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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951002029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895100202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895100202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-02
- Monat1895-10
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es« «chnea können, «achde» die Erhebungen, die vom preußischen Handelsministerium vor einiger Heit bei den Verwaltungs behörde» uud vor Kurzem bei den wirthschaftlichen Ber einigungen und Handelskammern veranstaltet wurden, zu festen Ergebnissen gediehen sind. Die Aenderunaen, dir bisher ins Auge gefaßt sind, dürsten sich nach zwei Richtungen bewegen. Einmal dürfte es sich darum handeln, einzelnen ErwerbS- zweigen überhaupt eine längere al» die bisherige SonntagS- arbeitSzeit zuzugestehen, sodann darum, für ander« die Ver kaufszeiten auf andere Tagesstunden al» bisher zu verlegen. Im elfteren Falle würde natürlich, wenn sich die Erweiterung über einen Zeitraum von mehr als fünf Stunden erstrecke,, würde, eine Aenderung de» Gesetzes nothwendig werden, im letzteren genügten VerwaltungSmaßnahmen ä Berlin, ». Oktober. Mit begreiflichem Interesse ver folgt man in den Kreisen der Interessenten die weitere Ent wickelung der Zucker st euerfrage. Seit den Unterband- luogen zwischen Deutschland und Oesterreich über dir Frage einer internationalen Regelung der Zuckerprämien-Angelegen- heit sind drei und ein halber Monat verflossen, und noch immer steht die Antwort auf die Frage aus, wie das Aus land, wie namentlich Frankreich zu den in Wien gegebenen Anregungen sich verhält. Wenn man bedenkt, daß die jetzigen Bemühungen um eine internationale Regelung dieser Frage bereits den achten derartigen Versuch darstellen, so wird man freilich die Besorgniß Derjenigen, vie auch jetzt einen günstigen AuSgang der Bestrebungen als höchst fraglich betrachten, nicht al» grundlos erachten können. Die .Zucker-Industrie", da» Organ der Zuckerindustriellen, stellt die bisherigen Con- serenzen zusammen. Die Bemühungen, auf dem Wege inter nationaler Vereinbarungen die Zuckerausfuhrprämien zu beseitigen, begannen schon 1863/64 mit den von England, Frankreich, Belgien und Holland beschickten Conferenzen in Paris und London, die zu einer Convention führten, deren Hauptbestimmungen aber unausgeführt blieben. 1872 folgte eine neue Conferenz in London, die aber resultatloS verlief. Dasselbe Schicksal hatte die Conferenz von 1873. Einen weiteren, im Jahre 1875 unternommenen Versuch auf einer Conferenz zu Brüssel vereitelte der Widerspruch der nieder ländischen Regierung. Im Jahre 1876 folgte eine neue Conferenz zu Paris, die ihre Verbandlungen aber nicht zum Abschluß brachte. Man beschloß vielmehr, Deutschland, Oesterreich und Italien zu weiteren Unterhandlungen heranzuziehen. Auf der im Jahre 1877 abgehaltenen Conferenz waren die letztgenannten Staaten aber nicht vertreten. Die zwischen Frankreich und Belgien ge troffenen Vereinbarungen wurden von Holland abgelehnt Dann trat eine längere Pause ein in den Bestrebungen be treffs internationaler Regelung der Angelegenheit. Erst 1V Jahre später, im Jahre 1887, kam eS zu der großen Londoner Conferenz. aus der die Convention vom 30. August 1888 hervorging. Dieselbe harrt noch heute der Ausführung. Nach diesen Resultaten ist es kaum zu verwundern, wenn der Glaube an einen Erfolg der internationalen Bestrebungen keinen rechten Boden mehr hat. Freilich haben sich in den letzten Jahren durch die in verschiedenen Ländern, speciell in Frankreich, erfolgten Erhöhungen der Zuckeraussuhrprämien und durch den Umstand, daß weitere Länder in den Wett bewerb auf dem Zuckerweltmarkte eingetreten sind, die Dinge mehr und mehr zugespitzt; trotzdem läßt der Stillstand, der in de» ringeleiteten