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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950925022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-25
- Monat1895-09
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Das Blatt schreibt nämlich: „Unsere neullche Mlttheilung über die Tabaksteuersrage ist mehrsach dementirt worden. Diese DenientiS richten sich indessen in erster Linie gegen die Annahme, daß für die nächste Reichstags» session eine neue Tabaksieurrvorlage beabsichtigt sei. Das ist zwar aus unserer Mitlheilung herausgelesen worden, in ihr aber gar nicht behauptet. Von einer Vorlage für die nächste Session steht in unserer Nachricht kein Wort. Bei der „Freisinnigen Zeitung", welche unseren Angabe» am eifrigsten diesen Sinn untergelegt hat, ist der Wunsch offenbar der Vater des Gedankens; denn eine neue Tabaksteuer-Campagne unter wiederum ungünstigen Umständen könnte ihr, Angesichts des metallischen Bei geschmacks, nur willkommen sein. Hätte sie nicht so gierig, wie der Raubfisch aus den Köder, auf die Sache angebissen, so hätte sie sich erinnern müssen, daß wir wiederholt auf das Entlchiedenste von einer Wiederaufnahme der Finanz- und Sienervorlagen für die nächste Session abgerathen und Beschränkung auf die Ausgaben witthschafis- politischer Natur empfohlen haben. Sie würde daraus weiter zu dem Schlüsse, daß wir eine von unserem Standpunkte so abweichende Meldung nicht ohne Bemerkung passireu gelassen haben würde», und damit zu dem richtigen Verständnis! geführt worden sein. Aber mit dem blinden Eifer ist es eben so eine Sache. Was den wirk lichen Inhalt unserer Mtttheilmigen anbelangt, jo kam Las, waS über die zukünftige Entwickelung der Tabaksteuer- srage mitgetheilt ist, au- durchaus zuverlässiger Quelle. Es entbehrte auch Angesichts der in der letzte» Reichs» tagssession, insbesondere seitens der Vertreter der verbündeten Regierungen und der bei dieser Frage besonders intcrejsirlen Gruppen von Reichstagsabgcordueten abgegebenen Erklärungen der inneren Wahrscheinlichkeit nicht. Angesichts dieser öffentliche» Vorgänge und der daraus ohnehin zu ziehenden Schluß folgerungen erschien endlich eine ungünstige Rückwirkung auf den weiteren Verlauf der Sache ausgeschlossen und ebenso alles Sensationelle, jeder Anlaß zur Aufregung. Eine dt- recte Controle über die Richtigkeit der Angaben im Einzelnen liegt selbstverständlich außerhalb des Bereiches der Möglichkeit; dasselbe gilt von den Erinnerungen, welche gegen dieselben in einigen Punkten, insbesondere betreffs des Inhalts der letzten von dem Herrn Reichsichayiecretair mit Len süddeutschen Ministern gepflogenen Verhandlungen, in osficiösen Blättern erhoben sind. Jedenfalls beweist die Aufnahme unserer Auffassung, daß eine Reichs,leuer-Campagne in der nächste» Session nur die Geschäfte der finanzpolitische» Opposition machen hieße." Der Pulverdampf der Polemik gegen die „Freis. Ztg." bat hauptsächlich den Zweck, den letzlen Satz der ersten Meldung: „Ein Gesetzentwurf in diesem Sinne wird, wie man uns versichert, bereits imReichsschatzamt auS- gearbeitet", in Vergessenheit zu bringen. Er mußte zu der Annahme führen, baß der Entwurf für die nächste Reichstagssession bestimmt sei. Ist das, wie die „Post" jetzt selbst erklärt, nicht richtig, so braucht man sich von der Arbeit im NeichSschatzamte vorläufig um so weniger beunruhigen zu lassen, je klarer es dem Herrn Grafen Posadowsky aus den Auslassungen der Presse geworden sein dürfte, daß eine so geartete Vorlage, wie die „Post" sie schilderte, auch in einem anders zusammengesetzten Reichstage keine Aussicht auf An nähme haben würde. Herr Stöcker schreibt in der „Deutsch-Evangel. Kircken- zeitg." weiter „Geschickte" zu dem Zwecke, seinen Brief an Herrn v. Hammerstein, in dem er den Plan zu einer Um- garnung der Person des Kaisers entwirft, zu entschuldigen. Er bleibt aber auch in der Fortführung an dem unpolitischen Feuilleton. Schwere Kümpfe. Roman au» -cm grasten Kriege. 21) Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) In der Gegend von DombaSle wurde daS Biwak be zogen. ES gab zwar Stroh, aber man fror bei der naßkalten Witterung doch genug. Niederer meinte fürsorglich zu seinem Freunde Huber: „Du, Schreiber, laß fei' da nil aa a Hos'n lieg'n, sunst mußt ja im Hemed geg'n d Franzosen marschiren, uw deeS paßt si' do' nit." „Herrgott, laß mi' mit der Hostn in Ruah, sunst wer' i' fuchti." „Na, gist' di' nur nit so. Geh her, trink auS meiner Feld- flasch'n; na wirst wieada guat." Huber tkat eS, nahm einen tüchtigen Schluck, und damit war das Einvernehmen zwischen beiden wieder hergestellt. Der Schreiber leckte sich den Mund ab und frug erstaunt: „Sakra, wo hast denn den auat'n Wein her?" „Wien wir bei dem Nest vor zwoa Stund'n g'rastet Hamm, Hab' i' mir'» um den Sechser kaft. Woaßt ja, wel'n i' moan." „So, so! Da laß mi' nomal trink'n." Niederer reichte ihm die Feldflasche, nahm sie ihm aber schnell wieder vom Mund weg, als er merkte, daß der Huber gar keine Miene machte, abrusetzen. „Malefizkerl! Jetzt hast scho' um vier Kreuzer g'soff'n. Da bleibt ja mir bloS um zwoa Kreuzer übri. Mit Dir wett' i' ball' wieada." „Siebgst eS, der Schreiber is' do' nit so dumm." Am folgenden Tage mußte abermals tüchtig auSaeschritten werden. Von früh morgens 5 Uhr bis Abends 5 Uhr wurde marschirt und dazwischen nur ein kurzer Rast gehalten. Als die Jäger nach Baulny auf die große Straße von Barennes nach Grand PrS kamen, begannen die vielen Stockungen und Aufenthalte, die immer einlreten, wenn große Truppenmassen nach einem gemeinsamen Ziele zustreben. Kaum daß man eine halbe Stunde ununterbrochen im Marsch bleiben konnte. Daß dabei der Humor der Iäaer, die nun schon 8 Stunden großer Anstrengungen hinter sich hatten, nach und nach in die Brüche ging, war nicht zu verwundern. Endlich ging eS Charakter der Walkersee-Versammlung und der Berliner Stadtmissio» Neben, eine Sache, die Niemand bestreitet. Sehr viel Papier verwendet Herr Stöcker darauf, darzutbun, daß die „Post" auch in den achtziger Jahre» andere Artikel als den bekannten, „Stöckerei und Muckerei" überschriebrnen Uber seine Tbätigkcit gebracht. Aber die Tbätigkeit des damaligen Hofpredigers war eben eine vielseitige, zum Theil hervor ragend politische. Derjenige, der „Slöckerei und Mnckerei" schrieb, war Einer von Denen, die ihn durchschaut batten und wußten, daß er noch andere als ckristlich-sociale Dinge betrieb. Wo und in welcher Umgebung der Artikel gestanden hat, ist ganz gleichgiltig, jedenfalls beurtheilte er den Schreiber des Briefes an Hainnierstei» noch zu mild. Der Stadtmission und Stöcker's Thäiigkcil für sie bat auch nicht, wie er glauben mache» möchte, „das Mißtrauen des Fürsten Bismarck" gegolten, sondern dein Manne, der sich res Denkens und Einpsindens des Kaisers bemächtigen wollte. Wenn wir noch anfübre», daß Herr Stöcker auch in dieser Fortsetzung seiner Darstellung die Mittelparleien beschimpft, von dem Liberalismus sagt, er versetze seine Anhänger in den Zustand der moral iusanit)- u. s. w., so haben wir den Lesern