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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.11.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951108019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895110801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895110801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-11
- Tag1895-11-08
- Monat1895-11
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November 1895, Vorm. 8 Uhr, » 1891 »8. » » » 10 - « 1889 - 8. » » » 12 » Mititairbäcker. VI. Eontrolstclle. Jahresclasse 1888 bis 1895, Sonnabend, 9. November 1895, Vorm. 10 llhr. Unterosficiere und Mannschaften, welche bei dem 6. Infanterie-Regiment Nr. 105 activ gedient haben. VII. Eantrolstcllc. Jahresclasse 1891, Buchstabe X—X, Sonnabend, 9. November 1895. Vorm. 8 Uhr, - 1891, - X-2, - 9. - - - 10 - - 1892, - X—X, . 9. - - - 12 - - 1892, . - O—2, - 9. - - Nachm. 2 - - 1893, - X—X, Montag, 11. - - Vorm. 8 - - 1893, - I-—2, » 11. - . . 10 - Dauernd und zeitig Halbinvaliden und die zur Disposition der Ersatz-Behörden ent lassenen Mannschaften sämmtiicher Waffen gattungen. XIV. Eontrolftelle. Jahresclasse 1888 bis 1895, Montag, 11. November 1895, Vorm. 12 Uhr. Gestellimgsplatz: Etablissement Sanssouci, Elsterstraße. Eisenbahnbrigade Vom Waffendienst zurückgestelltes Eisen- 1 bahnpersonal / Sachsen — Infanterie.... Sachsen — Infanterie.... Sachsen — Specialwaffen. . . Nichtsachsen, sämmtliche Waffen. XI. Eontrolftelle. Jahresclasse 1888 bis 1895, sämmtlich, I - 1888 - 1895, Buchstabe X—X, / Frettag, 8. November 189u, Vorm. 8 Uhr. - 1888 - 1895, - I.—2, - 8. - - » 10 - XIII. Eontrolftelle. OOItv1vr-Xnplr»»,»tbii. Jahresclasse 1888 bis 1895, Buchstabe X—0, Sonnabend, 9. Novbr. 1895, Vorm. 9 Uhr. - 1888 . 1895, - k—2, - 9. - - - 10 - - 1888 - 1895, Sonnabend, 9. November 1895, Vorm. 10 Uhr. - 188» - 1895. . 9. - - - 11 - Die Schnlacld-Hcbeftclle Lcipzig-Plagwitz bleibt wegen vor zunehmender Reinigungsarbeiten Sonnabend, den v. November geschlossen. Leipzig, am 4. November 1895. Ter Math der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Müller. Gesucht wird der am 17. Septenibcr 1845 in Leipzig geborene Buchdrucker Friedrich Moritz Hanitjsch, weicher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 5. November 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt. ^.-R. IV. Nr. 1438b. Hentschel. D. Die städtische Sparkasse beleiht Werthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. . Die Sparcafsen-Deputation. Die Stöckerei gegen den Prinzen und Kaiser Wilhelm II. und gegen den Fürsten Bismarck, 1887 bis 1890. m. Die Bestrebungen der feudalen Bundesgenossen Stöcker's, dem Fürsten Bismarck durch die Aussaat von Zwietracht nach allen Seiten hin die Amtsführung unmöglich zu machen, treten endlich auch in Gestalt militairisch-junkerlicher Unter strömungen gegen den Reichskanzler in den Jahren 1888 und 1889 zu Tage. Am 14. August 1888 war der unvergleichliche Moltke wegen Altersschwäche aus der Leitung des Generalstabs geschieden und an seiner Stelle, in voller Uebereinstimmung mit dem greisen großen Schlachten- dcnker und Feldherrnbildner, dessen begabtester und tüchtigster Schüler, Graf Waldersee, zum Chef des Generalstabs vom Kaiser ernannt worden. Der Graf hatte immer intime Beziehungen zur Kreuzzeitungspartei unterhalten. Gleich zeitig aber war ihm die Gunst des jungen Kaisers, der sich von 1888 bis zum Januar 1890 mit der ganzen feurigen Entschiedenheit seines Wesens gegen die Umtriebe der Kreuz zeitungspartei so vernichtend aussprach, wie das früher vor- getrageu wurde, im höchsten Maße zugewandt. Alltäglich fanden Begegnungen und Berathungen des Monarchen mit