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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951010027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895101002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895101002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
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I. in der Zeitschrift „Die Zukunft" enthaltenen Angriff auf den Bice-Präsidenten des Staats-Ministeriums, Staats-Minister von Bdettichet hat Neuerdings die „Deutsche Tageszeitung" wiederholt Klage darüber geführt, daß leitende Kreiie der Eorruption verdächtigt würden und daß der Boden für Gerüchte schlimmer Art dadurch vorbereitet sei, daß sich höchste Staatsbeamte öffentliche Botwürfe gegen ihre Lauterkeit und Rechtlichkeit ruhig hätten gefallen lüsten. Auf Veranlassung des Staats-MinisterS von Boetticher sind die thatsächlichen Vorgänge, welche zu den gegen ihn gerichteten An griffe» Anlaß gegeben habe» können, schon früher amtlich scstgestellt worden. Diese Thatsächen sind seiner Zeit ihrem vollen Umfange nach durch den Staats-Minister von Boetticher selbst zur Allerhöchsten Kenntniß Seiner Majestät des Kaisers und Königs gebracht. Auch sind die Schritte, welche gegen diese verleumderischen Gerüchte etwa zu thun feie», wiedcrhvlt im Schooße des Staats-Ministeriums erwöge» worden. Das Ergebniß dieser Erwägungen war, daß es im vorliegende» Falle der Würde eines Staats. Ministers nicht entspreche, gegen solche versteckten Verdächtigungen im Wege der gerichtlichen Klage vorzugehcn. Mit ganz vereinzelten Aus nahmen hat auch die gesammte Presse aüer Parteien jene Angriffe thcils mit Stillschweigen übergangen, theils mit Verachtung zurück- gewieje». Nachdem gleichwohl jetzt der Versuch gemacht ist, aus dieselben zurückzukommen, erscheint es an der Zeit, diesem Treiben dadurch ein Ende zu machen, daß die amtlich sestgeslcllte Grund losigkeit der erhobenen Vorwürfe öffentlich vom Staats-Ministerium bezeugt wird. In der „Zukunft" vom 29. Juni dieses Jahres war gesagt worden: „Wenn es wahr ist, wie sehr glaubwürdige Zeugen ver sichern, Laß der Staats,ecretair in einer Zeit, wo über den Bankvcrkehr bedeutsame Entscheidungen zu treffen waren, von GroßöansterS Summen entliehen hat, die er nach inenjchltwer Voraussicht niemals zuriickzahlen konnte, dann müßte sei» Ver- beiden im Amt von Allen bedauert werden, die zwischen Politik und Sittlichkeit nicht eine trennende Schranke errichten möchten." Im Jahre 4886 kam es zur amtlichen Kenntniß drS damaligen Präsidenten der ReichSbniik, daß rin dem Staatssecrekair des Innern durch Familienbaude Nahestehender Bankdirector an den Rand des finanziellen Zusammenbruchs gelangt war. Aus die Mittheilung davon lehnte der Staaissecretair unverzüglich jede Intervention zu Gunsten des Bankdirectors ab. Indessen gelang es anderen Ver wandten deS Letzteren mit Hilfe einiger Freunde, seine Schuldenlast zu decken. Zu diesem Zwecke hat auch der Staatsminister von Boetticher sein gesammtes eigenes Vermögen hergegeben. Bon dem Sachver halt hat damals der Staatssecretair des Inner» dem ihm vorge- setzten Reichskanzler Mittheilung gemacht, welcher demnächst die Erstattung der von jenen Freunden hergegrbeUen Summen herbei- geführt hat. Es ist amtlich sestgcstellt, 1) daß die geschilderten Verhandlungen zu einer Zeit stattfanden, in welcher von beabsichtigten Reformen des Bankwesen- überhaupt