Unterhandlungen eingetreten ist, kaum eine» günstigen Schluß auf die Erfüllung der vom NeichS- schatzsecretair im Reichstag ausgesprochenen Hoffnung zu. — DaS „Weißcnburger Wochenblatt", schreibt: AuS zuver lässiger Quelle erfahren wir, daß der Kaiser eine Ein ladung deS Grafen Dürckheim-Montmartin zum Frühstück mit 32 Personen angenommen hat. Es wird daher da» bis jetzt für den 18. Oktober angesetzte Programm einige Abänderungen erleiden. — Ueber die Frage einer Vereinigung der jetzt für die Kranken-, die Unfall- und die Alters- und Invaliditäts- Versicherung bestehenden verschiedenen Versicherungs- Organisationen liest mau in der Zeitschrift „Die Berufsgenossenschaft": „Infolge der in letzter Zeit auSzestreuten Gerüchte, die Reichsregierung ginge mit dem Plane um, die verschiedenen Zweige der Arbetterversicheruna zu vereinigen und die Organisation derselben zu vereinsamen, hat der Ausschuß deS Verbände» der deutschen BerufSgenoffenschaften Veranlassung genommen, in den maßgebenden Kreisen über den Werth der betreffenden Zeitungsnotizen Informationen einzuziehen. Auf Grund derselben sind wir in der Lage, zu versichern, daß von derartigen Absichten im Schooße der ReichSregierung vorläufig nicht die Rede ist." — Wie verlautet, ist für da» EtatSiahr 18S6/S7 die weitere Vermehrung der Zahl der Richter durch die Errichtung einer beträchtlichen Zahl neuer Stellen in Aus sicht genommen. — Die christlich-sociale Partei wird am Freitag, 4. Oktober, Abend» 8 Uhr, in der „Tonhalle" eine Ver sammlung abhaltea. Auf der Tagesordnung wird stehen: „Die Mittelparteien und die Socialdemokratie". Referent: Herr Hofprediger a. D. Stöcker. — Die „Kreuzzta." erklärt die Meldung, daß Stöcker in dem Hammersteinschen ReichStagSwahlkreiS Herford-Halle al- konservativer Caudidat aufgestellt werden soll» oder schon ausgestellt worden sei, als eine bloße Brrmuthung. In der Candidatenfrage stehe noch nicht» fest. — DaS Stöcker'sche „Volk" veröffentlicht folgende Er- klärun g: Die Unterzeichneten Mitglieder deS Vorstandes deS konser vativen NordvereinS sprechen dem Porteirath hiermit ihre» Dank aus für sein taktvolles Auftreten; gleichzeitig versichern die selben Herrn Hospredigrr a. D. Stöcker ihres vollen Vertrauens und ihrer Hingebung, indem sie gegen den Beschluß der Majorität des obigen Vorstandes protestiren. Fritz Lorenz. E. Schwärze. N. Eßmann. E. kortwich. Rodert Donner. Prof. Brecher veröffentlicht dagegen gegenüber den An griffen des „Volk" eine Erklärung, deren Schluß lautet: „Nicht einen alten Groll gegen Stöcker habe ich. Es ist eine» ändere Empfindung, die ich aus den früheren, immer nur noch-> gedrungenen Begegnungen mit Herrn Stöcker bewahrt habe. Sie entspringt der Beobachtung seines bemerkenSwerthen Mangels an Ossenheit und Wahrheitsliebe. Von diesen hat er mir kurz vor meinem Rücktritt von der Leitung des konservativen Central- comitös noch einen so starken Beweis gegeben, daß ich seitdem jede Berührung mit Herrn Stöcker vermieden habe." Diese Angriffe deS „Volk" gegen Herrn Brecher kann nicht einmal die „Kreuzzeitung" billigen. Sie nimmt an, daß Herr Stöcker mit den Angriffen nichts zu thun habe, schiebt sie dem Blatte selbst in die Schuhe und rrtheilt ihm folgende Rüge: „Diese Kritik war nach unserer Auffassung überflüssig. Mit Bedauern erfüllt es uns jedoch, daß sie gegen einen um die Berliner konservative Bewegung jo hochverdienten Mann wie den Professor vr. Brecher in einer Form gerichtet worden ist. welche die entschiedenste Mißbilligung verdient. Herr vr. Brecher ist durch einstimmigen Beschluß zum Ehren mitglied e des Berliner konservativen Wahlvereins ernannt worden. Diese Thatsache allein hätte ihn vor Verunglimpfungen seitens eines Blattes behüten sollen, das sich konservativ nennt und jedenfalls dem Berliner konservativen