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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951112018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-11
- Tag1895-11-12
- Monat1895-11
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Mai 1885 betreffend; vom 10. Oktober 1895. Nr. 55. Verordnung, Ernennungen für die I. Kammer der Stande- verjammlung betreffend: vom 11. Oktober 1895. Nr. 56. Bekanntmachung, die Eintheilung des Bezirks des XU. (königlich sächsischen) Armeecorp» in 6 Infanterie- Brigadebezirke und die Unterstellung von Landwehr- bezirken unter die Cavallerie-Brigaden und die Feid- Artillerie-Brigade Nr. 12 betr.; vom 14. Oktober 1895. Nr. 67. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthum zu Er bauung einer normalspungen Eisenbahn von Limbach nach Wüstenbrand betreffend; vom 14. Oktober 1895. Nr. 58. Decret, die der Sächsischen Bodencreditanstalt, Aktien- Gesellschaft in Dresden, crlheilte Genehmigung zur Ausgabe von Inhaber - Papiere» betreffend; vom 25. Oktober 1895. Nr. 59. Verordnung, eine Ernennung sür die I. Kammer der Ständeversammlung betreffend; vom 26. Oktober 1895. Leipzig, den 9. November 1895. Tcr Nntli öcr Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Krumbiegel. Sekannlmachung. Die öffentlich ausgeschriebene» (Llascrarbeiten, sowie die Her stellung der Blitzablcitnngsanlage sür den Neubau der Zweig anstalt des JohanniShoSPitalS an der Niebeck-Straße in Leipzig- Reudnitz sind vergebe» worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden aus ihren bezüglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 7. November l895. 7- 5218 Der Rath der Stadt Leipzig. 1739. Or. Georgi. Etz. Gesucht wird der am 3. November 1870 in Reudnitz geborene Bergolder «Komiker) Paul Richard Otto Meyer, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 6. Norember 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armcnamt. X.-K. V Xc>. 1853. Henpschel. Gl.^ Lekanntmachung. Die Wählerliste zur Ergänzungswahl des Kirchenvorstandes der Lutherkirche ist zur Einsichtnahme der Betheiligten am 11. nnd 12. November dieses Jahres in der Küsterei der Lutherkirche, Hauptmannstr. Nr. 3 Pt., von Vormittags 9—1 Uhr und Nachmittags 3—6 Uhr ausgelegt. Leipzig. Len 7. November 1895. Ter Ktrchenvorstand der Lutherkirche. keA. I. 376. Hans von Seydewitz, Pfr. Steckbriefs-Erneuerung. Der gegen die Ehefrau des Arbeiters Johann Aaber, Helene geb. Herbst, geboren 11. März l870 zu HariensrlS, Kreis Unterwester. Wald, zuletzt in Dresden aushalisam, unterm 22. December >894 wegen Beigebens gegen 88- 271, 48 St.-G.-B. erlassene Steckbries ist noch unerledigt und wird hierdurch erneuert. (Aktenzeichen die No. 48/94.) Dortmund, den 5. November 1895. DerErste^taataanwalt. Die städtische Sparcaste beleiht Werthpapicre unter günsrigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Die Spareaffen-Deputation. Sismarck's Mlchnworte an das deutsche Volk. Unter diesem Titel ist soeben ein Buch erschienen*), das wir mit aufrichtiger Freude begrüßen und für dessen Ab fassung und Veröffentlichung wir dem Verfasser recht herzlich dankbar sind. Denn wahrhaft goldne Worte sind eS, die hier der große Staatsmann, der hochverdiente Schöpfer des neuen deutschen Reichs, der „getreue Eckart" seines Volks, zu eben diesem Volke spricht. Sie richten sich an alle Classen des Volks, an alle Parteien, an Hoch und Niedrig, auch an die Regierungen als zum Volke