noch nicht die Rede war; 2) daß der Staatsminister von Boetticher niemals von Bankiers Geld entliehen hat; 3) daß der Staatsminister von Boetticher keinerlei Zuwendungen, auch nicht den Ersatz des von ihm hergegebenen eigenen Vermögens empfangen hat. Das Königliche Staatsministerium. Fürst zu Hohenlohe. Freiherr von Berlepsch. Miquel. Thielen. Bosse, von Küllrr. Freiherr von Marschall. Freiherr von Hammersteiu. Schönstedt. Dadurch, daß diese Erklärung im amtlichen Theile des „Reichsanreigers" erscheint, erhält sie eine besondere Bedeu tung. Hoffentlich wird dieses nachdrückliche Eintreten des gesammlen Staatsministeriunis für den Minister, der seit langer Zeit die Zielscheibe versteckter Angriffe war, die Wirkung haben, daß man ihn mit weiteren Verleumdungen verschont. An oen Ausdruck dieser Hoffnung müssen wir aber den Ausdruck unseres Bedauerns darüber schließen, daß die Er klärung so lange verzögert worden ist. Es werden im „Reichsanzeiget" oder in der „Bert. Eorresp." so oft weit geringfügigere Verdächtigungen einzelner Minister zurück gewiesen, daß die Verzögerung dieser Zurückweisung doppelt bedauerlich erscheinen muß. Je gröber eine Beleidigung ist, um so mehr muß sich allerdings das Gefühl des Beleidigten und seiner College« empören und um so näher muß ihnen der Gedanke liegen, der Beleidiger sei einer Ant wort nicht würdig. Aber wenn der Beleidigte in so hoher Stellung sich befindet, so sollte das Gefühl nicht aus schlaggebend sein für die Handlung des Gekränkten, sondern die voraussichtliche Wirkung des Schweigens auf die Be leidiger und weile Volkskreise. Die vorauszusehende Wirkung deS Schweigens auf die Beleidiger ist aus den wiederholten Angriffen ersichtlich geworden; die Wirkung des Schweigens auf weite Vvlkökreise hat das Slaatsministerium augenschein lich am Ende selbst erkannt. Möge es die Lehre nicht ver gessen. Auch eine zweite wird ihm nicht erspart bleiben. Schon heute fragen einige Zeitungen, warum gegen den in diesen Tagen wegen Beleidigung des preußischen Staatsministeriunis verurtheilten Revacteur der social demokratischen „Volkswacht" in Breslau im „Wege der gerichtlichen Klage" vorgegangen worden ist, gegen das Organ des Bundes derLandwirthe aber nicht. In der Erklärung deS preußischen StaatSministeriums liegt eine Antwort auf diese Frage nicht. Um so leichter ist cf der ,'ociald/Mokraiischen Pressc gemachh. ihre.Leser »mrch Bs- hauptung, cs werde svciäldemvkratischen und c.grarischen Blättern mit zweierlei Maß gemessen, zu verhetzen. Die „Köln. Ztg." meldet, daß dem Reichstag in seiner nächsten Tagung der Entwurf einer Mtlitairstrafproeeff- ordnilllß zugchen werde. Wenn diese Meldung sich bestätigt, so wird die jetzt für den größten Theil des deutschen Heeres in Kraft befindliche preußische Militairstrafproccßordnung von 1845 ihr fünfzigstes Lebensjahr hoffentlich nicht lange über dauern. Die Letztere war nach dem Zeugniß Roon'S schon vor mehr als dreißig Jabren veraltet und die Entwickelung des allgemeinen StrafproceßrechtS, die sich seitdem voll zogen bat, ließ die Unvereinbarkeit des militairischen Strafverfahrens mit den modernen Recktsanschauungen immer greller hervvrtrctcn. Das im Jahre 1870 vom Norddeutschen Reichstag geäußerte Verlangen nach einheitlicher Regelung deS MilitairstraswcsenS fand nur insoweit Berücksichtigung, atS (1872) im Militairstrafgcsetzbuch das materielle Straf recht für das Heer