Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895111901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895111901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-11
- Tag1895-11-19
- Monat1895-11
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS.PreiS 1» der Hauptexpeditton oder den im Stadt, bezirk d« Poryrte» errichteten o«idestellen»b geholt: vierteljährlich ^l--50, bei zweimaliaer tägliches Lützel ln ng in« Hau« ^l bchp. Durch dt« Potz bezogen für Drutfchlend und Oesterreich: viertel,ührlich Direct« tägliche -reuzbandlendung t>» Ausland: monatlich ^l7.59. Die Vorgen^lusgab« erscheint um '/,7 Uhr. di« Abend-Ausgabe Aochentag« um 5 Uhr. Re-action un- Erpe-ilio«: Zotzannesgatze 8. Die Expedition ttz Wochentags ununterbrochen geöffnet hon früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Llt» Ale«m's Sorttm. (Alfred Hahn), UniversitStsstratze 1, L-Ui» Lösche. Katharineustr. 14, hart, und könig-pla- 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. AnzeigenPreis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklame» unter dem Redoctionsstrich (4ge- spalten) 50 aj, vor den FamNieniachrlchten («gespalten) 40^. Erößere Schriften laut nuferem Preis, verzeichniß. Tabellarischer ond Liffrrnsatz nach höherem Tarif. ßktra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderang 60—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gab«: Vormittags 10 Uhr. Marge «-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Für dir Monlag.Morgen.Ausgabe: Sounabend Mittag. Bei deu Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« find stets an dir Expedition zu richten. Truck und Verlag von C. Polz in Leipzig. 582. Dienstag den 19. November 1895 89. Jahrgang. Anzeigen für die ain Donnerstag früh erscheinende Nummer können nur noch bis hente Mittag Uhr angenommen werden. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Wegen Einlegung von Gleisen für die elektrische Straßenbahn wird die Albertstratze in ihrer Ausdehnung von der Emiiienslrabe bis zum Bayerischen Platze dom IS. dieses Monats ab auf die Dauer der Arbeiten für alle» Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 18. November 1805. Ter Rath der Stadt Leipzig. IX. 6124. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung, die Airchenvorstandswahl in der Andrcasgcmcinde betr. Nack unserer Bekanntmachung vom 3l. Oktober d. I. hat nun« mehr eine Ergänzungswahl für den Kirchenvorstand der Andreas, gemeinde stattzufinden, und zwar scheiden nach H. 17 der Kirchen- vorstandS» und Synodalordnung die nackbenannten fünf Herren: Maschinensabrikant Ferdinand Fikcntschcr, Kaufmann Eduard Otto Nittel, Bankdirector Max Sauer, Ciseteur Louis Scheele und Schuldirector Rudolf Schmidt aus dem Kirchenvorstande aus. Dieselben siud jedoch sämmtlich sofort wieder wählbar. Die Wahl selbst soll nun Donnerstag, den 21. November d. I., von Vormittags IV Uhr an ununterbrochen bis Nachmittags 5 Uhr in dem Nirchcnvorstandsfitznngszimmer im Pfarrhaus (Schar», horstslraße 100) parterre rechis stallfinden. Die Stimmzettel, auf denen die Namen von fünf Gemeinde« gliedern der Andreasgemeinde, welche das 30. Lebensjahr über» schritten haben, mit Angabe des Tauf« und Familiennamens, de» Standes und Berufes verzeichnet stehen müssen, sind persönlich abzugeben. Wahlberechtigt sind nur diejenigen Gemeindeglieder, welche auf Grund ihrer rechtzeitig bewirkten mündlichen oder schriftlichen Anmeldung in die Wählerliste eingetragen worden sind. Letztere liegt für die Betheiligten zur Einsichtnahme in der Kirchenexpedition in den gewöhnlichen Erpeditionsstunden aus. Wir bitten schiietztich alle Wahlberechtigten herzlich und dringend, von ihrem Wahlrecht an dem bezeichnetcn Tage Gebrauch zu machen und dabei nach 8- 8 der Kirchenvorstandsocdnung ihr Augenmerk auf „Männer von gutem Ruf, bewährtem christlichen Sinn und kirchlicher Einsicht und Erfahrung" zu lenken. Leipzig, den 16. November 1895. Ter Wahlausschuß für bi« Sirchenvorstaiidswahl in dcr Anvrea-gemeinde. vr. pd. 8ebon>ann, k. Die städtische Sparkasse beleiht Werthpapiere unier günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Die Svareaffen-Deputation. Bekanntmachung. Der Samanter-Berein empfing heute von Herrn Königl. s richter M»„»t hier >4 5.