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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951001028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895100102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895100102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-01
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Gröbere Schriften laut unserem Preis, »erzeichaiß. Tabellarischer uud Zifferusa» nach höherem Taris. Srtra.vrilage» (gesalzt), nur mit der Morgen«Ausgabe. ohne Postbesördermig » 60.—, mit Postbesörderung ?o.--. ^nnahmeschlnß für Tinzeigen: (nur Wochentag») Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Margeu-Au-gabe: Nachmittags 4 Uh.. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stund« früher. Anzeige« sind stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von T. Polz in Leipzig. 8S. Jahrgang. KoMifche Tagesschau. * Leipzig, 1. October. Den Politi ker Stöcker mag Mancher tadelig finden, der edle Mensch in ihm sucht seines Gleichen. Hat da der konservative Berliner Nordverein den Brief Stöcker's an Hammerstein gemißbilligt, weil aus ihm hervorgehe, daß der damalige Hofprediger von der Absicht geleitet worden sei, Zwietracht zwischen dem Kaiser und seinem ersten Rathgeber zu säen. Gemeine Naturen hätten dieser Kundgebung eine politische Tendenz untergelegt, sie vielleicht gar auf die Meinung zurückgejührt, daß ein Conservativer es den Social demokraten, den Welsen der verschiedenen Färbung und der Demokratie hätte überlassen sollen, den Sturz dieses konservativen, um Preußen und Deutschland nicht un verdienten Ministers mittels Zettelungeu anzustreben. Nicht so Herr Stöcker. Die Noblesse seines Herzens zwingt ihn, bei der Beurtheilung der Beweggründe des Nordvereins den günstigsten Maßstab zu suchen, nämlich seine eigene Denkungsart. Man höre: „Zur Aufklärung des Borganges dürfte die Mittheilung dienen, daß die Professoren Brecher und Beller mann einflußreiche Mitglieder des „ältesten conservativen Vereins" sind. . . . Professur Brecher hat einen alten Groll gegen Stöcker. Er soll sich für den eigentlichen Vater der Berliner Bewegung halten und sehr böse darüber sein, daß außer ihm kein Mensch daran glaubt, sondern, daß Alle Stöcker dafür erklären. Doch das nebenbei. Als Herr Brecher nicht gerade zum Vortheil der Berliner Bewegung im C. C. C. (Conservativen Central-Comite) Mitte der 80er Jahre einen ausschlaggebenden Einfluß ausübte, hat Stöcker einmal gesagt, man könne die Berliner sechs Wahlkreise nicht regieren wie ein Professor seine sechs Gymnasialclassen. Diese harmlose Aeußerung hat Herr Brecher nicht vergessen können." Wenn das nicht die Sprache eines echten Priesters ver Religion der Nächstenliebe ist, so muß das Priesterthum im Werthe sinken. Auch Professor Bellcrmann der Abneigung gegen Intriguen und der Vorliebe für den Fürsten Bismarck zu zeihen, ist Herr Stöcker weit entfernt. Dessen Gegner schaft beschönigt er, indem er sie mit der antikirchlichen Ge sinnung des Professors erklärt. Nun sind bekanntlich auch vtc „Hamv. Nachr/ mit einer Beleuchtung der Stöcker'schen Ambitionen während der achtziger Jahre auf den Plan ge treten. Aber diesen, richtiger dem Fürsten Bismarck, gewährt der Edle Verzeihung, weil die Ausführungen des Hamburger Blattes „von der gegnerischen Seite stammen, welche die Verhältnisse nur beargwöhnte, aber nicht kannte"; die Darstellung hat darum auch „keinen objectiven Werth". Für gut unterrichtet über politische Vorgänge hat man den Fürsten Bismarck