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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950919021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895091902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895091902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-19
- Monat1895-09
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6620 kältere Hochplateau gelangt sind, siebt nickt im Widerspruch mit den Meldungen französischer Blätter, die von zablreicken Erkrankungen zu melden wußten. Diese Krankheitsfälle stammen eben aus der Zeit der, wo das französische ExpeditionScorpS noch in den niederen sumpfigen Küsten- rrgionen weilte. Nachdem man daS Hochplateau erreicht hat, dürste der schwierigste Tbeil des Weges überstanden sein und rS ist wahrscheinlich, daß die Expedition DuckeSne'S die Hauptstadt des Landes noch vor Beginn der schlechten Jahreszeit erreicht, freilich in erheblich decimirtem Zu stand, so daß eS immerhin zweifelhaft erscheint, daß dasselbe der numerischen Uebcrmacht der HovaS gewachsen sein wird. Auch muß eS mit Besorgniß erfüllen, daß die Madagassen auf ihrem Rückzug alle Ortschaften verbrennen, so daß die Verproviantirung der französischen Truppen auf Schwierigkeiten stoßen dürfte. Nicht unwahrscheinlich ist eS, daß die HovaS ihren Plan, auch die Hauptstadt des Landes in Brand zu stecken, zur Ausführung bringen und durch massenhaftes Umherstreuen getödteten Viehes ungünstig auf den Gesundheitszustand der Expedition einzuwirken suchen werden. Deutsches Reich. 6.8. Berlin, 18. September. Capitain Freiherr von Bodenhausen, welcher zum Commandanten der kaiserlicken Hackt „Hohenzollern" ernannt wurde, war zuletzt Oberwerftdirector der Werft Wilhelmshaven; er ist jetzt der fünftälteste (dem Range nach) Capitain zur See und kann auf eine außerordentlich schnelle militairische Carriöre zurückblicken. Er ist am 22. September 1869 Unterlieutenant zur See geworden und wurde bereits nach kaum zwei Jahren (22. Juni 1871) zum Lieutenant zur See befördert. Am 13. Januar 1876 erfolgte seine Beförderung zum Capitainlieutenant, am 13. Juni 1882 die zum Corvetten- capitain. CapitainzurSeeisterseitdem I.April 1889. DerStab der Jacht „Hohenzollern" ist nun wie folgt zusammengesetzt: Commandant Freiherr von Bodenhausen, erster Officier Corvetten-Capitain Brussalis, Wachlofficiere Lt. z. S. Graf v. Platen-Hallermund, derjenige Officier, der kürzlich das Torpedoboot zur Sedanfeier den Rhein berunrergebracht; ferner LtS. zur See Freiherr v. Ketelhodt und v. Hahnke bez. v. Koppelow. Die Maschinen sind der Obhut des Maschinen-Ober-Jngenieurs Raetz anvertraut. Q Berlin, 18. September. (Im NeichStagSwahlkreise Großwaltenberg-OelS hat bekanntlich gestern die Er satzwahl zum Reichstag stattgefunden, welche durch den freiwilligen Verzicht des Herrn von Kardorsf notkwendig wurde. Soweit bis jetzt die Nachrichten über den Ausfall der Wahl vorliegen, ist der mit ungeheuerem Aufwand von Kräften unternommene Anlauf der Freisinnige» vollständig mißglückt. Diese batten wohl auf eine Stichwahl mit Herrn vou Kardorff gerechnet, um dann von den Antisemiten einen zweiten Beweis der Dankbarkeit für die aufopferungsvollen Dienste in Waldeck zu empfangen. Nun scheint es bas tückische Spiel der Urue zu wollen, daß im Gegentheil die Freisinnigen zwischen Herrn von Kardorff und einem Antisemiten zu ent scheiden, also sich nochmals für die in CöSlin genossene Unter stützung dankbar zu erweisen haben. L) Berlin, 18.September. Wie wenig die Akademiker in der socialdemokratischen Partei beliebt sind, zeigte eine Parteiversammlung für den hiesigen 3. Wahlkreis, in der die Wahlen der Delegirten zum Breslauer Parteitage vorgenommen wurden. Die „Genossen" übten die schärfste Kritik an den sogenannten Intelligenzen, die sich mehr zu sein dünkten als die gewöhnlichen Arbeiter, und es gelangte auck in dieser Versammlung ein besonders gegen den Reichstags abgeordneten vr. Schön lank gerichteter Antrag zur An nahme: auf dem Parteitage zu beantragen, daß kein Partei beamter, der mehr als 3000 ^ Gehalt bezieht, Diäten als Dele- girter erhalten dürfe.