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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951019024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895101902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895101902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-19
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Besonders aus diesem Grunde haben wir eS beklagt, daß jene Erklärung augenscheinlich ohne vorherige Anfrage in Friedrichsruh redigirt worden war und deshalb eine Lücke aufwieS, die zum Wühlen in ihr gerader» herausforderte. Die „Hamb. Nachr." nährten dann diese Wuhlsucht noch durch die dunkle Andeutung, daß Fürst Bismarck den hvchseligen Kaiser Wilhelm schwerlich bewogen haben würde, mit so großen Summen einzutreten, „wenn es sich nur um einen Stralsundcr Bankdirector ge handelt hätte". Es ist daher dringend zu wünschen, daß diese Lücke baldigst ausgefüllt und volle Klarheit über jene Episode geschaffen werde, zu der jetzt in der „Zukunft" derselbe Maximilian Harden, gegen den jene ministerielle Er klärung in erster Linie sich wendete, nochmals das Wort ergreift. Zunächst verwahrt er sich gegen den Vorwurf, Herrn v. Boetticher in gehässiger Weise einer strafbaren Handlung beschuldigt zu habe», beruft sich ans zuverlässige Gewährsmänner und fährt dann fort: „Wie ist die Erklärung der neun Staatsminister ent standen? Keiner der Unterzeichner war im Jahre 1886 im Amte, Keiner hat die Vorgänge in der Nähe gesehen, der alte Kaiser ist todt, der alte Kanzler ist amtlich nicht um Auskunft ersucht worden. Tie Herren von Dcchend und Berg ruhen längst in der Erde, und auch die Herren Gerson von Bleichröder und Werner von Siemens, die vielleicht wichtige Angabe» mache» könnten, leben nicht mehr. Zwei Möglichkeiten bleiben: Entweder hat das königliche Staatsmiiiijlerium die Stralsunder Acten wie die Acten der Berliner Reichsbank geprüft und die Beamten der Reichs bank unter deren Eid vernommen; oder es hat sich, da ein Staats- minister doch nicht die Unwahrheit sagen kann, einfach an die Dar stellung hes Hexen von Boetticher gehalten. Welcher dieser beiden Wege gewählt worden ist, Las weiß ich natürlich nicht. Ich weih nur, daß ich nicht ausgefordert worden bin, meine Zeugen zu nennen oder die Namen der Großbankiers anzugebcn, die nach meiner Information Herrn von Boetticher aus der nicht von ihm verschuldeten Verlegenheit befreit Hobe» Von den Haupt- betheiligten lebt — außer Herrn von Boetticher — nnr noch Einer: Fürst Bismarck; er ist amtlich nicht um Auskunft ersucht worden .... Weil ich auf jede Fälschung gefaßt sein muß, nur deshalb erkläre ich hier noch ausdrücklich, daß ich keinem der neun Minister zutraue, er könne wissentlich auch nur um Haaresbreite von der Wahrheit abgewicheu sei» — von der Wahrheit nämlich, die ihm bekannt war, die er für wahr halten konnte." Nach einigen kritischen Bemerkungen zu der Erklärung heißt eS dann weiter: „In der Erörterung des Falls Berg ist bisher nur die finanzielle Seite besprochen worden, es gab auch eine andere, eine strafrecht liche. Deshalb ist die Frage so wichtig: Wann hat der Staats- secretair dem Kanzler den Sachverhalt mitgetheilt? — Es ist anzunehmen, daß der Kanzler erst von der Sache erfuhr, als die Defecte ganz oder theilweije gedeckt waren. Die Deckung hatten die Verwandten, darunter auch Herr von Boetticher, beschafft, und als deren Mittel nicht annähernd ousreichten, waren