01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950925015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-25
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Größere Schriften laut unserem Preis« »erzeichntb. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. «,tra.vtila,en (gesalzt), nur mit de, Morgen - Au«gabe, ohne Postbrsärdernng ^ SO.—, mit Postbesördrrung Mt ?o.-r Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentag«) Nbend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Margen-Au«gabe: Nachmittag« 4UH^ Vei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzet-e» find stet« a, dt« ErtzedUt«» zu richten. Druck and Verlag von L. Polz in Leipzig. 462. Mittwoch den 25. September 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Oeffentliche Aufforderung. In der Nacht vom 15. zum 16. September 1895 ist zn Tahrcnstcdt, Ureis Stendal, der Ackermann Hermann Binzelberg daselbst durch eine» Stich mit einem messer- artigen Änstrnincnt in den Hals ermordet worden, lieber die Persönlichkeit des Mörders fehlt bis letzt jede Spnr. An Zeven, welcher über die Mordthat Anfschintz geben kann, ergeht, damit die ruchlose Thal nicht nngesühnt bleibt, die dringende Aufforderung, die Mitthciinng entweder an die Königliche Staatsanwaltschaft hier zu den Acten 11. 4. 742 95 oder an die nächste Polizeibehörde zu richten. Wer Sic Person des Mörders nachwcist, erhält eine Belohnung von rro« Stendal, den 2Z. September 1895. Königliche Staatsanwaltschaft. (Quittung. 59 Mark in der Klagsache des Herrn Otto Schumann (Central- Hotel) gegen Herrn Director Herbold als Sühne von dem Letzteren durch den königl. Friedensrichter Herrn W. A. Vogel für die städt. Blindenanstalten empfangen zu haben, bescheinigt hiermit Leipzig, den 24. September 1895. Ter Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Oeffentliche Sitzung der Handelskammer Freitag, den 27. September 1895. Nachmittags 6 Uhr in deren Sitzungssaal, Neue Börse, Tr. I. Tagesordnung: 1. Registrande. 2. Bericht des VerfassungS- und Wahl. Ausschusses über Be- schickung der Handc1ösch»l-6onscrcnz in Braunschweig. 3. Bericht deS Handelsgesetzgebungs - Ausschusses über die Ver ordnung des Königlichen Ministeriums deS Innern, Gesuche um Aenderung des PatentgcsetzcS inbezug auf die Vor prüfung betr. 4. Berichte des Verkehrs. Ausschusses über n) ein Gesuch, Aus dehnung der Gewichtsgrenze für einfache Briese auf 20 e bete.; d) ein dergl., die Frachtsätze für Wein betr.; o) die von der Handelskammer zu Thor» mitgethcilte Vor stellung, den directe» tzmisenbahnvcrkchr mit Nntz- land betr. b. Berichte des Meß-Ausschusses über n) die Eingabe von Meß- Interessenten der Filz- und Schnhwaaren-Branche, die Rückverlegung der Herbstmesse aus den ursprüngliche» Termin betr.; d) dke Petition von Angehörigen der Leipziger Lcderbranche. die Abhaltung der Hcrbst- Lcdcrmcsse betr. 6. Bericht über eine Conserenz in Halle» den Einfluß des projcctirten Mittellandcanals auf die Provinz Sachsen betr. Hierauf nicht-öffentliche Sitznng. Auslassung der 4°/«. Anleihe der Handelskammer zu Leipzig. Von unserer 4"/<,igen Anleihe sind bei der notariell vollzogenen AuSloosung die Nummern 122, 565, 746, 758 gezogen werden. Dieselben werden den Inhabern mit der Aufforderung gekündigt, den Capitalbetrag gegen Rückgabe der Schuldverschreibung und der dazu gehörigen Zinsleiste bei der Allgemeinen Deutschen Credit- Anstalt hier am 31. December d. I. in Empfang zu nehmen. Leipzig, 1. September 1895. Tie Handelskammer. In Stellv.: Bassenge. vr. Gensel, S. Bekanntmachung, Beschleunigung der Ent ladung sowie Beladung der Güterwagen betr. Von der Königlichen