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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951010013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895101001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895101001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-10
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Bezug-Preis Al tz» Hauptexpedttton oder dm tm Stadt« laatrk >md dm Vororten errichteten Aus« aavestrllen abg«holt: vierteljährlich ^ 4.50. bat »weimaliaer täglicher Zustellung in« Hau« ^l Schy. Durch dt« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^ii S.—. Direkte täglich« Krruzbandlenbung tu« Ausland: monatlich 7.50. Dt« Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. di« Abend-Ausgabe Wochentag« um 5 Uhr. Nedactlon und Erve-Mo»: Aotzuunesgaße 8. Dt» Expedition ist Wochentag« uuuuterbrochm geöffuet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: DU« Me««'« Eorlt«. (Alfred Huhu)» Uaiversitätsstraß« 1, Soul« Lösche. Ntthartnmstr. 14, Part. und Köulgsplatz 7. Morgen-Ausgabe. tWMr Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^°489. Donnerstag den 10. Oktober 1895. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bet der am heutigen Tage erfolgten planmäßigen AuSloosung Leipziger Stabtschnldschetne der Anleihe de« Jahre« 188? Gerte Öl (<t. a. S1. Marz 1899) sind gezogen worden: ir s«9» ^l Vit. X Nr. 1059 1142. je 10«« I,lt. L Nr. 5341 5378 5460 5651 5897 6006 8008 6035 6100 7500 7867 8005 9040 9072 10296 l» »«« lät. 0 Nr. 10891 10961 11276 11468 11617 11636 11889 11698 11706 11857 11865 11977 13280 13495 13857 13971 13990 15409 15435 15482 15880 16388 16526 18254 18332 IS458 19774 19963. 1« 10« lät. 0 Nr. 16329 16343 16929 17179 18389 18643 18677 18781 19237 19290 19745 20419 20502 50749 20893 21250 21803 21986 22114 22150 22403 23348 23965 23975 24051 24200 24244 24625 24912 L5542. Der Nominalbetrag dieser Schuldscheine gelangt gegen Rückgabe derselben nebst den dazu gehörenden Zinsleisten und Zinsscheincn vom »I. März 189« ab, mit welchem Tage die Verzinsung der Capitale aufhört, bei unserer Etadtcafle zur Auszahlung. Die Inhaber der Leipziger Stadtschnldschcine Nr. 14925 und 1«92e de« Jahre« 1864, welche zum Umtausch in S' ,»roe. Leipziger Stadtanleihe des Jahre» 1887 Serie I ansemeldet und mit bezugltchem Stempel versehen wnrden, »erpen hiermit «tederholt aufgesvrdert» diesen Umtausch bet unserer Stadtcafse baldigst zu bewirken. Wegen der Leipziger Stadtschuldscheine des Jahres 1850 Int. 6 Serie 86 Nr. 716, Serie 99 Nr. 1966 über je 150 -4, deS Jahres 1884 löt. 0 Nr. 5528, 5529, 5530 über je 500 de« JahreS 1887 Serie I Int. L Nr. 4576 über 1000 >1, Int. 6 Nr. 1055 über 500 und des Jahre« 1887 Serie II ä. 6. 31. März 1890 lät. 6 Nr. 10893 über 500 >i, Ickt. 0 Nr. 16228, 18513, 18544, 18545 und L1280 über je 100 u« ist das Aufgebot-verfahren behufs Kraftloserklärung derselben beim Königlichen Amtsgericht Leipzig anhängig. Leipzig, am 24. September 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. l)r. löeorgi. L. Schulze. Lekanntmachnng. vom Unterzeichneten Armenamt« sollen Sreitag, Pen 11. vetsber 1895, vormittag« von 9 Uhr an t« hiesigen Stadthaus« verschiedene Gegenstände, als: Möbel, Velten, Wäsche, Kleidungsstücke, Haus-, Küchen- und WirthschaftSgerathe u. A. m. öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 9. October 1895. Das Armenamt. Hentschel. Artus. Gesucht wird die am 18. Januar 1864 in Düsseldorf geborene Näherin Marie Stephanie Friederike Antonie Huhn» welche zur Fürsorge für ihr Kind anzuhalten ist. Leipzig, den 7. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt. 2t.-R. IV». Nr. 1368«. Hentschel. Poppitz Gesucht wird der am 9. Juni 1870 in Taucha geborene Handarbeiter Earl Gustav Kühn» welcher zur Fürsorge für seine Familie anzu- halten ist. Leipzig, den 8. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt. H.-8. HI. Nr. 417«. Hentschel. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 18. September lausenden JahreS, de» Handarbeiter Ernst Theodor Göpsert au« Et. Michaeli« betreffend. Leipzig, den 7. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig Armenamt. ^.-8. VHI. Nr. 834 d. Hentschel. Hädrich Lekanntmachnng, die Anmeldung hier zuztehender und »nm Besuche der algemetnen Kortdtldungsschnle verpflichteter Knaben betreffend. Hier zuziehead» fortbildung-schulpflichtige Knaben haben sich tunerhalb 8 Tagen nach dem Zuzuge bei dem Dirrctor ihre« Bezirk« zum Besuche der Fortbildungsschule anzumeldrn. Bet der Anmeldung ist ein SchulentlassungSzeuaniß oder, wenn der Anzumeldende bereit« eine Fortbildungsschule besucht hat, rin Schulzeugntß der letzteren beizuortngen. Nichtanmeldung oder verspätete Anmeldung fortbildungsschul- pflichtiarr Knaben wird von uns dem Stadtralhe zur Lestrasung angezrtgt. Leipzig, am 5. October 1895. Der SchulauSschutz der Stadt Leipzig. Walt,,. Wzr Lapitalsausleihungen. <9 999 Mart Sparkassen gelber liegen zu 4 Procent bi« «'/, Procent Verzinsung, je nach Qualität der Hypothek, sofort zur hypothekarischen Ausleihung bereit. Belrthungsmodu« '/, bt« der Brandcasie und bi- '/, de« angenommenen Grundsrückswerthe«. Foltrnabschrift, Brandcassenichetn und BesitzstandSverzeichniß bittet man dem DarlehnSgesuch beizufügen. Trebsen, am 6. October 1195. Die Sparcaffenverwaltnng. verger, Bürgermeister. Klinge, Israelitische Neliaionsgemeiiide. Der rie«i»brig» Tonflrmanden-Untrrricht beginnt Donnerstag, den X. vetobrr. Anmeldungen »erden täglich ven 2—4 Ubr Nach mittag- entgegengrnommen. Die Besprechung mit den Eonflk» maudinuen wegen Festsetzung der Unterrichtsstunden findet Montag, den 21. October, Nachmittags 4 Uhr im kleinen Sitzungssaal« Lc« SyaagogrugebLode« statt. Rabbiner vr. PorgeS. Socialdemokratischer volksbekug. 42. Die auf diesjährige Erfahrungen gestützte Ueber- eugung, daß die socialdemokratischen Parteitage Komövie ind, aufgeführt, um den das ganze Jahr hindurch terroristisch »ehandelten wirklichen Arbeitern in der Partei den Besitz einer „Souverainilät" vorzugaukeln, kann und darf nickt davon abhalten, diesen Veranstaltungen Aufmerksamkeit zu chenken. Zwei Gründe verbieten die Nichtbeachtung. Ein- nal ist eS der Regie bei aller Vorsicht und Umsicht doch nicht mög- ich, immer und überall ein Extemporiren Hu verhüten, und so ällt bei diesen Verhandlungen doch regelmäßig daS eine und andere Streiflicht auch auf die bewußte Volksbethörung, die die Führer in ihren verschiedenen Rangclassen treiben. Sodann ordert die bürgerliche Tborheit, die sich über die social- revolutionairen Tendenzen beruhigt zeigt, weil 190 bis 200 zum Tbeil aus dem Bürgerthum hervorgegangene und durchweg an dem ungestörten Abspielen des Stückes persönlich interessirte Personen Reden ballen, anstatt aus die Straße dringenden Lärm zu verursachen. Die..Voss. Ztg.", — diese steht natürlich wieder unter den thörichten Jungfrauen voran — ist ganz ent zückt von dem Verlauf des