die Chefs großer Bankhäuser und andere Capitalisten hilfreich beigesprungen. Diese Hilfeleistung sah der Reichskanzler als eine dem S taatssecretair gewährte an und sie schien ihm ein Abhängigkeitsverhältniß zu begründen. . . Die Unhaltbarkeit der Situation mußte auch der StaatSsecretair empfinden und deshalb sah er sich veranlaßt, seine Bereitwilligkeit zum Rücktritt anzudeuten. Für den Reichskanzler lag die Sache nun so: eine strafbare Handlung gab es nicht mehr, denn die Defecte waren gedeckt, und ein Strafverfahren hätte sich nur noch gegen etwa vorhandene Begünstiger richten können; der Rücktritt deS Herrn von Boetticher, der dann vielleicht auch finanziell znsammengebrochen wäre, schien im Staatsinteresse nicht wünschenswert!) . . . Ter Reichskanzler war in einer Zwangs lage. Aus dieser Zwangslage hals die königliche Erlaubniß, die damals stark cingewachsenen Mittel des Welsenfonds zu benutzen. Ob der Welsenfonds damals richtig verwendet wurde, darüber hat der gewissenhafteste Monarch entschieden; bei seiner Entscheidung können auch wir uns beruhigen und froh sein, daß dieser Fonds, der den preußischen Staat stärken sollte, später eine »och nützlichere Verwendung gefunden hat." Gegen diese Ausführung wird ans dem Wege der Klage nicht viel auSzurichten sein; eine völlige Klarstellung wird aber durch sie zur immer zwingenderen Nolhrrendigkeit. Fürst Bismarck kann ohne Aufforderung und ausdrückliche Ermäch tigung das Wort nicht ergreifen, es ist also an .Herrn v. Boetticher, durch eine offene Erklärung allen weiteren Andeutungen und DeutungSvcrsuchen, die seinen Widersachern Wasser auf die Mühle treiben und der Socialdemokratie will kommensten Anlaß zu neuer Verhetzung des „Proletariats" Hegen die „herrschenden Classen" liefern, ein Ende zu machen, deiner Wirksamkeit wird am meisten gedient sein, wenn eine solche Erklärung nicht erst im Reichstage provocirt wird, sondern schon vorher erfolgt. Von den Arbeiten der Reichscommission für Arbeiterstatislik hat bis jetzt, nur eine Erhebung zu einem Antrag an den Reichskanzler geführt: die Bäckcr- cnquöte. Die Commission, in der bekanntlich Vertreter der Reichs- und Landesbehörden mit Angehörigen deS Reichstags sitzen, hat auf Grund umfassender und sorgfältiger Fest stellungen den Beschluß gefaßt, dem Reichskanzler die Ein führung eines MaximalarbeikStages für Bäcker und Condi- toren zu empfehlen, und zwar sind hier ebensowohl Motive des Arbeiterschutzes maßgebend gewesen, als auch daS Interesse deS Consumcnten an reinlicher und tadel- freier Herstellung der Bactwaare. Nach der Novelle zur ReichSgewerbe-Ordnung vom 1. Juni I89l hat der BundeSrath in K. 120 o Abs. 3 die Befugniß er halten» durch Beschluß für solche Gewerbe, in denen durch übermäßige Dauer der. täglichen Arbeitszeit..die^Gesnndheit der Arbeiter gefährdet wird, die Maximalarbeitszeit festzu setzen. Bei der Bedeutung der viel angefochtenen Maßnahme, die in Deutschland zum ersten Male für erwachsene männ liche Arbeiter einzeführt werden soll, besteht indessen, dem Vernehmen nach in Negierungskreise» nicht die Absicht, durch Verordnung die Sache zu regeln, sondern man will den Weg der Gesetzgebung Wahlen. Wie verlautet, ist im preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe bereits nach den Vor schlägen der Commission ein bierauf bezüglicher Entwurf anS- gearbeitet, der natürlich zunächst dem BundeSrathc zur Be schlußfassung zugehen müßte. Jndeß