gehörig und als die berufenen Führerinnen des Volks. „Mahnworte" sind eS — ermahnende und ab mahnende, den rechten Weg zeigende, auf dem die Größe und Wohlfahrt Deutschland« erhalten, gesichert, ge steigert werden kann, vor den Irrwegen warnende, auf denen diese kostbaren Güter verloren gehen könnten. Zutreffend vergleicht der Verfasser diesen seltenen Schatz Bismarck'scher Kernsprüche mit jenem der Sage nach ans denk Grunde des Rheins ruhenden Nibelungen hort. Jedem ist er erreichbar, der ihn zu heben versteht. „Aber freilich", sagt der Verfasser, „die Sammlung dieser „Mahnworte" ist mühsam, da sie in Reden, Briefen, Berichten, Denkschriften, Depeschen ,c. zerstreut sind. Und nicht Jeder verfügt über die Zeit und die Kenntnisse, um ihn zu heben, zu sammeln." Darum erachten wir Da« für kein geringes Verdienst, waö dem Verfasser „als ein Gebot nationaler Pflichterfüllung erschien", daß er „diese Arbeit für Tausende deutscher Landsleute übernahm, ihnen den herrlichen Schatz der Mahnworte Bismarck s an unser Volk gesammelt übergab und in einer billige» Volksausgabe Jedem zugänglich machte." Möchte nur das deutsche Volk von diesem ihm hier er schlossenen Schatz recht fleißigen und recht verständnißvollen Ge- brauch machen! Man hört wohl bisweilen von einem guten Buche sagen: „dieses Buch sollte von Jedermann gelesen werden, sollte in keinem Hause fehlen!" Nun, wenn von irgend einem, so gilt von diesem Buche, daß es in keinem *) „Bismarcks Mahnworte an das deutsche Volk", »usammen- jestellt und erläutert von 1)r. Han» Blum. Erlangen, Berlag von salm L Enke. 1895,. >89 L, 8". deutschen Hause fehlen, daß es von Männern nnd Frauen, von Jünglingen und Jungfrauen fleißig gelesen und wieder gelesen, daß es von Vätern und Müttern dem nachwachsendcn Geschleckte zur Nachachtung empfohlen werden sollte. Denn nicht etwa abstrakte, nüchterne politische oder staatsrechtliche Wahrheiten sind es, die hier vorgetragen werden, sondern tief empfundene Offenbarungen jenes echt deutschen Geistes, der hier in einem der größten Deutschen aller Zeiten verkörpert erscheint und der so warm, so verständig, so überzeugend aus ibm zu Jedem spricht, der ein wahrhaft deutsches Herz hat. Jenes eckt deutschen Geistes und zugleich jenes echl menschlichen Gefühls, durch welches Bismarck fick vor so vielen anderen Diplomaten und Staatsmännern auszeichnet. Einen rühren den Erguß dieses Gefühls finden wir in den Worten, mit denen Bismarck am 9. März 1888 dem Reichstage das Dahinscheiven Kaiser Wilhelm s I. verkündete, mit dem ihn eine so schöne Seelenverwandtschast verbunden hatte. „Die heldenmütbige Tapferkeit", sagte er, „das hochgespannte nationale Ehrgefühl, vor allen Dingen die treue, arbeitsame Pflichterfüllung im Dienste des Vaterlandes und die Liebe zum Vaterlande, die in unserm dahingeschiedenen Herrn ver körpert waren, mögen sie ein unzerstörbares Erbtheil unserer Nation sein, das der aus unserer Mitte geschiedene Kaiser uns hinterlassen hat! Das hoffe ick zu Gott, daß dieses Erb- kheil von uns Allen, die wir an den Geschäften des Vater landes mitzuwirken haben, in Hingebung, Arbeitsamkeit und Pflichttreue treu bewahrt wird." Als ihm die theologische Facultät zu Gießen den Ehrentitel eines Doctors der Theologie verliehen hatte, sagte Bismarck in seinem Dankschreiben: „Meinem Eintreten für ein praktisches und duldsames Ebristcntbum verdanke ich diese Auszeichnung. Wer sich der eigenen Unzulänglichkeit