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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951016015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895101601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895101601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-16
- Monat1895-10
- Jahr1895
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Tabellarischer und Zijjerujatz »ach höherem Tarif. Extra-veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Aurgabe, ohne Postbefördernng M.—, mit Postbeförderung ^ 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Marge «-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Für die Montag-Morgeu-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^°5N. Mittwoch den 16. October 1895. 89. Jahrgang. Bekanntmachung. Wie bereits zur Kenntniß unserer Einwohnerschaft gekommen ist, wird unserer Stadt am 26. ds. Mts., dem Tage der Einweihung des Reichsgerichtsgebäudes, die hohe Ehre zu Theil werden, Te. Majestät den deutschen Kaiser Wilhelm und Se. Majestät den König Albert in ihren Mauern begrüßen zu dürfen. Ter für unsere Stadt und ihre Entwickelung so wichtige und bedeutungsvolle Borgang erhält durch diese Theilnahme des deutschen Kaisers und unseres Königs, durch die Mtwirkung von Vertretern der verbündeten Regierungen und freien Städte, der höchsten Reichsämter und des Reichstags eine ganz besondere Weihe, und es wird unseren Mitbürgern, welche Zeuge dieser Feier sein dürfen, gleich wie zu der vor 7 Jahren statt- gesundenen Grundsteinlegung, Bedürsniß sein, daß ihrem Tanke und ihrer Freude durch äußeren Schmuck unserer Stadt Ausdruck verliehen werde. Diesem gewiß allgemeinen Wunsche unserer Bürgerschaft werden wir durch die getroffene Anordnung der Schmückung unserer Straßen, Plätze und öffentlichen Gebäude entsprechen. Aber wir richten auch an unsere Mitbürger die Bitte, uns hierbei durch die Schmückung ihrer Häuser zu unterstützen. Insbesondere dürfen wir wohl die Erwartung aussprechen, daß dies in erster Linie in den Feststraßen geschehen werde. Wir geben deshalb bekannt, daß die Ankunft der Majestäten auf dem Dresdner Bahnhofe erfolgen wird und Allerhöchstdieselben durch die Bahnhofstraste, die über den Augustusplatz führende Straße, die Grimmaische Strafte, Thomasgasse, über den Thomaskirchhos an der Promenade entlang durch die Harkortstrafte nach dem ReichSgerichtö- gebäude Sich begeben werden, von wo die Rückfahrt durch die Wächterstrafte, den Königsplatz, die Windmühlenstrafte nach dem Bayerischen Bahnhose stattfinden wird. Mit der Universität, den höheren Schulen, den Innungen, Militair-, Sänger-, Turnvereinen und einer Anzahl anderer Vereine sind wir wegen Spalierbildung längs der Feststraßen in Verbindung getreten. Wir richten hierbei ganz besonders die Bitte an die Herren Arbeitgeber, ihren Arbeitnehmern und Untergebenen, soweit solche diesen Vereinen angehören, durch Freigabe einiger Stunden die Möglichkeit der Betheiligung an der geplanten Spalierbildung zu geben. Leipzig, den 15. October 1895. Dev Rath dev Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größel. Bekanntmachung, die Landtagswahl am 17. Oetobev d. I. betr. Die bei früheren Wahlen gemachten Erfahrungen geben uns Veranlassung, für die am 17. d. Mts. flattfindeude Landtagswahl folgende Anordnungen zu treffen: 1. Das unbefugte Verweilen in den Hausfluren, Treppenhäusern und Gängen derjenigen Gebäude, in denen sich Wahllocale befinden, ist verboten. 2. Wahlzettel-Bertheiler, Plakatträger und dergleichen Leute dürfen sich nur vor den Hauserngänge« der Gebäude, in denen Wahllocale errichtet sind, aufstellen, und zwar vor jedem Hauseingange nicht mehr als einer für jede Partei. 