Eisenbahn-Direction zu Halle a. d. Saale sind wir ersucht worden, die an der Wagengestellung Betheiligte» daraus aufmerksam zu machen, daß die im allgemeinen Interesse erwünschte Beschleunigung des Wagen-Umlaufs durch schnelle Ent- und Beladung der Wagen wesentlich gefördert werden könne. Indem wir dies zur Kcnntniß der Interessenten bringen, weisen wir noch darauf hin, daß die Unterstützung der Eisenbahn-Verwaltung nach dieser Richtung geeignet ist, einem etwaigen Wagenmangel und den daraus für den Verkehr sich ergebenden Unzuträglichkeiten wirksam vorzubeugen. Leipzig, den 24. September 1895. Die Handelskammer. A. Tbiemr, vr. Pohle, S. Vorsitzender. Sonnabend, den 28. September er., von Vormittags 10 Uhr ab, soll im Geschäftszimmer des Proviantamtes zu Leipzig, Pleißen- burg, Thurmbaus, 2. Stock, eine Partie Noggcnklete. Fntzmchl, alte« Bettstroh re. öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 23. September 1895. Königliches Proviantamt. Die braunschweigische Thronsrage. L Die „Braunschweig. LandeSzeitung" regt wieder ein mal die angebliche „Thronfolgefrage in Braunschweig" an. Sie wiederholt die schon mehrfach verbreitete Nachricht, der Herzog von Cumberland beabsichtige, seinen bald fünfzebn- jährigen ältesten Sohn, den Prinzen Georg Wilhelm, als den Thronerben von Braunschweig, auf eine deutsche Lehranstalt zu senden und ihm dort eine nationale deutsche Erziehung geben zu lassen, und berichtet dann über die Gründe, die diesen Borsatz bisher nicht zur Ausführung haben kommen lassen, das Folgende: „Zuerst war Dresden für diesen Zweck in« Auge gesoßt worden. Der Umstand indessen, daß in der sächsischen Hauvtstadt das In- transigententhum der hannoverschen Welfen sein Hauptquartier auf geschlagen, welche« die Anwesenheit eine« Enkel« des König« von Hannover zu neuen Parteiumtrieben reizen könnte, erschien dem König von Sachsen bedenklich genug, um dem Herzog von Lumber- iand sreundschastlich abzuwinken. In Gmunden trat man darauf dem Gedanken näher, den Prinzen auf das Gymnasium in Lübeck zu senden und ihn dann eine deutsche Universität besuchen zu lassen. Wenn dieser Plan heut» noch nicht zur Ausführung gelangt ist, so trägt daran, wie un« von einem in die Gmundener Verhältnisse Eingeweihten versichert wird, nicht etwa die Abneigung de« Herzog« von Eumberland dir Schuld, sondern ein rein persönliche« Gefühl, die Anhänglichkeit de« Vater«, der den Sohn noch nicht aus dem elterlichen Hause geben will. Unser Gewährsmann hält es aber für zweifellos, daß über kurz oder lang der Herzog sich zu der Trennung verstehen wird; die Einflüsse, die den Stein ins Rollen gebracht, dürsten sich auch in der Folge mächtig genug erweisen, um das Begonnene zu vollenden. Die Herzogin von Cumberland und deren Schwiegermutter, die Königin von Hannover, haben es längst ausgegrben, die Unversöhnlichen zu spielen; sie haben gelernt, mit deu Verhältnissen zu rechnen, und setzen alle Hebel in Bewegung, ihrem Sohne bezw. Enkel den Weg nach Braunschweig zu ebnen?' Trotz dieser Versicherung fährt die „Draunschw. LandeS zeitung" fort, es sei „nöthig, daß von Gmunden aus, und rwar möglichst bald, der Bann gebrochen wird, welcher dem Enkel des Königs von Hannover den Weg auf den braunschweigischen HerzogSthron versperrt." Denn: „ein Provisorium, wie es gegenwärtig besteht, ist auf die Dauer ebenso unbequem für die Regierung, wie für das Volk. Ein Regent kann sich niemals so frei bewegen, wie der wirkliche Souverain, und es liegt in der Natur der Dinge, daß er auch nicht dasselbe Interesse, wie jener, an der Regierung des Landes nimmt, wenn dasselbe, wie im vorliegenden Fall, nur vorüber gehend