ersten Verhandlungstazes und scheint nicht abgeneigt, im Namen und Auftrag der Berliner Fortschrittsphilister dem höchlich belobten Herrn Singer eine Bürgerkrone aufs Haupt zu setzen. Nun weist daS Blatt allerdings darauf hin, daß gleich bei Beginn der Verhandlungen sehr unsocialdemokratische Reden gehalten und sehr unsocialdemokratische Beschlüsse gefaßt worden sind, aber sie schöpft daraus die Hoffnung, daß die Menge aus der Programm- und Principwidrigkeit der Führer in Dingen, die ihre pecuniären und sonstigen Jntereffen be rühren, die praktische Unanwendbarkeit der socialdemo- kratischcn Lehre ableiten werde, während doch Jedem, der Augen hat, zu sehen, und Ohren, zu hören, die Entwickelung der Socialdcmokratie gerade das Unvermögen der socialdemokratisch gedrillten Arbeiter, ihre Verführer zu durchschauen, dargethan hat. Wenn es anders wäre, dann allerdings dürste Niemand mehr wagen, die „Vergesellschaft- lichung" der Productionsmittel und die gleiche Vertheilung deS Ertrags der gesellschaftlichen Arbeit zu predigen. Was am Montaa in BreSlau geredet und beschlossen wurde, aber schon früher geredet und beschlossen worden ist, obne vie „Genossen* stutzig zu machen, ist allerdings nichts Andere» als die Bankerutterklärung deS CollectiviSmuS. Dw Accordar beit gilt den Socialdemokraten, wenn sie für bürger liche Unternehmen geleistet wird, als „Mordarbeit", sie ist jedenfalls etwas, was von der socialdemokratischen „Gesell schaft" grundsätzlich und naturgemäß ausgeschlossen sein müßte. Die Accordarbeit ist aber in den socialdemokratischen Partei- gesckäften eingeführt und ihre Nothwendigkeit wurde mit Gründen bewiesen, die nicht aus der nun einmal nicht wegzuleugnenden Thatsache, daß der Zukunstsstaat eben noch Zukunftsstaat ist, hergeleitet sind, sondern mit Gründen, die ewige Kraft besitzen, weil sie auf der menschlichen Natur beruhen. Der „Genosse" Börard- Hamburg sagte: „Unsere Erfahrungen in Hamburg, wo auf Beschluß der drei Wahlkreise die Accordarbeit in der Partei- druckerer abgeschafft wurde, haben Folgendes ergeben: Es konnten statt 24 Setzer allerdings 30 beschäftigt werden, der Einzelne verdient aber statt ungefähr 50 ungefähr 30 ^ wöchent lich, hatte also eine Einbuße von 5—600 -ck jährlich. Nun wird eingewendet, viele Arbeiter hätten ein viel geringeres Einkommen als die Buchdrucker, die im gewissen Gelde stehen (feste Löhne beziehen). DaS ist gewiß richtig und bedauerlich. Allein, wenn die Buchdrucker es fertig bekommen baben, eine bessere Lebenshaltung zu erringen und festzuhalten, so sollten wir sie in diesem Bestreben unterstützen und sie nicht Herabdrücken. Weiter hat sich hrrauSgestellt, daß die Einführung deS gewissen Geldes dem Geschäfte jährlich 10 000 gekostet hat. Es wird eben nicht mehr mit demselben außerordentlichen Eifer gearbeitet. Eigentlichen Vortheil hat von der Einführung deS gewissen Geldes also Niemand, von dem kleinen Vortheil abgesehen, daß sechs neue Setzer eingestellt wurden." So viel Sätze, so viel Verleugnungen, ja, noch mehr als die», so viel Widerlegungen der Durchführbarkeit des Parteiprogramms. Die Uebertragung eines und desselben ArbeitSquantumS von 24 Arbeitern auf 30 bedeutet, wie gesagt wird, eine „kleine" Maßregel. Trotzdem er leiden 24 dabei eine ungeheuere Verschlechterung ihrer Lage, ohne daß von den 6 Hinzugetretenen berichtet wird, daß sie zufrieden, oder auch nur zufriedener seien, al» die durch ihre Heranziehung geschädigten Mitarbeiter