bewußt ist, wird in dem Maße, in welchem Alter und Erfahrung seine Kenntnisse der Menschen und der Dinge erweitern, duldsam für die Meinung Anderer." AIS er im Sinne der hochherzigen Botschaft seines kaiserlichen Herrn vom 17. No vember 1881 nach ausgiebigen Neichseinnabmen strebte, um sie für Ausführung der socialpolitischen Gesetze im weitesten Sinne, oder, wie er es nannte, „für daö Patrimonium der Enterbten" zu verwerthen, da sprach er die Worte: „Eine Majorität hat viele Herzen, aber ein Her; bat sie nicht, ein König Kat ein Herz für sich, das Lewen mit empfindet." Höchst bedeutsam und namentlich in der Gegenwart wohl zu beachten sind die mehrfachen Aeußerungcn Bismarcks, in denen er scharf und treffend scheidet zwischen „Svcialiömus", insofern man darunter versteht die Ver besserung der Lage des Arbeiterstandes auf dem Wege gesetz licher Reformen, und „Socialdemokratie", d. b. Umsturz alles Bestehenden. „Wir werden", sagt er daS eine Mal, „den Bedürfnissen auf dem Wege des SocialismuS entgegen- kommen müssen." Ein anderes Mat aber: „Täuschen wir uns doch darüber nicht, daß wir mit der Svcialdemokratie nicht wie mit einer anderen Partei in ruhiger Discussion sind, sie lebt mit uns im Kriege und sie wird losschlagen, gerade wie die Franzosen, sobald sic sich stark genug dazu fühlt." Wenn neuerdings der Kaiser das deutsche Volk ermahnt hat, gegenüber der Socialdemokratie sich „zu ermannen", so hat Bismarck etwas AehnlicheS dem Reichstag 1879 — nach dem Erlaß des Socialistengesetzes — zugerujen in den Worten: „Wollen Sie uns in dem Kampfe gegen die gefährlichen Tendenzen des SocialismuS (der Svcialdemokratie) ferner mit der Energie unterstützen, auf die wir Hoffnung batten seit der Zeit der Attentate, oder ist die Gefahr durch das augenblickliche wohlüberlegte Schweigen und Wohlverbalten der Socialisten anscheinend Ihnen schon so fern gerückt, daß Sie glauben, die Regierung mit ihrer Bitte um Beistand nach dieser Richtung hin im Sticke lassen zu tonnen?" Die häufigste» und die stärksten Mahnungen richtet Bismarck gegen die Zerfahrenheit der Parteien und gegen die Fractions Politik, als die gefährlichste Feindin der Einheit. „DaS Fractionöweseri", sagt er, „birgt eine große Schädigung unserer nationalen Leistungsfähigkeit." Es gelte heut der Satz: „Fraction geht vor Reich." „Hüten Sie sich vor der Zerfahrenheit, der unser deutsche- Parteileben bei der un glücklichen Zanksucht der Deutsche» und der Furcht vor der öffentlichen Meinung, bei der byzantinischen Diencrei der Popularität, und wie sie bei uns immer heißen, ausgesctzt ist." Ebenso mahnte er zur Einigkeit aller productiven Stände, „d e an der wachsenden Wohlhabenheit der Bevölkerung inler- essirl sind und für die es nicht gleichgiltig ist, ob die Be völkerung arm oder wohlhabend ist." Doch — statt aller weiteren Anfübrungen auS dem treff lichen Buche sei auf dieses selbst verwiesen und daran gemahnt, daß man dasselbe lese, sich einpräge und — beachte! Karl Biedermann. Deutsches Reich. * Leipzig. 