dem neuen Chef des Generalstabes statt, und sehr häufig schlossen sich daran gemeinsame Spaziergänge vor den Augen des Volke«. Ueber die reichlich begründete Abgunst seines hohen Herrn gegen die Kreuzzeitungsritter bat daher Graf Waldersee keinen Zweifel gehegt und wird somit auch nicht das Gelüste empfunden haben, sich durch Betheiligung an den Umtrieben dieser Ritter in den Bereich der scharfen Geschosse kaiserlicher Ungnade zu stellen. Zudem aher bietet die vornehme Natur unv Ge sinnung Waldersee'« und seine auch dem gestürmten Alt reichskanzler Fürsten Bismarck so oft bewiesene Verehrung völlig ausreichende Gewähr gegen die Annahme, daß er sich als Chef des Generalstabs absichtlich an Umtrieben betheiligt habe, die den Sturz des Fürsten Bismarck zum Ziele hatten. Wenn nun gleichwohl unter seiner Leitung des Generalstabes die nachstehend geschilderten militairisch-junkerlichen Unter strömungen und Umtriebe gegen Bismarck hervortraten, so müssen wir annehmen, daß Graf Waldersee entweder die Controle dieser Preßthätigkeit untergeordneter Officiere ver trauensvoll seinen, mit dem Ziele diese- Treibend besser bekannten Adjutanten überließ, oder wenn er selbst von dieser Preßthätigkeit vor dem Drucke Kenntniß »ahm, daß er doch keineswegs daS gegen Bismarck's NeichSkanzlerschaft gerichtete Ziel erkannte nnd billigte, sondern dabei — wie BiSmarck daS einmal früher treffend be'zeichnete — aus „Ressortpatriotismus" handelte, d. h. die amtlichen Befugnisse des Generalstabs gegenüber dem von Bismarck geleiteten Auswärtigen Amte thunlichst zu erweitern suchte. Nach diesen einleitenden Worten wenden wir uns wieder unserer Quelle zu. Hans Blum schreibt in seinem Werte S. 585 flg.: „Nicht lange nach Ernennung des Grasen Waldersee zum Ehef des Generalstabes erhoben sich Gerüchte über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Fürsten Bismarck nnd dem Generalstab, betreffs der Be rechtigung des letzteren, an der auswärtigen Politik, nament lich bei der Entscheidung der Kriegsfrage, Theil zu nehmen. Die Richtung dieser Uiiterströmniigen war jetzt, 1888 und 1889, eine andere als 1870/71. Dama.ls bezweckten sie die Aufhaltung der raschen und nachdrücklichen Kriegführung, welche Bismarck verlangte; jetzt drohten sie die auf Erhaltung des Friedens gerichtete Politik und SlaatSkunst BiSmarck'S zu durchkreuzen. Bei den intimen Beziehungen, welche Graf Waldersee zum Kaiser sowohl als zu den Führern der „Kreuzzeitungspartei" unterhielt, und letztere wieder mit den Führern deS Centrums, mußte Fürst Bismarck hinter der Erneuerung der alten Ansprüche des Generalstabes, die Politik der Kriegführung mit zu bestimmen, die vereinte Liga seiner Feinde, der Junker, Ullramontanen und Polen, vermntken und Wohl auch die Einflüsterungen ihm abgünstiger und ver dächtiger Personen in der Umgebung des Kaisers. „Die erste öffentliche Kunde von diesen Dingen verbreitete in der zweiten Woche des Monats Februar 1889 ein Artikel der „Hamburger Nachrichten". Er war dem Blatte ans Berlin „von besonderer Seite" zugegangen und trug den Titel: „Die Nationalliberalen und der Reichskanzler". Scheinbar wandte er sich nur gegen diese Partei, weil sie den Fürsten Bismarck bei den befligcn Angriffen, welche am 6. Februar im Reichstag die Abgeordneten Munckel, Windt- horst und Richter aus Anlaß der Besprechung des ProcesseS Geffcken gegen Bismarck geschleudert hatten, nicht unterstützt, sondern „Gewehr bei Fuß" ruhig zugehört habe. Die „Hamburger Nachrichten" waren selbst nationalliberal, standen auch damals noch nicht in regelmäßigen Beziehungen zum Fürsten Bismarck. So erregte der rätselhafte Artikel anfangs allgemeine Verwunderung. Aber bald