nichts Neues gesagt, aber erschöpfend über diesen abermaligen Neinigungsversnch dieses Agitators berichtet. Es kann sein, daß seine neuesten rhetorischen Windungen und Wendungen ibm noch ein Vertrauens votum des Berliner conservativen PartciratheS eintragen, aber die unbefangen urtbeilende Welt hat er diesmal ebensowenig von dem unanstößigen Eharaktcr seines Briefes überzeugt. Ob die conservative Parteileitung sich in einem Aus nahmefalle befindet und nunmehr, wie verlangt worden, ihren Tadel der in jenem Schreiben empfohlenen Taktik in der „Eons. Corr." zurückninimt, bleibt abzuwarten. Tie aus den Reihen der „Genossen" hervorgegangenen Anträge zum diesjädrige» socialvcinokratischcn Parteitag werden nunmehr im „Vorwärts" zusammengestelli. Sie sind zum größten Theil bereits bekannt und vielfach schon zu frühere» Parteitagen gestellt gewesen. Doch findet sich manches ErwäbnenSwerthe darunter, was bisher nickt veröffentlicht war. So fügen Parteigenossen aus Altona zu den kleinen, sich um den leidige» Gelkpunct drehenden Verlegenheiten, die den Führern zugedacht sind, den Antrag hinzu, die Cumulirung beioldeter Parteiämter für die Zukunft zu untersagen. Dieser Antrag bat eine Vorgeschichte. Scho» aus dem Berliner Parteitage, der vor drei Iavren stattfants, wurde zweimal über die Er höhung der Gehälter der Parteisecretaire beratben, doch die Versammlung war nicht dafür zu haben. Die Häuptlinge hatten dabei speciell den Parteisecretair Auer im Auge. Das, was ihm der Parteitag versagt batte, wandten ihm nun der Parteivorstand und die Geschäflsleitung des „Vorwärts" eigenmächtig zu. Sie bewilligten ihm neben seinem Secretairgehalt von 3000 ^ noch 1500 unter der Verpflichtung, täglich einmal in der Redaction zu erscheinen und die etwa vorkommenden Personalsachen durchzusehen, resp. darüber zu bestimmen. Gegen die hohen Einkommen zahlreicher Partcibeamten herrscht überhaupt zur Zeit eine sehr kritische Stimmung. Der „Genosse" Heymann aus Berlin rührt an eine andere schwache Seite, indem er fordert, „Der socialistische Akademiker" solle künftighin als Parteiorgan angesehen und als solches verbreitet werde». Wer sich erinnert, daß diese Zeitschrift kürzlich der amtlichen Presse der Partei Oberflächlichkeit des Denkens und Pöbel- Hastigkeit der Sprache zum Vorwurf gemacht hat, wird diese kleine Bosheit zu würdigen wissen. An die „Part ei ne sch äste", d. h. an diejenigen, die officiell als solche anerkannt sind, tritt auch diesmal von verschiedenen Seiten die anmaßliche Zumuthung heran, ihren Arbeitern das zu gewähren (Achtstundentag, Aufhebung der Accordarbeil ———————————————————————M- etwas glatter weiter. Die Leute schoben doch schon ziemlich mißvergnügt vorwärts, denn man wurde allmählich sehr müde und hatte keine Ahnung, wie weit es noch gehe. Aber mals hieß eS: „Halt! Gewehr ab!" Da mußte der Jäger Niederer seine schlechte Laune heraus lassen: „Kruzi Türk'n. Kann ma' denn heit goar nit in sei' Drecklvch komme? Wann i' nur wiißt, warum s' nit weiter marsckiren, die Ochs'n von der Infanterie da vorn'?" „Wer'n halt nit weiter könne, weil andri vor ehane san." „Woaßt, Schreiber, Dei' Weisheit hast do' aa nit mit'm Löffel g'sress'n. So viel wies Du, woaß i aa. Na sann halt d' Ochs'n no weiter vorn." Auch bei den Osficieren war die Stimmung keine der besten. Bei den an der Spitze des Bataillons versammelten Jägerofficiercn befanden sich auch verschiedene Herren des vorauSmarschirenden Infanterie-Regiment- der 4. Brigade, darunter der Major Müller, ein Osfieier von altem