fehlt eS nicht an ab weichenden Meinungen bereits im Schooße der preußischen Re gierung und auch in Bundesrathskreiscn, so daß möglicher Weise die Vorschläge schon in diesem Stadium aus ernste Hindernisse stoßen. Wir würden das um so mehr beklagen, als daS Schicksal dieser socialpolitischen Maßnahme, die übrigens, ohne die berechtigten Interessen der Bäckerei und des Publicum« zu schädigen, in verschiedenen europäischen Staaten in Kraft ist. vielleicht auch Consequenzen für eine Entscheidung von Personalfragen haben wird, die von großer Bedeutung für die Fortführung von socialpolitischen Re formen Ware. Die „Etoile Helge", das Leiborgan deS congostaatllchen StaatSsccretairS Ban Eetvelde, veröffentlicht heute Er klärungen der Brüsseler Congoregierung, die nicht nur in Belgien berechtigtes Erstaunen Hervorrufen, sondern auch eine Antwort der deutschen Reichsregierung er heischen. StaatSsecretair Van Eetvelde giebt unumwunden und „Er ch L auf u se ner D-rtbeidigung vvrznbrmgen, Waffen 'und diese Mu.nti°n-n .hm g-- ' rd - n war en v °n den deu.scheu Bb ,> „ die Ungesetzlichkeit der H: LernsniigSrecht aber stand dem StvkeS als Wc-ßcm das ^ u u>L , die von dem Capita». L°tha.r- « rba',gte ^or^, vollberechtigt, und auch der AppcO .'es l ^ erklärt Van Eetvelde aus, Gnu,d ^ >aö die KriegScontrebande mit vc>" - .. , ^ s-j,, Per- Todesnrthcil bestätigen können. ^eS ,e , ^„1, geben eingestanven. Stokes war ^ . vsnb'ändlern Waffen 1892 und 1891 den. arabischen Sclavenhandl^^ und Munition geliefert zu ^he - (<§Erezierung schm,, ti- sich im ,8,2 befindet, erkennt Stokes an da4> ^ Kilonga- vervollkonimnete Waffen und Afrikas lonaa einen der abscheulichsten Sclaveniag I schlimmsten Gegner des L^staatts, verlaust ha. beschränkt sich N°°°"LdUK-E L-. Mindesten seltsam (dirarre) erscheint Die Aegt, und Stokes hat hierauf nichts entgegnen ^nen. ^ Uebrig-n war Stokes „e.n abscheulicher Schus-.^- d-uNche vr Beters und Or. Stuhlmann erkennen, wie der ,Voss. Ztg." auS Brüssel geschrieben wird, das voll^ kommen an. vn Peters hat erst kürzlich bnd-r'u,^mZ stattaekabtcn Tagung deS internationalen Coloniauwuinieö ofsei? seine schlimme Meinung über StokeS auAesprochen. 9(ach diesen congostaatlichen Erklärungen kann Deutschland auf eine Antwort nicht warten lassen. Mit dem 15. October ist in Frankreich die Frist ab- qelausen, welche den geistlichen Genossenschaften snr die Zahlung ihrer rückständigen Steigern bew-ll.g worden ist. Diese Rückstände sollen e.n-n Gesam-ntbetrag von sechs Millionen erreichen. Die Emhebunz wirr kraft der Metze von den Jahren <884 und 1890 als Erbschafts steuer gefordert, welche durch daS Gesetz vom April diese« Jahres derart abgeändert wurden, daß die Congre- gationen nicht mehr bei dem Tode eines jeden einzelnen Mitgliedes die Steuer bezahlen müssen, sondern daß sie jährlich eine im Voran« festgesetzte Pauschalabgabe an den Staat zu leisten haben. Diele Congrcgationen wollten sich anfangs dieser Gesetzesbestimmung nicht fügen, worin sic von einigen Prälaten und der Haltung der Curie, die weder zu, noch abrieth, bestärkt wurden. Je näher ,edoch der Zah lungstermin gerückt ist, desto weniger Genossenschaften sind aus diesem intransigenten Standpunkt verblieben. Zuerst haben die ermächtigten Genossenschaften erkannt, daß stein einem Kampfe mit dem Staate den Kürzeren ziehen würden, und sich daher beeilt, wider den Rath LeS Cardinal-Erzbischofs von Paris und