Wabloerein nahe steht. Das Vorgehen des „Volk" ist leider nur zu sehr geeignet, angesehene Männer von der Mitarbeit an der Berliner konservativen Be- wegnng fern zu halten und denjcnigcn, die ihr treu geblieben sind, die Lust an der weiteren Arbeit zu vergällen. Wir wolle» zur Entschuldigung dcS Blattes annehmen, daß sein Verhalten durch die Anhänglichkeit an Stöcker eingegcbe» worden ist. Aber einer seits wird Stöcker damit nicht gedient, andererseits leidet die conser- vative Sache einen schweren (schaden." — Fürst Wilhelm Radziwill ist mit seinem Sohne, dem Prinzen Victor, gestern aus Petersburg hier eingctroffen. — Staatsminister vr. von Boetticher hat, wie wir hören, Berlin gestern Nachmittag nochmals für kurze Zeit verlassen. * Danzig, 1. Oktober. Der Redakteur Milski von der „Gazeta GdanSka" ist, weil er bei einer Besprechung dcS be kannten Stuhmer Meineidsprocesses den Staatsanwalt Haken zu Elbing in dessen amtlicher Eigenschaft und bei einer Be sprechung der Berenter Stadtverordnetenwablen den dortigen Seminardirector, einen Lehrer, sowie den Pfarrer beleidigt, von der Danziger Strafkammer zu 500 -äl Geldstrafe ver- urtheilt worden. (Pos. Ztg.) * Swinemnndc, 1. Oktober. Der auf der Werst deS „Vulkan" neuerbaute chinesische Torpedojäger „Fei-Aing" ist heute Abend, nachdem er hier Munition und Kohlen ein genommen hatte, nach Kiel abgegangen, wo Schießversuche mit seinen Torpedogeschützen gemacht werden. Alsdann wird das Schiff, das 60 Chinesen und 16 Europäer an Bord hat, nach China übergeführt. * Schwerin, 1. Oktober. Nach einer Meldung aus Genf begab sich der Großherzog Mittags von Genf zur weiteren Erholung nach Saint Jean de Luy am Mittelmeer. -s- Wittenberg (Bez. Halle), 1. Oktober. Bezüglich der LandeSverrathS-Afsaire kann noch Folgendes mitgetheilt werden: Zwei hiesige Einwohner, ein Buchbinder und ein Wächter, erhielten Einladung zur Hochzeitsfcier des in Saar louis in Diensten stehenden Feldwebels Hasse, die dieser mit seiner Braut Fräulein Richter in Magdeburg, am 23. vorigen Monats begehen wollte. Der Buch Kinder ist ein Freund und der Wächter der Großvater des Feldwebels. Der Letztere traf am Tage vor der Hochzeit in Magdeburg ein und erfuhr hier zu seinem Schrecken, daß seine Braut sich in Unter suchungshaft befinde. Bei feinem Stiefvater, einem Unter beamten bei der Fortification in Magdeburg, wurde von Criminalbeamten Haussuchung gehalten und selbst er (der Feldwebel) mußte sich eine Durchsuchung seiner Effecten rc. gefallen lassen. ES stellte sich nun heraus, daß die Braut, die sich mit ihrer in Magdeburg lebenden Mutter mit Schneidern ernährte, nicht nur mit dem Feldwebel, sondern zu gleicher Zeit auch noch mit einem in Magde burg weilenden französischen Officier und einem Arbeiter der Grusonwerke ein LiebeSverhältniß unterhielt. Der Officier scheint das Mädchen überredet zu haben, mit dem Arbeiter ein Berhältuiß anzuknüpfen, lediglich zu dem Zwecke, um Zeichnungen, Geschoßtheile rc. zu erlangen. Dafür soll der Arbeiter Bezahlung in französischer Münze erhalten haben, was ihn gerade verdächtig gemacht hat. Die Verhaftung der Braut und deS französischen Öfficiers erfolgte in Köln a. Rh., wohin das Paar sich begeben hatte. Da Eins daS Andere nach sich zieht, so mußten sich der Feldwebel und sein Stiefvater die Durchsuchung gefallen lassen, doch wurde bei ihnen nicht da» Geringste, »va» ans eine Mittäterschaft schließen ließe, gefunden. * Köln, 1. Oktober. Der „Magdeb. Ztg." wird tele graphisch von hier gemeldet: Jo der LandeSverrathS- angelegenheit wurden hier zwei weitere Personen ver haftet. AuS Berlin ist ein höherer Officier des Kriegs» ministeriumS hier eingetroffen, um bei der Untersuchung mit zuwirken. * Karlsruhe» 1. Oktober. Dem Vernehmen nach finden die Abgeordnetrnwahlen am 18. Oktober statt. Dadurch wird es ermöglicht, daß der Landtag bereits Anfang November einberufen werden kann, während er früher erst gegen Ende November zusammentrat. Andererseits hängt die Einberufung des Landtages von dem Staude der Regierungsarbeiten ab, besonders der Fertigstellung deS StaatShauShaltSetatS. der in dc» letzten Sessionen der Kammer sofort bei ihrem Zusammen tritt zuging. (Frkf. Ztg.) * München, 1. Oktober. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist in Begleitung seines Sohnes, deS Prinzen Alexander, heute Abend 7'/« Uhr hier einzetroffen. — Der bayerische Etat enthält ein neues Postulat von 16 000 ^ für landwirthschastlichen Wanderunterricht. Es soll dazu dienen, an den hierfür geeigneten landwirthschastlichen Winterschulen von StaalSwegen eigene, entsprechend vor gebildete Lehrer als Vorstände bezw. Hauptlehrer anzustellen, denen neben der Unterrichtsertheilung an der Schule die Ausübung der Wanderlehrthätigkeit als Aufgabe zu setzen wäre. Oesterreich-Ungarn. * Krakau, 1. Oktober. Graf Badeni, welcher morgen bebufs Uebernahme des Ministerpräsidiums und deS Mini steriums des Innern in Wien eintrifft, kielt heute hier vor den Wählern des Großgrundbesitzes eine Rede. Gras Badeni erklärte, in der abgelaufenen Session des Landtags seien mebrere wichtige Angelegenbeiten erledigt worden; Galizien sei in seiner kulturellen und ökonomischen Entwickelung sebr bedeutend vorwärts gebracht worden. „Der Landtag", führte der bis herige Statthalter auS, „erkannte die Nothwendigkeit der gegenseitigen Annäherung aller Gesellschafts schichten, die von dem gleichen Pflichtbewußtsein hinsichtlich dcS Staates und der Nation« lität beseelt sind. Der Land tag erachtete eS für geboten, Eindringlinge sernzuhalten, die als zerstörende, aufwieglerische Elemente auftreten. Die soeben beendeten Wahlen haben erwiesen, daß diese Auf hetzereien bisher nicht sehr erfolgreich waren. Die gegen wärtigen Wahlen, die ohne Beschränkung bei vollkommen legalem Vorgehen stattfanden, lassen erwarten, daß gegen seitiges Verstandniß, Achtung und Vertrauen immermehr gefestigt werden." Der Redner wandte sich sodann gegen den als Agitationsmittel versuchten Terrorismus; er be sprach ferner die Verdienste seiner drei Landtagscollegen um die Verwaltung und Entwickelung des Schulwesens, wobei er hervorhob, daß eine Uebereinstiminung zwischen dem Land tag und der Schule wichtig, ja dringend nöthig sei. Redner überließ die Besprechung der Thätigkeit des Landtages im Einzelnen seinen College» und hob nur hervor, daß er die geschaffene Regulirung der Landesfinanzen auf eine Reihe von Jahren im Voraus für das Wichtigste erachte; sie reiche allein aus, um dem abgelaufenen Landtage ein ehrenvolles Gedächtniß zu sichern. * Pest, 1. Oktober. Auf Einladung der ungarischkn Journalisten trafen heute früh der Ausschuß des Wiener Iournalistenvereins „Concordia" und der Verband der auswärtigen Presse zur Besichtigung der Bauten der Millenniums-Ausstellung ein. ÄbendS fand ein Banket statt, an welchem der Ministerpräsident Baron Bansfy, der Cultusminister Wlassics, der Handelsminister Daniel und der Minister des Innern Perczel theilnahmen. Der Ministerpräsident und der Haudelsminister tranken auf die Journalistik. Frankreich. * Parts, 1. Oktober. Magnier'S Selbststellung wird damit erklärt, daß er nach der Freisprechung der in den Süvba.bnproceß verwickelten Personen auch seine eigene Freisprechung erwartet " Andererseits meldet die „Petite Rspuvlique", Magnier wolle sich an der Regierung rächen und vor Gericht die Namen der bestochenen Parla mentarier preisgeben. Der Regierung kommt die Angelegen heit sehr ungelegen. Italien. * Rom, 1. Oktober. Der Minister des Auswärtigen Blanc ist in Venedig eingetroffen, um die letzten An weisungen bezüglich der Drucklegung der diplomatischen Aktenstücke