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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.11.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951109013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895110901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895110901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-11
- Tag1895-11-09
- Monat1895-11
- Jahr1895
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Bekanntmachung. In dem für die Bebauung des Areals der Pleißenburg unter den Architekten und Ingenieuren Leipzigs ausgeschriebenen Wett bewerbe haben von den rechtzeitig eingegangenen 25 Arbeiten nach einstimmigem Urtheile der Preisrichter Herr -lull, ureli. Pani Ehmig den ausgesetzten ersten Preis von 3000 und Herr Architekt Heinrich Tscharmann den zweiten Preis von 2000 erhalten. Die eingereichten Entwürfe sind von Sonntag, den 10. dss. MtS., bis einschließlich Donnerstag, den 14. dss. Mts., täglich von Bor- mittag ll Uhr bis Nachmittag 4 Uhr in dem 1. Obergeschoß der Georgenhalle (bisheriges Reichsgericht) — Eingang vom Brühl — deutlich nusgest-'Ut. Leipzig, den 8. November 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. l>r. Georgt. Grüßet. Bekanntmachung. Am 5. November o. Vormittags zwischen ll und 12 Uhr ist auf dem von L -Connewitz nach dem Napoleonstein führenden Com« municatioiisweg. an der Stelle, wo der Fußweg von L.-Thonberg auf diese Straße stößt, an der Ehefrmt eines hiesigen Zuschneiders der Versuch eines Sittlichkeitsverbrechens verübt worden. Der un bekannte Thäter ist durch daS Herankommen zweier Männer, welche ans einem Mühlengeschirr von Connewitz her gefahren kamen, an der Vollendung des Verbrechens gehindert worden und durch die Flucht entkommen. Jene beiden Männer, die den Thäter erfolglos verfolgt haben, werden hierdurch dringend ersucht, sich behufs Be fragung möglichst bald in unserem Criminal - Commissariate — Wächterstraße 5, parterre, Zimmer 63 — einzufinden. Gleich zeitig ergeht daS Ersuchen an Jedermann, alle Wahrnehmungen, welche zur Ermittelung des unten näher bezeichnten ThäterS führen können, ungesäumt zu unserer Kenntniß zu bringen. Leipzig, am 8. November 1895. Das Polizciamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. I)r. Fincke. Signalement des Thätcrs: Alter: 19—20 Jahre. Statur: untersetzt, kräftig. Gesicht: breit, bartlos. Kleidung: graue Lederhose, dunkles Zacket, Helles gestreiftes Barchentheind, grauer, breiter, Weicher Filzhut. Er hat den Eindruck eines Maurers oder Zimmermanns gemacht. Bekanntmachung. Nachdem die öffentlich ausgeschriebene» JsolirttNgS-, BlitZ- ablcitnngS-, Ziegeldecker- und ttlempnerarbkiten sowie die Lieferung der schmicdcciscrncn Anker u. s. w. für den Neubau der Lehrerbildungsanstalt für knabenhandarbett an der Scharnhorststraße hier vergeben worden sind, werden die unberück sichtigt gebliebenen Bewerber aus ihren brzügl. Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 4. November 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Id. 5158. vr. Grorgi.CH. Bekanntmachung. Wegen Schleußenbaues wird die barl-Heine-Ttratze im Stadt bezirke Lelpzlg.Plagwitz in ihrer Ausdehnung von der Elisabeth. Allee bis znr Zschocherschen Straße vom 11. dieses RioiiatS ab auf die Dauer der Arbeiten für den Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 7. November 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. IX. 5920. vr. Georgs. Stahl. Der städtische Bagerhof in Leipzig lagert Waaren aller Art zu billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten belichen. Leipzig, den 26. April 1894. Tie Deputation znm Lagerhofe. Unsere Marine im deutsch - französischen Kriege 187M. Nachdruck verbot«». IV. (Zum 9. November.) II. 1-. Die kecke Kaperfahrt der „Augnsta", die wir im vorigen