend.Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anteilen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Mittwoch den 18. September 1895. 8S. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Das 35. Stück des diesjährigen RetchSgrsetzblattcs ist bei uns eingegangen und wird bis zum 10. Oktober d. Js. auf dem Rathhaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 2264. Bekanntmachung, betreffend die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. Vom 30. August 1895. Nr. 2265. Bekanntmachung, betreffend die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnsrachtverkehr beigefügte Liste. Vom 5. September 1895. Nr. 2266. Bekanntmachung, betreffend die Anzeigcpflicht für die Schweineseuche, die Schweinepest und Len Nothlauf der Schweine. Vom 8. September 1895. Leipzig, den 14. September 1895. Der Nnth der Stadt Leipzig. 1)r. G e o rgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Räume bleibt die GoschiiftSstclle unserer Waffcrlvcrksvcrwaltung in Leipzig. Plagwil; Montag, den 2:i. dieses Monats» für den Verkehr mit dem Publicum ge schloffen. Leipzig, den 13. September 1895. le. 4356. Der Rath der Stadt Leipzig. l)r. Geor gl. CichoriuS. Bekanntmachung. Von dem Unterzeichnete» Armcnamte sollen Donnerstag, den 10. September diese» Jahres, Vormittags von 0 Uhr an im StaSlhansc allhier verschiedene Gegenstände, alS: Möbel, Betten. Wäsche» AletdungSstücke, Haus-, Küchen- und WirthfchaftSgcräthe u. Ä. m. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 16. September 1895. Das Armen-Amt. 787. I. V.: Ludwig.Wolf. Artus. Vom 1. November 1805 ab sollen die bei dem hiesigen Leih- Hause in den Monaten October, November und December 1894 ve» setzten oder erneuerten, aber nicht wieder eingelösten Pfänder im Erdgeschosse de- Leihhauses öffentlich versteigert, soweit sie aber in Werthpapieren oder Sparbüchern bestehen, der Leihhausordnung ge- mäb veräußert bezw. erhoben werden. Das Einlösen und Versetzen anderer Pfänder findet während der Auction von früh 8 bis Nachmittag- 2 Uhr in den gewöhnlichen Räumen statt. Leipzig, den 14. September 1895. Des Naths Deputation für Leihhaus und Tparcasse. Bekanntmachung. Donnerstag, den 10 September 180!), von vormittags 10 Uhr an sollen im Bersteigerungsraume des hiesigen Amtsgerichts 1 Partie Möbel, 310 Exemplare „Das zukünftige Leipzig", 13 Exemplare „Chicago mit der columbischen Welt- ausstellung", 1 großer Posten Eisentheile, sowie Werkzeug» kästen, Schlittschuhe, Sensen, Hobel, Marktwaagen, Wasch. Maschinen, Oefen u. v. A. meistbietend versteigert werden. Leipzig, den 17. September 1895. Der Gerichtsvollzieher des K. Amtsgerichts das. Secr. Freygang. Trinkerheilanstalten und Trinker entmündigung. lg. Unter jenen Maßregeln, welche auf dem Wege der Gesetzgebung zur Beseitigung und Verhütung der Trunk sucht getroffen werden können, stehen obenan die Unterbringung von Trunksüchtigen in Trinkerheilanstalten und die Ent mündigung von Gewohnheitstrinkern. Leider herrscht bezüg lich des Zweckes beider Maßregeln vielfach noch eine ganz unklare und unrichtige Auffassung» welche eS begreiflich erscheinen läßt, wenn die gesetzgebenden Factoren Bedenken tragen, die Lösung dieser »ragen praktisch in Angriff zu nehmen. Die von den Herren Oberbürgermeister Bollmann und Geh. Sanitätsrath vr. Baer erstatteten Referate über die Stellung, welche der Deutsche Brrein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke diesen Fragen gegenüber einzunehmen babe, und zwar namentlich da» von Geb. Sanitätsrath