verstand man ihn besser. Schon die Tbatsache, daß die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ihn ohne jede Bemerkung unverkürzt abdruckte, ließ erkennen, daß er die Meinung des Fürsten BiSmarck ausspreche und zu einer genaueren Beachtung seines Inhaltes einlade. Da fand man denn auch höchst merk würdige Andeutungen, namentlich die: daß der Kanzler für sein Vorgehen im Processe Geffcken auch Gründe gehabt habe» könne, die er in seinem Bericht an den Kaiser über die Veröffentlichung der Anklage nicht geltend gemacht habe: elwa den, an einem besonders hervorstechenden Fall zu zeigen, zu welche» unliebsamen und selbst staatsgefährlichen Folgen allzugroßes Ver trauen zu gewissen Persönlichkeiten in der Umgebung eines Herrschers oder Thronerben führen könne. Ferner hieß es da zur Entschul digung der Haltung der Nationalliberalen am 6. Februar: Man sogt sich, der Kanzler könne dem Baterlande doch einmal recht schnell entrissen werden; in diesem Falle aber stehe eine Partei, die sich ganz mit ihm identificirt habe, vis ä vis <lo neu. Was dann ge schehen werde, wisse man nicht: schwerlich dürfte es zu einer unver änderten Fortsetzung der Politik Bismarcks kommen; wenn auch sicher anzunehmcn sei, daß Gras Herbert Staatssecretair des Aus wärtigen bleibe, so sei doch kein Zweifel, Laß er nicht der leitende Staatsmann in dem Sinne sein werde, wie dies sein großer Vater jetzt sei, vielmehr sei anzunehmen, daß irgend ein Programmmann, heiße er Graf Waldersee oder sonstwie, als Nachfolger des Fürsten BiSmarck in Betracht komme. „Zum ersten Mal wurde hier Graf Waldersee öffentlich als möglicher Nachfolger Bismarck's genannt, und zwar als „Programmmann", d. b. als ein künftiger Reichskanzler, der mit einem besonderen „Programm" eine andere Politik führen werde als die Bismarck's. Welche Politik, künnte nicht zweifel haft sein, denn man wußte: hinter diesem Manne stehe die KreuzzeitungSpartei mit ihrem Programm. So verstand denn schließlich die gesammte nationale Presse die Warnung dieses Artikels dahin: Fürst Bismarck faßt offenbar die Bedrohung seines Lebenswerkcs ins Auge; er verlangt die unbedingte Unterstützung aller Parteien, die sich auf seinen Namen und seine Politik vereinigt haben, da er nur so den Rückhalt im Kampfe gegen die Umtriebe seiner Gegner finden könne. So ausgelegt, erschien diese äußerlich in Form eines Tadels an die nationalliberale Partei gerichtete Warnung eber als ein Lob, welches der Fürst der Partei aussprechen wollte: von ihr erwarte er zuversichlich volle Wachsamkeit und sichere Unterstützung". Bon den weiteren „Anzeichen der Beunruhigung in der Richtung, welche der Hamburger Warnungsartikel angcdeutet batte", führen wir aus Hans Blum's Werk (S. 588) die folgenden an: Im Juli 1889 „erschienen in der „Kreuz zeitung" Artikel, welche zum Kriege gegen Rußland hetzten und deren Inhalt errathen ließ, daß der Verfasser seine genaue Kenntniß der militairischen Verhältnisse, die er vor- trng und erörterte, nur einer amtlichen Stellung im General stab oder Beziehungen zu Gliedern des Generalstabs ver danken könne. Da veröffentlichten die „Hamburger Nach richten" am 19. Juni 1889 abermals einen ihnen „von besonderer Seite" zugegangenen Artikel: „Zur Kriegs treiberei", in welchem der Generalstab deutlich als die Quelle bezeichnet wurde, welche diese „Politik", diese „Neben politik", diese kriegerischen „politisch - militairischen Unterströmungen" Hervorrufe, im Gegensatz zur fried fertigen Politik des Reichskanzlers, die durch solche Leistungen geradezu „auf den Kopf gestellt" werde. „Daß diese Stelle nichts mit der officiellen Staatspolitik zu thun hat, bedarf keiner besonderen Versicherung". „Der