—Als ein „Opfer der Classenjustir" stellte unter stürmischem Beifall der Versammelten aus dem Berliner Parteitage vom Jahre 1892 der Abgeordnete Singer den „Genossen" Gott lieb auS Bremen vor und auf des Ersteren Veranlassung wurde dann Letzterer per Acclamation zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Der „brave Gottlieb" hatte nämlich kurz vorher eine Gefängnißstrafe wegen Preßvergehens verbüßt. Jetzt haben ihn seine eigenen Genossen dieser selben Staatsanwaltschaft, die ihm den Preßproceß eingebrockt hatte, denuncirt und sie nehmen nun selbst diese „Classenjustiz" für die räudigen Schafe in ihren eigenen Reihen in Anspruch. Man darf hieraus wohl folgern, daß die „Genoffen" auch im Zukunftsstaat ohne Gesetze und Rechtsprechung nicht werden auSkommen können. * Berlin, 18. September. Herr Stöcker veröffentlicht im „Volk" folgende Erklärung: „Die „Kölnische Zeitung" in ihrer Dummdreistigkeit spielt sich als Untersuchungsrichler der consrrvativen Partei auf und beschäftigt sich dabei auch mit meiner Person. Ich würde ihr rathen, ehe sie vor fremden Thüren fegt, sich an die Sünder und Verbrecher der Mittel Parteien zu erinnern. Sie findet einen national- liberalen Abgeordneten und Monstrebetrüger, der Selbstmord »er- übte, einen steiconservativen Abgeordneten und hohen Beamte», der wegen Unterschlagung mit mehrjährigem Gefängniß bestraft wurde, notorische Ehebrecher, die noch heute im politischen Leben einen starken Einfluß auSüben und in kirchlichen wie sitt lichen Fragen daS große Wort führen. Wie kommt sie dazu, aus dem Fall Hammrrstein nichtswürdigr Anklagen gegen die consrrvative Partei, gegen conservative Männer zu schmieden? Das ist eine pharisäische Selbstüberhebung ohne Gleichen. Wenn ich ihr aus den Artikel vom 15. September antworte, so thur ich es nicht aus Achtung vor ihrer Meinung, sondern nur, um ihr vielleicht zur Erkenntniß ihrer Thorheit und Anmaßung zu verhelfen, obwohl ich geringe Hoffnung des Erfolges habe. Ich erkläre also der ganze» liberalen Sippschaft von Verleumdern ein für allemal, daß ich, wie viele Andere, wie seine Verwandten und Freunde, Freiherrn von Hammrrstein bis zum Frühjahr 1895 für eine» durchaus ehrenwerthen Mann hielt, an dessen Schild kein Flecken hafte. Als ich die erste Andeutung von seinen Vergehungen erhielt, bin ich in demselben Augenblick zu ihm geeilt, um die Wahrheit zu erfahren. Seitdem habe ich je nach dem Maße der Erkenntniß seiner Schuld meine Beziehungen zu ihm als Freund und Seelsorger dazu verwandt, ihn zur Auf richtigkeit zu mahnen und ihn zu bewegen, daß er aus seine politischen Stellungen freiwillig ver- zichte. Tara», daß er in der „Kreuzzeitung", wie in der conservative» Partei völlig unhaltbar sei, habe ich ihm von Anfang an keinen Zweifel gelassen. Daß ich mich durch mein Ehrenwort gebunden hätte, über Einzelheiten in der Angelegenheit des vielbesprochenen Fonds nichts zu sagen, ist eine Lüge. Da ich den verstorbenen Rendanten Guethlein nicht näher kannte, sondern ihn nur einige Male im Vorzimmer des Kreuz- zeiiungs-Bureaus flüchtig sah, hatte ich in dieser Sache überhaupt kein genaues Urtheil. Ich konnte deshalb vor dem ComitS auch nichts Anderes aussagen, als daß der Fonds ausgezahlt fei und daß ich nicht feslstcUen könne, ob Freiherr v. Hammerstein in seiner Antwort auf meine Anfrage Wahrheit oder Unwahrheit berichte. Gleich daraus brach dann die Katastrophe herein und offenbarte uns Allen die erschütternde» Thatjachen, welche jetzt von einer zügellosen Presse