geordnet wurde. Im Jahre 1876 er neuerte der deutsche Reichstag das Verlangen hinsichtlich des Strafverfahrens, aber erst fünf Jahre später trat eineJmmediat- commission zur Berathung einer Militairstrasproceßordnung zusammen. Der auf Grund ihrer Beratungen festgestellte Ent wurf wurde den Bundesregierungen mitzetbeilt und nach deren gutachtlichen Nückäußcrungen einer nochmaligen Berathung in der Zmmediatcommission unterzogen. Au den BundeSrath ist der Entwurf niemals gelangt, da, wie wenigstens an genommen wurde, die Negierungen der Bundesstaaten, die das preußische Strafverfahren nicht überkommen batten, also die von Bayern, Sachsen und Württemberg, ich mit dem Elaborat der Commission nicht zu be freunden vermochten. Der Reichstag ließ die Sacke jedoch kaum in einer Session ruhen und nahm namentlich wiederholt den meist von dem Nationalliberalen v. Bernuth begründeten Antrag au: „Der Reichstag wolle beschließen, die Erwartung auszusprechen, daß bei der Ausarbeitung eines für das deutsche Reich gemeinsamen Gesetzes, betreffend die MilitairgerichtS- verfaffung und die Militairstrasproceßordnung die Grund sätze der Ständigteit der Gerichte, sowie der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Hauptverfahrens zur Geltung gelangen, soweit nicht besondere mititairdienstliche Inter essen Ausnahmen notbwcndig erscheinen lassen." Im Sinne dieser Resolution äußerte sich 1894 auch der Abgeordnete v. Marquardsen, nachdem der Kriegsminister v. Bronsart mitgethcilt hatte, er habe bei Antritt seines Amtes einen fertiggestellten Entwurf einer Militairstrafproceßorbnung, der aber noch verschiedene Stadien der geschäftlichen Verhand lungen zu durchlaufen habe, vorgefunden. Im März des laufenden Jahres scheinen diese Verhandlungen noch nicht zum vollen Abschluß gediehen gewesen zu sein, denn der Kriegsminister betkeucrte in jener Zeit seine „aufrichtige und ehrliche Absicht, einen solchen Entwurf fertigzustellen", und fügte hinzu: „Sollte ich erkennen, daß mir die Kräfte fehle», eine Slrasproccßordnung hier zur Verabschiedung zu bringen, so werde ich mich beeilen, Seme Majestät um einen Nach folger zu bitten." Nach der Ankündigung der „Köln. Ztg." scheinen nun die Schwierigkeiten, die sich der Codification entgegenstellten, überwunden. Nun steht noch zu hoffen, daß der Entwurf den Grundsätzen der nationalliberalen Reso lution, die, wie im Reichstag unter Hinweis auf eine fünf- unbzwanzigjährige, in Bayern gemachte Erfahrung mit vollem Recht gesagt werden durste, den Bedürfnissen, die aus dem MilitairorganismuS hervortreten, ebensoweit Rechnung trägt, als dem Rechtsgefühl der Zeit. In Paris ist man ernstlich in Sorge um den AuSgang oer Dinge in Madagaskar, deNtl seit ocr Depesche des Generals DucheSne vom 23. v. MtS. aus Andriba, in welcher er die Erwartung aussprach, am 29. oder 30. September in Tauanarivo einzutreffen, ist bis jetzt keinerlei ossicielle Nach richt nach Paris gelangt. Dort will man daran nicht glauben und nimmt an, die Regierung habe ungünstige Meldungen bekommen und halte damit so lange als möglich hinter dem Berge. Die inzwischen aus englischer Quelle über Tamatave eingetroffene Nachricht,Tauanarivo sei am 27. September gefallen zerstreut die Sorge nicht; der „Temps" erklärt sie geradezu für unwahr scheinlich, wenn es auch immerhin möglich sei, daß „gewisse Leute" — gemeint sind die englischen Officiere der mada gassischen Armee —, denen