11. November. Zu der Anordnung des preußi schen Unterrichtsministers, daß an der Berliner Universität Vorlesungen über daS künftige bürgerliche Gesetz buch gehalten werden sollen, war im „Leipz. Tagebl." be merkt worden, die Anordnung verdiene, von den Unter» ichtö- verwaltungen der übrigen Bundesstaaten nachgeahml zu werden. Unter Bezugnahme hierauf wird uns mit- getheilt, daß an der Leipziger Universilät, ohne daß es einer amtlichen Anregung bedurft bälte, schon seit einer Re«he von Semestern solche Vorlesungen gehalten werden. Berlin, 12. November. Die „Germania" verlangt eine Antwort auf die Frage, wo denn die National- liberalen mit dem Eentrum und zu Gunsten de- EentrumS den Kampf gegen die Svcialdemokratie ent schieden hätten. Die Antwort ist rasch zu geben: überall dort ist in solcher Weise entschieden worden, wo die Ent scheidung überhaupt in den Händen der Nationalliberalen lag. Wir möchte» doch die „Germania" und ihres Gleichen vor Allem auf Dortmund selbst verweisen, wo im vorigen Jahre bei den Gewerbegerichtswahlen da» Car teil gegen die Socialdemokralie mit bestem Erfolge durchgefübrt wurde; auch auf Elberfeld, wo ein Jahr vorher die Ge- meindewadlen im Zeichen eine« eben solchen Cartells stattfanden. Sonst war zu entscheidendem Eintreten kaum Gelegenheit. Man verweist auf Köln, wo neuerdings daS Centrum mit den Social demokraten zur Stichwabl zu geben pflegt. Aber dann hat das Ceiilrum jedesmal schon 5000 bis 6000 Stimmen Vor sprung-vor dem Socialisten. Da liegt doch bei den National- liberalen keine Entscheidung. Eber ist dies in Würrburg der Fall, wo zwar das Cent; um ebenfalls der absoluten Mehrheit der Wähler sicher sein könnte, wenn nur diese Wähler alle zur Urne kämen. Aber es trifft sich zuweilen, das; sie mit ihrer Parteileitung aufs Höchste unzufrieden sind und nicht einmal in der Stichwahl mobil werden mögen. Mit Rücksicht auf diese Stimmung im Centrumslager haben die NatiouaÜiberalcn 1893 doch für ralbsam erachtet, mit ihren 1000 Stimmen dem Centrum beizuspringen, damit nicht etwa der Sociatist siege. Warum schweigt die „Germania" darüber so beharrlich ? Nun verweist sie um so lebhafter aus München rechts der Isar» wo der Centrumsabgeordnete binnen zehn Jahren so abgewirthschaftet hatte, daß t884 in der Stichwabl Herr von Vollmar ihn verdrängen konnte. Nun ja. wenn um dieses Ausbruches persönlicher Bitterkeit willen die Weltgeschichte aus de» Fugen gebracht sein soll, so trifft die Schuld zu gleichen Theileu Nationalliberale und — bayerisch-klerikale „Patrioten", denn auch ihnen erschien der ultramontauc Candidat als das größere Uebel. Man vergesse doch nicht, daß in München rechts der Isar 90 Proc. der Bevölkerung dem katholischen Bekcnntniß angeboren. Und als Herr Westermayer beseitigt war, wurde 1887 in der Stichwahl der CenlrumscandidatHcrr Landes mit 14500 gegen 12 500 Stimmen gewählt. Wenigstens war nun die Welt geschichte wieder in den Fugen. Wenn späterhin, 1890 und 1893, Vollmar seine ultramvntauen und seine national- liberalen Gegner gleich im ersten Wahlgang besiegte, so haben die Nativiialliberale» dort nichts mehr zu entscheiden gehabt und damit scheidet eben München rechts der Isar aus dieser Discussio» auS. Dagegen wirs gestattet sein, aus der neueren Zeit, auf die man die vergleiweute Betrachtung ge fälligst beschränken möge, hervorzuheben, daß ebenso wie Straßburg, Solingen, ObcrtaunuS-Kreiö u. A. insbesondere auch München links der Isar, der Stadtkreis, in der Stichwahl durch geistlichen Beistand den sSociatisten überantwortet wurden! Die Erwähnung Münchens ist, wie man sieht, ein recht gefährliches Unternehmen. Endlich und letztens Hannover, wo auch vor elf Jahren einmal Herr! Brüel mit dem Socialisten in die Stichwahl kam, — einmal und nicht wieder. Ist denn jener evan gelisch-lutherische Paladin des Herzogs von