der Republik Venedig, die Zeit vom Falle Konstantinopels bis zum Vertrage von Camposormio um fassend, zu ertheilen. Die Kosten dieser Veröffentlichung, welche über 100 000 Lire betragen, werden ausschließlich von dem genannten Minister bestritten. * Mailand» 1. Oktober. Ein von der Polizei verhaftetes Individuum gestand, an der Beschädigung des Denkmal» Victor Lmanuel's theilgenommen zu haben, und erklärte ferner, der Anstifter sei ein katholischer Priester, welcher die Attentäter auf den Thatort geleitet habe. Rußland. * Petersburg, 1. Oktober. Nach der Audienz beim Kaiser wurde der Flügeladjutant des deutschen Kaiser-, Oberst von Moltke, von der Kaiserin Alexandra Feodorowna empfangen. — Wie die „Pol. Corresp." mittbeilt, sind dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe weitere fünf Jahre zur Bewerkstelligung deS Verkaufe» seiner Güster bewilligt worden. Orient. * Pnxinograd, 1. Oktober. Wie von kompetentester Seite versichert wird, ist die Nachricht von der bevorstehenden orthodoxen Taufe de» Prinzen Baris durchaus un begründet. * Sofia, 29. September. Der „Progreß", welcher vor einigen Tagen einen Auszug au« der vom Ministerpräsidenten Stoilow in Plewna gehaltenen, Aufsehen erregenden Rede brachte, sagt heute, vie Rede sei unrichtig aufaefaßt und falsch wiedergegeben, während die oppositionellen Blätter die Rede als wahr und wirklich gesprochen hinstellen. Aste«. * Wien, 1. October. Wie hierher gemeldet wird, haben die siegreichen aufständischen Tunaanen, die nach den neuesten Drahtmeldungcn schon 22 chinesische Städte eroberten, nunmehr einen Neffen Iacub Bey'S eingeladen, sich an die Spitze zu stellen. Iacub Bey war der bekannte mittelasiatische Abenteurer, dem eS 1858 durch verschiedene Umtriebe gelang, sich zum Sultan von Kaschgar zu machen. Die Königin Victoria und der Zar Alexander II. beehrten ilm durch Gesaudtschasten, die sie an ihn abschickten. Im Jahre 1879 wurde dann daS kaschgarische Heer von einem chinesischen Heere bei Mamas geschlagen, worauf Iacub Bey'S Thron in Trümmer ging und er selbst stückten mußte. Kaschgar wurde wieder eine chinesische Provinz. Jetzt wollen die Tunganen abermals ein mohamedanischeS Sultanat in Kaschgar errichten. (B. L.-A.) Afrika. * Brüssel, 1. October. Die Regierung des unabhängigen Congostaates dementirt das Gerücht, daß sie eine An leihe abzuschließen beabsichtige. Amerika. * Rew-Uork, I. October. Nach einer Depesche aus Havanuah ist der spanische Kreuzer „Cristobal Colon" beim Cap San Antonio gescheitert. DaS Schiff gilt für völlig verloren, doch ist die Mannschaft gerettet und bereits aus Cuba angekommen. Militair und Marine. * Ein Mühlenbesitzer aus dem Oppelner Kreise hat nach dem „Berl. Loc.»Anz." ein neues Mititairgewehr erfunden, welches den Schützen angeblich in den Stand setzt, im Anschläge, ohne ab- zusetzen, 20 Schuß in der Minute abzugcben, und welches außerdem eine Vorrichtung enthält, vermöge deren durch Federdruck das Bajonnet ausgepflanzt werden kann. Es ermöglicht somit dem Schützen, das Gewekr auch im Einzelkampse zu verwenden. Der Erfinder hat das Modell nebst einer Beschreibung an das Kriegs- Ministerium gesandt und von hier die Aufforderung erhalten, das Gewehr der Gewehr-Prüfungs-Commissio» in Spandau-Ruhleben einzujenden. * Berlin, I. October. Laut telegraphischer Meldung an das Oberkommando der Marine ist S. M. S. „Stein", Commandant Capitain z. S. Rötger, am 30. September in Plymouth eingetroffen und beabsichtigt, am 4. October die Reise nach Madeira fortzusetzen. Nordamerika. Zum ersten Male sollen von Schiffen der Bunbesmarine Seemanöver in größerem Stile abgehalle» werden. Hierzu wird sich ein Nordatlantisches Geschwader unter dem Commando des Commodore Bunce in New-Port, N.