Artikel machte das größte Aufsehen, noch größeres aber die am 7. Juli folgende Abhandlung der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung": „Zur Theorie des Krieges". Diese Erörterung bewies haarscharf, daß die erste, berühmteste und wissenschaftlich wie geschichtlich gebildetste Autorität auf dem Gebiete der „Theorie des Krieges", der preußische General von Clausewitz, der thörichten Annahme aus« Gründlichste widersprochen habe, „daß der Krieg als etwas Alleinstehendes, nur seinen eigenen tech- iiisch-militairischen Gesetze» Folgendes sei, welches keinerlei- Be ziehungen zur allgemeinen Politik hat". Vielmehr stehe der Krieg, ,owohl seiner Ursache und Entstehung nach, als auch während seines Verlaufes und bei seiner Beendigung im innigsten Zusammenhänge mit der allgemeinen Politik eines Landes und müsse dieser angepaßt werden, wie Las Mittel dem Zwecke. Der Krieg sei, nach Clausewitz, nur „die Fortsetzung der Politik mit anderen (d. h. gewaltsamen) Mitteln". — „Es kann", schloß der Artikel, „der Ueberzeugungs- kraft der Clauscwitz'jchen Sätze auch über die Grenzen seiner Heimath hinaus doch gewiß keinen Abbruch thun, daß dieselben in den glänzendsten und bedeutendsten Epoche» der preußischen und deutschen Heeresgeschichte ihre vollste Bestätigung gesunden haben." „Der tiefe Eindruck dieser mahnenden Erinnerung des Kanzlers an die Worte des Generals von Clausewitz zeigte sich nicht blos in der nationalen Presse Deutschlands, sondern auch an Allerhöchster Stelle, als der Kaiser am 2. Oetvber die Umtriebe der „Kreuzzeitung" und ihrer Hintermänner im „ReichSanzeigcr" entschieden mißbilligte", wie in unserem zweiten Artikel durch Abdruck der betreffenden Bekanntmachung nachgewiescn wurde. Die schweren Besorgnisse, welche diese „militairisch-junker lichen llnterströmuiigen" im Sommer 1889 erregten, hafteten dauernd in der Erinnerung des deutschen Volkes. „Denn nicht blos der kriegerische Zug dieser Umtriebe", sagt Hans Blum auf S. 589 flg. seines Werkes, „vor Allem ihr bismarckfeindlicher Zug erregte tiefe Be- sorgniß". Zum ersten Mal erschien die Stellung des großen Staatsmannes gefährdet. Für jetzt war diese Stellung durch die Erklärung des Kaisers im „Reichsanzeiger" vom 2. Oetober wieder befestigt. Aber auf wie lange? Sollten die Warnungen der „Hamburger Nachrichten" und der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" so ganz ohne Grund gewesen sein? Eine spätere Zeit gab Antwort auf diese Frage. Und diese Antwort soll hier wiedcrzegeben werden, obwohl sie erst ertheilt wurde nach der Entlassung des Fürsten Bismarc und selbst nach derjenigen des Grasen Waldersee. Aber sic gehört zum Abschlüsse dieser Frage. „Bei der unfreiwilligen Enthebung des Grafen Waldersee von der Leitung des Großen Gencralstabes und seiner Er nennung zum comniandirenven General des IX. Armcceorps am 27. Januar 1891 wurde nämlich zugleich sein erster Adjutant, Major Jahn, und ein ihm nicht minder vertrauter Ofsicicr, Major Licbert, vom Großen Gcneralstab „versetzt", jener nach Mainz, dieser zum X. Armeecorps. DaS „Militair- Wochenblatt" vom II. Februar suchte diese „Versetzungen", welche Graf Waldersee bekanntlich sür seine Person anfangs mit seinem Abschiedsgesuch beantwortete, da« er »ur auf Befehl de« Kaisers znrücknahm, aus Gründen der Notbwen- Vigkeit deS „DiciistwechselS" zu rechtfertigen, dabei verrieth das Blatt aber für den Kundigen deutlich, daß die früher abgeleugneten „militairischen llnterströmuiigen" wirklich be standen hatten." „Bei den an diese Enthüllung sich anschließenden Er örterungen der Presse wurde mehrfach, außer den drei hohen „versetzten" Officieren, der Name eines Majors Scheibert