zu Parteizwecken ansgebeutet werden. Ich halte ein solches Verfahren für verächtlich und hoffe, daß auch liberale Männer von Ehre darin mit mir übereinstimmen. Berlin, den 17. September 1895. Adolf Stöcker." Die „Köln. Zlg." wird die Antwort nicht schuldig bleiben. — Ferner tbeilt Herr Stöcker mit, daß in dem Abdruck seines für die „Evangel. Kirchenztg " geschriebenen Artikels ein Satz falsck wiederzezeben ist. Es muß beißen: „Mit der Walder- fee-Versammlung war es nicht anders." DaS „nicht" fehlte im „Volk". Herr Stöcker behauptet also, daß auch die An regung zur Waldersee-Versammlung vom Hofe ausgegangen sei. — Fürst Bismarck hat den Grafen Waldersee durch ein Handsckreiben zu feiner Ernennung zum General oberst mit dem Range eines Generalfeldmarsckalls beglück wünscht. Unter den zahlreichen Gratulanten befinden sich auck ber König von Italien, sowie die italienischen Generale Cosenz, Primerano und Mocenni. — Die Einstellung von Seeofficiersaspiranten als Seecadetten kann im nächsten Frühjahr nur in beschränkter Zahl erfolgen, da die etatsmäßigen Stellen nicht überschritten werden dürfen. In erster Linie werden daher nur Abiturienten der höheren Lehranstalten bei der Einstellung berücksichtigt werden können. Obwohl die Meldungen bis zum Februar nächsten Jahres erfolgen können, liegt dock bereits eine große Anzahl von Gesucken junger Leute vor, die als Cadetten in die Flotte eintreten wollen. — Die Ersetzung dcö Oberstlieutenants v. Trotha im Commando der ostafrikanischen Schutztruppe durch einen Officier geringeren Grades erfolgt, wie den „Münch. N. N." aus Berlin gemeldet wird, um die Unznträglichkeiten zu ver meiden, die sich aus der Charge des Gouverneurs, Majors v. Wissmann, in dessen Verkehr mit einer im militairische» Range über ihm stehenden, sonst aber ihm Nachgeordneten Persönlichkeit entstehen könnten. — Die Fraktion der Linken der Stadtverordnetenversamm lung hat die Einbringung einer Interpellation wegen der Kameel-Jnschrist abgelehnt. — Die Schulden, die der flüchtige Frhr. v. Hämmer st ein hinter sick gelasfen, belaufen sich, der „Volksztg." zu folge, in Wahrheit auf nickt weniger als 800 000 Während feiner Tbätigkeit an der Spitze der Redaction der „Kreuzztg." bat der Freiherr im Ganzen etwa 400 000 vereinnahmt, so daß er durchschnittlich im Jahre 120000 ver braucht bat. Ferner meldet ein Localblatt: „80 Briefe, die einem Schriftwechsel zwischen Herrn v. Hammerstein und hervorragenden Mitgliedern der conservativen Partei ent stammen und der „Geheimmappe des Vorwärts" nicht über antwortet sind, werden demnächst in Broschürenform zur Veröffentlichung gelangen." — In dem Blatte „Versöhnung" verwahrt sich dessen Herausgeber, Herr von Egidy, gegen den Vorwurf, daß er für Äeußerungen in der „Ethischen Cultur", die auf Majestätsbeleidigung und Propaganda des Umsturzes hiuausliefen, verantwortlich zu macken sei. Er erklärt: „Die Zeitschrift „Ethische Luttur" ist nicht „meine", noch stehe ich zu derselben in irgend einer anderen Beziehung, als daß ich sehr Vieles, was sie bringt, für sehr richtig halte. Ich bin auch nicht Mitglied der „Deutschen Gesellschaft für Ethische Cultur", ohne mit dieser Richtigstellung meine volle Uebereinstiiumung mit den eigentlichsten Zielen dieser Vereinigung verleugnen zu wollen." — Die „Dtsch. Tagesztg." des Bundes der Land wirt he beginnt erst jetzt von den Anschuldigungen gegen Herrn von Hammerstein Notiz zu nehmen. Sie meint: „In der Verurtheilnng des Mannes sind Alle einig, auch dieje nigen, die ihm früher politisch nahe standen. Daß bei dieser Ver- urkheklung eia gute- Stück Pharisüerthum mit unterläuft. Ist bei der menschlichen Natur leicht erklärlich." Auf wen bezieht sich dieses Zeugniß des PharisäertbumS? Auf „diejenigen, die ihm früher politisch nahe standen?" — Der „Vorwärts" veröffentlicht