Iw. Baer erstattete Referat, beweisen erfreulicher Weise, daß auch in dieser Richtung allgemach eine Klärung der Ansichten cintritt. Ganz zutreffend sagt vr. Baer: „Es ist noth- wcndig, die Zwangsunterbringung des Trinkers in eine Trinkerheilanstalt in einem abgesonderten Abschnitte de» Ge setzes festzustellen, und zwar in der Art, daß diese Maß nahme mit der Entmündigung des Trinkers m gar keinem ursächlichen Zusammenhang stehe." Auch für Oesterreich ist dieses Thema actuell, da das österreichische Justizministerium sich bereits mit der Abfassung hierauf bezüglicher Gesetzentwürfe befaßt hat. Um so dringender geboten erscheint es, noch vor der gesetzgeberischen Behandlung dieser Fragen Klarheit darüber zu gewinnen, was durch eine jede der angestrebten Maßregeln bezweckt werden soll. Die frühere Unklarheit der Auffassung wird hauptsächlich, vielleicht sogar einzig^ durch den Umstand ver» ursackt, daß man sich von dem Gedanken einer gewissen Wechselbeziehung beider Maßregeln nicht ru befreien vermag, was wiederum die Folge hat» daß auq die thatsächlichen Voraussetzungen, unter welchen die Verhängung einer jeden derselben für zulässig erklärt werden soll, in ganz unjurist,scher Weise theils zusammengeworsen» theils mit einander verwechselt werden. Entmündigung überhaupt ist WIederbeschränkuna der rechtlichen Handlungsfähigkeit einer rechtlich bereits hand lungsfähig gewordenen Person. Sachlich kann sie in zwei facher Weise begründet sein: » entweder durch den erwiesenen Eintritt der Verminderung oder Einbuße der thatsä chl ichrn Handlungsfähigkeit, oder aber d. durch einen derartigen Mißbrauch de« Reckte«, welcher in seinen Folgen das öffent liche Interesse verletzt oder doch »um mindesten schädigend über di, Privatrechtsspbäre des Handelnden fettst hinaus reicht. Der erste Fall kann gegeben sein bei Geisteskranken, der zweite bei Verschwendern; für beide Fälle muß jedoch nachdrücklich betont werden, daß die Entmündigung niemals als Strafe wegen Unhcilbarkeit oder Unverbefferlichkcit, sondern lediglich als eins Schutz Maßregel zu Gunsten des Entmündigten, oder seiner Angehörigen, oder endlich auch der Gemeinschaft aufgefaßt werden kann. Trinkerheilanstalten haben nun ganz und gar nicht die Aufgabe, einen etwa in Folge von Trunksucht eingetretenen Verlust der thatsächlichen Handlungsfähigkeit zu beseitigen. Fälle, in denen die Trunksucht bereits zu dieser Folge geführt hat, gehören, solange dieses Stadium währt, in die Irren anstalt, da dann unzweifelhaft eine Psychose gegeben ist» welche die Verantwortlichkeit deS Behafteten für die von ihm gesetzten Handlungen ausschließt. Aufgabe der Trinkerheilanstalten ist eS vielmehr, die zur (krankhaften) Sucht gewordene Neigung znm Genüsse geistiger Getränke zu beseitigen, den Trunksüchtigen zu heilen. Daß diese Heilung nur durch erzwungene Ent haltung vom Genüsse erzielt werden kann, ist kein Specificuin des AlkobolisnuiS; das bat derselbe mit allen Jntoxikalions- krankbeiten (Morphinismus, Cocainismus rc.) gemein. In die Trinkerheilanstalten gehören daher, wie Baer hervorhebt, jene Alkoholisier:, „welche (ohne jemals geisteskrank gewesen oder dazu disponirt zu sei») durch unmäßigen Alkoholgcnuß in denjenigen Zustand gekommen sind, in welchem sie dem Drang zum Trunk nicht widerstehen können." Der Verfasser dieser Zeilen suchte in einem früheren Aufsatze („AlkoholiSmuS unv Civilrccht". Mittheilungen des Oesteer. Vereins gegen Trunksucht, >887, Nr. 9) dieses Stadium dahin zu umschreiben, daß in