daran gelegen sei, nicht in die Hände der Franzosen zu fallen und möglichst bald ein eng lisches Schiff zu erreichen, die Nachricht an die Ostküste ge bracht hätten. Auch der Einwand. daß die eingebornen Eilboten nicht wagten, allein abzugehen, ist nicht stichhaltig, denn noch vor wenigen Tagen ist ein Bote deS „Temps" unbehelligt zur Küste gelangt, und der amtliche Bote bat einen weit kürzer» Weg zurllckzulegen, weil er von Andriba aus den optischen Telegraphen benutzen konnte. Außerdem ist nickt abzusehe», Warum die Boten nickt wagen sollte», den Weg zurückzulegen, Wenn anderseits die weitere Beruhigungsnachricht richtig ist, daß die Eingeborenen im Rücken der fliegenden Colonne friedlich zu ihrer Arbeit zurückkehren. Die Sorge knüpft sich überdaupl nickt an den Gedanken, daß die feigen HovaS den fran zösischen Truppen eine ernstliche Schlappe deigebrackt haben könnten, sondern vielmehr daran, das der nur für 22 Tage verproviantirten Colonne die Lebensmittel ausgrben könnten und daß die HovaS ihr durck Verwüstung des Landes die Möglichkeit, sich neu zu verproviantiren, abgeschnitten hätten. Die Verbindung mit Tamatave ist volländig unterbrochen, und Avmirat Vienaimü, der zu deren Wiederherstellung am 29. September in Tamatave ringrtroffen ist, bat dabei mititairischei« Widerstand zu überwinden. Erst am 4. October konnte das nahe ver Küste gelegene Farasate, daS in der Sprache der HovaS den schönen Namen Manyakandrianam- banana führt, angegriffen werden, nachdem es TagS zuvor beschossen worden war. Selbst wenn daher die am'liche Nach richt vom Falle Tananarivos eintrifft, ist die Besvrgniß um das Schicksal der Truppen noch nicht beseitigt. Immerhin ist aiizunehmen, daß nur Zufälligkeiten die Nachricht bis jetzt verzögert haben, und daß auch die sonstigen Befürchtungen unbegründet sind Das vom Papst an den Cardinalstaatssecretair Nampvlla gerichtete, in italienischer Sprache abgesaßte Schreiben vom 8. d. Mts. sagt anläßlich der nationalen Kundgbungen vom 20. September: Das Gefühl der Humanität, welches selbst von Leidenschaft beherrschte Geister bewahren, schien die Hoffnung aus Rücksichten für unser Alter zuzulassen. Aber man wollte i» roher Weise darüber hinweggehen. Es fiel uns zu, beinahe unmittelbare Zeugen sein zu müssen von der Apotheose der italie- Nischen Revolution und der Beraubung des heiligen Stuhls. Wir wurden besonders betroffen durch den Plan, den Conflict, dessen unheilvolle Folgen Niemand ermessen kann, eher zu verewigen als zu beseitigen. Außerdem that man einen weiteren Schritt nach dem wesentlich antireligiösen Ideale hin, denn der letzte Zweck der Besetzung NomS. wenn nicht in dem Geiste Aller, die dabei milwirtten, so doch in dem Geiste der Secten, die deren erste Anstifter waren, besteht nicht allein in der Vervollständigung der politischen Einheil. Man wollte durch das Niederreißen der Mauern der bürgerlichen Metropole die geistliche Macht des Papstes schärfer an- greifen. Die Absicht war, die Geschicke Roms zu ändern, Rom „»lzugrstalten und wieder heidnisch zu machen, um einem dritten Rom, einer dritten Civilisation daS Leben zu geben. Das war eS, waS man neulich durch die Saitction des neuen Gesetzes, durch die von einer Gott feindlichen Secte veran stalteten lärmenden Kundgebungen feiern wollte. Darunter leidet die Nation; denn das Versprechen materieller Wvhtsahrt wurde nicht nur gehalten, sondern Italien ist