— Sühne i. S. C. B. V. A. Ju. . . . A. L. M. Cr. 25.— 5- » » . G. H. '/. H. Sch. » 15.— » » » F. B. Vl. Co. M 1b — * - - I- H- V- A. Co. B 3.— - - . B. E. V- D. F. B 3 — . . . M. R. '/- M. Sch. - 10.— . . . B. Sch. /. M. P. - 15.— . - . N. R. '/. I. H. - 2 — » » . O. S- '/- F- H- » 10.— . - - I. F. '/. E. K. - 3 — . . . E. St. '/. A. H. 10.— . . . Tb. E. V- F- L. 5.— . . . I. R. '/. O. K. » 30.— - . . R. Fr. '/. M. W. B 5- I. Rate . --IS. '/- R. W. B 1.— Geschenk von C. Sch. B 1 — . . E. Bi. B 1.— - - N. Fr. Sa. 164 — worüber hiermit dankend quittirt wird. Leipzig, 18. November 1895. Der Vorstand des Samariter-Verein». Anton Siebert, Schatzmeister. Gemeindesteuer-Reform in Sachsen. ?r. Daß die Einkommensteuer bei ihrer Durchführung mancherlei Ungerechtigkeiten mit sich bringt, hat die Steuer politik niemals verkannt. Aber es ist nur zu schwer, einen Steuermodus zu finden, der allen Ständen des Staate-, ge schweige denn der wirtbschaftiichen Individualität jedes ein zelnen Steuerpflichtigen Rechnung tragen könnte und keinen Ungerechtigkeiten mehr Vorschub leistete. Daß die Einkommen- steuer indessen unter den Arten der Steuererhebung die voll kommenste ist, daS ist schon wiederholt von Autoritäten auf dem Gebiete der Steuerpolitik nachgewiesen worden, und Preußen ist ja bekanntlich auch zu der Steuersorm über gegangen, welche in Sachsen in gegenwärtiger Gestalt bereits seit 1878 die herrschende ist. Daß dieser SteuermoduS nicht verbesserungsbedürftig und verbesserungSsähig sei, daß die Ungerechtigkeiten, welche mit ibm verbunden sind, sich durch Reformen, wenn auch nicht beseitigen, so doch vermindern lassen, wird Niemand bestreiten wollen. Neuerdings bat ein Steuerpolitiker, Fr. I. Neumann, auf Grund wertbvollen statistischen Materials, welches er amtlich erhalten hat, und welches daher auf Anerkennung Anspruch «Heden kann, in einem Werke Vorschläge über Gemeindesteuer Reform in Deutschland, mit besonorrer Beziehung auf sächsische Ver» hältnisse, gemacht, die einer eingehenden Berücksichtigung an maßgebender Stelle wobl wertb wären, da sie daS lobenS- werth« Bestreben haben, die mit der Einkommensteuer ver bundenen Ungerechtigkeiten auf daS Mindestmaß zurück- zufübren *). Neumann hat die Formen der sächsischen Gemeindesteuer gründlich studirt. „Wie kaum ein anderes Land", sagt er, „zeichnet sich Sachsen nicht nur durch große Freiheit in der Wahl cvmmunaler Decknngsmiitel, sondern auch dadurch aus, Laß die auS dieser Freiheit hervorgegangenen, thal sächlichen Verhältnisse sehr wenig hekannt geworden sM. Fast jede Stadt bat ihre besonderen Abgabeeinrichtungen. Aber fast Niemand kennt deren andere als etwa die seines Wohnortes." Im zweiten Theile seines Wertes bat nun Neumann „Rechtliches und Thatsächliches über die sächsischen Gemeindesteuern" gesammelt und damit treffliche Unter lagen für Diejenigen geschaffen, welche sich mit einer Gemeinde steuer-Reform beschäftigen wollen. In erster Linie also für sich selbst. Den Gegnern der Einkommensteuer giebt Neumann zu, daß bei Ausdehnung derselben auf die untersten Classen, wie in Sachsen, ihre Veranlagung und Erhebung in der That große, kaum zu überwältigende Schwierigkeiten bietet, und daß auch, abgesehen hiervon, eine ganz allgemeine, allein nach dem Einkommen veranlagte Steuer dem, was gerecht und angemessen in diesen Dingen ist» keineswegs entspricht, und es zum