demselbc» „zwar das Vorstellungs vermögen noch intact oder zum mindesten nicht wesentlich afficirt, die Willenskraft aber bereits derart geschwächt ist, daß der Trinker durch eigene Kraft dem Genüsse des Alkohols nicht mehr entsagen kann." Es würde sich vielleicht empfehlen, für diesen Zustand den Ausdruck „trunksüchtig" als tormiuus teoünicus zu wählen. Von einer fackischen Behinderung der Handlungsfähigkeit kann in diesen Fällen gar nicht die Rede sein, und es hat daher die Entmündigung mit jenen Fällen, in welchen die unfreiwillige Einbringung in eine Trinkerheilanstalt als zu lässig erklärt werden soll, absolut nicht das Geringste zu thun. Wie weit übrigens die Ansichten über die Bedingungen der Zulässigkeit der Internirung eines Trunksüchtigen in einer Trinkerheilanstalt derzeit noch differiren, ergicbt sich wohl am besten daraus, daß nach dem Anträge des nieder- österreichischen Landesausschuffes in die Trinkerheil nstaltcn jene Personen sollen versetzt werden können, welche, „in Folge von AlkoholiSmus geistig erkrankt und unter Curatel gesetzt, sich in einer Irren-Anstalt befunden und dort zwar ihre Geistesklarheit, aber noch nicht die genügende Widerstands fähigkeit gegen die Trunksucht und sonstige schädliche Einflüsse wiedererlangt haben". Aus dem Gesagten folgt, daß die Entmündigung eines Trinkers wegen Verlustes der faktischen Handlungsfähigkeit nur dann einzutreten haben wird, wenn eins die Zurechnungs fähigkeit auSschließenve Psychose gegeben ist. Dann ist aber der Trinker nicht als Trinker, sondern wegen Geisteskrankheit zu entmündigen und eS bieten somit diese Fälle gar keinen Anlaß zu einer besonderen gesetzgeberischen Einmischung. Die Entmündigung von Trinkern wird vielmehr haupt sächlich aus dem Gesicklspuncte des Mißbrauches der Dispositionsrechte gefordert werden können. Nicht jeder Mißbrauch eines Rechtes aber kann — wenigstens nicht nach der heutigen, wenngleich gegen früher schon weit vorgeschrittenen Rechtsauffaffuiig — einen genügenden Grund ur amtlichen Anwendung dieses Rechtes abgeben. Um eine olche als gerechtfertigt erscheinen zu lassen, muß vielmehr dieser Mißbrauch die Gefährdung von Interessen in, Gefolge haben, deren Wahrung dem Staate aus Gründen seiner Erhaltung und um der Erfüllung seiner Ausgaben willen, vielleicht darf man sagen: aus socialpolitifchen Grünten, Pflicht ist. Als ein solches Interesse hat die Wissenschaft in der Verschwendungö- curatel die Erhaltung von Vermögen anerkannt. Lange schon aber hat sich die ueberzeugung Bahn gebrochen, Laß die wirthschaftliche Kraft eine« »Staates durchaus nicht auf dem Vermögen, sondern auf der Bilanzirung der Einnab,neu und Ausgaben der Einzelwirthschaften ruhe. Im Sinne der VolkSwirthschaft ist verschuldete Schwächung der Productiv kraft gerade so Verschwendung, wie unproductive Verwendung der Einnahmen oder Vergeudung des Vermögens; im Sinne des heute geltenden Gesetzes aber nicht. Da nun die un productiven Ausgaben für Alkohol theils direct, theils indirect durch Verminderung der Productivkrast und somit der Ein nahmen jene Bilanzirung ins Schwanken bringen und damit eben denselben Effect herbeisühren. wie die Verschwendung von Vermögen, die wirthschaftliche Nothlage, darum erscheint die Entmündigung solcher Trinker — welche man vielleicht als „Gewohnheitstrinker" bezeichnen sollte — gerechtfertigt. Deutsches Reich. K. Berlin, 17. September. DaS Urtheil de« Kissinger Schöffengerichts, welches über den amerikanischen Kaufmann Stern wegen schwerer Beleidigung