Cumberland Mitglied des Centrums, oder ist etwa der evangelisch- lutherische Welfe der Inbegriff und Träger der Gesammt- iiiteresscn der römischen Kirche? Uebrigens baben auch in der Stadt Hannover die NalionaUlberaten längst aufgehört, das Zünglein an der Waage zwischen den Welfen und den Socialdemokraten^zu sein, denn sie selbst pflegen jetzt mit dem Letzteren i» die Stichwahl zu gehen oder der Socialist siegt gleich im ersten Wahlgang. DaS ist denn nun Alles, was die „Germania" Zusammentragen konnte. Und auf solches Material gestützt, redet sie vom „elenden Pharisäer- und Denunciantenthum in der nationalliberalen Presse", von der „nationalliberalen Heuchelei", der man die „elende Maske" vom Gesicht reißen müsse u. s. w. Glaubt das Cenlrums- blatt wirklich, es werde soviel Staub auswirbeln können, um die in Dortmund aufgeworfene Frage in ihrem Wesen und Kerne zu verhüllen? * Berlin» 12. November. Die Conferenz zur Revision der Versichernngs gesetzt wurde Sonnabend geschlossen. In der Freitagssitznng wurde hauptsächlich die Frage der Vereinfachung des Markensystems beratben. Das System selbst, bezw. die Beseitigung oder Beibehaltung desselben, sollte, der getroffenen Vereinbarung gemäß, erst in der gestrigen Sitzung einer nochmaligen Beralhung unterzogen werden. In der Freckagssitzuiig wurde nun die Absicht, Marken sür größere Zeitabschnitte — bis zu einem Vierteljahr — auszu- geben, allgemein gebilligt. Ein Vorschlag, sogar Marken mit einem Werthbclrage für ein ganzes Jahr auszugeben, fand nur geringen Beifall, ebenso der andere Vorschlag, den Arbeitgebern nur die Verpflichtung ausziierlegcn, die erforder lichen Marken nach Ablauf gewisser Zeiträume, spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres dezw. beim Abgang der be treffenden Arbeiter einzuklebe». Man war vielmehr der An sicht, daß auch in dieser Beziehung das äußerste Maß 13 Wochen oder ein Vierteljahr sein müßte. Ein weiterer Vorschlag, nur 2 Marken, je eine für weibliche und männliche Versicherte einzuführen, fand ebenso wenig Zustimmung. Der Anregung, auch für die Beiträge, also für die Wertbböhe der Marken das Decimalsystem einzuführen und sich fernerhin nickt mehr darum zu kümmern, wie viel Marken, sondern nur welche Be träge im Laufe eines Iabres durch Einkleben von Marken für die betreffenden Versicherten verwendet worden sind» wurde zwar von mehreren Seiten zugestimmt, andererseits aber bcrvorgehobe», daß dieser Vorschlag in erster Reibe abhänge von dem rechnerische» Nachweise über die Möglichkeit seiner Durchführung. — Während von Seiten einiger Versicherungsanstalten auf Grund der gemachten Erfahrungen die obligatorische Entwertbung der eingeklebten Marken sür erforderlich erachtet wurde, war man namentlich ans Seiten der Vertreter der Landwirthschast der Meinung, daß sich eine solche Entwerthung nicht allgemein durch führen lasse. Von Seiten der Vorstände der Versiche rungsanstalten wurde ferner der Absicht, da« Ans sich ts- recht desReichsversicherungsamtS über daS bisherige Maß auSzudehnen, energisch widersprochen, indem man der Ansicht war, daß dadurch das Selbstverwaltungsrecht der Anstalten wesentlich geschmälert werden würde. Der Vor schlag, an Stelle der jetzigen Quiktiingskarten Ouittungs- bsicher einznfnhrcn für längere Zeiträume, wurde in Rück sicht auf den Widerspruch, den solche Bücher in den Lkreisen der Arbeiter sinken würben, fast allgemein fallen gelassen. Die Beratlmng der Novelle z»m Invalidität-- und Alters versicherungs-Gesetz wurde in dieser Sitzung zu Ende geführt. V. Berlin, lt.Novcmbcr.