und „Genossen". Bei einer staatlichen Vertheilung der Arbeit auf alle Arbeitsfähigen würde die Schädigung der Besseraestellten natürlich eine unermeßlich größere sein, und rwar selbst dann, wenn die Productionsfähigkeit durch den Wegfall des Antriebs de» Einzelnen, für sich und seine Familie die Kräfte an zuspannen, nicht herabgemindert würde. Daß thalsäch- uch schon in einem viel früheren EntwickelungS- stadium, nämlich bei einer Herabdrückung deS Arbeits löhne- auf eine Höhe, die der Arbeitsertrag in der socialdemokratischen Gesellschaft, weil eben Alle eingestellt wurden, niemals erreichen könnte, vie Productionsfähigkeit vermindert würde, sagt unS Herr Börard, der zugleich die «norm hohe Summe nennt, um die sei» kleines Unternehmen bei einer, wie er selbst zugiebt, gering fügigen Vermehrung der Arbeiter jährlich geschädigt wird. Nur daß weder er, noch ein anderer Redner auf dem Parteitag die unabweisbar« Consequenz gezogen hat, daß nämlich statt der „ungeahnten Eulturbluthe", die die Socialdemokraten den Arbeitern von der kommunistischen Wirtschaft verbeißen, rin« unsägliche Verarmung rintreten müßte: „eS wird weniger gearbeitet", d. h. eS wird so viel gearbeitet, al« geleistet «erden muß, um da« Recht auf dir täglichen staatlichen Lieferungen der allcrnothwendigsten Lebens bedürfnisse nicht zu verwirken. Der von dem persönlichen Interesse nicht mehr angespornte Eifer sinkt auf den des Wilden herab, der nur unter demTSruck« eine« bereits empfundenen De dürsnisse« schafft, und demgemäß gestaltet sich der Eulturzustand der „Gesellschaft". DaS ist den Führern so wenig fraglich, wie der „Bourgeoisie". Die Tbatsache aber, daß sie, wie jetzt wieder in BreSlau geschehen, die Wahrheit streifen dürfe», ohne ihre Entlarvung befürchten zu müssen, weist dem Bürger- tbum seinen Standpunkt und seine Aufgaben gegenüber dem socialdemokratischen Voiksbetrug mit aller Deutlichkeit an. Deutsche- Reich. —g. Berlin, 9. October. In seiner neuesten Veröffent lichung in der „Deutsch-Evangel. Kirchenreitung" kommt Herr Stöcker auch auf die Stellung des Fürsten Bismarck zu seinen — Stöcker'S — Bestrebungen zu sprechen. Das Verhältniß bestehe darin, schreibt er, daß eS eigentlich kein Verhältniß zu einander wäre. „Niemals habe ick mit dem Fürsten Bismarck eine Besprechung geführt, nie einen Brief an ihn geschrieben oder von ihm em pfange», nie von einem seiner Beamten einen Auftrag er halten. Während er mit dem ehemaligen CentrumSmitglied Cremer Fühlung suchte und erhielt, wäbrend er Professor vr. Avolf Wagner wenigstens einmal empfing und das berühmt gewordene Wort vom „Patrimonium der Enterbten" zu ihm sagte, hat er mir nie sein Ohr geschenkt. Der Gedanke eines evangelischen Centrums, den er mit der Thätigkeit evangelischer Geistlicher verband, hat ihn wohl abgeschreckt, es einmal mit der Hülfe zu versuchen, die unsere Kircke ihm gewähren konnte." Kein Wunder! Hätte ihm Herr Stöcker die Hülse der evangelischen Kirche in Aussicht stellen können, so würde Fürst Bismarck sicher nicht gezögert baben, diese Hülfe in Anspruch zu nehmen. Aber Herr Stöcker ist weder die evangelische Kirche, noch kann er in ihrem Namen irgend etwas versprechen, daS beweist sein fanatisches Eisern gegen Alle, die in politischer und kirchlicher Hinsicht nicht seiner Ansicht sind. Sein absprechendes, ja weg werfendes Urtheil über die Cartellpolitik deS Fürsten Bismarck, die beim Kaiser verdächtigt werden sollte, zeigt klar, daß Herr Stöcker