eines Staatsbeamten und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt eine Geld- und eine Gefängnißstrafe verhängt, ist rechtskräftig geworden. Tie Münchener „AllgemeineZeitung" nimmt diese- Ereigniß zum Anlaß, den dem Erkenntniß zu Grunde liegenden Thatbestand nochmals ausführlich zu erzählen. Wir haben gegen ihre Darstellung, die, in ruhiger Sprache und ohne sich mit der Wavrheit ,n Widerspruch zu setzen, da« tadellose Verhalten des beschimpften Beamten und die grenzenlose Ueberhebung de» Berurtheilten bei und nach der Verübung seiner Ver gehen beleuchtet, nur das Eine einzuwenden, daß sie in einer deutschen, einer bayerischen Zeitung gegeben wird. In der deutschen Presse, wenigstens in der an ständigen. zu der das Münchener Blatt von Freund und Feind gezählt wird, ist es etwas ganz Ungewöhnliches, um nicht zu sagen Unerhörtes, gerichtliche Erkenntnisse nachträglich zu rechtfertigen. Die „Allg. Ztg." mußte also zweifellos einen besonderen Beweggrund zu ihrem Verfahren haben, und si, giebt auch »inen an, aber »inen solchen, der ganz und gar unstichhallig ist. Das Blatt schreibt: „Der Fall Stern er heischt ja eine genauere Würdigung, weil sich erhebliche juristische und völkerrechtliche Fragen daran knüpfen." Das bestreiten wir und, wie wir nicht zweifeln, mit unS die gesaiiimte Juristenwelt. Im Fall Stern waren, juristisch-technisch genommen, eine simple Beleidigung und ein ebenso simpler Widerstand gegen die Staatsgewalt zu beurtbeileri, der jüngste bayerische Recktsvraktikant hätte nicht Gelegenheit gefunden, sich daran seine Sporen zu verdienen. Bei der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf den klaren, von dem Angeklagten selbst nur in einem Puncte höckst unglaubwürdig geleugneten Thatbestand konnte keine juristische „Frage" culslebeu. Und wo aar^sollte die „völker rechtliche" Seite des Falles zu finden sein r Stern ist ein Aus länder, aber ß. 3 des ReichsslrafgcsetzbucheS lautet: „Die Straf gesetze des deutschen Reiches finden Anwendung auf alle im Gebiete desselben begangenen strafbaren Handlungen, auch wenn der Thäter ein Ausländer ist." Weder in Staats verträgen, »och in der völkerrechtlichen Praxis findet sich auch nur der schwächste Anhaltspunkt für die Auffassung, die Anwendbarkeil dieser Gesetzesvorschrift könnte in irgend einem Falle zweifelhaft sein. Tein Münchner Blatte kann dies nicht unbekannt gewesen sein, und man muß deSbalb nach einem andern Beweggrund für seine nachträgliche Begründung des Urtheilö gegen Stern suchen. Leider liegt er auf der Hand. Der Verurtbeilte ist ein reicher und deshalb in seiner Heimath angcscbencr Amerikaner, es machen sich diplomatische und andere Einflüsse zu seinen Gunsten geltend — und dem Prinz-Regenten von Bayern liegt ein Begnadigungsgesuch des Stern vor. Die Re kapitulation der „Allg. Ztg." kann keinen andern Zweck haben, als den einer Entschuldigung für den Fall, daß ein deutscher Fürst auf Grund der ihm von seiner Herrscherpskicht vor- geschriebeiien Erwägung aller Umstände in einem bestimmten Falke zu einer Eut)cheivung gelangen sollte, die irgendwo im Auslände nicht gefallen würde. Einen noch so starken von Fremden geübten Druck in den Spalten eines aufrichtig nationalen Organs fortwirken zu sehen, daS ist keine erfreu liche Wahrnehmung in dem Jubeljahr des Wiederauflebens des deutschen NationalbewußtseinS. * Berlin, 17. September. Der „Allgemein e deutsch e Handwerkerbund" veröffentlicht soeben eine Protest-Vor stellung, betreffend die Zusammensetzung der