-U., ver sammeln. Das Geschwader wird sich, wie folgt, zusammensetzen: Flaggschiff „New-Pork", Kreuzer erster Classe „Minneapolis" und „Columbia", Kreuzer zweiter Classe „Raleigh", „Cin cinnati", „Atlanta", „Monlgomery", Monitor „Amphitrtte", Torpedoboote „Cushing" und „Delphin", auf welchem der Marine - Secretair den Manövern beiwohnen wird. Falls es möglich sein sollte, di« beiden neuen Schlachtschiffe „Maine" und „Texas" zeitig für den aktiven Dienst fertigzustellen, sollen diese sich gleichfalls daran betheiligen. Von New-Port wird die Flotte an der Küste hinaus nach Portland und von La weiter nach Bar Harbor segeln, von dort nach Halifax. Auf der Rückfahrt wird das Ge- schwader entweder Portland oder Boston anlaufen und dann bei Hampton Roads die „Maine" und „Texas" event. in den Verband ausnehmen. Die Küslensahrten nach und von Halifax sollen vor nehmlich dazu dienen, das Fahren in Geschwaderformation, Ab brechen in Staffeln und dergleichen zu üben. Hieran schließen sich die Hauptmanöver, die zwischen Hampton Roads und Cap Hatteras stattfinden werden und wozu sich die Flotte in zwei Geschwader theilrn wird. Im October werden die Manöver dann mit Schieß übungen ihren Abschluß finden. Bemcrkenswerth ist, daß Vertreter auswärtiger Mächte nicht die Erlaubniß erhalten, als Zuschauer an den Manövern theilzunehmen. — Das neurrbaute Trockendock der Bundesmarine in Port Royal S. C. wird in diesem Monat i» Gebrauch genommen werden. Bewährt sich dasselbe, so wird das Marinedrpartement der unangenehmen Nothwendigkeit überhoben sein, die „Indiana", das erst« der neuen großen Schlachtschiffe, nach Europa zum Docken für die Probefahrt zu senden. Zuerst wird die „Amphitrtte", der Doppelthurmmonitor, das Dock benutzen und fest- stellen, ob der Boden des Docks im Stande ist, schwere Schiffe zu tragen, ohne sich zu senken. (Mil.-Wochenbl.) Papa heute zu sehr beschäftigt sei, um selbst zu kommen, und daß sie daher nur rasch zur Frau Räthin geeilt sei, um Erkundiaungen einruzieheu. Horn dankte ihr sehr und meinte scherzend, sie hatte ihm ja doch damals in Tutzing gesagt» daß sie Beide immer gute Freunde bleiben würden, und da könne sie doch wohl hie und da hei ihm selbst Nach sehen, wie eS ihm gehe. „Sie haben recht, Herr Oberlieutenaut", entgegnete da» muntere gute Mädchen. „Außergewöhnliche Ereignisse er lauben Außergewöhnliche». Und solche außergewöhnliche Ereignisse find die KriegSreit und Ihre Verwundung sicher lich. Ich werde daher öfter» nach Ihnen sehe», und bin überzeugt, Papa und Mama werde» oicht» dagegen ein zuwenden haben. E» giebt übrigen» noch viele Menscheu, die sich für Sie interesstren, auch wenn sie sich nicht direct nach uud bei Ihnen erkundigen können." Hora wußte ja genau, auf wen die Nein» Schelmia anspielte. Er erröthrtr bi» hinter die Ohren und frug dann ohne jede Vermittelung: „Schreiben Sie Ihrer Cousine fleißig?" „Nein, aegenwartig gar nicht." „Wieso? Sie haben sich doch nicht mit einander erzürnt?" „Nein, gewiß nicht. Aber wir brauchen un» ja nicht zu schreiben, weil wir den ganzen Tag mit einander plaudern können." „Was sagen Sie da? Äst denn Fräulein Thorstraten Wieder hier?" „9a. Schon feit 5 Tagen. Sie behauptete, sie hatte e» i« Hamburg nicht mehr ausgehalten, bat Mama, ob sie wiederkommeu dürfe, worüber wir un» Alle in hohem Maße freuten, und ist nun seit dem letzten Montag hier. Wir ich ihr erzählte, daß Sie verwundet wären, wurde sie ganz bleich. Ebenso mente ich ihr aber auch au, wie sie sich über die Mittheilung, daß e» mit Ihrer Wunde keine Gefahr habe, sowie über die Nachricht, daß Sie den Militairverdienstorden erhalten, innig freute. Denken Sir nur, Herr Oberlieutenaat, fie hat schon wieder hier eineu eifrigen Eurmachrr. Er war am zweiten Abend ihrer Anwesenheit neben un» in der Loge in der Oper, sprach mit un», d. h. eigentlich nur mit Renaten, machte dann meinen Eltern seine