jetzt auch, und zwar „um jeden Schein zu zerstören, als hätte die Agrarcouunission in den Vorentwürsen ihrer Unterausschüsse zum Agrar- Programm irgend etwas zu verbergen, sowie als Antwort auf die für die Veröffentlichung lautenden Beschlüsse mehrerer Parteiversammlungen" die Entwürfe der drei Unteraus schüsse zn einem Agrar-Programm in ihrem Wortlaut. Wie auö der Formulirung ersicktlich, hatte sich der nord deutsche Unterausschuß von vornherein daS Agrarprogramm in das Erfurter Programm hineingearbeitet gedacht, während der mittel- und süddeutsche Ausschuß, dem v. Vollmar an gehörte, die Form eines Anhangs an daS Erfurter Programm wählten. Ein weiteres Eingehen auf die drei Entwürfe ist unnötbig. ES genügt, daran zu erinnern, daß eingestandener Maßen alle diese Entwürfe ja nichts weiter bezwecken als Bauernfang. — Einen Beitrag zur Frage der Behandlung der Socialdemokratie liefert der vom rheinischen Agitations- aussckuß soeben veröffentlichte Bericht über die Rbeintour des Abgeordneten Molkenbuhr.s Während im Regierungs bezirk Düsseldorf gegen jede dieser Molkenbuhr-Versamm- lungen polizeilich eingeschritten wurde, sobald auck Frauen in ihnen anwesend waren, ist in den Regierungsbezirken Köln und Aachen die Theilnahme von Frauen un beanstandet geblieben. Es war das erste Mal, daß am Rhein die Socialdemokratie planmäßig und in größerem Stil das weibliche Element zur Agitation heranzuziehen versuchte, und da benutzte denn die Düsseldorfer Regierung die sich ihr bietende Handhabe des Vereinsgesetzes und vereitelte auf diese Weise den Versuch. Daß sie mit ihrer Auffassung, daß die Ver sammlungen Veranstaltungen eines Vereins (des Agitations- ausschusscS) waren, im Rechte sich befand, wird von der Sccialdcmokratie natürlich bestritten, was ihr dadurch er leichtert wird, daß das, was man in Düsseldorf verbot, in Köln »nd Aachen zugelassen wurde, und daß so der Eindruck einer gewissen Willkür sich festsetzen konnte, den agitatorisch zu verwerthen die socialdemokratische Presse natürlich nicht versäumen wird. Eine einheitliche Behandlung der Frage in den drei Nachbarbezirken hätte sich in diesem Falle ent schieden empfohlen. — Der Ausstand derMaurer bei den neuen Casernen- bauten am Tempelbofer Felde ist schon wieder beendet. Ein größeres Fiasko als diesmal ist selten von Ausständigen er zielt Worten. — Angekoinmen ist der Minister für Lanbwirthschast, Domainen und Forsten, Frhr. von Hammerstein, vom Urlaub. * Flensburg, 17. September. Der socialdemokratische Maurergeselle Theodor Schmidt aus Flensburg batte auf der Straße von Toftlund die Emser Depesche in bekannter Manier glossirt und dadurch Aergerniß erregt. Das Tvftlunder Schöffengericht verurtheilte Schmidt wegen groben Unfugs zu vierzehn Tage» Haft. * Heliiolailv, 18. September. Der Cultusminister Bosse und Gebeimratb Althosf sind soeben eingetroffen. Sie wurden an der festlich beflaggten Landungsbrücke von den Vertretern des Landrathsamls, der Gemeinde und des Biologischen Instituts feierlich empfangen. * Altona, 18. September. Generaloberst Graf Waldersee hat, wie der „Nord-Ostsec-Ztg." gemeldet wird, einen 14tägizcn Urlaub angetreten, den er in Württemberg zu verleben gedenkt. * Bremen, 17. September. Auck in Bremen wird jetzt gegen die Socialdemokratie vorgegangen. Wie den „Hamb. Nachr." berichtet wird, werden nicht nur die socia- listischen Versammlungen in weit schärferer Weise als früher überwacht, sondern man hat auch einen socialistischen Agi tator aus Bremerhaven ausgewiesen. Es handelt sich um den aus Oesterreich gebürtigen Heinrich Steiner, der im Jahre 1891 Leiter des großen Streiks der Heizer und Kohlenrieher des „Norddeutschen Lloyd" war und seitdem als Geschäftsführer des Vereins der Heizer und Kohlenzieher in Bremerhaven fungirte. Demselben ist die