auch moralisch getheilt und die limstürzletischeil Parteien gewinnen an Macht. Keine bürgerliche oder sociale Einrichtung, nichts wird jemals dem Papstthume wahre Unabhängigkeit schaffen, wenn dem Papstthume die territoriale Jurisdiction vorenthalten wird. Unsere Stellung, von der versichert wird, daß sie garantirt sei, ist dem Urlheile Anderer unter worfen» und letzthin ließ man die Drohung dnrchblickrn, daß die bestehenden Garantien abgeschafft werde» könnten. Der Papst rühmt sodann die Woylthaten der päpstlichen Sou- verainität und fordert die Italiener, welche keiner Secte an- gehören, auf, in Erwägung zu ziehe», wie verderblich eS sei, einen Kamps sortzusetzen, welcher nur den Umtrieben kühner Faclionen und den Feinden des christlichen Namens vorlheilhaft sei. Das Schreiben betont, die höchste Obrigkeit der Kirche ver- Fe»iilletSn. Schwere Rümpfe Nachdruck verboten. Rvtnai» «us dem tzvotzen Kriege. 34s Bon Carl Tanera. (Fortsetzung.) Gegen Mittag kam Witzelberger in den Stall und fand seinen Herrn und das Pferd schlafend. Er schnallte dem Ossicier den Säbel, dem Pferv daS Kopfgestell ab; Beide schliefen weiter. Er legte seinem Lieutenant Stroh unter den Kops; er schlief weiter. Hierauf ließ er Roß und Reiter liegen und bemühte sich nüd, daß der Dauer eine kräftige Mahlzeit bereitete und für guten Wein sorgte. Als das Essen gegen 2 Uhr Nachmittags fertig war, weckte er seinen Herrn. Es ging noch schwer genug; aber es mußte ja sein. „Herr Leitnant, jetzt ess'n S' un' trink'« S'. Nacher san S' glei' wiada frisch. Um halber Viere will der Herr General zu den Vvrpost'n peit'n, un' da soll'n S' mit." „Dank Dir, Witzelberger. Bist Du denn nicht auch hundsmüd' ?" „Macht si' scho'. Wir san um e Neine ankomme, un' da bab' i' bis üm zwölfe a'schlof'n. Vielleicht laff'n uns d' Fran zose no' a Nacht in Nnah. Nacher iS' Alls wiada as'm Damm." Nachdem er ordentlich gegessen und getrunken hatte, fühlte sich der zähe junge Ossicier wieder ganz frisch und munter. Auch sein „Orleans" machte ein annehmbares Gesicht. — liegen 4 Uhr Nachmittags ritten der General und sein Ordoiiiianzosficier mit zwei Chevaulegers in ver Richtung aus Adtcnay vor. Sie kamen halb zu den Vorposten. Beide Officiere empfanden eS mit einer wahren Genugthuung, daß die Stimmung der Mannschaften trotz der durchgemachtrn Strapazen doch ei»d vorzügliche war. Wenn man ihnen auch noch die vergangenen Mübsale ansah, so gab eS doch nirgends mürrische oder mißniuthiae Gesichter. Nud Ingrimm sprach auS den Mienen; Arrger, Wuth, weil man doch einmal batte Weichen müssen^ weil man gegen dir kolossale Ueber- macht nicht aufackommen war. Die Leute machten auch daraus gär kein Hehl. Zu einem Unterofsicirr, der einen drtachirten Posten von 8 Mann befehligte, meinte der General, er solle sich, wenn er von einer Uebermacht angegriffen würde, gegen Tivernon zurückziehen. Der MaNn erwiderte: „Herr General, die Luder trau'n si' goar nit füri. Seit zwoa Stund' beobacht' i' scko' a Cumpanie. Aba koaner von die Tropf'« geht aus 'm Wald raus. Wann s' aba do' käme, will i ehana scho' hoamzünd'n, dene Malesizlump'n denc." Eine aus dem Städtchen Artenay zurückkehrende Cbcvau- legerspatrouille meldete: „Jtt der Stadt san wir as zehn französische Kürassier g'stoß'n. Wir wollten s' attackiren. Aba sie san ausg'riss'n, un' mit unsre müd'n Gäul san wir nit nachkemma." Das waren aber nur 6 leichte CavalleristeN gegen 