3. Alle sonstigen Ansammlungen von Personen vor den Hauseingängen zu den Wahllocalen, ruf den Straßen und öffentlichen Plätzen, durch welche die Wähler in der Ausübung ihres Wahlrechts irgendwie beeinträchtigt werden, sind verboten. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnungen werden, soweit nicht ein Vergehen gegen 8.107 des Reichsstrasgesetzbuches in Frage kommt, mit Geldstrafe bis zu 60 oder Haft bis zu 14 Tagen geahndet. Unsere Sicherheitsorgane sind angewiesen, gegen Verletzungen vorstehender Anordnungen unnach- fichtlich einzuschreiten. Leipzig, am 14. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Das Polizeiamt. vr. Georgi. , . Bretschneider. Golla. Bekanntmachung, die LaudtagSwahl im H. Wahlkreise der Stadt Leipzig betreffend. Das Ergebnis der am 17. diese« Monats im H. Wahlkreise der Stadt Leipzig stattfindendea Ergänzungswahl für die zweite Kammer der Ständeversammlung wird von dem Unterzeichneten Wahlcommissar Sonnabend, den 19. October, Nachmittags 5 Uhr im Sitzungssaale des Gewerbegerichts Naschmarkt 1, I. zusammengestellt und veröffentlicht werden. Zu dieser Wahlhandlung haben alle Stimmberechtigten Zutritt. Leipzig, den 12. Oktober 1895. Der Wahlcommissar für die ErgiinzungSwahl znr II. Kammer im II. Wahlkreise der Stadt Leipzig. Stadtrath vr. Schanz. Vergebung von Masterarbeiten. Die zur Herstellung von zwei Kabelröhrensträngen vom Haupt- Postgebäude am Augustusplatz in Leipzig bis zur Jnjelstraße und zur Platostraße erforderlichen Erb- und Pflasterarbeiten, sowie die Her- stellung von 23 gemauerten Einsteigeschächten sind zu vergeben. Ein« Zusammenstellung der Bedingungen ist bei der Ober-Post- direction i» Leipzig — Zimmer 253 — einzusehen oder gegen 60 Schreibgebühren zu beziehen. Die Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Unterirdische Fernsprechltnien in Leipzig" versehen, portofrei bi» zum 22. Oktober» BormittagS 10 Uhr, an die Ober-Postdirection hier einzujenben. Die Auswahl unter den Bewerbern, die Theilung der Arbeiten, sowie die Ablehnung sämmtlicher Angebote wird Vorbehalte». Leipzig, 12. October 1895. Der Kaiserliche Ober-Poftdirector, Geheime Ober-Postrath. Walter. Verkauf des Postgrnndstücks in Grimma. DaS der Reichs-Postverwaltnn« gehörige, in Grimma an der Ecke der Lorenz- und GartrnstraHe belegen« HauSgrundstück mit Nebengebäude, tzofraum und Garten, sowie mit Durchfahrt »ach der Kirchgasse — eingetragen auf kol. 202 de« Grund- und Hypo« ttzekenbnch« für Grimma, Brandcatoster Nr. 234 A —, wird am Dienstag, den 22. Oktober 189». in Gritnma an Postamtssttlle — Zimmer de- Postdirectors — öffentlich meistbietend versteigert werden. Die Berkaussbedinoungen können bet dem Kaiserlichen Post amte in Grimma «ingesehrn und von demselben gegen 50 ^ Schreib gebühr bezogen werden. Der Berkanfstermin beginnt Vormittags 11 Uhr und wird nicht vsr I Uhr Nachmittags geschloffen. Nach 1 Uhr werden neue Bieter nicht mehr zugelaffeu. Dir Besichtigung de« Grundstück«, das auf 2S 100 ^l abgeschätzt ist, kann auf vorherige Anmeldung bei dem Kaiserlichen Postamte ,n Grimma jederzeit in den Vormittagsstunden erfolgen. Leipzig. SO. September I8S5. Der Kaiserliche Ober-Poftdirector, Geheime Ober-Postrath. Walter. Bekanntmachung. In der Nacht vom 12. zum 13. d. Mts. ist in einem hiesigen Uhrengeschäft eingebrochen und sind die nachstehend »»zeichneten Uhren und Ketten gestohlen worden: 1) eine goldene Herrcu-Anker-Remontoir-Savonettuhr mit Metallcuveue, goldenen Zeigern und Sekundenzeiger, ovalem Bügel, 18 Linien, Rückseite reich gravirt mit Schildchen und Kranz; 2) eine goldene Herren-Eylinder-Rkmontotr-Uhr in acht Steinen gehend, 19 Linien, mit Sekundenzeiger, gravirter Rückseite mit Schildchen; 3) eine goldene Tamen-Eylinder-Rcmontoir-Halbsapouett- Uhr» in 8 Steinen gehend, Rückjette reich gravirt und emailttrt, mit Metallcuvette; 4) eine goldene Tamen-Eylinder-Remontoir-Uhr, blau emaillirt, in 8 Steinen gehend, mit starkem Glasrand und Metall« cuvette; 5) eine goldene Damen-Ehliudcr-Remontoir-Uhr, in acht Steinen gehend, mit einfach aravirtem Gehäuse und Melalleuvette; 6) zwei silberne Herrett-Anker-Stemontoir-Savouelt-Uhrett mit silbernen Euvetten, goldenen Zeigern, ovalen Bügeln, Sekunden zeigern, Goldrändern, gravirten Gehäusen, innen der Stempel: 8. 