Artikel"') schilderten, wird noch iibertroffen durch die erfolgreiche Kühnheit, mit der er vor nunmehr fünfundzwanzig Jahren daS Kanonenboot „Meteor" dem weit überlegenen „Bouvet" in Havanna gegenüber trat. Diese That wird nicht nur in der Geschichte der deutschen Marine, sondern in der Geschichte des Seekrieges über haupt als eine Ruhmesthat ersten Ranges für alle Zeiten gelten und das beldenmüthige Auftreten de< Eom- mandanten des „Meteor", Capitain - Lieutenants Knorr, jetzigen commandirenden Admirals der deutschen Marine, seine hervorragenden Beweise von praktisch - seemännischer Tüchtigkeit, von militairischem Führertalent und glänzender persönlicher Unerschrockenheit werben in den Annalen unserer Marine ewig fortlebc». „Meteor" traf am 7. November 1870 Morgens im Hafen von Havanna rin, etwa eine Stunde später ankerteneben ihm der französische Aviso „Bouvet". „Metcor"ginx darauf um lUhrMittags in See und erwartete deuFeind außer halb der Neutralitätügrenze, kehrte aber in den Hase» zurück, als *) S. Nr. 406 des „Lechz. Tagebl." vom 23. August. der Feind sich nicht zeigte. „Meteor" besaß 61 Mann und Geschütze, „Bouvet" 100 Mann und 9 Geschütze. Am 9. November trafen beide Fahrzeuge unter der Küste von Cuba in Sicht des HafenS von Havanna zusammen. DaS Gefecht begann damit, daß Nachmittags 2'/ü Uhr 10 See meilen nördlich vom Hafen auf eine Entfernung von 900 m die ersten Schüsse gewechselt wurden. Auf 500 m heran- gekvmmen, versuchte „Bouvet" seine Ueberlegenheit an Größe und Schnelligkeit durch Rammen zur Geltung zu bringen. Dies vereitelte der Commandant des „Meteor", indem er einem Gegner den Bug zudrehte. Beide Fahrzeuge kreisten sich indeß auf entgegengesetzten Cursen. Der mit Wind und See laufende „Bouvet" passirte „Meteor" mit großer Schnelligkeit und streifte ihn mit seinem Sporn, o daß die Seitenboote zersplittert und die Geschütze auS den Lagern gestoben wurden, riß den Besanmaft pnd den Großmast über Bord und gab starkes Gewebrfeuer, va- dem „Meteor" zwei Tobte und einen Schwerverwundeten kostete. Knorr dachte trotz dieser erlittenen Havarie nicht im Entferntesten daran, daS Gefecht abzubrechen; noch war die im Wasser liegende Takelage nicht geborgen, als er daS Geschütz ter wieder aufnahm. Er verfolgte den Feind energisch und ließ aus unmittelbarer Nähe auS schnell wieder eingerichtetem Geschütz eine 24pfündige Granate abfeuern, die so wohl kessel des „Bouvet" einschlug, ähig und „Bouvet" war ge- zusuchen. DaS feindliche Schiff gezielt war, daß sie in den Damp Die Maschine wurde betriebsun zwungen,denHafen unterSegelau nahm nun seinen Curs mit vollen Segeln nach dem Hafen von Havanna. „Meteor" barg schnell seine über Bord gegangene Take lage und setzte, obgleich ihm bei dem Zusammenstoß daS Steuer weggebrochen und die Schraube unklar geworden war, die Verfolgung des Gegners so lange fort, bis sich ihm die panische Corvette „Hernan Cortez" in den Weg stellte, ihn daran erinnernd, daß er auf neutrales Gebiet gelangt sei. Die von dem spanischen Schiffe angebotene ärztliche Hilfe lehnte Knorr ab, da nur ein Verwundeter vorhanden war, Ebenso lehnte er jede andere angebotene Hilfe ab und ließ mittheilen, daß „Meteor" vollständig gefechlsklar sei und der Commandant nur bedauere, durch die Nähe des Hafens ge zwungen gewesen zu sein, von der Verfolgung des Feindes und der Ausbeutung des Erfolges Abstand zu nehmen. Während des Gefechtes wurden 22 Granaten verfeuert. — Capitainlieutenant Knorr erhielt als höchste Anerkennung für seine muthige That das Eiserne Kreuz 2. Elaste und wnrde bald nachher, am 1. Januar 1871, zum Corvetlencapitain befördert. Am 25. Juni 1871 lief „Meteor" wieder in Kiel ein; die städtischen Behörden gaben anläßlich der glücklichen Rückkehr des Kanonenbootes den Offtcieren desselben ein