Schlag, brav, bieder, tapfer, aber sehr derb und keineswegs salon mäßig geschult. Während die Colonne noch an einer An steigung der Straße hielt, welche jede Fernsicht verhinderte, stand dieser Major etwas seitwärts. Mit einem Male marschirte ein Trupp preußischer Grenadiere, geführt von einem Unterofficier, heran. Die Leute trugen nur Feldkessel. Vor der Colonne commandirte der Unterofficier in sehr schnarrendem Tone: „Bataillon, halt!" In Bayern hatte man das preußische Avertissementcommando „Bataillon" nicht, sondern commandirte dafür „Vorwärts!", worauf daS Boll- zugScommanvo „Marsch!" erfolgte. Major Müller, der das preußische Commando nicht kannte, machte sich nun schon über das Wort „Bataillon" lustig. „Seht nur den großschnauzigen Kerl an. Schreit der zu seine zwanzig Mann: Bataillon." Kaum hatte er geendet, so trat der preußische Unter- osfieier mit jenem damals in Bayern noch nicht eingesührten künstlichen Paradeschritt, bei dem man mit dem ganzen fl-chen Fuß fest auf den Boden schlägt, vor Major Müller hin, hielt mit plötzlichem festen Anklappen deS Hinteren Deines, legte beide Hände stramm an der Seite an, machte das so genannte starre Dienstgesicht und begann ebenfalls in einer ziemlich gezierten schnarrenden aber sehr schneidigen Art: „Wassercommando der 17. Compagnie des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment« Nr. l. Gestatten der Herr Oberstwachtmeister, daß ich mit meinen Leuten hier durch marschiere, um im Dorfe Flsville Wasser zu holen?" Den guten alten Major ärgerte das ganze Auftreten deS u. s. w ), was die Socialdemokratie von den „Bourgeois" für rie sonstigen Arbeiter verlangt. Anders gemuthet, als die Berliner, verlangen die Langenbielauer „Genossen" eine an gemessene Verlängerung der Parteikrippe. Der Partei- voisland soll „an geeignete Orte Parteigenossen setzen, welche befähigt sind, eine rege Agitation zu entfalten; die Genosse» sind so lange zu unterstützen, bis sic ihr Auskommen durch eigene Kraft erlangen können". Das würde wohl lange dauern. Das beiße Eisen der Religion faßt diesmal nur Einer an, der statt des Satzes „Religion ist Privatsache" Folgendes im Programm anfgeiiommen wissen will: „Die Socialdemokratie bekämpft aufs Entschiedenste die Vertreter der verschiedenen Religionsgemeinschaften, sowie die Religion selbst, wo ihre Lehren sich dem Befreiungskämpfe des Proletariats entgegen- stelten." Der verschollen geglaubte Herr Sabor giebt ein Lebenszeichen in dem Antrag, in daS Programm zu schreiben: „Arbeit allen Arbeitern" und die Bergpartei im Kreise Tetlow-Beeskow will decretiren: „Die Neichs- tagssraction hat im Reichstage einen Antrag ein- zubringcn, in dem der gesetzliche achtstündige Arbeits tag und die Erklärung des I. Mai als gesetzlichen Feiertag gefordert wird." Zuzutrauen ist eö der „Elite" der Ge nossen, den Deligirten, daß sie selbst den Antrag auf gesetz liche Anerkennung des „Weltfeiertages", zum Beschluß erheben. Dagegen darf man gespannt sein, wie sie sich zu einem An träge der „Genossen" des Wahlkreises Lyck-Oletzko-IohanniS- burg stellen werten, der lautet: „DaS Hatten von Ammen ist, da sterilisirte Kuhmilch ein vollständiger und billigerer Ersatz für Ammenmilch ist, von Staats wegen zu verbieten und nur dann zu gestalten, wenn ein ärztliches PhysitatS- attest für die Nothwendigkeit dazu vvrliegt und wenn die Amme ihr Kind bereits verloren hat." Dieser Autrag ist nicht im Interesse der Ammen gestellt, die den guten Ver dienst keineswegs missen möchten, sondern nur auS Neid und Haß gegen die