seiner Sorge anvertraut und mit ihm und seiner Familie durch kein inneres Band verknüpft ist. Diesem unsicheren Zustande ein Ende zu machen und durch Einsetzung des berechtigten Thron erben eine definitiv gesicherte staatsrechtliche Ordnung herzustellen, ist der in immer weiteren Kreisen hervortretende Wunsch unserer Bevölkerung. Der Uebergang der Regierung auf den Sohn des Herzogs von Cumberland würde auch nach einer andern Seite hin wohlthätig wirken: für die welfisch-hannoveriche Agitation der Nechtsparteiler fiele dann jeder Anhaltspunct weg." Diese Erörterung giebt nach mehr als einer Richtung hin zu ratben auf. Man weiß nicht nur nicht, von wem das Blatt informirt ist, sondern erkennt auch nicht klar, wie es den gegenwärtigen Stand der Dinge angesehen wissen will. Es wird gesagt, die in Gmunden herrschende Stimmung sei derart, daß der im fünfzehnten Lebensjahre stehende älteste Sohn des Herzogs von Cumberland „in Bälde" eine deutsche Lehranstalt beziehen und damit den ersten Schritt zu dem „beginnenden Ausgleich" thun werde, der ihn am Tage seiner Großjährigkeit, also im Jahre 1898, auf den braunschweigischen Thron fübren werde. Dann aber wird „Gmunden" beschworen, diesen ersten Schritt „und zwar möglichst bald" thun zu lassen. Der Verfasser des Artikels scheint also die Gewißheit, daß der Herzog von Cumberland die Voraussetzungen, unter denen seinem Sohne nach des Verfassers Meinung der Thron sicher wäre (außer dem Besuch einer deutschen Lehranstalt Eintritt in die preußische Armee und Anerkennung deSBesitzstanves aller deutschen Bundesstaaten vor Uebernabme der Herrschaft) ein- treten zu lassen entschlossen sei, nicht so sehr selbst zu besitzen, als er sie dem Leser einflößen will. Jedenfalls soll auf den Herzog im Sinne der Ermöglichung der Thronbesteigung eingewirkt werden. Die Frage ist aber' von wem geht dieser Versuch der Beeinflussung in einem durchaus national gesinnten deutschen Blatte aus? Die „Landeszeitung" sagt, ihre Landsleute wünschten ein definitives Regiment. Das thun sie aller dings und zwar hauptsächlich deshalb, weil das pro visorische eS nickt verstanden hat, volksthümlich zu werden. Ob die Braunschweiger als ihr künftiges Herrscher haus nur das welfische sich vorzustellen vermögen, bleibe dahingestellt, jedenfalls aber ist es ausgeschlossen, daß eS die Stimme der Bevölkerung sei, die in der „Landeszeitung" den widerstrebenden oder schwankenden Herzog von Cumberland drängt, sie mit der Herrschaft seines SohneS zu beglücken. DaS ist, von manchem anderen hierher Gehörigen abgesehen, nicht niedersäcksische Art. Nun geht die Darstellung der „Landeözeitung" von der angeblichen Thatsache aus, daß die Mutter und die Großmutter des Prinzen Georg Wilhelm ihre „ganze weibliche Beredtsamkeit" aufgeboten hätten, um den Herzog von Cumberland zu Entschlüssen zu bestimmen, welche seinem Sohne den Weg zum Throne ebnen könnten. Auf dieser Seite tritt also das Interesse an dem von der „Braunschweigischen Landeszeitung" Ausgeführten klar zu Tage. Aber Niemand wird deswegen der Vermuthung Raum geben, man könnte es in dem Braunschweiger Zeitungsartikel mit einem von den hohen Damen gewünschten Succurs für ihre UeberredungSbemühungen zu thun haben. Noch weiter muß man aber die Annahme von sich weisen, außerhalb Braun- schweigs befände sich in Deutschland eine Stelle, die dem in einer durch die welfische Agitation wirksam werdenden Gegner schaft gegen das deutscheReich verharrenden Herzog von Cumber land „gut zureden" möchte, auf daß er sein Haus in die Reibe der regierenden Häuser eben dieses deutschen Reiches eintreten lasse. Die „Landeszeitung" sagt zwar, die