glänzendes Banket. Die Corvetten „Hertha" und„Medusa" befanden sich im August 1870 in Ostasten, wo damals der Ausbruch des deutsch französischenKriegeS erst bekannt wurde;..Hertba" im chinesischen Hafen Tschi»fu, „Medusa" im japanischen Hafen Dokohama, um eine schwere Beschädigung ihrer Maschine auszubestern. „Hertba" dampfte am 10. August nach Nangasaki und bahnte durch die dadurch veranlaßt« Lheilung der gegnerischen Flotte vielen deutschen Kauffahrern den Weg zur Rettung. Am 7. September vereinigte sie sich mit der „Medusa" in Yokohama und jetzt konnten beide Corvetten, vereinigt und schlagfertig, demonstrativ wirken, die feindlichen Kräfte un auSgesetzt beschäftigen und so dem deutschen Handel wichtige Dienste leisten. Au einer eigentlichen kriegerischen Action ist es in Ostasien nicht gekommen. Das Seecadetten-Schulschiff „Arkona", mit circa 330 Mann an Bord, erhielt am 24. Juli auf der Rhede von Horta (Azoren) die Ordre: „Entweder um Schottland herum die Heimath zu erreichen »u versuchen, oder aber nach eigenem Ermessen S. M. S. „Arkona" abzutakeln und im neutralen Hafen für die Dauer des Krieges festzulegen". Der Com- mandant wollte sich nicht zur dauernden Unthätigkeit ver urtheilt sehen und traf deshalb seine Kriegsvorbereitungen, panzerte die Maschine außenbords mit Kette» und theilte der Besatzung mit, daß er jede Gelegenheit zum Kampfe mit einem ebenbürtigen Gegner herbeizuführen suchen werde und im Falle eines aussichtslosen Gefechtes gegen überlegene Streitkräftc das Schiff durch Anzünden und Oeffnen der Ventile zu vernichten entschlossen sei. Obwohl „Arkona" am 7. August „Bouvet", am 16. August „Narval", am 17. August „Montcalm" und am 16. November „Bellone" antraf, wurde durch diese oder jene Umstände die so beiß ersehnte Gelegenheit zum ebenbürtigen Kamps« jedesmal vereitelt. „Arkona" kreuzte dann bei schwerem Wette- ,m Atlantic, um auf Dampfer mit KriegScontrebande zu fabn^n, bis sie am 14. Januar von zwei feindlichen Schiffen in Lissabon blockirt wurde. Am 6. Marz verließ sie diesen Hafen und traf dann am 15. März nach 18mo>iatiger Abwesenheit unter glücklicher Ueberwindung vieler Jährlich keiten wieder in Wilhelmshaven rin Nachdem am 26. Februar 1871 dir Friedenspräliminarien unterzeichnet worden und dieser Vertrag am 2. Märj ratificirt war, befahl der Kaiser die Demobilisirung der Marine. Der Krieg war beendet! Man hatte die Mängel und Fehler der deutschen Kriegsschiffe wie der maritimen Ein richltingcn erkannt und setzic jetzt alle Kraft an die Aus tildung und Vervollkommnung der Flotte. Jetzt fragt man Wohl, warum die Schäden im Laufe der vielen Monate nickt reparirt wurden? Nun, aus dem einfachen Grunde, weil die deutsche Industrie damals nicht dazu im Stande war. Im Schiffs- und Maschinenbau, namentlich im Kriegsschiffsbau war Deutschland ganz vom Ausland, vorwiegend England, abhängig. Hierin Wandel geschafft, zunächst unsere Kriegsmarine un abhängig vom AuSlande hingestellt zn haben, ist das unsterbliche Verdienst des Admirals Stosch, der nach Beendigung des Krieges die Oberleitung und Neuformation der Marine übernahm und von dem ersten Tage seines Amtsantritts an als oberstes Princip hinstellte, daß ein deutsches Kriegsschiff vom Kiel bis zur Mastspitze in seiner gesammten Ausrüstung nur deutsch sein dürfe. Dem starren Festbalten an diesem Princip, sogar^ unter erheblichen Opfern für die Marine, welche deren Stärkung noch Jahre hinaus verschoben, sowie den direkten Einwirkungen auf deutsche Industrielle ist es in erster Linie zu danken, daß die deutsche Schiff- und Maschinenbau- Industrie sich in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu der Höbe emporgeschwungen, auf der sie jetzt steht. Siegreich hat sie jede Eoncurrenz aus dem Felde geschlagen und zahlreiche Auf träge des