(Ttlegramm ) DaSkaiscrpaar wohnte am gestrigen Vormittage dem Gottesdienste in der FrledrnSkirche zn Potsdam bei. Zur FrühstückStafel im Neuen Palais war u. A. der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Marokko Graf v. Tatten- bach nebst Gemahlin geladen. Heute früh unternahmen beite Majestäten einen gemeinsamen Spazierritt i» die Umgegend von Potsdam. Zurückgekehrt, börte der Kaiser im Neuen Palais den Vortrag des stellvertretenden Chefs des Geheimen Eivil-Cabinets, Geh. Ober-RegierungSraths Scheller, und demnächst die Marine-Vorträge. Auch der Chef des Ingenieur- und Pionier-Corpö General-Inspecteur der Festungen General der Infanterie Golz war zum Vor trage befohlen. Später hatten der Capitain-Lieulenant a. D. Wislicenus und der Verleger Brock Haus die Ehre, das Prachtwerk „Unsere Kriegsflotte" zu überreichen. — Prinz Heinrich von Preußen und Großfürst Wladimir treffen am Donnerstag auf der Wildparkstation ein und werden sich mit dem Kaiser zur Jagd nach Lctzlingen begeben. V. Berlin, ll. November. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin errichten ein Asyl für Alters schwache in der Gemeinte Kürzel (in Lothringen) mit einem Grundcapital von OOjOOO .4? (f) Berlin, 11. November. (Telegramm.) Gegenüber der Behauptung der „Deutschen Tageszeitung", vor einigen Iabren hätten in einem nichtpreußischen Armeecorps ein General und ein Oberst ihren Abschied einreichen müssen, weit sie bei einem Ehrenhandel anderer Ansicht ge wesen seien, als die höhere Instanz, meldet der „Reichüanz.", daß die angestelltcn Ermittelungen nicht den geringsten Anhalt dafür gegeben haben, daß und wo der angedeutete Fall vorgekommen sein könnte-. (-) Berlin, ll. November. (Telegramm.) Der „Reichs- Anzeiger" schreibt bezüglich der Meldung eines Düsseldorfer Blattes über die (-ntlnffnngcn von Untcrofficicrcu beim F ü s i l i e r - R e g i m e nt Nr. 39, die von einzelnen s o c i a l d e in o k r a t i s ch e n Blättern zu Verhctzungs- zwcckcn weiter verwerthet worden ist: „Bei dem nieder- rheinischen Füsilier Regiment sind in diesem Jahre nicht 70, sondern nur 29 Unterofsiciere ausgeschieden, von denen 8 wegen erlittener Strafen und 8 wegen unbe friedigender Leistungen entlassen wurden. 13 sind auf ihren Wunsch ausgcschieben, weil sic zum Theil zu anderen Truppen theilen, theils znr Schuyniannschast oder zur Reichspost über treten oder wegen häuslicher Verhältnisse nicht weiter capi- tuliren wollten. DaS Regiment batte nach den Herbstübungen aus l5 vorhandene offene Unterofficiersstellen 39 Capitulanten. Im vorhergebenden Vierteljahre hatten sich über 100 Unter officicre und Mannschaften zur Capitulation gemeldet, welche größtentheilS abschlägig beschicken werden mußten." Berlin, ll. November. (Telegramm.) Bei der heutigen LtnVtverorSnctcuwnhl siegten in der ersten Ab theilung die „liberalen" Candidaten in sämmtlicheu Bezirken. Nur in einem Bezirke ist Stichwahl zwischen einem „liberalen" und einem Candidaten der „Bürgerpartei" erforderlich. U. Berlin, 11. November. (Privattelegramm.) In der Angelegenheit des Berliner Privatdocenten I)r. Jaftrow hat, wie die „Boss. Ztg." dort, der CultuSminister Di. Bosse sich darauf beschränkt» die Berliner philosophische Facultät nin eine Aeußerung darüber zu ersuche», ob sie von der Berurtheilung vr. Iastrow'S