während seiner ganzen Amtszeit gehalten, aber wenn Herr Stöcker für seinen Fall das Gegentheil behauptet, so wird man nicht mehr an der Unrichtigkeit der Angaben in den „Hamb. Nachr." zweifeln dürfen. Sie wären nun gleich dem Berliner Nordverein ab- gethan. Und was den Frhrn. von Plettenberg-Mehrum betrifft, der nun auch die „Intriguen Stöcker's gegen den Fürsten Bismarck" verurtheilt, so wird sich ein Mann wie der Freund und Seelsorger des Herrn v. Hammerstein nicht erst lange mit ihm abgeben. Hat der rheinische Conservative auch vielleicht keinen sittlichen oder intellectuellen Defect, der ihm zur Entschuldigung dienen kann, so ist er eben ein „Hell- dorffianer". Herr Stöcker hingegen ist Mitglied der Central leitung der conservativen Partei. In Brüssel war dieser Tage ein sog. „Weltconaretz der Freidenker" versammelt, d. h. dine internationale Ver einigung radikaler Socialpolitiker, zu der Deutschland zwei Frauen und einen Herrn gestellt hatte. Von den phrasen haften Verhandlungen und unreifen Beschlüssen dieser Ver sammlung wäre nichts des Berichtend werth, wenn nicht auch die „elsaß - lothringische Frage" in einer Weise behandelt worden wäre, die für die Gesinnungen der französischen Socialisten gegenüber den „inter nationalen" Schweifwedeleien der deutschen Socialdemv- kratie überaus bezeichnend war. Zum ersten Pnncte der Tagesordnung, die Abschaffung der Kriege betreffend, war nämlich von der Commission der Zusatzantrag gestellt worden, gegenüber den Kriegserklärungen einen allgemeinen wirthschasllichen und militairischen Ansstand anzurathen, um so den Krieg unmöglich zu machen. Der Verlauf der Debatte über diesen Antrag wird der ,^köln. Ztg." folgender maßen geschildert: „Die Frage des militairischen Ausstandes war für die Franzosen das Zeichen, die elsaß-lothringische Frage aufzuwerfen. Ein alteS Mitglied der Commune Namens Al ix sprang sofort auf und er klärte, zwar wie alle Socialdemokraten gegen den Krieg zu sein, aber dem Vorschläge der Abrüstung nicht zustimmen zu können, so lange die Frankreich geschlagene Wunde nicht vernarbt und Elsaß-Lothringen nicht zurück gegeben sei. Ein Belgier zeigte sich darauf den Franzosen ge fällig, indem er Vorschlag, der Congreß solle alle Freidenker auf fordern, eine eifrige Propaganda anzustellen, um die Durchsicht des Frankfurter Vertrages und die Organisation einer Volksabstimmung der Elsaß-Lothringer über ihr endgiltiges Schicksal herbei zuführen. Nun erklärte Frau Wilhelmi-Stuttgart, ein furcht barer Sturm gehe durch Deutschland gegen den Militarismus und den Krieg. Und um der deutschen Socialdemokratie das ihr ge bührende Maß der allgemeinen Verachtung seitens der Ausländer zu sichern, fügte sie angesichts dieser Worte der Franzosen hinzu: „Wir haben uns nicht mit platonischen Erklärungen begnügt, sondern gehandelt. Am Vorabende des Jahrestages von Sedan haben die deutschen Socialdemokraten ihrem Abscheu über dieses schmachvolle Fest durch eine Adresse an ihre französischen Brüder Ausdruck gegeben." Der französische Bruder Communarde Alix ver sagte es sich nicht, trotz einer abermaligen ablenkenden Rede beigischerseits der deutschen Schwester den verdienten Fußtritt hier auf zu versetzen, indem er erklärte: „Die elsaß-lothringische Frage ist nicht erhoben, um als Ableitungsmittel für die sociale Frage zu dienen. Unsere patriotischen Forderungen auf Rückgabe Elsaß-Lothringens sind der Einspruch gegen eine brutale That, gegen welche die ganze Menschheit Ein spruch erhebt. Eure Theorien von dem we^t