Auslandes an sich gezogen. Der Krieg von 1870, 71 brach für unsere junge Flotte zu rüh herein und überraschte sie, wie schon Anfangs hervor- qeboben, im unfertigen Zustande. So konnte sie keine großen Siege erringen. Der Schutz, den sie unseren Küsten gewährte, war Alles, was sie vollbringen konnte. Es hat damals und auch jetzt nicht an abfälligen Urtbeilen und höhnischen Ent- tellungen gemangelt. Aber Diejenigen, welche dabei waren, den unter ungünstigen Verhältnissen ausgeübten Wacht- und RecognoscirungSdienst mit durchkosteten, tragen in sich das tröstliche Bewußtsein, ihr Leben für daS Vaterland eingesetzt und treulich ihre Pflicht erfüllt zu haben I Deutsches Reich. K. Berlin, 8. November. In Elbing hat auf einem Bezirksparteitage der Freisinnigen Volkspartei ein Amts richter Rother den Ausspruch gethan, das Zusammen gehen der Deutschen gegen die Polen habe keinen be sonderen Werth, da die Conservativrn nur Vortbeil davon hätten. Daß den Deutschen in Posen, West- Preußen und Obrrschlesten durch die Behauptung der politischen Oberhand ein besserer Schutz ihrer Mutter sprache und ihrer wirthschaftlichen Existenz auf dem durch den Fleiß ihrer Väter der Uncultur abgerungenen Boden gewährleistet wird, rechnet also dieser Herr für so gut wie nichts. Wenn der östliche Freisinn im Allgemeinen diesen Standpunct wieder einnimmt — er bat ihn, dem Befehle des Berliner Parteihauptquartiers zum Trotz, verlassen gehabt —, dann wird er sich nicht beklagen dürfen, wenn ihn der Vorwurf des VolksverratheS noch schärfer trifft, als die Fuchs und Bachem, die wenigstens für Religions- aenossen und politisch Gleichgesinnte ihre StammeSgenossen bekämpfen, während der „fortgeschrittene Liberalismus", der sich mit dem Polenthum gegen Deutsche verbindet, für die ultrainontane, also noch eine illiberalere Macht, als der ConsrrvatiSmuS ist, eintritt. Unheil kann ja auch im Osten der Freisinn nicht viel anrichten, aber ein Ausspruch, wie der in Elbing gethane, vermag, namentlich wenn er aus dem Munde eines Gebildeten kommt, das Deutsckthum doch moralisch zu schädigen. Welches Schicksal Herr Rotber auf Grund seiner Kenntniß von Land und Leuten wohl einem Polen, der gleich ihm das Zusammenhalten seiner Volks genossen beurtheilt hätte, prophezeien würde? 1t Berlin, 8. November. DaS ReichS-Versiche- rungsamt veröffentlicht den Wortlaut seines an die Be rufsgenossenschaften gerichteten Rundschreibens über den Erlaß von Strafverfügungen. Während die Mehr zahl der BerufSgenoffenschaftSvorstände, heißt cS darin, bei Ausübung der ihnen gemäß M 103 ff. des Unfallversiche- rungSgesetzes zustehenden Strafbefugnisse die in dem Rund schreiben deS Reichs-Versicherungsamtes dargelegten Grund sätze zur Richtschnur nimmt und von der Strafgewalt im Allgemeinen einen angemessenen und maßvollen Gebrauch macht, werden diese Grundsätze von einzelnen BerufS- genossenschaftsvorständen immer noch nicht gehörig berücksichtigt. Namentlich ist auch in letzter Zeit nicht immer beachtet worden, daß m der Regel Strafen nur dann zu verhängen sind, wenn die Zuwiderhandlung auf bösem Willen oder grober Nachlässigkeit beruht. Vielfach wird auch übersehen, daß schon nach dein Wortlaute der KZ 103 ff. a. a. O. den Vorständen nur eine Strafbefugniß verliehen, nicht auch eine Strafpflicht auferleat ist, daß derZweck derStrafe, welche haupt sächlich darin besteht, die Genossenschaftsmitglieder zur Er- üllung der ihnen gegenüber der Berufsgeiiossenschaft ob iegenden Pflichten anzuhalten, oft auch anderweit, durch ent sprechende Belehrungen u. s. w., sich erreiche» läßt, und daß eine allzu strenge Handhabung der Strafbefugniß geeignet ist, die socialpolitische Gesetzgebung in den Kreisen der Unternehmer unbeliebt zu machen. Wenn nun auch^manche BerufSgenossrn- schaftSvorständ« ohne