seiner geistlichen und weltlichen Kampfgenossen, sich den Slaatsgesetzen zu fügen. Einige kleine Congrcgationen haben zum Zeichen ihrer Unterwerfung um neue Zahlungsfristen nachgesucht, die ihnen auch bewilligt werden. Diejenigen Genossenschaften, die Widerstand leisten sollten, werden wie die weltlichen Steuerpflichtigen nach Ablauf von vierzehn Tagen die erste Mahnung auf weißem und dann auf buntem Papier erbalten, worauf der Gerichtsvollzieher einschreitet und die Pfändung vornimmt. Mit den angeblichen Erfolgen der Spanier auf Cuba sieht eS noch immer sehr kümmerlich aus. Vereinzelte Scharmützel, und wenn sie auch auSnahmeloS zum Vortheile der regulären Truppen auSschlagen, können niemals eine durchgreifende Entscheidung herbeiführen. ES muß das vor nehmste Bestreben deS Marschalls Martine; Campos sein, so bald die Jahreszeit einer Wiederaufnahme zusammenhängender Operationen größeren Stiles in freiem Felde günstig ist, von allen Seiten concentrisch gegen die Aufständischen vorzugehcn, die von der Jnsurreetion ergriffenen Distrikte der Insel he. melisch gegen den Nest des Landes abzusperren und dann r . Sache mit einem Hauptschlage zu Ende zu bringen. Etwr.s dem Aebnliches scheint nun auch beschlossen worden zu sein. Natürlich werden die ^Insurgenten diesen Plan nach Kräften zu vereiteln suchen. Sic werden jedem ernsteren Treffen a::e- dem Wege gehen, den Guerillakrieg cnltiviren und den Feind durch Nadelstiche zu belästigen und zu ermüden trachten. Ci.- wissen recht gut, warum sie bis jetzt ihr Schicksal nicht von einem kurzen, wenn auch noch so heißer. Kampfe im offenen Felde abhängig gemacht haben. In diesem Falle wären sie zweifelsohne schon läng>: zu Paaren getrieben, ihre Führer standrechtlich erschossen oder zur Flucht ins Ausland gezwungen, während sie jetzt in: Wesentlichen noch intact dastehen und bei ihrer genauen Ve: trautheit mit allen Vortheilen und Nacbtheilen des Terrain.' und Klimas es immerhin darauf ankvmmen lassen können, was sich als Kern des spanischen WiiiterfeldzugsplancS eu! puppen wird. Nebenbei rechnen sie nicht ohne Grund daraus, daß jeder Tag, um den sich ihr Widerstand verlängert, ihnen stärkere Sympathien in den Vereinigten Staaten er wirkt und daß der Tag vielleicht näher ist, als es heute den Anschein bat, wo sie von der UiiionSregicrung als krieg führende Macht anerkannt werden. Der Winter bedroh: die Insel zudem mit einer schweren wirthschaftlichcn Krise, und di: zu Tausenden subsistenzloS werdenden Arbeiter sind ebcnsoviele AnfstanLSrccruten. Um den An- strcngungen, welche die Niederwerfung des Aufstandes selb", im günstigsten Fall noch erfordert, gewachsen zu bleiben, muß jedenfalls Spanien seiner heimathlichen Bevölkerung now so weitgehende Opfer an Gut und Blut auferlegen, daß es kaum abzusebeu ist, wie solches ohne die schwersten inneren wirthschaftlichcn und finanziellen Schädigungen deö Staats- organiSmus abgebcn soll. Spaniens Hilfsmittel sind jetzt schon zum lesreu Theiie erschöpft,-, nur eine schleunig'. Ent scheidung auf Cuba kann das Mutterland noch vor inneren Krisen bewahren. t Wie schon durch den Drpht gemeldet wurde, hat der Sultan den ReformVorschlägen für Armonien in de. letzten, im Einvernehmen mit seinem Minister deS Aus wärtigen, Said Pascha, von den Botschaftern Englands, Rußlands und Frankreichs fcstgestcllten Fassung seine Ge nehmigung ertheilt und durch ein Jrade diesem Entschl: Ausdruck verliehen, lieber