Bourgeoisie. Aus der Zusammenstellung der Anträge zum Agrarprogramm gebt hervor, daß die principielle Abneigung gegen die Aufopferung des collecti- vistischen Gedankens (von Herrn Bebel „Bauernfang" ge nannt) doch nicht so weit verbreitet ist, als man anzu- nebmen scheint. In den letzten Tagen haben die sranzüsischkn Expe dit io n Stru pp e» aus Madagaskar durch den UeberfaU auf 600 HovaS im Dsfils von Tsmainondry und die Erstür mung rer Position derselbe» einen Erfolg errungen, und General Duchesne dürfte sich heute schon in der Nähe der Hauptstadt Tananarivo, dem Ziele seiner Operation, befinden. Trotz dieses Erfolges gewinnt es aber immer mehr an Wahr scheinlichkeit, daß der Madagaskar-Feldzug als verloren an zusehen ist, da infolge des mörderischen Klimas in jenen Gegenden und der durchaus unzureichenden sanitären Vorkehrungen die französischen Truppen in einer Weise decimirt sind und noch täglich decimirt werden, daß man mit der Möglichkeit des völligen Unterganges des Expeditionscorps rechnen muß. Die Nachrichten über den Gesundheitszustand der Leute, die wir an anderer Stelleergänpcii,lauten geradezu entsetzlich. Die Fehler in derOrganisation desFeldzugs, den man s.Z. als einen„Spazier- gang nach Madagaskar" bezeichnele, müssen geradezu craß sein und die Pariser Presse, auch die ossiciöse, läßt es nicht an schweren Beschuldigungen gegen die in erster Linie be theiligten Factoren fehlen, ja die oppositionellen Blätter ver langen den sofortigen Zusammentritt der Kammern, den Rücktritt des Ministeriums Nibot und die Bestrafung der „schuldigen Urheber der verbrecherischen Thorbeiten", eher dürfe kein Sons für eine neue Expedition rcrwilligt werden. Unterdessen schieben die Minister sich die Schuld an dem Unheil zu. Namentlich sind es der Colonialminister Chau- temps und der Kriegsminister Zurlinden, welche sich sehr preußischen UnterofficicrS so, daß er ihn ziemlich wütbend ansuhr: „Warum langen Sie nicht mit Ihrer Pratz'n an die Mütze, wenn Sie mit einem Osfieier reden?" Nack der altbayerischen Vorschrift mußten nämlich auch Unterofsiciere bei jeder Meldung die rechte Hand an den Helm- oder Mützenschild beben. Der preußische Unterofficier ließ sich keine» Augenblick aus der Fassung bringen, sondern erwiderte mit einer freilich etwas übertriebenen Strammheit, da er sich von vielen Osficieren beobachtet sah: „Weil es nach den Vorschriften Seiner Majestät einem königlich preußischen Unterofficier verboten ist, mit einem Herrn Ofsicier mit erhobener Hand zu sprechen." „So, so! Dees Hab' i' nit g'wußt. Aber was haben Sie denn da für eine dumme Anrede an mich gebraucht. Ich bin doch nit Wachtmeister! So viel könnten S' do' scho' wiss'n." „Nach den preußischen Merklichsten Vorschriften wird ein Major der Infanterie mit dem Titel: Herr Oberstwachtmeister angesprocken." (Dies war früher in Preußen der Fall.) „Donnerwetter! Da will ich mich do' no' genauer er- kundig'n. I' glaub alleweil, Sie schwindeln mir was vor, Unterofficier. Wie heißen Sie denn eigentlich?" „Bodo, Graf zur Linden Westritz, Unterofficier der Reserve im Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. I." Das Gesicht deS guten Majors Müller auf diesen Be scheid war ganz unvergleichlich AIS er überdies in einem wahren SchreckenSton herausbrachte: „Was, a' Graf sa» S' aa no'?" Da konnten sich die übrigen Ofsiciere nicht mehr halten, sondern brachen in lautes Lachen aus. Der preußische Unterofficier gerieth keinen Moment aus seiner dienstlichen Haltung, sondern antwortete kurz: Zu Befehl Herr