weder im Stande, noch gewillt war, die Kräfte der evangelischen Kirche zu sammeln und zur Unterstützung der Bismarck'schen Politik zu gewinnen, sondern daß er im Gegentheil die Hülfe des Fürsten Bismarck in dem Kampfe der Stöckerpartei gegen die „mittel parteilichen" und liberalen Elemente der evan gelischen Kirche erlangen und erzwingen wollte. Daß Fürst Bismarck nickt daran dachte, eS mit solcher „Hülfe" zu versuchen, wird ihm jeder vernünftige Politiker zum Verdienst anrechnen. K8 Berlin, 9. October. Der vormalige erste President de» Reich SgerichtS, Wirkt. Geb. Rath vr. v. Simson, bat mit Rücksicht auf sein hohes Alter die Einladung zur Feier der Einweihung deS neuen ReichSgerichtSgebäudeS ab- lehnen zu müssen geglaubt. — Anläßlich der Ernennung deS sächsischen Geh. Finanzraths vr. v. Körner zum Direktor im Reichsschatzamt ist behauptet worden, daß die Berufung eines Nichtpreußen in eine höhere Stellung des Reichsdienstes ohne Vorgang sei. Das ist unrichtig. Wir erinnern nur an den früheren Sraatssecretair deS Innern Herrn Hoffman», der auS hessischen, und an den gegenwärtigen StaatSsecrctair des Auswärtigen Herrn v. Marschall, der aus badischen Diensten berufen wurde, ganz zu schweigen von den zahlreichen Nichtpreußen, die im diplo matischen Dienst des Reiches Verwendung gefunden haben. Auch der Direktor im Neichsjustizamt, Herr Guttrod, ist ein Nichtpreuße, doch waltet bei ihm der Unterschied ob, daß er den Geschäftsgang des Amtes seit Jahren gekannt hat, ehe er zum Director ernannt wurde. Es ist bezeichnend für da- große Vertrauen, das Herrn v. Körner entgegengebracht wird, daß man von ihm rasche Orientirung m einem so wichtigen neuen Amte erwartet. * Berlin, 9. October. Die „Nordd. Allgem.Ztg." setzt ihre scharfe Polemik gegen die Resolution fort, die am Frei tag in einer unter der geistigen Führung des Herrn Stöcker tagenden Versammlung von „Christlich-Socialen" be schlossen wurde. Diesmal richtet sich die osficiöse Kundgebung gegen den Passus der Resolution, der den „Mittelparteien" vorwirft, daß sie „heute mehr als je die Urheber und Stützen einer staatSgefäbrlichen Classenpolitik" und „Gegner aller jener Socialreformen wären, die der socialen und sittlichen Zersetzung steuern und damit die Grundlagen des StaatS- lebenS wieder befestigen können". Die „Nordd. Allgem. Ztg." weist diesen Vorwurf unter Berufung auf die Mitarbeit der MittelpÜrteien an den wichtigsten socialen Reformen entschieden zurück und kommt am Schluffe ihres lieber- blickeS zu folgendem „Gesammtergcbniß": „Die christlich socialen Urheber der hier besprochenen Resolution vertreten einen schlaffen Staats- und Obrigkeitsbegriff, der sie in der Be- urtheilung der Umsturzbewegung wie in der praktischen Stellungnahme zu der sociairevolutionairen Propaganda vielfach mit der Socialdemokratie zusammenfuhrt. Auf demselben Gebiete liegt auch ein wesentlicher Theil ihres Gegensatzes gegen die Mittelparteien, die, was auch sonst unter conservativen GesichtSpuncten gegen sie eingewandt werden möge, jedenfalls bereit sind, sich mit Tbaten aus die Seite de- Königtbums und der bestehenden Staatsordnung gegen die politischen Umsturztendenzen zu stellen, die daS sociale Gebiet als Vorspann und trügerische- Aus hängeschild benutzen. Derselbe eben aufgcwirsene Punct, der die Christlich-Socialen wie die Socialdemokraten zu Gegnern der Mittelparteien inacht, führt unS also mit ihnen zusammen. Der conservativeLrsrr in derProvinz, der gegen