Aufwartung und marschirt seitdem täglich so und so oft an unserem Haufe vorbei, weil er entdeckte, daß Renate und ich hie und da im Erker saßen. Wir müssen wirklich über sein dreiste» Heraufschaurn oft herzlich lachen." „Wer ist denn der kühne Paradebummler?" „Einer jener gefangenen französischen Officiere, die ihr Ehrenwort gegeben haben, nicht zu entfliehen, und darum frei in der Stadt herumgeben und thun und treiben dürfen, Wa ste wollen. Er heißt Gaston Aubert." „Wie, Gaston Aubert? Ein Mann mit Schnurr- undKnebel- bart, schon etwa« ergraut, mit ziemlich rohen Zügen." „Ja, so sieht er aus. Kennen Sie ihn denn?" „Ja gewiß. Er ist der Officier, den ich im Walde von Wörth gefangen nahm, dessen Revolverschuß mir beinahe da» Leben gekostet hätte." „Richtig, da- stimmt. Er erzählte unS, daß in jenem Walde plötzlich ein ganze» Bataillon, mindestens 1000 Mann, im Rücken seiner Compagnie erschienen seien, und er nach verzweifelter Gegenwehr mit seiner Compagnie gefangen ge nommen worden wäre." „Ganz so ist die Sache nicht. DaS von ihm erwähnte Bataillon bestand nämlich nur au» meinem Zug von 50 Jägern, und seine Compagnie wehrte sich nicht verzweifelt, sondern riß größtentheilS auS. Ihm selbst kann ich aber nur da» Zeugniß geben, daß er sich bis zur letzten Miuute brav und tapfer vertheidigte. — Wie nimmt denn Fräulein Thor straten seine Bewerbungen auf?" „Gar nicht. Der Mann scheint einen unangenehmen Eindruck auf sie zu machen. Er sieht auch wie eine alte Ruine au«." Horn hätte noch gern mit dem niedlichen, freundlichen Mädchen weitergrplaudert. Seine Mutter kam aber iu das Zimmer und zeigte ihm neuen Besuch an. Gleich darauf trat «>a älterer Beamter, eia früherer Freund de» OberregierungS- rathe» Horn, ein. Fräulein MechtildiS erhob sich nun, reichte der Frau Räthin und dem Oberlieutenaat die Hand, ver abschiedete sich und verließ da» Hau». Da Horn mit dem alten Rath und verschiedenen anderen noch ankommenden Besuchern über alle nur möglichen Dinge plaudern und immer wieder von seinen KriegSrrlrbnissen er zählen mußte, fand er lange Zeit keine Ruhe, über die aber malige Anwesenheit Renaten» in München uachzudenkea. Endlich kam er dazu. Was mag sie wohl zu der raschen Wiederkehr bewogen haben? Eia Streit mit ihrem Vater, dessen Ursache viel leicht mein Name war, ist nach der formellen uud feinen Art de» Verkehr» im Hause Thorstratea eigentlich nicht denk bar. Sie müßte sich denn ganz mit ihm entzweit haben. Da» ist aber nicht wahrscheinlich. — Wie sie wohl jetzt über mich denkt? Nun, nm da» herauszubringen, wird mir wohl meine kleine Freundin MechtildiS die Hand reichen. Ein abermaliger Besuch unterbrach seine Gedanken. Der nächste Tag verging, ohne daß er etwas von Renate hörte. Der AppellationSrath Strecker kam heute zwar selbst, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen, brachte auch Grüße von seiner Frau und Tochter, erwähnte aber die Anwesenheit seiner Nichte mit keinem Wort, und Horn konnte es nicht über sich gewinnen, nach ihr zu fragen. Am folgenden Morgen aber kehrte Witzelberger von einem AuSgang zurück, trat in die Stube seines Herrn und rief: „Herr Oberleitnant, wen moane S', daß i' g'sehgn Hab?" Horn dachte natürlich sofort an Renate, fragte aber doch: „Nun wen denn? Ich kann e« ja nicht wissen." „Fräulein Thorstraten auS Hamburg. Sie ,fl mit der Fräulein Strecker über 'a Residenzplatz in d' MaximilianSstraß'n gange." „Das freut mich zu hören. Wie sab sie denn auS?" „Blaß, Herr Oberleitnant, arg blaß. Aba mir is vor- kemma, als ob f' ao' schöner wär. Ihre dunkl'n Aug'n Hamm von die blond'n Haar un' die blaß'n Wange no' mehr abg'stoch'n als vorher. Aba no' wen Hab i' a'seh'n. Da Wern S' weiter nit drein schaug'n. Den französischen Capitain, den wir bei Wörth packt Hamm. Der is' alleweil bene zwoa Dame nachgloffn