Ausübung der Srrasgewalt nicht immer die ihnen übertragenen Aufgaben werden durchführen können, so verdient doch die Thatsache Beachtung, daß eine größere Anzahl von Berufsgenossenschaftsvorständen bisher überhaupt noch keinen Gebrauch von der Strafbefugniß gemacht hat, und daß innerhalb einer und derselben Brruss- genossenschaft die Mitglieder einzelner ganzer Sektionen von Strafen völlig verschont geblieben sind. Endlich werden auch häufig bei Festsetzung des Strafmaße« die früher aus gesprochenen Grundsätze nicht gebührend befolgt und die Strafen lediglich nach der Höhe des der BrrufSgrnossenschaft ent gangenen Beitrages, ohne Rücksicht auf die sonstigen bei der Strafzumessung zu beachtenden Momente (Schwere der Schuld, Lebens- und VermögeiiSverbältnisse deS zu Bestrafenden u. s. w.) bemessen. Je länger die berufsgenosienschaftliche Organisation bereit« besteht und die BerusSgenoffenschaflsvorstande in der Lage sind, versicherungSpflichtige Betriebe zum Kataster beran- zuziehen, desto weniger ist der Versuch gerechtfertigt, ver meintlich verlorene Beiträge auS nicht katastrirten Betrieben im Wege der Straffestsetzung beizutreiben. Berlin, 8. November. Die „Freisinnige Zeitung" be hauptet, in rer nationallibcralen Press« gebe sich eine lebhafte Neue kund über den nach der Verweigerung des Geburtstagswunsches für den Fürsten Bismarck erfolgten Verzicht auf die Vertretung im Reichstagspräsidium. Wir haben davon nirgends etwas bemerkt und die „Frei- innigt Zeitung" wobt auch nicht, denn sie schreibt eine Zeitungsauslassung, die fick, übrigens ohne von national- liberaler Reue zu erzählen, mit dem Gegenstände beschäftigt, dem nationalliberalen „Hann. Cour." zu, während sie von der freisinnigen „Weserzeitung" herrührt. Diese will kürliche Uebertragung wäre nicht nöthia gewesen, wenn man sich auf ein nationalliberales Organ hätte be rufen können. Ebensowenig wie in der Presse ist bis her in der nationalliberalen Reichstagsfraction die Wahr nehmung zu machen gewesen, daß man über den Be schluß vom 23. März d. I. anders denkt, als von Anfang an. Tie wiederholte Erörterung der Präsidentenwahl in der „Freis. Ztg." weist auf eine schwere Sorge wegen der Wieder wahl eines Mitgliedes der freisinnigen Volkspartei zum ersten Vicepräsidenten hin. Die Angst ist insofern begreiflich, als diese Partei mit ihren 23 Mitgliedern zu den schwächsten Gruppen deS Reichstages gehört und nicht halb so stark ist, als die ihrer Zahl nach für die Nominirung des zweiten Vicepräsidenten in Betracht kommen den Parteien. Wenn unseres Erachtens Herr Schmidt Binzen mit einiger Sicherheit auf seine Wiedereinsetzung in die Würde deS ersten Vicepräsidenten rechnen darf, so wird er dies nicht der Machtstellung seiner Partei, sondern der freien Ent schließung der Minderbeitsparteien vom 23. März zu danken haben. Die „Freis. Ztg." meint freilich, Eonservative und Nakionalliberale hätten nichts zn sagen, weil sie zusammen nicht die Mehrheit besäßen, und die Nationalliberalen kämen überhaupt nicht in Betracht, da sie mit ibren 48 Fractionsmitgliedern (nicht 16, wie daS Blatt schreibt) hinter den im Senioren-Eonvent als eine einheitliche Partei gerechneten 50 Mitgliedern der Freisinnigen Volkspartei, der Freisinnigen Vereinigung und der Deutschen Voltspartei zurück- stüNden. Dabei ist außer Acht gelassen, daß diese Fiction der Zusammengehörigkeit der zuletzt genannten drei parlamen tarischen Gruppen auf Grund einer der Schwäche jeder ein zelnen von ihnen Rechnung tragenden Abmachung gelten ge lassen wird, die mit allen ähnlichen Vereinbarungen in dem Augenblick hinfällig würde, wo die ReichStagsmehrbeit in der von der „Freis. Ztg." angedeuteten Weise die Machtfrage auswürse. * Berlin, 8. November. Der Socicrldemokratie in Württemberg bereitet der „Fall