den Inhalt des Ucbercintoiiimcn. verlautet noch nichts Ausführliches und Bestimmtes. Tu rins bis jetzt vorliegenden Meldungen besagen: - Koirstailtinopel, 18. October. Die türkischen Blätter cm ballen einen anscheinend inspirirten Artikel, in welchem sic dem Eindruck entgegentreten, daß besondere Privilegien der armenischen Bevölkerung zugestandcn werden sollen; da jedoch die bestehenden Gesetze eine Abänderung erheischten, würden gewisse Rcsormcn, uine: anderen in der Justizverwaltung, dem Polizei- und Gendarmeriewesen, eingesührt werden. Diese Reformen, welc!>>- allen Unterthanen ohne Unterschied der Rassen und der Religio. zu Gute kommen, würden versuchsweise in gewissen Provinze., Anatoliens eingeführt. Man glaubt, der Artikel bezwecke, Lie muselmännische Bevölkerung für die Verkündung der armenisch:-.: Reformen vorzuberciten, die türkische Bewegung zu beschwichtigen und den Eindruck zu verhindern, daß die Reformen ausschließ!:.. zum Borthcil der Armenier bestimmt oder der armenischen Agitation und der Intervention der Mächte zuznschreiben seien. - PnriS, 18. Oktober. Wie in unterrichteten Kreisen verlaut:., wird in dem von der Pforte angenommenen Arrangement die Zu lassung der Christen zu den öffentlichen Aemtern zn- geslanden, ferner die Znthcilung von christlichen Beamten zur Feuillrtsir. Schwere Kämpfe. Roma» aus dem grasten Kriege. 42j Bon Carl Toners. Nachdruck verboten (Fortsetzung.) Gleich darauf rückten die angreifenden Bataillone siegreich in die verlassenen Stellungen ein. Herrgott wie sah eS in diesen auS! „Herr Oberleitnant, sehgn S' amol die Zerstörung an. So was Hamm wir do' no' nit verlebt. Wie» nur dees mögli' is'?" ES war auch kaum zu glauben. Bor einer Geschützprotze lagen die sechs Pferde und die zwei Borderreiter todt durcheinander, alle Tbicre noch in den Geschirren, die Fahrer in den Steigbügeln hängend. Der Stangenreiter aber saß vorwärt- gebeugt gerade aus seinem flach zusammen gebrochenen Pferde. Beide waren ebenfalls todt. Nicht weit von diesem grausigen Bild entrollte sich ein noch schreck lichere- vor den entsetzten Beschauern. Dort schien ein Trichter in die Erde geschlagen zu sein, und um diesen herum erkannte man eine Menge zerfetzter Gliedmaßen von Menschen und Pferden, halb verkohlte Körper ohne Köpfe, brennende Stücke eines Wagens :c. Hier mußte der MunitionSsourgon in die Luft geflogen sein. Noch nie hatten die Truppen Gelegenheit gehabt, die fürchterliche Wirkung ihrer Artillerie so beobachten zu können wie hier. Es machte einen tiefen Eindruck. Dagegen fand man die großen franzö sischen Marinegeschütze unvernagelt vor; ein Zeichen, wie schnell die überlebende Besatzung der Schanzen die Stellung geräumt hatte. Die 3. Brigade wurde nun etwas nach rechts geschoben, um den Wald von Montaigu zu umgehen und auf der großen Straße von Chateaudun gegen ÖrmeS vorzudringen. Auf der Höhe bei Heurdry mußte nochmals gehalten werden, weil in dem nunmehr sehr schwierigen Gelände die links um den Wald von Montaigu vorrückenden Colonncn längere Zeit brauchten. General Roth und sein Ordonnanrofficier hielten auf einem Punct, der eine weite Uebersicht über die ganze Strecke von OrmeS bis Orleans gestattete. Wegen der vielen ^«»ser, Mauer», Hecke« und Bäume konnte man jedoch nicht erkennen, waS sich zwischen diesen einzelnen Gegenständen Herumtrieb. Daher klärten bayerische EhevauxlegerS und preußische Husaren vor der Front der Infanterie