entfernt Ideal des Schiedsgerichts ssnd einschläfernd." Abermals suchte der belgische Socialdemokrat Dejessarts durch einen allgemein gehaltenen Beschluß gegen den Krieg abzulcnke», aber der Elsässer Scharre erwiderte ihm, daß es einem Revolutionair nicht erlaubt sei, zu behaupten, ein Volk habe nicht das Recht, seine Freiheit und Unabhängigkeit wiederzuerobern. Wenn die Freidenker jeden Er oberungskrieg für ein Verbrechen erklärten, so sei der Krieg zur Befreiung unterdrückter Nationen ein heiliger Krieg. Die elsaß-lothringische Frage quäle zwei Millionen Herzen, die Ab- scheu fühlten vor der fremden Unterdrückung, und sie gehöre nicht zur Zuständigkeit des Congresses. Nachdem noch eine Reihe Redner von jocialdemokratischen Gesichtspuncten aus für und wider den Commissionsantrag gesprochen, erklärte Scharre, die Franzosen könnten nicht für den Zusatz, einen militairischen Ausstand anzu- rathen, stimmen, da sie hierüber nicht ihre Mandatgeber befragt hätten. Der Zusatz wurde deshalb schließlich gestrichen, um aus die Tagesordnung des nächsten Congresses gesetzt zu werden, und alsdann der Antrag angenommen." Die Antwort der französischen Socialisten auf daS schmäh liche Sedantelegramm der Berliner Genossen ist bekanntlich noch immer nicht veröffentlicht worden. Falls die Brüder in Paris sich wirklich überwunden haben, die Herren Bebel, Liebknecht und Singer einer Antwort zu würdigen, so ist diese, wie wir mit den „Berliner N. N." vermuthen, in dem selben Sinne ausgefallen, wie die oben citirten Franzosen in Brüssel sich geäußert haben. ES dürfte die Aufmerksamkeit der politischen Welt verdienen, daß zur Zeit in Paris zwischen französischen und russischen StaatsmännerndiP lo>'l.at'sch -Co" ^ r e n^n abgehalten werden. ./fälliges Ereigniß des Fürsten Lobanow .""ck l/nS Hössichkeitsact ge- und auch von vornherein n'chtl« bloßer H°s dieser dacht gewesen rst. lieber die -benrenz « - . y§n Cons-r-nze» erfährt die „Saale-Zeitung , w.e st- I g wohlunterrichteter Seite, daS Folgenre beginnenden Di- am Montag den W- Sep -mb^ m ^ Confer-nzen zwischen Präsident Faure, Fu st ^ °hrenheiund Hanotaux, sowie Botschaftern ; v Weisen neuer- Graf Montebello haben welche indessen an dingS allerlei Beklemmungen (?) hervorgeruse e m ^l- unterrichteter Stelle nicht g-the.l werden- Man Ruß- mehr im Besitze von Garantien ZU einer land unter keinen Umständen se ^.^„ksurter Aenderung der Grundlagen d - Rußlands Friedens bieten bich v ->solirung LÄLÄ -8'° 7- u°b-d.°nl« wir stets der Ueberzeugnng gewesen sind, daß Rußlan° u, r der französischen Freundschaft ganz andere Ziele verfolgt als die Wiederangliederung Elsaß-Lothringens an F Diese Auffassung ist in Deutschland jetzt ziemlich allgeinein ver br-i.-t und Ww bezweifeln daher auch, daß °s m Berliner Kreisen, soweit dieselben ernst zu nehmen sinv' ''allerlei V klemmungen" gegeben hat. Dagegen ""lautet schiedenen Seiten, daß die künftige Ha"ung Nußlands und Frankreichs England gegenüber, namentlich m Astasien »nd Armenien, thatsächlich einen Hauptpunct der B rathungen m Paris bilde und daß eS thatsächlich auf eine 2solirung Eng lauds abgesehen sei. WaS speciell d.e armenische Frage an- belange, so verwürfen Rußland und Frankreich die von England angeregte Berufung einer europäischen Conferenz. sowie die Einsetzung einer Commission, welche die Ausführung der armenischen Reformen zu irbertpachey hatt.e. Cme rvnsequenl durchgeführts Isolirung Englands wurde eine Annäherung desselben an den Dreibund zur Folge haben. Wie weit diese