nachstehende Ver fügung der Polizeicommission des Senats zugestellt worden: „Der sich seit einigen Jahren in Bremerhaven aufhaltende Heinrich Steiner aus Oesterreich wird mit Rücksicht aus sein Ver- halten im Bremischen Staatsgebiete als lästiger Ausländer aus dem Bremischen Staatsgebiete ausgewiesen. Er hat das diesseitige Staatsgebiet binnen acht Tagen zn verlassen. Bremen, den 7. Sevtember 1895. Die Polizeicommission des Senats. Schultz. Stadtländer." * Braunschwrlg, 18. September. Die Zwangsver steigerung der Berliner Grundstücke des Herrn v. Hammer stein findet am 23. September aus Antrag der Braunschweig- Hannover'schen Hypothekenbank statt, welche die Grundstücke an erster Stelle bestehen hatte, bevor Hammerstein Besitzer wurde. Die Forderung der Bank, */, Million, ist voraus sichtlich gedeckt. * Bielefeld, 17. September. Es ist leicht erklärlich, daß die Veröffentlichung der Hammerstein'schen Briefe gerade in unserer Stadt besonderes Aufsehen erregt, da ein Tbeil derselben die Wabl betrifft, bei der sich die hiesige mächtige conservative Partei spaltete. Interessant ist die Erklärung, mit welcher der bisherige Führer dieser Partei, Herr Oberlehrer Eickhofs, sich von derselben damals loS- sagte. Sie lautet: „Ich habe mich von der politischen Agitation zurückgezogen, weil ich mich den Bestrebungen der „Neuen Westfälischen VolkSzeitung" und der ihr nahestehen den Organe, Mißtrauen zwischen Se. Majestät, unfern, Kaiser, und seinem erprobten ersten Diener, den OkeichSkanzker Fürst Bismarck, zu säen, nicht anschließen konnte. DaS verbietet mir, der ich nicht das Cartel um jede» Preis wünsche, der ich ebenfalls nicht jede Maßregel des Fürsten Bismarck gutheißen kann, mein Ge wissen." * Aus dem Kreise Soest. 17. September. In dem hiesigen Kreise wird demnächst der Versuch gemacht werden, den Land- wirthen durch die Errichtung eines Getreide-Lager hauses, ähnlich wie in WormS, bessere Preise zu ver schaffen. Mit dem Lagerhause soll eventuell auch eine große Genossenschaftsbäckerei, die Pumpernickel herstellt, verbunden werden. Es haben sich 22 Landwirtbe bereit erklärt, mit 34 500 Capital die Sache zu unterstützen. * Kassel, 16. September. Auf dem Grabe deS bei Sedan gefallenen CommandeurS deS I I. Armee-CorpS, Generals v. Gersdorsf, welches sich auf dem hiesigen Militairfried- hose befindet, hat der Kaiser einen Lorbeerkranz nieder legen lassen. * Weimar, 18. September. Der hier wohnhafte General major v. Eberhardt, zuletzt Commandeur der 38. Jn- fanleriebrigade, hat der „Kreuzztg." zufolge am 1. September folgendes Telegramm erhalten: „Gern und dankbar erinnere Ich Mich heute des tapferen Com- mandeurs der braven Fünjundvierziger beim Kampf um Floing und verleihe Ihnen hierdurch den Kronenorden zweiter Classe mit dem Stern. Berlin, den 1. September 1895. Wilhelm K." * Tanustavt, 18. September. Prinz Heinrich von Preußen ist heute Morgen in Romrod eingetroffen; er wohnt morgen den Manövern zwischen Lauterbach und Als feld mit dem Großherzog bei und besucht mit seiner Gemahlin und der großherzoglichen Familie am Sonnabend die land- wirthschastliche Ausstellung in Gießen. * Nürnberg, 17. September. Wie im Stuttgarter Volks verein konnte man sich auch in einer gestern hier abgehaltenen demokratischen Versammlung nicht für die von parteiofficiöser Seite befürwortete Neuordnung der Leitsätze des Pro gramms der deutschen Volkspartei erwärmen. Man beschloß deshalb, zu beantragen, daß der Münchener Partei tag wieder den das demokratische Bekenntniß ausdrückenden Punct an die Spitze des Programms stelle. * Stratzburg, 17. September. Der reichskändische Unter- staatssecretair für Justiz und Cultuö, Di. Hoseus, hat seine Demission gegeben. Die Ursache seines Rücktritts ist aus schließlich in Gesundheitsrücksichten zn suchen. Hoseus leidet seit Jahr