auf. Ein geschlossenes Husaren-Reaiment hielt rechts vorwärts des 3. bayerischen BrigadestaoeS. Nun sprengten plötzlich zwei ChevauxlegerS an und meldeten dem Brigadegeoeral, daß eine Reiterschaar von wilden, schwarz und braun aussehenden Menschen in weißen Mänteln um das Dorf Ormes herumgaloppire und wahr scheinlich von dort auS vordreren werde. Man konnte nicht erkennen, ob die Husaren ebenfalls schon Meldung hiervon erhalten hatten. „Horn, reiten Sie rasch hinüber und theilen Sie die Meldung dem Husarenoberst mit." „Sehr wohl, Herr General." Damit war der Ordonnanz- officier bereits unterwegs und jagte nun wie der Blitz zu den nahen Husaren. Deren Oberst stand vor der Mitte deS Regiments. Er hatte die gleiche Meldung ebenfalls schon von seinen. Husaren erhalten und meinte freundlich zu dem bayerischen Oberlieutemnit: „Ich danke Ihnen sehr, Herr Kamerad; allein meine Husaren haben auch die Augen gut offen gehalten. Wenn Sie noch einige Minuten warten, so können Sie selbst sehen, wie wir mit der arabischen Gesell schaft umspringen werden." In diesem Augenblick brachen die Weißmäntel schon auS OrmeS vor. Es waren theatralisch schöne, martialisch auS- sehende Gestalten in wallenden weißen Burnussen, mit langen über die Rücken hängenden Flinten. Alle ritten prächtige Berberhengste, deren riesige Mähnen und Schweife wild im Winde flatterten. So vorzüglich die etwa 300 Mann starke Schaar aussah, so wenig militairisch geschult kamen sie daher. ES war einfach ein wirrer Haufen, dem man die Ungewandl- heit kriegerischen ManövrirenS schon von Weitem ansah. Der Husarenoberst, einige Husarenosficiere und Horn beobachteten mit höchstem Interesse das Borreiten der Araber. Nunmehr schienen sie weit genug herangekommen. Plötzlich rief der Oberst zu Horn: „Herr Kamerad, jetzt bitte ich Platz zu machen." Ohne sich weiter um den Jnfanterie- osficier zu kümmern, ertheilte er ein cavalleristischeS Com- manvo, dessen Sinn Horn nicht verstand; ein Signal schmetterte durch die Luft und das ganze Negiment schwenkte mit Zügen so halb rechts ab, daß der Obrrlieutenant durch die gebrochene» Linien sah und darum auch meinte, durch reiten zu können. Kaum befand er sich aber zwischen zwei Zügen einer Schwadron, so ertönte daS sogenannte „T«ti", das heißt das Frontsignal; die Züge schwenkte» ein und Horn wurde dadurch vor die Mitte der dritten Schwadron geprellt. Im gleichen Moment ertönte daS Signal „Marsch, marsch!", die Husaren ritten loS, WaS die Pferde rennen konnten, legten die Säbel auS und schrien ihr betäubendes „Hurrah!" Jetzt erkannte Horn, er war mitten in die Attackenlinie des Regiments gerathen. Ein Umkehren, ein Ausweichen gab eS nicht mehr; bei jeder Seitwärtsstellung seines Pferdes wäre er einfach überrant worden, ohne daß die Husaren nur das Geringste dafür konnten. Daher riß er den Säbel, so schnell er eS vermochte, auS der Scheide, faßte die Zügel fester, gab seinem Braunen die Spornen, sckirie ebenfalls laut sein Hurrah und ritt also die Attacke der Husaren wie ein Zugßlieutenant vor der Front mit. Hei, wie da« über den Schnee dahinflog, wie die Augen sprühten, die Säbel blitzten, die Pferde schnoben und der Schnee in die Höbe stäubte! Wahre Wetterwolken — so sausten die Schwadronen daher. Durch das geschickte Manöveriren deS Obersten hatte man den Arabern die rechte Flanke abgewonnen. Im Bestreben, die neue Front herzu stellen, verwirrten sie sich noch mehr, und