Gelegenheit, das letzte der noch im Groll mit Preußen liegenden depossedirten Fürstenhäuser zu versöhnen, würde (in Berlin) sicher ergriffen werden. DaS wäre etwas Anderes, als wenn in Berlin die „Gelegenheit" gesucht würde; aber daß das Blatt hin sichtlich seiner engeren Behauptung nicht den Anspruch er heben darf, die Berliner Auffassung und Absichten zu kennen, ergiebt sich auS seiner AuSdruck-weise. Preußen hat den Herzog von Cumberland nicht zu versöhnen, sondern dieser hat, wenn eine Aenderung de» Verhältnisses eintreten soll, einem Prätendententhume zu entsagen, das in dem natür lichen RechtSgesühl ebensowenig eine Erklärung findet, wie in dem bestehenden klaren Recht. Das Ende des Prätendentcnthums wäre aber in dem Verzicht deS Herzog« zu finden, nicht in dem seines Sohne«. Mit diesem letzteren — um den Preis deS Herzogthums Braunschweig geleisteten — Verzicht wäre in Deutschland nicht- zum Besseren, Vieles zum Schlimmeren gewendet. Mit der Ein setzung eines wetfiscken Regimentes in einem Grenzland Hannovers würde für die welfische Agitation in dieser preußischen Provinz ein Heerd gebaut, dessen Feuer nie erlöschen würde. Wen» auch, wa« undenkbar ist, ein Jahr, auf dem Gym nasium zu Lübeck unv ein weitere« auf einer deutsche» Uni versität zugebracht, die Vorstellungen, mit denen Prinz Georg Wilhelm erfüllt worden ist, mit Stumpf und Stiel auSrotten würden, der Braunschweiger Hof wäre unter seiner Herrschaft dennoch der Mittelpunkt der welfischen Agitation. Und überdies wird der Eintritt diese« Prinzen in die Reihe der BundeSsürsten gar keine Sicherbelt gegen die Aufrecht erhaltung der Ansprüche seines Hauses auf Hannover ge währen. Der Prinz verzichtet für seine Person, sein Later fleht sich, wie die „Braunschw. LandeSztg." zu betonen für gut findet, an der Abgabe von Erklärungen, d. h. am Verzicht, verhindert. Wie nun, wenn dieser nach der Thronbesteigung seines ältesten SohneS, unter Aende rung des HauSrechtS, dem zweiten Sohn als seinen „Erben" die hannoverschen Ansprüche überträgt? die Welfenpartei in Hannover würde die Anerkennung der „Legitimität" deS jüngeren Prinzen nicht verweigern und die Sache stände auf dem Puncte, auf dem sie jetzt steht. Nicht einmal für Braunschweig könnte man von einer defini tiven Regelung sprechen, denn wenn Prinz Georg Wilhelm als Herzog ohne Leibescrben stürbe, hätte man abermals mit der Braunschweiger Throncandibatur eines hannoverschen Prätendenten zu rechnen. Ohne den Verzicht des Herzogs von Cumberland wäre die Zulassung seines Sohnes auf dem Braunschweiger Thron schädlich und mit dem Verzicht nicht notbwendia, um in dem Herzogthum ein Definitivum zu schaffen. Jedenfalls haben Deutsche keinen Grund, die Be- mübung der dänischen Königstochter bei dem „grollenden" Chef des Welfenhauses zu unterstützen. Deutsches Reich. * Berlin, 24. September. Wenn man in Frankreich wirklich die Absicht hätte, sich wahrheitsgemäß über die Urheber des Krieges von 1870 zu unterrichten, so brauchte man nur den officiellen Bericht zu lesen, den Herr Thiers, der damalige Präsident der Republik, am 17. September 187l vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß erstattet hat. Der Präsident der französischen Republik sagte darin: „Unglücklicherweise gab es am kaiserlichen Hose hitzige Leute, die nicht leiden konnten, daß man den Schlag von Sadowa hin nehme. Die Kaiserin, so versicherte man, sagte oft, wenn sie von ihrem Sohne sprach: „Dieses Kind wird nicht aus den Thron kommen, wenn man die Scharte von Sadowa nicht aus wetzt." Jedenfalls waren die reinen Bonapartisten die einzigen, die den Krieg wollten, weil sie sahen, daß die Dynastie