und Tag an Muskelschwund. Eine Genesung ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Sein Rücktritt har keine politische Bedeutung. Als Nachfolger gilt Oberstaats anwalt Rassiga-Colmar. Zn zweiter Linie kommen Ministerial- rath Hamm und Bankdirector Di. Petri in Betracht. Oesterreich-Ungar». * Wien, 18. September. Der Kaiser ist heute Abend 8 Uhr 5 Min. aus Kis Czell in Wien eingetroffen und hat sich alsbald nach Schönbrunn begeben. * Wien, 18. September. Die Wahlen des zweiten Wahlkörperö (Mittelklasse, Beamte. Intelligenz) werden am 23. September, die des ersten Wahlkörpcrs (Großkapital) am 26. September stattfinden. Im zweiten Wahlkörper stehen die Chancen der Deutschliberalen ebenfalls verzweifelt schleckt. Voraussichtlich werden die Antisemiten im künftigen Wiener Gemeindcrathe nahezu eine Zweidrittelmehrheit besitzen. * Wien, 19. September. (Telegramm.) Wie die „N. Fr. Pr." berichtet, soll der Sectionsches im Ministerium des Aeutzeren Frei herr v. Pasetti zum österreichischen Botschafter in Rom und der Gesandte in Bukarest Graf Welsersheim b zum ersten Sectionsches im Ministerium des Neuster» ernannt werden. Der Generalconsul in Bukarest Ritter v. Succari soll die handelspolitischen An gelegenheiten im Ministerium des Aeusteren übernehmen und zum Gesandten in Bukarest Freiherr v. Aehrenthal ernannt werden. Der österreichische Gesandte in Brüssel Graf zu Khevenhueller soll einen anderen Posten erhalten. * Triest, 18. September. Dir Polizei untersagte eine von der „Associazione progressista" auf den 20. d. M. in das Fenice-Theater anberaumte Versammlung, welche eine Kundgebung zu Gunsten der Festlichkeiten in Rom beschließen sollte. Frankreich. * Mireeourt» 18. September. General Saussier gab zu Ehren der fremden Officiere ein Gabelfrühstück, bei welchem er einen Toast auf ihr Wohl auSbrachte. General FrederickS erwiderte den Toast, indem er für die Zuvor kommenheit der französischen Militairbehörden dankte und ans das Wohl der französischen Truppen und ihres Generalissi mus trank. * Mirecourt, 18. September. Faure traf heute Nach mittag 5 Uhr hier ein und wurde am Bahnhofe von allen Hetzen« wird eS kaum mehr reichen. „Die Kameraden werden den Feind schon geworfen haben, bis wir herankommen." Nunmehr kamen die braven Jäger, weit voraus vor ihrer Brigade, auf der Höhe von GörSdorf an. Dort mußten sie auf Befehl des kommandierenden Generals halten und in Bereitschaftsstellung ausmarschieren. ES war für sie eine schwere Aufgabe. Aber der Soldat gehorcht, ohne zu fragen. Nach einiger Zeit ritt ein Adjutant deS CorpSstabeS zu den um ihren Commandeur versammelten Jägerofficieren heran und erklärte ihnen die momentane Lage. „Mac Mahon hat mit seinen Hauptkräften Froschweiler und Elsaßhausen besetzt. Sobald sich der Stoß des XI. CorpS gegen seinen rechten Flügel von Gunstett und MorSbronn auS mehr geltend macht, beabsichtigt Seine königliche Hobest umfassend mit allen Kräften gegen Fröschweiler und Elsaß hausen vorzugehen." „Dann kommen wir also auch daran?" „Kaum , Herr Oberstlieutenant, denn eine Reserve muß doch für alle Fälle zurückgehalten werden." Tiefe Stille, trübe Gesichter waren die Folge dieser Worte. Oberstlieulenant Schmidt gab aber die Hoffnung noch nicht auf. Fast bittend klang eS, als er zu dem Adjutanten, einem jungen Major, sagte: „Herr Kamerad, erzählen Sie doch Seiner Excellenz, daß meine Jäger von Keffenach bis hierher fast in einem Laufschritt gerannt sind, um noch an den Feind zu gelangen. Sehen Sie jetzt, wo wir schon über eine halbe Stunde hier warten, kommt erst die Spitze der Infanterie nach. Vielleicht verdient die« doch Beachtung!" ^Werde thun, wa- ich kann, Herr Oberstlieutenant." Damit sprengte er fort. Bald darauf kam er wieder. »DaS Bataillon soll sofort einen Zug unter einem tüchtigen Officier