0. und eine Henne; 7) eine autzcrgewöhnlich grotze Stahl-Anker-Remoiitoir- Uhr mit Sekunden- und Doppelminutenzeiger, reichgravirtem Ziffer blatt und ovalem vergoldetem Bügel; 8) eine Ttahl-Eylindcr-Rcmontoir-Herrenuhr, 18 Linie», mit goldenen Zeigern, Sekundenzeiger, ovalem Bügel und glattem Gehäuse; 9) zwei Damen-Eylinder-Acmontoir-Uhren mit Stahl- gthäujtn, vergoldeten Werken, in 8 Steinen gehend, mit ovalen Bügeln und glatten Gehäusen; 10) eine Damett-Eyllnder-Aemontoir-Uhr mit Stahlgehäuse in Herzsorm, iu 8 Steinen gehend, mit vergoldetem Werk mit Glas überdeckt; 11) achtzehn Stück verschiedene silberne und Nickcluhren, theils mit Remontoir-, theilS mit Schlüffelauszug; 12) ca. drei Dutzend verschiedene Talmi-, Nickel- und ver goldete Uhrketten. Gesammtwerth ea. 440 Mark. Die Fabriknummern der Uhren sind nicht bekannt. Das Unterzeichnete Polizeiamt ersucht hiermit Behörden und Privatpersonen, alle auf diesen Diebstahl bezüglichen Wahrnehmungen schleunigst zu seiner Kenntnis zu bringen. Leipzig, am 15. October 1895. Da» Poltzeiamt der Stadt Leipzig. S/3728. Bretschueider. N. Werk- und Bagerplatzverpachtung. Da« seither vom König!. SSchs. 10. Jnfanterie-Rrgiment Nr. 134 zu Erercir- und Schießübungen benutzte, der Stadtgeineindc Leipzig gehörige Areal hinter der Gasanstalt I soll von jetzt an zur Benutzung zu Wert- und Lagerplatzzweckcn anderweit ver- pachtet werden. Ein Theil davon ist noch verfügbar und Packitlustige werden hiermit ausgesordert, ihre Pachtgebote mündlich oder schriftlich auf dem Rathhauj«, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, woselbst auch über die näheren Pachtbrdingungen Auskunft rrtheilt wird, abzugeben. Leipzig, den 14. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 3160. vr. Georgi. Krumbiegel. Bekanntmachung. Nachdem der seitherige Rathsreserendar Herr Karl Rudolf Oueck die zur Erlangung eines selbstständigen Richteraintes erforderliche Prüfung mit Eriolg bestanden hat, ist ihm die Stellung als Raths« asseffor von uns verliehen worden. Leipzig, den 14. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größe!. Bekanntmachung. Donnerstag, den 17. October 1895, von Vormittags 19 Uhr an allen im Bersteigrrungsraume des hiesigen Amtsgerichts 1 Partie Möbel, 1 Rollwagen, 1 Brücken- und 1 Tafelwaage, 3 Sack Gerste u. v. A. meistbietend versteigert werden. Leipzig, den 15. October 1895. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts das. Die Beiter der polnischen Propaganda. «. Die Zusammensetzung und Haltung des polnischen Klerus ist das im Wesentlichen bestimmende Clement der Polenpolitik. Der Einfluß der Polen beim Papste, entscheidend z. B. für die Besetzung des erzbischöflichen Stuhles, wird ge tragen von der nach der diplomatischen Seile bedeutenden Persönlichkeit des Cardinals Ledochowski in Rom, dessen Hand in Posen der Weihbischof Likowski ist. Mil diesem letzteren Namen haben wir den eigentlichen Gegner des DeutschthumS innerbalb preußischen Ge bietes genannt. Wer in einem Salon die hohe, vom Greisen- alter nicht gebeugte Gestalt mit der die Tonsur völlig be seitigenden Glatze und der Adlernase sieht, der wird nicht ohne Weiteres Len Kleriker erkennen, der die Seele des polnischen