seit Sadowa beträchtlich an Boden verloren hatte, und weil sie selbst in ihren Wahlkreisen nicht mehr den früheren Einfluß hatten, kurz, weil Frankreich daran war, ihnen aus den Händen zu gleiten. Deshalb hörte man sie auch alle ohne Unterlaß sage», bei der nächsten Gelegenheit müsse Sadowa wett gemacht werde». Plötzlich ereigneten sich Tinge, die ich nicht persönlich erlebt habe, die ich aber jo genau kenne, als ob ich sie mit eigenen Augen gesehen hätte, denn einige habe ich thatsächlich mit an gesehen, andere weiß ich von den hervorragendsten Persönlich keiten Europas, Fürsten und Ministern, die sie mir erzählt haben, indem sie sich durch Das, was ich wußte, und mich durch DaS, was sie wußten, unterrichteten. Als man dem Prinzen von Hohenzollern die Krone Spaniens anbot, herrschte in Madrid große Unzufriedenheit gegen die französische Regierung, weil sie die Familie Orleans, die am meisten berufen schien, die Königin Jsabella zu ersetzen, mit ihrem Veto belegt hatte. General Prim, dem die Bonaparte eine ihm so bequeme Wahl durchkreuzt Hallen, rächte sich damit, daß er ihnen eine deutsche Candidatur auf der Halbinsel einbrockte. Alle Welt fragte sich damals, weshalb Prim die so leichte Wahl des Herzogs von Montvensier nicht betrieb; der wahre Grund war der in Parts vom Haupte der kaiserlichen Dynastie erhobene Einspruch. So verdanken wir dem Hause Bona- parte nicht nur einen verhängntßvollen Krieg, sondern auch die Ursache zu diesem Kriege, denn indem es in dynastischem Inter esse die Candidatur Montpensier hinlertrieb, hatte cs, ohne sich dessen bewußt zu werden, die Candidatur Hohenzollern herauf beschworen . . . Die Regierung forderte sofort, fast ohne jede Erklärung, Preußen auf, von der Candidatur Hohenzollern abzustehen, genauso, wie man denHand- jchuh einem Manne ins Gesicht wirft, den man zum Zweikamps zwingen will .... Die Urheber dieses schrecklichen Krieges suchen sich heute zu entschuldigen, indem sie sagen, Preußen habe den Krieg gewollt, rhn von langer Hand vorbereitet und aus alledem nur eine Gelegenheit gemacht, um in den Kampf ein zutreten. Ich behaupte, nachdem ich Gelegenheit gehabt, mir über diese Dinge vollständige Klarheit zu verschaffen, daß das eine reine Lüge ist." Sollte nicht den in den letzten Tagen ans Licht gezogenen Beweisen gegenüber auch der Herr Pros. Lavisse der Wahr heit die Ehre geben und beschämt bekennen, daß er mit seiner bekannten Kundgebung ein Spiel getrieben hat, das eines angesehenen Geschichtsforschers unwürdig war und nur den Pariser Hetzblättern zur Genugthuung gereichen konnte? Von unfern Socialdemokraten erwarten wir solche Ehrlich keit freilich nicht. Es liegt in ihrem Interesse, Frankreich als von Deutschland schnöde überfallen hinzustellen, unv ihr Interesse ist ihr Gott. ^ Berlin, 24. September. Der Freisinn hat bei der Wahl in Großwartenberg-OelS eine Einbuße von über 2200 Stimmen gegen die Hauptwahlen von 1893 zu ver zeichnen, was einen Rückgang auf die Hälfte des früheren Besitzstandes bedeutet. Da der Candidat diesmal der frei sinnigen Volks Partei angehörte, so ist es an der frei sinnigen Vereinigung, zu versichern, sie würde ein besseres Ergebniß erzielt haben. Ein Berliner Blatt, da« sich dem rechten Flügel deS Freisinns so nahe zu halten pflegt, als es die Rücksicht auf die Eigenart de« Führer« deS linken zu gestatten scheint, „vermuthet" wenigstens, daß die „gemäßigtere Richtung" de« Freisinns in Großmarten- berg-Oel« den breiteren Boden habe. Der Candidat, der vor zwei Jahren doppelt so viel Stimmen auf sich vereinigt habe, al« diesmal Herr Doormann, sei ein Mitglied der Bereinigung gewesen. Dieser Vermuthung