al- Verbindung mit der dort im Walde vorstürmenden ersten Division entsenden und darf selbst Nach folge», sobald dir Regimenter der dritten Brigade in Bereit- fchaftSstellung aufmarschiert sind. Richtungspunkt Frosch- Weiler." „Danke, Herr Kamerad. DaS war ein Freundschafts dienst. — Meine Herren, Sie haben Alle den Befehl gehört Oberlirutenant Horn, mit Ihrem Zuge zur Verbindung vor Die übrigen Herren nun zu den Compagnien, damit wir sofort bereit sind, wenn die Infanterie steht." Dem Oberlieutenant Horn war, als der Commandeur seinen Namen genannt batte, alle« Blut in die Wangen ge schosst». Er hielt ihn also für «inen tüchtigen Feldofficier, nicht nur für den gelehrten Theoretiker. Das sollte er nicht bereuen. Im Nu sprang Horn zu seinen Jägern. „Zweiter Zug, Achtung! — Hochs G'wehr — Laufschritt, vorwärts marsch!" DaS raste nur so über den Abhang nach dem Sauerbachthal hinab, voraus der Oberlieutenant selbst. Nun waren sie unten. Drüben im Wald prasselte und krachte eS, wie wenn ein Hagelwetter auf die Glas scheiben eines Treibhauses niedergingt. Es war der Kampf der 2., 9. und 4. Jäger, der 11er und 2 er gegen die fran zösische Division Ravult. Sie mußten fast schon den Höhen- raad erreicht haben. Wo ist eine Brücke? Weit und breit war keine zu sehen. Wie tief wird der Bach sein? „DeeS wer'» wir glei' Hamm. I' kann ja schwimme'." Damit setzte der dicke Niederer an, und mit mächtigem Satz flog er fast bi« in die Mitte der Sauer. DaS Wasser ging ihm bis an den Hals. Er watete weiter. Es wurde immer seichter; er kam, ohne schwimmen zu müssen, hinüber. ,,S' geht, Herr Oberlieutenant." „Gut. — Patrontaschen auf die Bajonetspitzen hängen. Vorsichtig binüber, daß die Munition nicht naß wird. Mir nach! Vorwärts." Damit sprang Horn voraus. Alle seine Jäger folgten. DaS hatte doppelten Werth. Man schritt eine halbe Stunde WcgS bi« zur Brücke bei der Langensulzbacber Sägmühle ab und gewann ein sehr erfrischende« Bad. Was dcese Jäger heute nur allein an Wechsel zwischen naß und trocken durch gemacht hatten! Zuerst Regen bi« auf die Haut. Dann ge trocknet durch die glühende Sonne. Hierauf bei dem langen Laufschritt durchnäßt durch Schweiß von innen heran« bis auf den letzten Faden. Wieder etwa« getrocknet beim Halt auf der Höhe von GörSdorf und jetzt da« Bad mit Uniform und Allem in der Sauer. Geschadet hat die« Keinem. Jugend und Begeisterung halfen alle Nackwehen vertreiben. Drüben auf dem Westufer ordnete Horn flüchtig seinen Zug. Dann ging die Rennerei von Neuem ko«. Nun kam man an den Waldrand. „AuSschwärmen! Richtung nach der Mitte! Auf die Ver bindung gut achten! Vorwärts!" Bor der Mitte schritt der Oberlientenant voran«; ihm nach eilten seine Jäger, so schnell eS durch Gebüsch und Wald möglich war. Ist e« nicht eine sonderbare Erscheinung, daß diese etwa 50 bayerischen Jäger so ungestüm dorthin eilten, wo ihnen doch wahrscheinlich Tod und Verderben entgegen sprühte? Nein, gewiß nicht. Sonderbar mag es einem Menschen ohne Vaterlandsliebe, ohne Ehrgefühl, ohne echte Kameradschaft erscheinen. Ein tüchtiger Soldat aber, erfüllt von diesen Eigenschaften, weiß, daß eS eben so sein muß, daß eö ihm im Blut steckt, denn er kann gar nicht anders. So ging eS auch Horn. Er war jetzt durch und durch Officier. Kein anderer Gedanke als der, was zur best möglichsten Führung seines Zuges nöthig war, erfüllte seine Seele. Seine Sinne schärften sich in ungeahnter Weise; er sah Alles; er hörte genau trotz des störenden tausendfachen Echo'S, wo die Schliffe wirklich herklangen, er spürte nicht die geringste Müdigkeit. So führte er seine Leute in der Richtung gegen Frosch- Weiler durch den Wald vor. Nun stieß man auf die ersten leicht Verwundeten. ES waren bayerische 2. Jäger, Iler und preußische 59 er. Sie sollten nach dem Sauerthal gehen. „Wie steht der