Widerstandes und Angriffs ist. Zn seiner Hand sind die wesentlichen Functionen politischer und administrativer Natur vereinigt. Die Leitung des erzbischöflichen Consistoriums zu Posen, die Prüfung der Seminarzöglinge und der Kleriker, die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Preßaufsicht und -Directivn sind seine Domaine. Daß ein solcher Mann das wichtigste politische Mittel, die Wahlen, leitet, ist selbstverständlich. Cr persönlich tritt nicht hervor, umsomehr die Ortsgeistlichkeit. Da ist nun eine Thalsache sehr be- merkenswerth, daß nämlich die fähigsten und fanatischsten Köpfe unter ihnen an der Sprachgrenze vertheilt sind, z. B. Schroeder-Fraustadt, Szymanski-Meseritz, Ehn-Kreis Bomst, Decan Szaal(!)-Czarnikau, der Propst iu Priment (Kreis Bomst) rc. Selbst früher notorisch deutschfreundliche deutsche Klerikale sind allmählich diesem Einflüsse verfallen. Ein noch unter dem Oberpräsidenten Grafen Zedlitz als rückhaltloser Ver fechter des Deulschthums bekannter Posener Dompropst bat seitdem eine aussallende Wandlung durchgemacht; seine kürzlich ersolgte Beförderung zum Tompönileutiar ist wohl nicht auf seine ablehnende Haltung gegenüber der polnischen Tendenz des Posener Domkapitels zurückzuführen. Der Einfluß aus das Gneseuer Domcapirel sund den Bezirk seines erzbischöflichen Generalconsistoriums ist gesickert durch die Person des über beiden Consistorien stehenden Erz- bischoss von Stablewüki. Die Person dieses Prälaten ist kein ausschlaggebendes Moment in der polnischen Politik, aber naturgemäß ein hervortretendes. Er besitzt nicht die zähe, aggressive Natur seines Posener WeihbischosS und ver meidet überhaupt die äußersten Ziele. Bei aller nach außen hin festen Entente mit seiner polnischen Umgebung unter scheidet er sich von ibr doch wesentlich dadurch, daß er besser als sie die Unerschütterlichkeit des preußischen Staatszefügcs und die Grenzen, die dessen Erhaltung auch einer nach sichtigen preußischen Regierung sl.ckk, erkennt. Nicht nur seine bekannte, ihm bis zum heutigen Tage von manchen seiner Stammcsgenossen verdachte Thorner Rede, sondern z. B. die indifferente Haltung, die er in der Frage der Polenpolitik in Oberschlcsien einnimmt, beruhen darauf. Im letzteren Puncte weicht sein Organ, der „Knryer Poznanski", auffallend von dem Tone der aesammien polnischen Presse ab. Hieraus resultirt auch wohl die stille, fast an Frondirung streifende Zurückhaltung, die ihm hier und da im polnischen Adel zu Theil wird und die ihm nicht unbekannt bleibt. Auch die im persönlichen Berkehr gern gezeigte, nicht selten an Cordialilät streifende Verbindlich keit ist nicht immer lediglich Form, sondern das deutsche Wesen ist ihm bis zu einem gewissen Grade verständlich und sogar sympatbisch; wenigstens scheut er sich nicht, eine solche, gewissen polnischen Kreisen gegenüber gefährliche Anschauung gelegentlich ungescheut zu bekennen. Ein immerhin bemerkens- werthes Beispiel dieser Art ist seine in deutscher Sprache gehaltene und berauSgegebenc Gedäcktnißrede auf den west fälischen Centrumsabgeordneten von Sckorlemer. Er sagte von ihm: „Zch erfülle heute eine Herzenspflicht an der Todlenbabre dieses echten, edlen, deutschen Mannes, meinen Dank zu erstatten, für seine Seele in diesem Augenblicke zu beten." Solche Worte sind gegenüber den besinnungslos rabiaten Elementen der polnischen Partei bis zu einem gewissen Grade kühn. Freilich bleibt fraglich, wie weit der Erzbischof von diesen etwa vorhandenen deutschen Sympathien bei Gelegenheiten Gebrauch macht. War eS doch in einer ihm zu Ehren ge haltenen Versammlung iu einem Orte des Bromberzer Regie rungsbezirkes, wo die Aeußerung siel, daß für die Polen der Erzbischof an Stelle des Königs stehe, so lange ein