Oberst- wacktmeister." Darauf brummte der Major etwas in den Bart, deutete auf den Iägercommandeur, bemerkte kurz: „Fragn S' den Herrn Oberstleutnant" und verschwand nach der Spitze seines Bataillons. Der preußische Unterofficier fragte ebenso stramm den Oberstlicutenant Schmidt und erhielt ohne Weiteres die Erlaubniß, mit seinen Leuten durch die Colonne zu marschiren. Nun wurde der Marsch wieder fortgesetzt. Nach wenigen Minuten batte man die Anhöbe erstiegen, und mit einem Male bot sich den Jägern ein Anblick dar, der im Nu allen Aerger, alle Müdigkeit vergessen ließ. Soweit daS Auge reichte» vor ihnen» recht- und links sahen sie nichts als Biwaks, brennende Lagerfeuer, Truppen aller Waffen, Kanonen und Fahrzeuge. unangenehme Dinge ins Gesicht sagen. So schiebt der Kriegs- minisler in einer officicllen Note die Schuld daran, daß die kranken Truppen nicht in den Sanatorien der Insel Nvunion untergcbracht, sondern auf dem mörderischen Wege durch das Rothe Meer nach Frankreich verschifft wurden, auf den Cvto- nialminister, der die Errichtung provisorischer Lazaretbe auf der Insel Nöunion abgelehnt habe. General Zurlindcn vertheidigt sich mit aller Energie dagegen, daß er aus anderen als rein humanen Motiven die Kranken, die selbst dringend nach Frankreich beimgebracht zu werden ver langten, verschifft habe. Im Uebrigen. erklärt er, hätte der Colomalminisler nichts auf den Nvunion - Inseln vor bereitet, eine größere Anzahl von Kranken passend unter zubringen. Dagegen behauptet Minister ChautempS, es sei für 2000 Kranke Vorsorge getroffen und er könne durch Documente beweisen, daß er immer den Kriegsminister auf die Verpflegung der Truppen auf der Inset Reunion hin- gewiesen habe. Dieser öffentliche Conflict hätte um ein Haar schon vorige Woche zur Demission des Kriegsministers ge führt, wenn es nicht dem Ministerpräsidenten Ribot unter den größten Anstrengungen gelungen wäre, einen vorläufigen Frieden wieder herzustellen und die Entscheidung bis nach dem nächsten Ministerrath zu vertagen. Dieser bat nun gestern unter Vorsitz des Präsidenten der Republik statt gefunden. Wir erhalten darüber folgende Meldung: * Paris, 24. September. In dem heutigen Ministerrathe berichtete der Krieg-minister General Zurlinden in Betreff der Ber- proviantirung der Truppen und bestätigte die Meldungen über die Telegramme des Generals Duchesne bezüglich des Vormarsches einer fliegenden Colonne. In einer Depesche vom 20. d. Mts. theilte General Duchesne mit, daß er alle nöthigen Hilfsmittel habe. Der Kriegsminister machle sodann Angaben über die Truppen-Ver- proviantirung über Majunka und Tamatave. 500 Mann vom Senegal würden demnächst abgehen, um die Staffelstellungen während der Regenzeit und die Niederungen zwischen Andoila und dem Meere besetzt zu halten. Ueber den Ausgang der Ministerkrise verlautet in dieser Mittheilung noch nichts. Im Uebrigen macht es den Ein druck, daß man auch im Ministerrath den Dingen auf Madagaskar rathlos gegenübersteht, daß man nur zusammen- gekommen ist, ut alitiuiä tiat, um die hochgradige Erregung der öffentlichen Meinung, etwas wenigstens, zu beschwichtigen. Die Mlttheilung des Generals DucheSne vom 20. September, „daß er alle nöthigen Hilfsmittel habe", ist so un bestimmt gehalten, daß man ihr keinerlei Gewicht bei legen kann. Tbatsache ist, daß in Folge unzureichen der sanitärer Hilfsmittel die militairischen Avancen ihren Werth vollständig verlieren. Ein Nachschub von 500 Mann Senegal-Truppen kann daran nichts ändern. Nur eine neue besser vorbereitete