Kampf?" „ES sind viele Gegner. Aber die Unsrigen werden durch dringen." „Wo ist Hilfe am nöthiasten?" „Links haben wir keine Verbindung." „Danke — Halb links — vorwärts; Jäger vorwärts!" Er gab nun mit dem Säbel die neue Richtung an. Seine Jäger folgten. Noch etwa eine halbe Stunde lang drangen sie ungestört durch da« Unterholz deS hohen Laubwaldes vor. DaS Drohnen de« Kanonendonner«, das unaufhörliche Knattern de« MitrailleusenfeuerS und da« tausendfache Prasseln der Gewehrschüsse machten jetzt einen so fürchterlichen Lärm, daß man da« Krachen dürrer Zweige und daS Brechen der beim Durchdrü^rn abgesprengten Aeste gar nicht mebr hörte. Mit einem Male kam der Unterofficier Waldstätter von der reckten Seite ber zu seinem Oberlieutenant angerannt und schrie ihm meldend zu: „Recht- von uns sann Fran zosen. 'S if etwa a Compagnie. Sie Hamm uu« no nit g'sehg'n, weil f die Front dorthin Hamm." Damit zeigte er in nordöstlicher Richtung. Horn gab sofort ein Signal mit seiner Jägrrpfeife, winkte dann, als die Jäger nach ibm saben, mit den Säbel, daß sie sich alle niederlegen und decken sollten, und schlich sick gefübrt von Waldstätter von Baum u Baum zu seinem rechten Flügel. Wahrbaftig dort zwischen den Bäumen an einer etwa« lichteren Stelle hielt eine geschloffene französiche Compagnie. , Der Officier orirntirt« sich genau mit seinem Feldstecher und erkannte, daß noch weiter vorwärts ebenfalls französische Infanterie und zwar in lebhaftestem Feuergefecht stand Jetzt zeigte sich die Lage klar. Horn war mit seinen Jägern zu weit links gekommen, hatte dadurch den rechten französischen Flügel passirt, ohne ihn zu sehen, und stand nun fast im Rücken einer der feindlichen Unterstützungscompagnien. Er überlegte kurz. ES blieb ibm frei, sich noch unbemerkt wieder etwa« zurück zu ziehen und dann au den linken Flügel der Landsleute anzuschließen. Wenn er aber plötzlich gegen diese, jedenfalls den äußersten rechten Flügel bildende Compagnie de« Gegners Vorgehen würde! Mußte daS nicht in den Reihen deS Feindes eine große Bestürzung Hervorrufen! Aber 50 Jäger gegen etwa 200 Franzosen! „Ach waS! Es geht! Es sind ja bayerische Alpenjäger." Nun gab er ein neue« Pfeifensignal. Er konnte eS ohne Scheu thun, denn in dem gewaltigen Laubdome deS Waldes schallten die Schüsse deS dort vorne, etwa 300 Schritte vor seinen Leuten entbrannten Kampfe« so fürchterlich, daß der Pfiff kaum zu den Jägern, geschweige denn zu den Franzosen drang. Hierauf winkte er mit dem Säbel, ließ seinen Zug soweit rechtsschwenken, daß er die feindliche Compagnie ganz in der Flanke und theilweise sogar im Rücken fassen konnte, und befahl nun die Bajonette aufzupflanzen und die Visire auf 300 Schritt zu stellen. Die Franzosen merkten nichts von der ihnen von der Seite und im Rücken drohenden Gefahr, weil ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Kampf in ihrer Front gerichtet war. In echt französischer Oberflächlich keit fiel eS ihrem Hauptmann gar nicht ein, sich durch Ab sendung einer Patrouille in der Flanke decken zu lassen. Horn pfiff abermals, nachdem die Schwenkung vollzogen war, und rief seinen in höchster Erregung aufmerkenden Leuten zu. „Nach den Flügeln weiterrufen, wa« ich jetzt sage. — Wenn ich pfeife, fünf Patronen Schnellfeuer auf die dort stehend« Compaanie avaebeu, dann aber absolute Ruhe. Ick springe vor dir Front, sehe nach, wa« zu thun ist, und werde hierauf daS Weitere befehlen." Er wartete eine halbe Minute, damit auch den äußersten Jägern der Schützenkette seine Worte zugerufen werden konnten. Dann sprang er hinter die Front und ließ einen langen scharfen Pfiff erschallen. Jeder einzelne Jäger hatte längst sorgsamst gezielt, lag im Anschlag und wartete nur auf daS verabredete Zeichen. (Fortsetzung folgt.)
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