dir Mittelparteien donnern bört, glaubt, daß diesen liberale Sünden vorgebalten werden,während in Wahrheit ausdem in derResolution berührten Gebiete die Mittelparteien die straffere, konservative Auf fassung vertreten und die Christlich-Socialen «inen ganz zer flossenen demokratischen und nur in letzterem Lager getheilten Standpunkt einnebmen. Aber auch darüber hin aus, in der Behandlung de- nach Möglichkeit von politischen GesichtSpuncten losgelösten socialen Gebietes, erscheinen die Ckristlich-Socialen mit ihrer Resolution in Cooperation mit der Socialdemokratie. Denn ihr« Anklagen gegen dir Mittelparteien stad in der vorliegenden ungerechten lieber- treibung Pamphlete, di« nur dir Wirkung ausüben können, den Classenhaß zu schüren und den Zustand der Verhetzung zu steigern. Die Resolution der Berliner Christlich-Socialen vom 4. October stellt sich soinit in wesent lichen Puncten als ein dem Muster der Socialdemokratie folgender Beschluß und fast in allen Puncten als eine Aktion, Anzeigen-Prei» die «gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem RedactionSstrich (4 ge- spalten) 50^, vor Len Familiennachrichten (ögeipaltrn) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzetchniß. Tabellantcher und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Pottbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen. Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Für die Montag.Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen find stets an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von S. Polz ln Leipzig. 89. Jahrgang. durch welche der Socialdemokratie Wasser auf die Mühle geführt wird, dar. Und von einer solchen Action behauptet man, wie wir wiederholen, daß sie „gesunden conservativen Grundsätzen" entsprungen sei!" ?. Berlins, 9. October. (Telegramm.) Der Kaiser bat sich heute bereits um 6^/» Uhr Morgens von HubertuS- stock zur Pürsche nach der Oberförster« Groß-Schönebeck begeben. Das gemeinschaftliche Frühstück der Majestäten fand um 1 Uhr in Groß-Schönebeck statt. 8. Berlin, 9. October. (Privattrlegramm.) Wie die „Post" erfährt, wird die Berathung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches in den zuständigen Ausschüssen des Bundeöraths nach Annahme unterrichteter Kreise ungefähr die Zeit von zwei Monaten in Anspruch nehmen. 8. Berlin, 9. October. (Privattelegramm.) Die un- qualificirbaren Angriffe, welche das Organ deS Bunde« der Landwirthc, die „Deutsche Tageszeitung", neuerdings gegen den StaatSsecrctair Staatsminister vr. von Boetticher gerichtet hat, haben in hiesigen politischen Kreisen großes Auf sehen erregt, obgleich sie wegen ihrer Gehässigkeit von der Mehrzahl der deutschen Zeitungen unbeachtet gelassen worden sind. Selbst in solchen Kreisen, die Herrn v. Boetticher nicht freundlich gesonnen sind, glaubte man, daß eine energische Abwehr von berufener Seite nicht ausbleiben dürfe. Heute nun veröffent licht der „Reichsanzeiger" eine von allen hier anwesenden Mitgliedern des Staatsministeriums (Fürst Hohen lohe, v. Berlepsch, vr. Miguel, Thielen, vr. Bosse, v. Koller, v. Marschall, v. Hammerstein- Loxten und Schönstedt) Unterzeichnete Erklärung folgenden Inhalts: Unter Bezugnahme auf den Ende Juli in der „Zukunft" enthaltenen Angriff auf den Staats minister vr. von Boetticher führte die „Deutsche Tageszeitung" darüber Klage, daß die leitenden Kreise der Bestech lichkeit verdächtig seien und die höchsten Staatsbeamten öffentliche Vorwürfe