10 schwere Reiter. So sprach sich überall der Wille der Leute, abermals mit dem Feinde handgemein zu werden, deutlich genug aus. Sie wollten Rache. Dabei blieben sie sogar gegen diejenigen Eingebornen, welche sich nickt am Kampfe betheiligten, jedoch durch den Krieg in Noth und Elend gerathen waren, gut- müthig und nachsichtig. In einem Bauernhof bei Santilly lag ein Feldwebel mit seinem Zug auf Feldwache. Seit dem 8. November Abends batten die Leute nichts gegessen als Brod. Am 10. Vormittags kamen sie in den Hof. Dort erfuhren sie, daß die VerpflegungSwagen erst spät Abends ein- trrffen würden. „Der Zug solle, wenn irgend möglich, in seiner Nähe etwas requiriren." Bald hatte ei« Mann entdeckt, daß sich im Stall noch eine Kuh befand. Sie sollte mit Beschlag belegt werden und wurde aus dem Stall gezogen. Ein der französischen Sprache mächtiger Freiwilliger Mußte dies dem dauern und seisieisi Weibe begreiflich machen und von ihnen Papier verlangen, um ihnen „bon" anszustellrn. Mit düsterer Stimme rief der Bauer: „Wir brauchen keinen bov." „Dann erhalten Sie nach bei« Krieg von Ihrer Re» girrnng die Kuh nicht entschädigt, weil sie keinen Nachweis haben." ^Wir brauchen auch keine« Nachweis. Wir erlebt« daS Ende deS Krieges doch «icht. Wir sterben vorher vor Hunger «nd Elend." Der Freiwillige, von Mitleid ergriffen, sah daS Paar fvrsche«d an. Nun sprach die Frau obne besondere Klage, mehr im Ton voller Ueberzeugüng: „ES ist so, wie «itm Mann gesagt hat. Sehen Sie sich selbst in den Ställen und Kammern um. Wir besaßen 86 Stück Vieh. Man hat unß nach und nach 85 genommen. Wir batte« volle Keller und Kammern. Jetzt ist Alle- leer. Nehmen Sie nur die letzte Kuh auch »och. Wir haben ja doch nichts mehr zum LtbtN und müssen also verhüngerü." Der Freiwillige übersetzte diese Worte seinen Kameraden. Hierauf befahl der Feldwebel, die Kuh vorläufig nicht zu schlachten, und visitirte selbst alle Ställe und Gelasse. Was er sab, ließ leicht erkennen, daß die Bauersfrau die Wahr heit gesprochen. Daraufhin fragte er seine Leute: „Meint Ihr nit, wir könnt'« do' no' bis zum Abend auSbalt'n, damit wir bene arme Leit nit ihr letzte Kuh wcgiichme müss'n." Ein stimmig waren die Soldaten mit deM Ansspruck eines Gefreiten einverstanden, tvelcker erklärte: „Wir könne freist' auSbalt'n, Herr Feldwebel. Dees is ja ganz kloar." Nu» wurde die Kuh wieder in den Stall geführt und dem Bauern und seinem Weibe mitgethcilt, daß man aus das Thier verzichte. Ein lustiger Corpora! schrieb auf die Stallthür Mit Kreide: „Diese Wasch (vacke) darf nicht zum Militair eingerogen werden, denn sie ist die einzige Er nährerin ihrer Eltern". Der General, der die Aufschrift las und daraufhin die Geschichte von der Kuh erfuhr, lobte die Leute sehr und ver sprach ihnen, sofort nach seiner Rückkehr Befehl zu geben, daß der erste eintreffende Verpflegungswagen zu der Feldwache auf den Hof geschickt werde. AlS derselbe ankam, luden die mitleidigen Soldaten den Bauern und die Bäuerin zur Tbeil- nahme an ibrer Mahlzeit ein, und wie der Zug abgelöst wurde, ließ Jedermann elwaS von seinen Lebensmitteln für die armen Opfer deS Krieges zurück, und der Feldwebel eMvfabl dem neuen Feldwachcvmmandanten, gleiche Schonung mit den Hofbesitzern zu hegen. Am 10. November Abends kam eine überraschende Meldung a«: „Der Großherzoa von Mecklenburg ist mit der 17. preußischen Infanteriedivision und einer Cavalleriebrigade