gehen und unter welchen Formen sie sich voll ziehen wird, können wir ruhig abwarten. Kommt ein englisches Angebot, so werden wir uns — sehr kritisch — überlegen, ob wir, unbeschadet unseres Urtheils und ohne unnöthigerweise Rußlands Mißtrauen zu erwecken, darauf einlassen können. So gar eilig haben wir es nicht. Endlich scheint Ehina gegenüber den Reklamationen der Mächte, welche für die unerhörten Vergewaltigungen von christlichen Missionaren Genugthuung verlangten, thatsächlich einlenken und von bloßen Versprechungen zu wirk lichen Leistungen übergehen zu wollen. Kaum war die Nach richt von der Ueberreichung des britischen Ultimatums, das durch ein solches der Vereinigten Staaten unterstützt wurde und die Degradirung des Vicekönigs der compromittirten Provinz fordert, nach Europa gelangt, so folgte sctwn die weitere, nach welcher die Absetzung des hohen Würdenträgers als Warnung für andere und, wie heute nachgetragen wird, die Verurtheilung der lässigen unteren Beamten schon durch kaiserliches Decret verfügt ist. Man wird wohl mit der Annahme das Richti« treffen, daß die neuesten Be wegungen deutsch et Kriegsschiffe, verbunden mit dem Ein laufen eines englischen Geschwaders in den Dangtsekiangstrom, der entgegenkommenden Taktik des ofsiciellen China nicht ganz fremd gewesen sein dürften. Das Pekinger Cabinet kann in den prekären Zeitkäufen, die jetzt über China hereingebrochen sind, nicht die Gefahr auf sich laden, neue Schwierigkeiten zu den'alten zu häufen, die ihm sein amtliches Wirke» obuebiu schon so sehr erschweren. Wäre es zu einer Action der eng lischen Flottenmacht gekommen und hätten englische Mariuc- truppen, wie „Times" und „Standard" es androhten, Nanking besetzt, so wäre daS allerdings ein Schlag gewesen, den d:c Mans'chu-Dynastie schwerlich überlebt haben würde, da mächtige Geheimbünde, die eben wieder in der Provinz Kansu ein: Revolution angezettelt haben, an ihrem Sturze arbeiten und nur auf den Augenblick warten, wo eine Demiithigung, wie die Besetzung Nankings es wäre, das gesammte Chinesenthuni mit Verachtung und Haß gegen die fremde Herrscherfainilie erfüllen würde. So wählte man in Peking daS kleinere Uebel und willigte endlich in die exemplarische Bestrafung der wahren Schuldigen, um die man sich mit der Hinrichtung einer Hand voll armer, wahrscheinlich völlig unschuldiger Schlucker hatte herumdrücken wollen. Die augenblicklich bis zum Siedepunct erhitzte Volksleidenschaft wird dem Pekinger Hof freilich auch diese Nachgiebigkeit als unerhörte De- müthigung anrechnen und kann für denselben noch bedroh licher werden, als sie es ohnehin schon ist. Beneidens werth ist jedenfalls die Lage der chinesischen Regierung nicht, welche die Bevölkerung und die europäischen Mächte zugleich bei guter Laune erhalten soll. Die christlichen Missionare bilden unzweifelhaft einen Pfahl im Fleische des Chinesenthums. Ihr bloßes Vorhandensein wird von den Mandarinen wie von der erdrückenden Mehrheit des Volkes nun einmal als eine permanente Herausforderung der chinesischen Staatsidee betrachtet, und es ist daher auch sehr fraglich, ob die eben erfolgte vereinzelte Bestrafung eines VicekönigS und die Furcht vor weiteren Repressalien den Pöbel von weiteren Vergewaltigungen der Fremden abhaltc» wird, zumal da, wie gesagt, ein noch energischerer Schritt der Mächte nur Wasser aus die Mühle der über das ganze Land verbreiteten revolutionairen Propaganda wäre. In der sü-afrilautscheu Presse hat sich seit Anfang September ein heftiger Streit