solcher mangle. Bekannt sind die geräuschvollen Einholungen seiner Person in polnischer Nationaltracht, die mit den Gefühle» der ihren Oberhirten empfangenden deutschen Katholiken nicht daS Mindeste zu tbun haben. Man sagt auch, daß er eine einem Posener Militair in sehr hoher Stellung gegebene Zu sage betreffs der Versorgung von gewissen deutsch-katbolischen Mannschaften mit deutscher Predigt später mit auffallender Vergeßlichkeit behandelt habe. Ueberhaupt läßt die Berück sichtigung der katholischen Deutschen unter seinem Regime bekanntermaßen zu wünschen übrig. Es ist dies seiner Zeit in den v. Tiedemann'schen Enthüllungen ktargetegt worden. Neben der Presse und der Wahl ist die ständige Arena des Kampfes die Schule. Jeder, der einmal einer Gemeinde versammlung beigewohnt hat, in der es sich um tbeilweise Uebernahme von Schulbaulasten oder Lehreranstellung handelte, weiß, daß der Klerus in jeder Weise gegen die deutsche Schule hetzt. Gegenüber den Vertretern der Regierung steht der Propst, und hinter ihm steht wie ein Mann die Ein wohnerschaft. Keine Spur von sachlicher Beurtbeilung oder Anerkennung der gesetzlichen Verpflichtung, sondern starre Opposition nach voraufgegangener Bearbeitung der Gemeinde. Erst nach blutigen Geldopfern der letzteren, zu deren Auferlegung der Staat, will er das gesetzliche Ziel über haupt erreichen, gezwungen ist, sieht die Gemeinde ein, daß der Klerus lediglich auf ihre Kosten demonstrirt hat, oder ergiebt sich ohne diese Einsicht ins Unvermeidliche. Obwohl überall waffenbereit, ist in einer Beziehung die Thätigkeit des polnischen Klerus besonders rege: in der pecuniären Unterstützung von Handwerkern, Kausleuten, Kabrikanteu und Industriellen jeder Art. Hier arbeitet er mehr dirigirend und überläßt das Einzelne den Laien, obschon er auch nicht verschmäht, direct mitzuwirken. So z. B. ist der Leiter der polnischen Schrimmer Bank der Propst Wawrzyniak. Diese Bank, deren Wirkungskreis sehr viel weiter reicht, als selbst Polen abnen, hat aus fast sämmttichen Häusern des Swrimmer Marktplatzes Hypotheken eingetragen, so daß sie bei der Veräußerung derselben, namentlich an Deutsche, das ent scheidende Wort spricht. Es ist belehrend, sich in die Verbältnisse einer Posener oder westpreußischen Kleinstadt zu vertiefen, in der die allmähliche Niedermachung des deutschen Elements in Scene gesetzt wird. Rechtsanwalt, Arzt, Apotheker, Bürger meister sind polnisch und befinden sich in rastloser Agitation bei der Wahl, in der Presse, in der Gemeindevertretung und der Bürgerschaft. Es werden ProscriplionSlistcn Abtrünniger gesübrt; man denke an die Veröffentlichungen des „Goniec" bei der Sedanfeier! Bis in jedes Haus wird lerrorisirt, um ein deutsches Geschäft auszubungern, einen deutschen Besitzer in der Stadt auszukaufcn oder mittels Subbastalion ans Messer zu liefern, dem deutschen Arzt, Rechtsanwalt, Gastwirlh das Leben nach Möglichkeit zu verleiden. Die Zeiten sind insofern etwas besser geworden, als aus der Seite der preußischen Regierung das Sichcrbeitsgcfühl aufgebört und ferner auf Seilen deS deutschen PublicumS der Ratb deS Grasen Zedlitz Beachtung gefunden hat, nicht immer nach der Regierung zu rufen, sondern sich selbst zu helfen. Die Veränderungen im Posener Regierungs-Präsidium und im Vorsitz der Posener Kirchcw- und Schulabtbleilung der königl. Regierung sind Symptvnrc. Auch die Reorgani sation der Eisenbabllverwaltung hat Gelegenheit gegeben, für den Bezirk der Direction Posen gewissen dort empor- gekoiumenen polnischen Einflüssen unter den Beamten auf zupassen. Zn der deutschen Bevölkerung ist die Einsicht eingekchrt, daß sie entweder unterliegen oder sich wehren muß.
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