eingelrossen, die 22. Infanterie- und 2 Cavallerie-Divisionen si«h vo« CbartreS herangezogen worden, und aus diesen Truppen und dep bisher unter General von der Tann stehenden Armeeabtheilung wird eine neue Armee unter Führung de« GroßherzoaS gebildet." DaS war eine gute Kunde. Nunmehr durften dir Fran zosen Vorbrechen, wo sie wollten, jetzt hatte eS keine Gefahr «lehr. Letztere erführen bie Aenderung der Stärkcverhältnisse bei den Deutschen ganz genau und wagten sich keinen Schritt weiter vor, alS eS ihnen die deutschen Vorposten freiwillig erlaubten. Am ll. November Morgens ritten die mecklenburgischen Dragoner durch die Stellung der bayerischen Vorposten hin durch, u«t die CbevanlegerS abzulösen. Bon allen Seiten kanten die bayerischen Soldaten und selbst die Officiere herbei. um die neuen Kameraden zu seben. Es galt wohl auch dem Wunsche, sie zu begrüßen; aber in erster Linie war es doch die Neugierde, welche die Bayern aiilockte. Solche Reiter, solche Pferde hatte man ja schon seit langer Zeit nicht mrbr zu Gesicht bekommen. „Schaugts es nur an; die Hai»», ja direct neue Uniforme g'faßt. Die keinma vun der Parad'. Un' die dick'n Back'n un' die rund'n Bäuch', die f bann». O mein, dees wird ball anders aussehgn!" Auch die Offi ciere äußerten sich ähnlich. „Donnerwetter, die reiten ja die reinsten Mastochse». Wo die nur den Hafer für ihre Gäule ausgetrieben haben! Wen» ich dagegen meine braune Lisel ansebe!" „Und ich meinen Orleans!" „Und die glatt rasirle» Gesichter der Officiere. Man meint, sie kämen Alle aus dem Ei. Ja, ja. Bei der Cernirung von Paris, wo täglich die Eisenbabn Verpflegung in Hülle und Fülle und die Feldpost jeden Modgen zum Frühkaffce die neue Zeitung bringt, lebt man dock anders, als wenn man sechs Wecke» Tag und Nacht Patrouillen reiten oder aus Vorposten sieben muß, dann drei Tage lang gar nicht auS dem Sattel kommt und zum Schluß einen Nachtmarsch bis zum andern Vormittag macht." Es herrschte auch wirklich ei» kaum bcschreibbarer Unter schied zwischen den neu angekoiumenen und de» bisher an der Loire gestandenen Truppen. Acußerlich saben erstere wie wahre Paradetnippe», letztere aber als sehr mitgenommene Feldsoldaten aus. Bald genug sollte sich dies auSgleicbcn und man mit bestem Willen nickt mebr unterscheiden können, wer schon vor und wer erst nach ConlmierS im Süddn von Paris stand. Oberlieutnant Horn wurde am ll. November Vormittags mit einer Meldung nach Toury, dein Haupt quartier deS Großberzogs von Mecklenburg entsendet. Dort lag eine Masse von Truppen der l7. Division, darunter die 75er und 76er. Nach Erledigung seines Dienstes begab sich Horn in ein Hotel, in dem eine Anzahl preußische Jnfantericosficiere beim Wein vereint saßen. Man begrüßte den bayerischen Kameraden von allen Seiten sebr freundlich, stellte sich ihm vor, waS aber so flüchtig geschah, daß Horn natürlich ktiiien einzige» Namen verstand, und bot ibm Lei« an. Bald käm das Gespräch auf die letztvergangcnen Ereignisse. Dabei be merkte der OrdoNNanzosficier sebr schnell, daß die meiste« tet jungen Herren, welche vom eigentlichen Kriege noch sehr wenig kennen gelernt, da sie» obne eine Schlacht eelebt zu haben, nur vor Paris gestanden batten, zitntlich oberflächlich über dir bisherige Ariiieeabibeistibg von der TaNN'S ntlbesiten. So meinte ein noch wenig erfahrener Secondelieutciiant zu
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