und ausgerüstete Expedition vermag die Scharte wieder auSzuwetzen, aber ehe sie zu Stande kommt, kann Duchesne mit seinen Leuten vollständig aufgerieben sein. Am 22. Oktober beginnt die außerordent liche Wintersession der französischen Kammern, dann wird es an Interpellationen und an Angriffen auf die Regierung regnen und es ist nickt unwahrscheinlich, daß die Fluth der öffentlichen Entrüstung das Cabinct Ribot hinwegspülen wird. Ist es doch schon acht Monate am Ruder! Die japanische Regierung macht nicht nur die größten Anstrengungen, ihre Flotte zu vermehren, um den russischen Flottenkrästcn in den asiatischen Gewässern das Gleichgewicht zu halten, sondern faßt auch wichtige Entschlüsse für den weiteren Ausbau der Landmacht, und man darf bei der Energie, welche die Japaner seit einer Reihe von Jahren bei der Stärkung ihrer Wehrkraft entwickelt haben, mit Bestimmtheit annehmen, daß die neuen Entschlüsse auch zur Durchführung ge langen werden und schon in der Ausführung begriffen sind. Japan, das bekanntlich im Frieden sein Heer in eine Garbe und „Himmel Element, Iaga! Do' schaugtS hin. Dees is' ja d'ganz Armee; dees san ja mindestens 4 ArmeecorpS." So unrecht batte der Unterofficier Waldstätter mit seinem AuSruf nicht. Lagen doch das V., XI. und II. bayerische Corps, sowie die Württemberger dicht beieinander, das I. bayerische befand sich im Anmarsch, und rechts von der III. Armee dehnte sich die unter dem Kronprinzen von Sachsen von Metz heranmarschirte neugebildete Maasarmce mit den Garden und dem IV. und XII. ArmeecorpS aus. Einen großen Tbeil der Biwaks dieser kolossalen Maste konnte man von der Erhöhung bei Fleville überblicken. Eine solche Truppcnanhäufung hatten die Jäger doch noch nie gesehen. Das übertraf bei Weitem das bei GermerSbeim oder Langcii- kandel beobachtete Bild. Zunächst ergriff Ossiciere und Mannschaften ein allgemeines Staunen. Man hatte in einem fort zu schauen. Da entdeckte man ganz neue, noch nie gesehene Uniformen, unter denen ein rothes und ein grünes Husaren - Regiment den Jägern am meisten auffielen. Dann erregten einzelne Ossiciere des sächsischen, preußischen Gardecorps, der Württemberger, der preußischen Landwebrcavallerie u. s. w., Stabsordonnanzen, preußische Weiße Kürassiere mit ihren glänzenden Stahlhelmen und andere die Aufmerksamkeit. Nach einiger Zeit gab aber der Unterofficier Heeg einer Empfindung Ausdruck, die wirklich in hohem Maße berechtigt war. „Ma' sollt'« goar nit glaub'», wie st all' die viel'n Menschen af oan Fleck z'samm brackt Hamm. Während die letzt » Tag Hamm wir ja goar koane ander'n Trupp'n g'sehg'n. Ma' hält' moane könne, daß wir ganz alloa in Frankreich 'rumziehg'n, un' jetzt ist af emal All'S beinand." Horn batte die Aenßerung gekört und bemerkte zu seinen Leuten: „Darin könnt Ihr die Thätigkeit und Uebersicht deS Generalstabes erkennen. Man läßt uns getrennt marschieren, damit wir uns auf den Straßen nicht gegenseitig ausbalten, wie es beute der Fall war, und wie eS sich nie vermeiden läßt, sobald solche Masten Zusammenkommen. Ist aber eine Schlacht in Aussicht, so kann man diese Rücksicht nicht mehr walten lassen, und eS muß Alles möglichst eng beisammen sein. Wenn eS gelingt, alle Kräfte zur Schlacht zur Hand zu habe», so ist damit schon eine Hauptbedinaung für Len Sieg erreicht." „Nach dem scheint'- also, als ob a große Schlacht bevorständ'. Moane der Herr Oberleitnant nit aa?" «Gewiß, wahrscheinlich bat unsere Cavallerie di« französisch«
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