wies a junger Hund. I' Hab lang Obacht geb'n. Aba koani von bene Fräulein hat nur a oanzigS Mal umiguckt. Z'letzt san'S in d' Kunsthandlung von Fleischmann eiaigange un' der Franzoß ist dervor af un ab g'loffe. I' Hab nit Zeit «'habt z' warten und bin boam ganga." Der glückliche Witzelbergerl Der batte sie also gesehen und noch schöner gefunden als vorher. Aber blaß sollte sie auS» sehen! Ob sie vielleicht krank gewesen war! Nun über da» Alle» würde er schon Klarheit erhalten, wenn er nur erst einmal wieder auSgehen und seine Dankvisiten für die Kranken besuche machen konnte. Worüber sich Hora den Kopf zerbrach, die Rückkehr Re naten» nach München, da» hatte einen tiefen Grund. Bald nach der Abreise Horn'» von Hamburg entwickelte sich in ihrem Innern eine immer größere Reue, daß sie nicht mehr zu ihm, der ihr um so theurer erschien, je länger sie keine Silbe mehr von ibm hörte, gehalten habe. Da kam der Krieg und die mächtige Begeisterung, welche ganz Deutsch land und damit auch die Bewohner von Hamburg ergriff. Herr Thorstraten selbst nahm daran Tbeil. Er machte sich auch jetzt, wo sein Sohn al» einfacher Reserveunterofficier ein- rückeu und alle Strapazen de» gewöhnlichen Manne« ertragen mußte, doch bittere Vorwürfe, ihm die Beförderung zum Officier bintertrieben zu haben. Ja er ging so weit, daß er ohne Wissen Gustavs sich dessen Regimentskommandeur vorstellte und erklärte, daß er allein die Schuld trage, daß sein Sohn nicht die vorgeschriebene Erklärung, an welche die Beförderung desselben zum Reserveofficier gebunden war, abgegeben hatte. Durch diesen und andere Schritte des einflußreichen Manne» wurde eS erreicht, daß Gustav Thor- straten doch vier Wochen nach der Kriegserklärung zun: Officier befördert wurde. Renate sab mit höchster Befriedigung diese Gesinnungsänderung ihre« Vater-, wagte aber nicht eine Andeutung, daß sie im Stillen immer noch an den bayerischen Officier dachte, zu äußern. Nun berichteten die Zeitungen, welche sie von ihren Verwandten au» München erhielt, von der Schlacht bei Beaumont, und in einem Artikel war der Sturmangriff der 1. Jager besonder» hervoraebobe» und der Name Horn'S als der eines der tapfersten Officiere genannt. Sie wußte diesen Artikel ihrem Vater in die Hand zu spielen. Er las ihn und bemerkte kurz: „DaS bin ich fest über zeugt, daß der Lieutenant Horn ein sehr tapferer Officier ist." Sie sagte nichts darauf, und auch ihr Vater schwieg. Nun erfüllte die Siegesbotschaft von Sedan ganz Deutsch land mit rauschendem Jubel. Ein wahrer Taumel von Be geisterung erfaßte Jung und Alt. Auch Herr Thorstraten erlag dem mächtigen Eindruck deS über alle Erwartung gehenden und in seinen Folgen so bedeutenden Sieges. Eine solche Leistung der deutschen Kriegsführung, einen solchen Beweis vorzüglicher Erziehung der Armee durch ein aus gezeichnete» OsficiercorpS hatte er nicht geahnt. Er besaß Rechtlichkeitsgefühl und Wahrheitsliebe genug, sich nun ein zugestehen, daß er im Allgemeinen über die Officiere wohl zu scharf und ungerecht grurtheilt habe. Manche seiner Aeußerungen verrieth diesen in seinem Innern vorgebenden WandlungSproceß Renate merkte das wohl, hütete sich aber sehr, durch Bemerkungen ihrerseits die Anschauung ihre« BaterS beeinflussen zu wollen. Nur bei einer Beschreibung der Schlacht von Sedan machte sie ihn auf die Angabe aufmerksam, daß die Bayern von der Tann'» den schwierigsten und blutigsten Kampf de» ganzen Tage» iu dem mörderischen Ringen in BazeilleS zu führe» gehabt und auf die glänzendste Weise bestanden bätten. Dann schmuggelte sie ihrem Vater wieder eine von ibrer Cousine MechtildiS erhaltene Zeitung zu, in der unter den mit dem bayerischen Militairverdienstorden Belohnten Horn » Name verzeichnet war. (Fortsetzung folgt.) MB»
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