liegt dieselbe Täuschung zu Grunde, die für die Politik des Freisinn- beider Observanzen bestimmend ist. Im Jahre 1893 beherrschte eine Frage die Wahlen: Steigerung rer deutschen Wehrfähigkeit auf die Höhe der französischen oder Zurückbleiben der Kriegsstärke selbst hinter der einen der beiden Deutschland flankirenden Mächte. Die frei sinnige Vereinigung beantwortete dies« Frage in Uebcrrin- stimmung mit den anderen im Wahlkreise in Betracht kommenden bürgerlichen Parteien, und deshalb vermochte ihr Candidat die Wähler an sich zu ziehen, denen es erwünscht war, für die HeereSvorlage votiren zu können, ohne einem der fort geschrittensten Agrarier ihre Stimme geben zu müssen Aber da« Gewicht dieser nationalen Angelegenheit war e« allein gewesen, wa« die Bereinigung vor einem Mißerfolg von dem Umfang bewahrte, wie ihn jetzt die Volk-Partei zu beklagen hat. Ihr« sonstige Politik hätte ebensowenig Anzirhung-kraft auSgeübt, wie die der Volkspartri, mit der sie die volle Ver- ständnißlostgkeit für die wirthschaftlichen Aufgaben der Gegen wart tbeilt. Einen Punct giebt es allenfall« nocki. außer der Wehrfrage, an dem die Kreise, auf die der Freisinn sonst zählen durfte, einen Unterschied zwischen freisinniger Bereinigung und Volkspartei bemerken könnten: die Stellung nahme zu dem immer weiter vorwärts drängenden Ultra- montaniSmus. Aber auch hierin weichen die beiden Flügel mehr in der Phraseologie, als in der Sache ab. Wir bezweifeln nicht, daß dem volksparteilichen Candidaten in Warteuburg-Oels seine Erklärung für die Wiederzulassung des Jesuitenordens geschadet hat, aber Herr vr. Barth, das geistige Oberhaupt der Vereinigung, hat im Reichstage in demselben Sinne gestimmt, ein von ihm empfohlener Candidat hätte also wohl auch nach dieser Richtung hin keinen „breiteren Boden" gefunden, als der unterlegene Parteigenosse des Herrn Richter. V. Berlin, 24. September. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern früh einen Pürschgang und kehrte im Laufe deS Vormittags nach dem Jagdhause Rominten zurück. L. Berlin, 24. September. (Privattelegramm.) Wie ein Privattelegramm der „Nat.-Ztg." aus Königsberg be richtet, wird der „Königsb. Allg. Ztg." aus Rom inten gemeldet, ei» Besuch de» Zaren dort sei nicht ausgeschlossen. Damit sei auch die gemeinsame Reise deS Kaisers und des Kanzlers nach Berlin und der Zusammenzug größerer Mililairdetachements in Nominten in Zusammenhang zu bringen. Das KönigSberger Blatt gebe die uncontrolirbare Mittheilung wieder, ohne eine Verantwortung für die Rich tigkeit zu übernehmen. Die „Nat.-Ztg." hält sie für zweifel los unrichtig. — Berlin, 24. September. (Telegramm.) Das „Marine-Verordnungsblatt" veröffentlicht die kaiserliche Ordre, wonach zur örtlichen Wahrnehmung der Interessen der bewaffneten Macht an der militairischen Benutzung des Kaiser-Wilhelm-Eanals ein Seeofficier als Marine- Comniissar einzusetzen ist. Berlin. 24. September. ( Telegram m.) Ter „Nordd. Allgem. Ztg." zufolge tritt der Bnndcsraths- AuSschnfl für Handel und Verkehr morgen zu einer Sitzung zusammen. Auch der Justiz-Ausschuß wird demnächst seine Berathungen wieder aufnebmen. — Das „Triumvirat Hammerslein - Stöcker- Zimmer mann", so äußerte Abgeordneter vr. Böckel in einer Berliner Versammlung der antisemitischen Volkspartei, sei noch schlechter als die Juden, die wenigstens ihre eigenen Stainmesgenossen nicht betrügen. Wenn sich solche Charaktere in der Politik breit machten, könne daS Volk natürlich kein Vertrauen mehr hegen. Dieses Jntrigantenthum sei zehnmal gefährlicher als alle Socialdemokraten und Anarchisten, ja er behaupte, Hammerstein und Consorten seien die