genannt und dieser direct als der Verfasser der militairischen Artikel der „Kreuzzeitung" bezeichnet, welche 1887 und 1889, sowie auch später noch zum Kriege gehetzt und die mili- tairischen Untcrströmungen gegen Bismarck und dessen Politik nicht blos gerechtfertigt, sondern geradezu für nothwendig erklärt hatten. In der „Kreuzzeitung" bestätigte der Major z. D. Scheibert öffentlich am l4. Februar 1891, daß er der Verfasser jener Artikel gewesen, aber er setzte hinzu: „Ich habe sür Pflicht gehalten, bei zweifelhaften Fälle» mir an den betreffenden Stellen stet- das „uou nocet" (unschädlich) zu erbitten, welches nicht nur mir gewährt wurde." Damit nahm die Angelegenheit eine neue Wendung in der öffent lichen Meinung. Denn die „Stellen", welche die krieg treibende Schriftstellerei des Majors Scheibert für „un schädlich" erklärt batten, waren entweder der Gras Waldersee oder dessen erster Adjutant. Durcb eine spätere Erklärung in der „Vossischen Zeitung" machte der Major z. D. Scheibert die Sache noch schlimmer, indem er ergänzend bemerkte, daß er seine Artikel „maßgebenden Stellen" vorgelegt babe. Wo sind im Generalstab „maßgebende Stellen"? Die „ Kreuz; eitii ng" hatte nach der ersten in ihren Spalten^ veröffentlichten Erklärung des Majors Scheibert es für eine „Perfidie" erklärt, daß die „liberale" Presse, „liberal" von den Frei- conservativen an gerechnet, den Spiritus reetor (leiten den Geist) der Scheibert'schen Kriegshetzerei an einer ^maßgebenden" Stelle suche. Nunmehr gab Major Scheibert selbst zu, daß er, seiner eigenen Bedeutung entsprechend, seine Aufsätze nur von „maßgebenden Stellen" babe durchseben lasse». Jetzt schwieg die „Kreuzzeilung" kleinlaut, denn die von ihr als „perfid" bezeick- nete Behauptung war nun als Thatsacke von dem zunächst^Betbeiligten selbst festgestellt. „Maß gebende Stellen" des Großen Generalstabes hatten jene militairischen Artikel und Unterströmunge» der „Kreuz reim,,g" :c., welche gegen die Regierung und gegen die Politik Bismarck's ankämpften und im Auslande Zweifel an der Friedensliebe Deutschlands erregten, für „unschädlich" erklärt und damit nicht blos gebilligt, sondern zu deren Fortsetzung geradezu ermuntert." Welche Stirn gehört wenn Herr Stöcker, seine Presse, seine Myrmidonen und andererseits die Kreuzzeilungs- presse heute abermals von einer „Perfidie der liberalen Presse" zu reden wagen, weil diese Presse, einschließlich der Freiconservativen und selbst mancher ehrlichen conservativen Organe, von königs- und bismarckfeindlichen Umtrieben jener Herren spricht! Die in den vorstehenden Artikeln aufgerollten Schliche der Stöckerei und ihrer Genossenschaft gegen die Prinzen und Kaiser Wilbelm II. und Bismarck in den Jahre» 1887 bis 1890 zeigen uns deutlich, auf welcher Seite die „Perfidie" und Verlogenheit zu suchen ist, und es muß nun für jeden ehrliebenden, königs und reichstrenen Conservativen als die dringendste und noth- wcndigste Parteipflicht erscheinen, sich von der Verbindung mit Persönlichkeiten und sittlichen Grundsätzen loszumachen, die man obne Fausthandschuhe nicht anfassen kann. Deutsches Reich. * Leipzig, 7. November. Wie die „Frankfurter Zeitung" berichtet, beantragt der Vorstand des deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine beim Reichsjustizamt, daß bei der Beratbung der die Handelsgehilfen betreffenden Be stimmungen des neuen Handelsgesetzes Vertreter der Gehilfenschaft binzuge.ogen werden. Dieser Antrag ist voll ständig überflüssig. Vor einigen Tagen ist schon beim hiesigen Verband Deutscher Hand lnngsgehülfen die Aus forderung zur Abseiidung eines Vertreters in die Commission zur Beratbung des Handelsgesetzbuches und des bürgerlichen Gesetzbuches eingegaugen. ick. Leipzig, 7. November. Wie wir erfahren, gehören der gegenwärtig in Berlin unter dem Vorsitz des Slaatsminifters vr. vonBoetticher im Reichsamt deS Innern tagenden Com mission für die Revision des Invalidität«- und Altersversicherungs-Gesetzes aus dem Königreich Sachsen an: Herr Geheimrath Vodel und Herr Ober regierungsrath Weg er, Vorsitzender der Versicherungsanstalt Sachsen, beide aus Dresden, sowie Herr VerwaltungSdirector Uhl man n aus Leipzig. 