gegen ihre Lauterkeit und Rechtlichkeit sich ruhig gefallen ließen. Dem gegenüber erklärt das Staatsministerium, daß die den Angriffen zu Grunde liegenden thatsächlichen Vorgänge durch Herrn Staatömirnster vr. von Boetticher in vollem Um fange dem Kaiser zur Kenntniß gebracht wurden und auch im Schooße des Staatsministeriums erwogen wurde, daß im vorliegenden Falle die gerichtliche Klage nicht der Würde des StaatSministcriums entspreche. Nachdem gleichwohl der Versuch gemacht worden ist, darauf zurückzukommen, erscheint eS an der Zeit, daß die amtlich festgestellte Grund losigkeit der erhobenen Vorwürfe öffentlich vom Staatsministerinm bezeugt wird. ES wird dann der betreffende PassuS der „Zukunft" vom 29. Juni citirt und hinzugefüzt: Im Jahre 1886 kam zur amtlichen Kenntniß des damaligen Präsidenten der Reichsbank, daß ein Herrn vr. v. Bötticher durch Familienbande nabestebender Bank- director an den Rand des finanziellen Zusammenbruches gelangt sei. Auf die Mittbeilung davon lehnte vr. von Bötticher unverzüglich jede Intervention ab. Indessen gelang es andern Verwandten des Bankdirectors, mit Hilfe einiger Freunde die Schulden noch zu decken. Auch vr. v. Bötticher gab hierzu seingesammteSeigenesVermögenhin. Von dem Sackverbalte machte damals Bötticher seinem Vorgesetzten, dem Reichskanzler, Mittheilung, welcher darauf die Er stattung der von jenen Freunden hergegebenen Summen herbeigefübrt hat. Amtlich ist festgestellt, erstens, daß die geschilderten Verhandlungen zu einer Zeit stattfanden, wo von den beabsichtigten Reformen deS Bankwesens überhaupt noch nicht die Rede war, zweitens, daß v. Bötticher niemals von Bankier- Geld entliehen habe, drittens, daß er keinerlei Zuwendungen, auch nicht einen Ersatz des von ihm hingegebenen Vermögens, empfangen hat. Berlin, 9. October. (Telegramm.) Die gestrige Sitzung des TtaatSmtnistertnmS, an welcher sämmtliche Minister außer dem Kriegsminister theilnabmen, dauerte vier Stunden. Heute fand abermals eine Sitzung des Staats- ministrriumS unter dem Vorsitz deS Fürsten Hohenlohe statt. 8. Berlin, 9. October. (Privattelegramm.) Die „Post" schreibt: Tie Frage einer Verschärfung des preußischen BereinSgcsetzeS ist, wie aus bester Quelle ver lautet, auch jetzt über daS Stadium der gesprächsweise» Erörterung in den maßgebenden Kreisen noch nickt hinaus gekommen. Es ist auch nach der gestrigen Sitzung deS StaatSministeriumS noch nicht einmal entschieden, ob eine Gcsetzesvorlage in diesem Sinne überhaupt wird aus- gearbeitet werden. 8. Berit«, 9. October. (Privattrlegramm.) Wie die „Nat.-Ztg." bört, feiert der Reichsbankpräsident Vr. Koch am 1l. October daS 2Ljäbrige Jubiläum seiner Beamten- laufbahn an der Reichsbank. 8. Berliu, 9. October. (Telegramm.) Mehrere Blätter berichten über eine mit Verlusten von Menschen leben verbundene größer« Haparie des „Gneisenau". Nach Informationen von Wolff'S Bürrau liegen an zuständiger Stelle Nachrichten über einen solchen Unfall nicht vor. Jene Gerüchte dürften darauf zuriickzufübren sein, daß bei der Ausreise de« „Gneisrnau" von Plpmouth der Obermatrose Stein bei schlechtem Wetter durch einen herabfallrnvrn Block getödtet wurde. — Zu allerlei Erörterungen über die Briefe des Frhrn. von Hammersteia constatirt der „Borwart-", daß „sein Material mit dem in der „Nation" erwähnten, sowohl wa« die Herkunft, als die Art de- Erwerbs anlangt, nicht daS allermiudeste zu thun hat."
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