entwickelt, der namentlich TeutschliindS Stellung zu England a!» Grundlage hat. Die .Cape-TimeS" batten einem Eingesandt eines Bremers (?) Aufnahme gewahrt, welches in seiner maßlosen Sprache von der südafrikanischen Zeitung blödsinnig genannt wird und auf die Deutschen ern überaus schlechtes Lickt wirft. In seiner Ausgabe vom 7. September unterwirft nun das kapstädtische Blatt die Sacke einer näheren Be sprechung unter deni Titel: brauce anci Oc-i- mairx aro Lllti-oiiglisk." Frankreich ist offenbar nur hinein gebracht, um den schlimmen Ausfall gegen Deutsckland etwas zu verdecken; der Abwehr gegen die Franzosen ist aber nur etwa ein Sechstel des Artikels gewidmet, das übrige Haupt stück geht mit Deutschland ins Gericht. Frankreich wird das Zugesländniß gemacht, daß es eine gewisse Berechtigung für seinen alten Daß gegen Großbritannien habe; dieser ent springe vor Allem der Gegnerschaft auf colonialem Gebiet; dabei wird auf Egypten und Madagaskar hingcwiescu. Das könne man wohl verstehen, aber keineswegs wäre man vor bereitet, dieselbe Erscheinung in Deutschland zu finden. Zweifellos entspringe diese unedle und unwürdige Haltung nur aus Neid über die Erfolge Englands. Der Verfasser habe sich zur Zeit der chinesisch-japanischen FriedenSverhand- lungen in Deutschland aufgehalten; damals sei man in Deutschland allgemein erfreut gewesen, daß die deutsche Reichs regierung mit den anderen Mächten zusammengegangen sei und England isolirt blieb. AuS diesen Darlegungen geht (wie die „Post" in Uebereinstimmung mit unserer Haltung der englischen Dünkelhaftigkeit gegenüber ausführt) wieder einmal klar hervor, daß die Briten und vor Allem die Colonial- Feuilleton. Schwere Kämpfe. Roman aus dem grossen Kriege. Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) DaS Häuschen war schnell gefunden, Witzelberger rief den Hausherrn, einen der sogenannten petit rsutierg heraus, und Horn bedeutete ihm, daß er zu ihm inS Quartier käme. Der Mann erklärte, daß er mit bestem Willen kein weiteres Zimmer habe, da er seine gute Stube dem verwundeten Sachsen, die Kammer dessen Burschen abgegeben habe, und mit Fran und Kind in dem einzigen außerdem noch vor handenen Zimmer lebe. DaS Gespräch hierüber hörte der sächsische Lieutenant. Der schickte sofort seinen Burschen heraus, um Horn auffordern zu lassen, bei ihm zu wohnen. Der Oberlieutenant nahm das kameradschaftliche Erbieten an und ließ sich in das Zimmer tragen. In einem Bett lagßein junger sächsischer Lieutenant, ein andere» Bett war leer. Ehe Horn etwa» sagen konnte, begann der Sachse: „Herr Kamerad, dieses Bett ist frei. Wenn eS Sie nicht genirt, wollen wir hier als LeidenSgenossen zusammen bleiben. Sie werden kaum ein ruhigeres und verhältnißmäßig besseres Quartier finden. Mein Name ist von Grävenheim." »Mein Name ist Horn. Ich bin Ihnen unendlich dank bar, daß Sie mich aufnehmen. Es scheinen auch hier schon alle Häuser mit Verwundeten überfüllt zu sein. Ich fürchte nur, Ihnru lästig zu werden." ,Mir werven beide Gleiches zu tragen haben und können uu» dann gegenseitig trösten. Sie scheinen auch am Fuße verwundet zu sein. Hat man Sie ebenfalls amputirt?" „Nein, meine Wunde ist nicht besonders gefährlich. Ich muß nur einige Zeit liegen." Unter diesen Gesprächen war Horn von Witzelberger, dem Burschen de» sächsischen Officier» und dem ebenfalls zu» greifenden Hausherrn in daS Bett gelegt worden. Der frcnzösische Kutscher erhielt die Erlaubnis, zurückzufahren, und Witzelberger wurde, nachdem sein Herr >hn nicht mehr brauckte, von