mitten auf dieses Durcheinander prallten nun die Husaren hinauf. Ehe die so gründlich überraschten Araber nur zu Besinnung kamen, war 'vr. ganzer Haufen auSemandergesprrngt, die Hälfte der Reiter stürzte unter den Stichen und Hieben der Husaren aus den Sätteln, ihre Pferde wurden überrant und nieder getreten, und dann ging da« Hauen und Stechen von allen Se.trn aus die noch widerstandsfähigen Reiter loS. Von allen Seiten umzingelt, bol sich ihnen nicht die : , , e willigen Araoer existiren^ Kampfe von kaum 5 Minuten anfgehört zu daS Hauptgrwühl gerathen. Sein vorgebaltener Sabel drang mtt der Spitze einem Araber tief Oberlieutenant wütbend um sich und hatte da« Glück, weder zu stürzen noch selbst einen Hieb ,u erhalten. Ueberhaupt waren auch von den Husaren n verwundet worden. Da« kam Alle« von kn* ^derraschung. welche da» vorherig« von den Arabern gehaltene Abschwenken, dann daS plötzliche Wtedrre,„schwenken und daS so unerwartet schnelle Attackiren der Husaren hervorgrrufrn hatte. Manche der unerfahrenen Afrikaner waren gar nicht dazu gekommen, den Säbel zu ziehen, und darum eigentlich wehrlos den deutschen Hieben erlegen. Nun wurde Appell geblasen. In außerordentlich kurzer Zeit stand daS ganze Husaren-Regiment mit Ausnahme weniger Leute, welche die Gefangenen bewachten, wieder in Linie vor seinem Comniandeur. Horn ritt jetzt im Trab zu seinem General zurück, da er ja an und für sich schon mehr Zeit, als es angezeigt erschien, gebraucht hatte. Er wurde mit einem Vorwurf empfangen: „Herr Oberlientenant, ich kann mich keineswegs billigend darüber äußern, daß Sie sich an einem Angriff einer nicht zu meiner Brigade gehörigen Truppe betheilige». Wenn Sic verwundet worden oder gefallen wären, so hätte ich jetzt keinen Ordonnanzossicier mehr. Sie wissen doch, wie uothwendig man gegenwärtig jeden einzelnen Ojficier braucht." „Herr General, ich habe nur gezwungener Weise die Attacke mitgeritten und bin sofort hierher zurückgekehrt, als es mir möglich wurde, mich von den Husaren zu trennen." Nun mehr beschrieb er genauer, wie eS ihm ergangen war. Als der General seine Entschuldigung gehört hatte, gab er sich zufrieden. In diesem Augenblick brachte ein Husarenuittec- vsficier einen hübschen arabischen Säbel und überreichte ihn Horn mit den Worten: „Herr Oberst v. Kösel sendet dem Herrn Lieutenant diese Waffe als Andenken an die mitgerittene Attacke und läßt seinen besten Dank für die schneidige Hilfe durch den Herrn Lieutenant aussprechen. Herr Rittmeister Graf Doberitz von der 3. Schwadron läßt beifügen, er und seine Husaren hätten den Herrn Lieutenant als einen trefflichen Reiter «nd sehr tapferen Officier bewundert." Horn war in hohem Grade überrascht und erfreut. Er sragte aber doch seinen General, ob er daS Geschenk an rieb,nen dürfe. „Selbstverständlich. Sie haben eS sich ja redlich verdient." Nun nahm der Ordonnanzofficier de» Säbel und trug de»: Husaren auf, einstweilen den Herren seinen besten Dank aus zusprechen. Er werde später Gelegenheit suchen, sich nock- persönlich zu bedanken. Der Unterofficier aaloppirte zu seinem Regiment zurück und Horn schnallte sich die arabischk Waffe über seinen Sabel. Kurze Zeit darauf wurde der Vormarsch fortgesetzt. Der Kanonendonner dauerte noch bis zum Eintreten der Dämmerung; dann hörte er plötzlich auf. Man vernahm noch mehrere Jnfanterirsalvrn; hierauf ward eS still. Bei
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