wegen Beleidigung des .Handelsministers Kennlniß erhalten und was sie darausbiu gethan habe. Tiefe Verfügung hängt damit zusammen, daß die Facultäten nach ihren Statuten berufen sind, eine disciplinare Aufsicht über ihre Privatdocenten auszuliben. Es handelt sich also um ein Ersuchen um Aufklärung darüber, ob und inwieweit dies im vorliegenden Falle geschehen ist. Daß der Erlaß des Cultuöministers an die Facultät erst so lange nach der Verurtbeilung ergangen ist, erklärt sich zum Theil ans vorausgegangcnen Versuchen, die Sache in gütlicher Weise auszugleichen. Eine besondere Tragweite wird derselben in den betbeiligten Kreisen nicht beigemessen. 11. Berlin, 11. November. (Privattelegramm.) Zn heftigen Auseinandersetzungen über die Organisationsfrage kam cs am Sonntag zwischen den Mitgliedern des Guten- bcrg-Bundes und derjenigen des Verbandes deutscher Buch drucker in einer von 500 Personen besuchten Versammlung. Nach einer längeren Debatte nahmen die Versammelten folgende Resolution an: „Die Versammlung ersucht alle College,», die in Druckereien arbeiten, wo cer Tarif nur halb oder lheilweise bezahlt wird, Stellung zur Durchführung des Tarifs zn nehmen. In solchen Druckereien jedoch, wo ge mischte Personale stehen, ist es vorher nothwendiz, eine OfsiciiiS-Versammlung de« gesammtcn Personals stattsinden zu lassen." ö. Berit», ll. November. (Privattelegramm.) Die Anhänger Ilr. Ruedt's in Mannheim erlassen einen Aufruf an die deutschen, insbesondere die badischen Sociatisten zur Bildung einer freien socialistischcn Bereinigung. — Die „Conservative Correspondenz" sieht sich gcnötbigt, aus ihrer Erklärung gegen die „Jungen" die Ent schiedenbeit hinweg zu interpretiren, in der für viele Partei genossen deren Werth gelegen bat; sie schreibt: „Herr Hospredigrr Stöcker bat zu unserer Erklärung gegen die Socialpolitiker der Naumnnn'schen Richtung nunmehr ebenfalls und zwar, wie zu erwarten stand, in grundsätzlicher Zustimmung (?) zu unjcreit Ausführungen Stellung genommen. Bemängelt Herr Stöcker die zu schroffe Form unserer Kundgebung, zieht er einem »»vermittelten Bruche mit den „Jungen" eine schiedlich-sriedliche Auseinandersetzung vor. so ist daS begreiflich und auch nebensäch lich. In der Hauptsache, also In der klaren gegnerischen Stellung nahme gegen Herrn Naumann und seine Anhänger, ist Herr Stöcker mit uns einig. So scharf wie Herr Hospredigrr Stöcker haben wir die Naumann'sche Richtung und deren Unternehmungen nicht charaktrrisirt. (?) Wir freuen uns, in dieser Beziehung mit Herrn Stöcker uns in Uebereinstimmung zu befinden. Aenhert Herr Stöcker, es sei „sür jeden christlich und kirchlich Denkenden selbst verständlich, daß Pfarrer sich mit dem Proletariat nicht idrntificireii und mit ihm verbunden den Classenknmpf beginnen können; der geistliche Beruf verbiete die Betheiligung am Claffenkampf über haupt", so ist das mit anderen Worten dasselbe, wa» wir in dem Satz« äußerten, es werde Sach» der Kirchenbehörden sein, diese Art der Berusslhütigkeit der Seelsorger zu würdigen. Es ist eine durch aus irrige Annahme, wir Haben die betreffende» Geistlichen „der Kirchenbetförde zur Untersuchung zu überweisen" die Absicht gehabt." Namentlich das letzte Interpretation-- Kunststückchen ist wahrhaft halsbrechender Art! — Wie die „F. Z." erfährt, ist gegenwärtig für Preußen eine Maßregel ans dem Gebiete rer gewerblichen
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