Handwerker- Conserenz, welche an das Reichsamt des Innern in Berlin, unter gleichzeitiger abschriftlicher Verständigung dem Minister für Handel unv Gewerbe, Herrn v. Berlepsch unv dem „Centralausschuß der vereinigten Innungs-Verbände Deutsch lands", zugesandt worden ist. In dem Protest wird betont, daß von 29 in Deutschland bestehenden Innungsver- bänden 22, von 26 existirenden norddeutschen Jnnungs- ausschüffen 16, außerdem drei Gewerbekammern und die Berliner Malerinnung vertreten gewesen seien, jedoch zur allgemeinen Verwunderung habe man dem „All gemeinen deutschen", dem Ostdeutschen, dem Bayerischen und dem Badischen Handwerkerbunde keinerlei Vertretung zu gebilligt. Der hervorstechendste Zug der Zusammensetzung der Conferenz sei aber der gewesen, daß von derselben eine jede Vertretung des süddeutschen Handwerkerbundeö, und zwar, wie angenommen werde, mit Absicht, ferngehalteu worden sei. Da nun aber die Beratbungen das ganze deutsche Handwerk berührten und interessirten, und Süd- deutschland doch auch zum Reiche gehöre, so erblickten sie in dieser tendenziösen Zurücksetzung der Handwerkerbunde, be sonders des süddeutschen Handwerkerstandes eine craffe Ver letzung der Gleichberechtigung! Der „Allgemeine deutsche Handwerkerbund" protcstire daher ganz entschieden dagegen, daß vielleicht die Ergebnisse der Verhandlungen in der Con ferenz als der Ausdruck und die Willensäußerung des ge summten deutschen Handwerkerstandes zuständigerseilS betrachtet würden. * Berlin, 17. September. In der „Soz. Praxis" wird daran erinnert, daß vor drei Jahren zur Cholera zeit der „Reichsanz." schrieb: ,,Es ist zur Sprache gebracht worden, daß die Werkstätten zur Herstellung, Verpackung rc. von Nahrungs- und Genußmitteln, z. B. in Brod- und Kuchenbäckereie», Condtloreten, Wurstfabriken u. dergl., nicht fetten als Schlafstellen für Gehilfen und Lehrlinge benutzt werden. Daß eine solche Ver wendung nicht nur unappetitlich, sondern auch sür die Schläfer in solchen Räume» sowohl, wie unter Umständen sür die Consnmenten jener Artikel gesundheitsgesährdend ist, leuchtet ein. Die (preußischen) Regierungspräsidenten sind vom Minister der geist- liehen, Unterrichts, und Medicinalangelegenheiten zuM Bericht über den Umfang dieser Unsitte und Li» »öthigensalls ge- botenen Maßregeln dagegen ausgefordert worden." Dazu wird in dem angeführten Blatte bemerkt: „lieber die Ergebnisse dieser Enquete ist fast nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen. Als dann 1894 die Commission sür Arbeiterstattstik über die Arbeitszeit in Bäckereien ihren Schluß bericht erstattete, glaubte sie „empfehlen zu sollen, daß den Lander regierungen von Reichs wegen eine Anregung gegeben werde, au die Beseitigung der angedeuteten Mißstände ihr besonderes Augen merk zu richten", soweit nicht schon von Reichs wegen ein Ein- schreiten möglich sei. Von jener Enquete des Cultus Ministers hat sie nicht einmal gewußt. Sie bedauerte, daß sie ihrerseits ein Enquete darüber wegen der Beschränktheit ihrer Befugnisse nicht anstellen könne. So kommt es, daß w>r nicht nur über die Schlaseinrichtunge» und Echlasiäume im Bückergewerbe, sondern auch über die Zustände in den Backräumen selbst uns in einem bedenklichen Dunkel befinden, während hin und wieder gelegentliche Enthüllungen über unsaubere, scheußliche, ja scandalöse Verhältnisse in diesen Räumen aus dem Ausland wie aus Deutsch Ia»d selbst zu Tage kommen." Nachdem dann zahlreiche Fälle aus ausländischen und inländischen amtlichen Schriftstücken über Unsauberkeit in einzelnen Bäckereien angeführt sind, wird eine amtliche Enquete über die Sauberkeit in den Bäckereien verlangt. V. Berlin, 17. September. (Telegramm.) T Kaiser hat die Reise nach Rominten um einige Tage ve schoben, weil die Hirsche noch nicht schreien. Der Kais reist nunmehr am 19. d. M. Abends von hier nach Nomint ab — Heute Vormittag verblieb Se. Majestät im Arbeit zimmer und arbeitete allein. 