Klink" vi-l Acrgcr. „Genosse" Klink von Affaltrack lag schon längere Zeit mit der Parteileitung in Hader. Da er gar nickt pariren wollte, wurde er förmlich in Acht und Bann erklärt. Infolge dessen hat nun Klink in einem demokratischen Blatte seinem Grimm Luft gemacht. In seiner Erklärung heißt es, dem „B. D." zufolge, vom „Schwäbischen Tagwacht", dem Organ der württembergischen Socialdemokratie: Dieses Parteiorgan habe sich zur „Gewohnheit" gemacht, Genossen anzugreifen, zn ver leumden, zu beleidigen und herabzusctzen und denselben nach her daS Wort zur Entgegnung abznschneideii und sie mund- todt zu machen. Von der Partei im Allgemeinen sagt Klink: „Es ist eine nicht wrqzuleugnende Thatsache, daß es innerhalb der iocialdemokratischen Partei Parteipäpste giebt, die dem in Rom nichts nachqeben. Jede freie selbstständige Ansicht eines Genossen in irgend einem Puncte wird gewaltsam »nt er drückt und der Genosse in gemeinster Weise persönlich angegriffen." Ganz wie Rüdt schließt Klink mit dem Ausruf an die Genossen: „Ermannt Euch! Denket und urtheilt selbst! Lauset nicht als urtheilSlose Heerde hinter den Parteipäpsten und -päpstlein drein! Freie Männer wollen wir sein und frei handeln! Keine Partcidogmen sollen uns bei dem Befreiungskämpfe deS Proletariats hindernd im Wege stehen!" V. Berlin, 8. November. (Telegramm.) Der Kaiser ist gestern Abend gegen 7 Uhr in bestem Wohlsein in Pics- dorf eingetroffen, brach beute früh zur Jagd auf und gedenkt, beute Abend gegen 8 Uhr die Rückreise anzntreten. — Die Frau Herzogin Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonder- burg-AugUstenburg ist heute früh in Berlin eingetroffen und nahm in den potiM appartemontn des königlichen Schlosses Wohnung. Mittags fuhr sie mit der Kaiserin nach Wild park und wird heute Abend nach 9 Uhr die Reise nach Dresden fortsetzen. L. Berlin, 8. November. (Privattelegramm.) Die „Berl. B.-Z." brachte die Meldung, daß. der Intendant der Wiesbadener Hofbübne b Hülsen zum Generalintendanten der königl. Theater in Berlin auSersthen sei und der jetzige Generalintendant Graf Höchberg an Stelle des in den Ruhestand tretenden Herrn v. Wedel-Ptestzorf zum Minister des königl. Hauses ernannt werden solle. Diese Nachricht ist falsch. L. Berlin, 8. November. (Privattelegramm.) Die „National-Zeitnng" berichtet: In der gestrigen Sitzung der Commission für die Rcvtfion der Arbeiter - Bersichcrnngs grseye wurde nochmals die Frage eines Ausgleichs in der Belastung der einzelnen Versicherungsanstalten auf Grund der Gebhardt'schen Vorschläge einer Besprechung unterzogen. Dieselben laufen darauf hinaus, daß nicht — wie von anderer Seite vorgrschlagen war — dir zu zahlenden Rente» ganz oder tbrilweise auf alle Anstalten vertheilt werden, sondern daß die ans den Beiträgen sich ergebenden Einnahmen zur Halste in ein« ge m ei ns am c Casse stießen sollen. Doch auch bei der erneuten Brrathung konnte «ine Einigung über diese Frage nicht erzielt werden. Dagegen fand die im Entwurf vorgesehene Vereinfachung bezüglich der Organisation der Anstalten, insbesondere die Streichung der Bestimmung über die Bildung eine« AufsichtSratbS, allgemeine Billigung. Ebenso wurde die Forderung al« berechtigt anerkannt, daß den aus Arbeitgebern und Arbeitern zusammengesetzten Ausschüssen eine Entscheidung über dir Feststellung deS JahreSbauSbaltS vorzubebalten sei, indem man darin eine der wichtigsten Garantien für die Selbstverwaltung erblickte. — Am Sonntag hat bekanntlich da« Staat-- Ministerium eine Sitzung abgehalten. Dazu macht die „Germania" folgende Bemerkung: „Für die Auffassung des Volkes, dem die Religion erhalten werden soll, sind solche Vorkommnisse mehr einAergerniß als ein gutes Beispiel." —- Eommeniar überflüssig!
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