dem Burschen deS Lieutenant» von Grävenheim in die Kimmer geführt, die er von nun an mit diesem theilen sollte. Als die beiden Offeriere allein waren, frug der Sachse: „Sind Sie die vergaygenen Nächte in Mouzon gelegen?" „Nein, in Remilly." ,.Wo liegt denn daS?" „Bei Sedan." „Ja, wie sind Sie denn nach der Schlacht bis in die Gegend von Sedan gekommen?" „Die Schlacht hat ja um Sedan stattgefunden." Bei Sedan? Dort hat man also auch schon gekämpft? Ich dachte, Sie seien, wie ich, bei Beaumont verwundet worden?" „Oh, da wissen Sie noch gar nichts von der Schlacht bei Sedan?" ^Nichts, gar nichts, erzählen Sie doch." Trotz seiner Müdigkeit in Folge der Fahrt theilte Horn dem sächsischen Kameraden Alles mit, was er erlebt hatte und wußte. Da leuchtete daS sehr matt gewesene Auge deS Lieutenants von Grävenheim auf, und immer neu fragte er den bayerischen Kameraden, bis der Hausherr erschien und Letzterem eine recht gute Mahlzeit krackte. Jetzt erfuhr der Sachse erst, daß Horn noch nichts zu Mittag gegessen hatte. Er entschuldigte sich sehr wegen seines vielen Fragens, bat ihn, nun zu essen und nicht zu reden und erzählte ihm unter dessen seine Erlebnisse. Er war als Ordonnanzofficier während der Schlacht von Beaumont zum IV. preußischen Corps geschickt worden, hatte dort durch einen Granatschuß den rechten Unterschenkel und da« Knie total zerschmettert bekommen, war nach Mouzon gebracht, dort nothdürftig ver bunden und in der gleichen Nacht nach Stenay gefahren worden, um hier sofort oberhalb des KnieS amputirt zu werden. Seit dem 3l. August frühmorgens, also fast über drei Tage, lag er hier bei Monsieur Oueuvin, der übrigens ebenso wie seine Frau und sein Söhuchen ein braver ordent licher Mensch sei. Der Sachse machte auf Horn einen sehr guten Eindruck, obwohl ein tiefer, schwermulhiger Zug um seinen Mund spielte und sein Auge, nachdem er nicht» mehr von dem Kampfe erzählen hörte und nicht mehr selbst sprach, recht matt wurde. Der Oberlieutenant nahm an, daß eben die Verwundung und Amputation dem jungen Officier sehr zu gesetzt hätten, und e» ihm gewiß schweren Kummer bereite» nunmehr den Dienst verlassen zu müssen, da er ja militair- dienstuntauglich war. In diesem Augenblick stürzte der Bursche de» Herrn von Grävenheim in» Zimmer und ries: „Herr Leutnant. Herr Leutnant. Det is' ja großartig. Direktemang is' ne Depesche anjekomme», det wir '» Napoleon mit d»e jauze Armee allen- uf enmal jefangen haben. Et sollen über 100 000 Mann sind." Gleich darauf kam Witzelberger nachgerannt: „Herr Ober- leitnant, der Berliner hat recht. All' Hamm s' eS verwischt. Koa Maus kimmt nit auS. Un' der Kaiser iss aa derbei. DeeS is' a H§tz." „Woher wißt Ihr denn daS?" „A Dokter hat'S dem Herrn Oberstabsarzt zuagruf'n, un' da is' der Schuppe, so hoaßt der Bursch vom Herr von Grävenheim, glei' Hingange un' hat g'sagt, sie möcht'n'S eahm genau soag'n, daß er's sei'm Herr'n meld'n kunnt." „Siehst Du, Witzelberger, der war schnell bei der Hand." „Herr Oberleitnant, deeS iS aa a Berliner, un' die Hamm all' d Schnauz vorn dran." „Na, diesmal bat eS unS doch sehr genützt, denn wir wissen nun die Bestätigung der Ansicht, die ich schon den ganzen Tag hegte." ^ Während die Burschen miteinander verschwanden und Schuppe dem Hausherrn die glänzende Kunde begreiflich machen wollte, sprachen sich die beiden Officiere über daS außerordentliche Ereigniß auS. Horn erzählte, daß er durch da« Gespräch der französischen Officiere schon die An wesenheit Napoleon'« gewußt und die Gefangennahme