wahren Anarchisten und echten Jacobiner. Insbesondere meinte Böckel nach der „Freis. Ztg.", im persönlichen Verkehr sei Stöcker verbindlich und aalglatt, hinterrücks aber falle er den Gegner an. Das bewiesen die Stöckerbriese zur Genüge. So habe die Clique Hanimerstein-Stöcker Jahre lang mit unlauteren Mitteln gearbeitet. Die Socialdemokratie diene ikr als Schreckgespenst, so daß zwischen Fürst und Volk die Gegensätze sich immer mehr zuspitzten. Stöcker sei auch einer von Denen, die anders reden und schreiben, als sie handeln und denken. — So endet also die antisemitische Agitation, welche Stöcker seinerzeit in Berlin einleitete, mit Versamm lungcn der Antisemiten, in denen vorzugsweise derselbe Herr Stöcker heruntergemacht wird. — Die „Germania" regt sich über eine Nachricht auf, nach der deutsche Freimaurerlogen aus Anlaß der Enthüllung des Garibaldi-TenkmalS den italienischen Freimaurern gegenüber ihre Zustimmung kundgegeben haben sollen. Das ultramontane Blatt empfiehlt in seiner Ent rüstung die Freimaurer den Staatsbehörden, da man ja nun deutlich sehe, daß die Logen sich, was sie sonst inimer leugneten, mit Politik befaßten. Dieser Wuthartikel findet sich auf der ersten Seite, auf der dritten erzählt die „Germ." von „Protestkundgebungen der Berliner Katholiken gegen die Vergewaltigung desheiligen Vaters". Darnach hat der Gesellige St. Mattbiasverein in einem Telegramm an den StaatSsecretair Cardinal Rampolla dem Papste die Zusicherung seiner unwandel baren Liebe und Treue zu Füßen gelegt, und der Katho lische Gesellenverein „protestirt einmüthig" (gleichfalls in einem Telegramm an Rampolla) „gegen die Sr. Heiligkeit zugefügten Unbilden und erfleht inbrünstig den baldigen Sieg deS Recht-". Wir würden auS dem Telegramm deS Ge selligen St. MatthiaSvereinS keine Protestkundgebung gegen die Vergewaltigung deS Papstes berauSlesen, die „Germ." muß es aber besser wissen. Nach ihrer eigenen Darstellung be schäftigte sich also der Gesellige St. Matthiaöverein und der Katholische Gescllenverein mitPolitik, obwohl sie doch nicht als politische Vereine gelten wollen. Was würde wohl — fragt die „Magdeb. Ztg." — die „Germ." sagen, wenn Je mand diese beiden Vereine in gleicher Weise der Fürsorge der Regierung oder der Polizei empfehlen wollte, wie sie es mit den Freimaurerlogen thut? — Der „Franks. Ztg." wird auS Innsbruck telegraphirt: „Nach den „Neuen Tiroler Stimmen" erging an die hiesige Staatsanwaltschaft der Auftrag, den Freiherr» v. Hammerstein zu verhaften. Offenbar geschah das schon vor einigen Tagen". — Die Dauer des hiesigen Aufenthalte» des russischen Finanz- aninisters Witte, der nicht geschäftlichen Abmachungen gewidmet M, wird, wie der „Bvrs-Eour." meldet, von den ärztlichen Rath- sschlägen abhängen. * Glückavur-, 24. September. (Telegramm) Die Kaiserin ist in Begleitung de« Herzoa« Friedrich Ferdinand von Schleswig - Holstein-Sonderburg-Glücksburg beute Vor mittag gegen 11 Uhr hier eingetroffen und aus dem Bahn- Hose von der Herzogin Caroline Matbilde empfangen worden Die Kaiserin begab sich, von einer zahlreichen Menschenmenge begeistert begrüßt, durch den im Flaggenschmuck prangenden Flecken nach dem Schloss«. Zu Ehren der Kaiserin finden Abends Festbeleuchtung und Feuerwerk statt. * Hannover. 22. September. Die Welfen feiern heute den 50. Geburtstag de« Herzog« von Cumberland mit den üblichen Reden und Festlichkeiten. Da- hiesige Welfen blatt bringt dem Herzog mit der Ueberschrift „Heil unserm Herzog Heil I" einen schwungvollen Glückwunsch: „Dem aller- gnädigsten Herzog, der sein Volk nicht im Stich« läßt und
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