0. U. Berlin, 17. September. (Priv alteleg ramm.) Zum ersten Male ist ein Bürgerlicher Flügrlntzftttant des Kaisers geworden; es ist Oberstlieutenant Mackensen, Coiumandeur des 1. Leib-Husaren-Regiments. L. Berlin, 17. September. (Privattelegramm.) Der Reichskanzler Fürst v. Hohenlohe-LchtllingSfürst Winke bei seiner Sonntag Nacht in Danzig erfolgten Ankunft vom Oberpräsidenlen Vr. v. Goßler empfangen und nach dem Hotel du Nord geleitet. Gleich nach Ankunft des Reichskanzlers traf der preußische Gesandte in Hamburg, Herr v. Kiderleri-Wäckter, von der „Hohenzollern" im Hotel du Nord ein und kehrte erst nach zwei Stunden nach der „Hobenzollern" zurück. Montag Vormittag gegen 10 Uhr Iwlte Oberpräsident v. Goßler den Reichskanzler mit seiner Equipage aus dem Hotel ab. Gleich nach 10 Uhr langten die Herren auf dem Hohethorbahnhofe an, wo auch sehr bald unter Salutschüssen der kaiserliche Zug eintraf. Fürst Hohen lohe bestieg den Wagen des Kaisers, wo er von demselben mit freiindlichcin Händedruck begrüßt wurde. L. Berlin, 17. September. (Privattelegramm.) Wie aus Wien gemeldet wird, veröffentlicht die „Neue Freie Presse" eine aus Sistrans vom 16. d. M. datirte Zuschrift des Freiherrn v. Hammerstein, folgenden Inhalts: „Die Redaction der „Neuen Freien Presse" in Wien ersuche ich auf Grund des Preßgesetzcs um Ausnahme folgender Berichti- gung: In Nr. 11151 der „N. Fr. Pr." vom 10. September 1895 wird an die vom „Vorwärts" in Berlin veranlaßte Veröffentlichung aus einer angeblich Hainmerstein'fchen Mappe unter Ausland zur Tagesgeschichte eine den Hosprediger a. D. Stöcker und mich beir. Darstellung geknüpft, welche in allen wesentlichen Puncten frei erfunden ist. Ich stelle dem gegenüber fest, daß ich niemals ein an mich gerichtetes Privat- chreiben dem „Vorwärts" oder anderen Zeitungen übergeben habe und daß, soweit meine Erinnerung reicht, Stöcker niemals einen der Veröffentlichung des „Vorwärts" entsprechenden Brief an mich ge» richtet hat. Der unerhörten Insinuation, betr. einen bei der „Kreuz, zeitung" angesammelten Fond, gegenüber beschränke ich mich darauf, zu constatire», daß der betr. Fond an Stöcker abgesührt wurde und daß die betr., in Zahlen und Buchstaben von Stöcker ausgcsertigte Quittung sich in meinen Händen befindet." Herr v. Hainmerstein Hai bei Absei,düng dieser Berich tigung augenscheinlich die von Herrn Stöcker im „Volk" ver öffentlichte Erklärung noch nicht gekannt, sonst würde er sich anders auSgedrückt haben. In dieser Erklärung läßt es Herr Stöcker ja allerdings zweifelhaft, ob er den im „Vorwärts" veröffentlichten Brief an Herrn v. Hammer stein geschrieben habe, er gesteht aber zu, daß der Inhalt seiner Auffassung entspreche. Und diese Auffassung hat Herr von Hamiiiersrein zweifellos gekannt und gethcilt. Ferner sagt Herr Stöcker i» seiner Erklärung in Bezug auf den viel besprochenen Fond, Herr von Haiiiilierstein habe auf briefliche Aufforderung nach einigen Tagen den Nest der Summe auS- bezahlt. Er gesteht also ein, daß es wenigstens mit diesem Reste gehapert habe. Es ist übrigens bei der jetzigen Lage der