der Armee geahnt hätte. Beide Herren waren der Meinung daß nunmehr der Friede folgen werde. „Der Kaiser grfanaen. die eine Feldarmee ebenfalls ae- fangen, die andere m Metz cernirt; was will da Frankreich noch machen! Nun w.r haben unsere Pflicht gethan und dürfen stolz und zufrieden m die Heimath zurückkehren." ^^rlieutenant, ich aber nicht." „Wie soll ich da« verstehen. Herr v. Grävenheim?" «vkch weiß noch nicht, ob mir in der Heimath rin Empfang brvorsteht, der mir entschädigt, wa« ich durch den ist noch sehr unklar." wird sich machen. Jedenfalls sind Sie ja vor materiellen Sorgen bewahrt, denn Sie werden eine sehr aus kömmliche Kriegspension erhalten." ^ 'ch nicht. Mein Kummer ist anderer Art ^ ^er wir sind Leiden»- mÄ'ä-Ichick -l"' 0H»«, „Ich bitte darum. Ich bin sehr gespannt." „Ich bin verlobt. Meine Braut ist die Tochter eine« N«mi^b"b",^"Een. Ich heg« zwar die Uebrrzeugung. daß Je Mch Wirklich liebt. Aber man kann nicht wissen, ob sie auch einen Krüppel heirathen will und noch dazu einen, der die Uniform doch nur bei außergewöhnlichen Anlässen tragen wird. Sie hat nämlich, schon che wir verlobt waren, einmal erklärt, daß sie nie einen anderen Mann als einen Officier hei rathen würde. Auch mein Schwiegervater ist sehr für die Officiere eingenommen, um so mehr, weil meine Schwäger beide nicht dienen konnten und er daher gern wenigstens als Schwiegersohn einen Soldaten in der Familie haben möchte. Mich selbst kränkt daS Ausziehen der Uniform wenig, da ich doch über kurz oder lang mein väterliches Gut übernehmen muß. Wir sind zu arm, um unS einen Verwalter zu halten. WaS nun mein Schwiegervater zu der Aenderung der Verhältnisse durch meine Verwundung sagen wird, macht mir ebenfalls Sorgen. Am meisten aber beschäftigt eS mich, wie sich meine Braut verbalten wird. Ich habe ihr vorgestern die Amputation meines BeineS geschrieben und ihr selbstverständlicher Weise ihr Wort für den Fall zurückgegeben, daß sie sich nicht ent schließen kann, einem Manne, der mit einem Holzfuß herum gehen muß, ihre Hand zu reichen. Vielleicht erhält sie heute oder morgen meinen Brief." „Wenn Sie mir eine Meinungsäußerung erlauben, so möchte ich behaupten, Ihre Lage ist sehr klar." „Wieso, Herr Kamerad?" »Ist Ihre Fräulein Braut gehaltvoll, und liebt sie Sie wahr, dann ändert Ihre Verwundung gar nicht«. Dann gelingt eS ihr leicht, ihrem Vater begreiflich zu machen, daß ein Mann, der sein Bein aus dem Schlachtfeld im Dienst für König und Vaterland verloren hat, auch ohne die Uni- si>rn, zum mindesten so viel werth ist, als einer, der keinen Feind gesehen, aber dafür gesunde Glieder hat und noch den Rock de« Königs trägt. Liebt Ihre Braut Sie aber nicht, dann werden Sie beide durch den Zwang, sich jetzt zu ent scheiden , vielleicht vor späteren Enttäuschungen bewahrt. Wenn aber Ihre Fräulein Braut Sie aufgeben würde, nur weil Sie nun nicht mehr weiter dienen können, dann wäre eS nicht schade, sie zu verlieren, dann hätte sie keinen Werth." »Ja, ja. DaS habe ich mir Alles auch schon gesagt. Wenn ich nur wüßte, welcher der Fälle eintrifft." .In acht bis zehn Tagen können Sir Antwort haben. Bis dahin müssen Sie sich eben in Geduld fassen." Beide schwiegen uod hingen ihren Gedanken nach. Wie ganz ander- hatte der Zufall da» Geschick deS sächsischen Kameraden gestaltet als da« Horns. Jener mußte befürchten, daß aerade der Weg, der diesen aewiß zum Herzen Renaten» zurückgrsührt und »hm die Zustimmung de» Herr» Thor-
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