12. Berlin, 7. November. Der Provinziale, der von Herrn Stöcker eine Erklärung über seine Stellung zu den von der „Cons. Eorr." verfehmten christlich socialen Pastoren wollte — „kurz und bündig, klar und unzweideutig" — hat, wie wir voraussahen, Unmögliches verlangt. Herr Stöcker antwortet höchst weitschweifig, und wenn der Frager überhaupt eine Antwort herauszulesen weiß — wir sind dazu nicht im Stande —, so wäre cs die, daß Herr Slöcker ein freundlicher Gegner der Naumann, Kötschke rc., aber auch ihr gegnerischer Freund sei. Bedient aber Herr Stöcker den Provinzialen mit Ausflüchten, so kann sich die „Conservative Corre spondenz" über seine Zweideutigkeit weniger beklagen. Diese hatte bekanntlich sich also vernehmen lassen: „Wir erklären, daß Politiker nnd Zeitungen, welche den mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu führenden Kampf gegen die Soeial- politik der Naumanii schen Richtung nicht aufnehmen, oder- gar — offen oder verschleiert — ihm entgegenwirken, zur conservativen Partei nicht gerechnet werden können." Die Voraussetzung des Ausschlusses aus der conservativen Partei, die hier stalnirt wird, erfüllt Stöcker in seiner Erklärung vollkommen. Er verweigert den Kampf, nennt ihn sogar nndurchsübrbar und „wirkt" ihm allsoglcich „entgegen", indem er von Pfarrer Naumann sagt: „Darin hat er unleugbar recht, daß er den Christlich-Socialen die Aufgabe zuschreibl, im Besonderen die Interessen der abhängigen Leute zu ver treten, und daß er den Conservativen im Ganzen und Große» die Neigung hierfür abspricht. Doch wirft er hier alle Conservativen viel zu sehr in einen Haufen zusammen. Es giebt auch heute noch viele Glieder in der conservativen Partei, die der Arbeiterbewegung ihr Recht zugestehe» und bereit sind, dafür Opfer zu bringen. Bor ihnen darf auch ein Christlich-Socialer Hochachtung haben, ohne doch, wie Naumann schreibt, in Hochachtung zu ersterben." Das ist eine Entschuldigung eines Tb eile« der Confer vativen, und zwar nicht desjenigen, auf den die Er klärung der „Eons. Corr." veriillnstigermaßen zurückaefübrt werden kann. Nun bestreitet Herr Stöcker, daß der Partei vorstand in dieser Erklärung gesprochen habe. Sie trug aber das Zeichen, von dem vor etwa zwei Jahren — eben um eine Ungewißheit dieser Art auszuschließen — officiclt bekannt gemacht wurde, daß es Auslassungen der „Cons. Corr." „als von der Parteileitung herrllhrend" charakterisier. Die Partei leitung hat auch in den zwei Woche», seit die Erklärung erschien, diese und ihr Zeichen nicht deSavouirt. Es ist also nur Zweierlei möglich: entweder bat Herrn Stöcker das n» zuverlässige Gedächtniß, daS ihm eben wieder von dem Partei genossen Ur. Kropatscheck attestirt worden ist, im Stiche gelassen, oder die stillschweigende Verleugnung deS „Bann fluches" durch die Parteileitung ist eine schonende Form deS Widerrufs, von dem wir mit Sicherheit vorauSsahen, daß er ihr durch ihr christlich sociales Mitglied würde auferlegt werden. * Berlin, 7. November. In dem Po st et a t für >896/97 ist die Einnahme festgesetzt auf 294 202 327 (mehr 13 291 413./: gegen da« laufende Elat-jabr). Die Ausgabe
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