Sache sehr glcichgiltig, was Herr v. Hammerstein erklärt. Es genügt, zu wissen, daß das Kreuzzeitungscomits, das den Herrn so lange gehalten und vertbeidigte, der Staatsanwaltschaft demiucirt und daß diese schon vor dieser Denunciation Veranlassung genommen hat, mit dem „Fall Hammerstein" sich zu beschäftigen. — Der Minister des Innern hat, wie die „Schles. Ztg." meldet, neuerdings Erhebungen über die Theater anstellen lassen. Für jedes öffentliche Tbeater, in dem im Iabre 1891 oder 1895 Vorstellungen stattfanden, hat die Ort-polizeibehörde einen Fragebogen auszufüllen, für dessen Beantwortung im Allgemeinen der Stand zu Anfang der Winterspielzeit 1895 maßgebend ist. Der Fragebogen ver langt Auskunft über folgende Puncte: lieber die ortsübliche Bezeichnung des Theaters; darüber, ob das Gebäude, in dem das Theater sich befindet, oder ob wenigstens einige Räume oder doch ein Saal zu Theaterzwccken ausschließlich oder hauptsächlich dient; wie viel Plätze der Zuschauerraum saßt, welche Arten von Plätzen unterschieden werden, wie viel von jeder Art vorhanden sind und was die verschiedenen Arten bet gewöhn lichen Preisen kosten; ob die Buhne verbältnißmäßig groß, mittel oder klein ist; ob eine ständige Bühneneinrichtung vorhanden ist und ob Decorationen vorhanden sind, in welcher Zahl und in welchem Zustande; wer der Eigenthümer des Gebäudes, wer der Besitzer (Miether) der Räume und wer der Theatcrunternehmer ist; ob letzterer das Theater gewerbsmäßig und ob im stehenden Gewerbe, betriebe oder im llmberziehen betreibt; ob er Subvention erhält, von wem und worin sie besteht; über das Personal in eingehender Weise; über die Gattung der Stücke, die ausgeführt werden; darüber, ob den Vorstellungen ein höheres Interesse der Kunst beiwohnt; ob die Zuschauer, wenigstens zum Theil, an Tischen sitzen, ob im Zu» schauerraume geraucht und Schankwirthschaft betrieben wird; wie lange die Spielzeit im Winter und im Sommer dauert; wie oft iu jeder Woche gespielt wird; endlich ob der Besuch des Theaters stark, mittel oder schwach ist. Außer auf solche Theater, zu denen der Eintritt Jedem gegen das übliche Eintrittsgeld freistelit, baden sich sodann die Erhebungen auch auf solche zu erstrecken, zu denen als Zuschauer nur Mitglieder eines bestimmten Vereins und ein geführte Gäste Zutritt haben, jedoch nur dann, wenn der Verein im Jahre mindestens zehn Aufführungen zu ver anstalten pflegt. Für solche Vereinstbeater ist ein zweiter Fragebogen entworfen. UeberdieS ist sür jedes öffentliche wie für jedes VereinStkeater noch besonders die Frage zu beant worten, welche Uebelstände in wirthschaftlicher, künstlerischer oder sittlicher Beziehung bei dem Theater oder im Zusammen hänge damit hervorgctreten sind. — Die „Vossische Zeitung" bringt die wenig glaub würdig klingende Nachricht, daß der Eultusministrr eine Berkürzung der Schulpflicht auf dem Verwaltungs wege zur Durchführung zu bringen scheine. AuS zwei Re gierungsbezirken (Königsberg und Gumbinnen) werde be richtet, die Aufnahme und Entlassung der Kinder sei so ge regelt worden, daß die Schulpflicht in den Landschulen 7 vis 7> r und in den Stadtschulen 7^/z—8 Jahre dauere. An scheinend seien diese Bestimmungen sür den ganzen Staat er laffen worden. Die Unterrichtsverwaltung würde damit für die Hälfte der ländlichen Schuljugend uni ein Jabr und für die andere Halste und einen Tdeil der städtischen Jugend um ein halbe« Jahr unter die bisberige Norm yeruntergrhen.
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