Mindesten also mancher Ergänzung solcher Sleuer bedarf. Neumann weist darauf bin, daß daS lästige Eindringen in persönliche Verhältnisse, welches mit der Einkommensteuer notbwenvigerweise verbunden sei, viel Ver stimmung bereite, daß die sich bei dieser Steuerform ergeben den Härten Unzufriedenheit erzeugten, welche durch die noth- wentlgen Mahnungen und Beitreibungen im ZwangSwrge er höbt werde, welch letztere in gewissem Sinne freilich als allgemeine Mängel ver direkten Steuern anzusehen seien, aber gerade da wieder von besonderer Härte würden, wo eS sich um Be lastung der z. B. von den Ertragösteuern regelmäßig sehr viel weniger getroffenen unteren Elasten handelte. Neumann weist darauf hin, daß r. B. in Leipzig halb so viel Mahnungs- zellei hinausgehen müssen, als Steuerpflichtige da sind, und daß selbst die Zahl der Vollslreckungsanträge in manchen Classen diesem Verhältniß nicht mehr fern bleibt, da z. B in Leipzig bei Einkommen von 600 bis 800 -41 läkrlich im Jahre 1891 gegen etwa 40 Procent der Pflich tigen mit Execution vorgegangen werden mußte. In Chemnitz mußte 1891 schon das Vierfache an Steuern wie 1881 durch Zwangsvollstreckung eingrhoben werden, und immer betreffen die Execulionen in der Hauptsache Steuer pflichtige der unteren Classen. Durch diese Mahnungen und Beitreibungen werden aber Unsummen an Kosten zum Tbril nutzlos vergeudet. Neumann schlägt daher vor, in erster Linie die Sleueruntergrenze, die in Preußen 900 -41 bildet, etwa auf 800 -41 festzusetzen. Er verlangt aber auch, daß die Grenze, welche für Steuerermäßigungen gesetzt ist und in Preußen 9500 -4t beträgt, in Sachsen erhöht werde. Er weift nach, daß die Fixirung auf 3300 -41 eine viel zu niedrige ist. (Es ist inzwischen, wie bekannt, durch das Ge setz vom 10. März 1894 die Grenze für etwaige Steuer ermäßigungen auf 5800 -41 erhöht worden.) Wo man den unteren Classen die directen Abgaben nicht ersparen kann, ist nach seinen Darlegungen doch die all gemeine Einkommensteuer nicht angebracht, vielmehr eine Cvmbination von Einkommen- und Kopfsteuer empfehlens- werth, so daß die unteren Classen nur der Kopfsteuer unter worfen werden, insoweit nicht größere Kinverzahl vollständige Freiheit erheischt. Denn diese Classen zu einer wirklich nach Einkommen und Einkommenclassen bemessenen Steuer heran zuziehen, muß ein Scheinwerk bleiben — unausführbar und um so mehr verbitternd, je mehr dem Steuerpflichtigen im Lause der Zeit bewußt wird, wie sehr er, selbst Schulung und besten Willen der Beamten vorausgesetzt, doch im Grunde dem Belieben dieser überlassen und nur zu leicht der Gefabr auegeseyt ist, auS irgend welchem Grunde höher herangezogen zu werden als Dieser oder Jener, dessen Einkommen ihm als viel größer wohlbekannt ist. Weiter wendet sich Neumann gegen die Maßnahme, die arbeitenden Frauen zu besteuern. ES ist zum Mindesten, sagt er, zu beachten, daß die Leistungs fähigkeit der Frau der arbeitenden Elasten, die, aus Noth den eigenen Haushalt vernachlässigend, sich draußen Einiges zu verdienen sucht, im Durchschnitt jedenfalls nicht größer ist als die Leistungsfähigkeit der Frauen höheren Standes, die „Einnahmen" zu erziele» nickt genöthigt sind. Die Eine ist eben durch sociale Verhältnisse gezwungen, sich Gewinn in Geld zu verschaffen, die Andere nicht, und eben Diese, die in besseren Verhältnissen lebt, bleibt von der Steuer frei. Dagegen Jene, die Arme, sie greift man und verzeichnet sie im Steuer register! Denn nur das in Geld zu schätzende Einkommen sei, so meint man, der Besteuerung verfallen. Mit Unrecht, das durch die Natur der Steuer als Opfer gegebene, gerechte Maß ist ein andere». Es erheischt, unter Berufung der Leistungsfähigkeit die zu tragenden Opfer thunlichst au»- zugleichen, und wenn die Frau de» Professor» wie die des Arbeiters leistungsfähig ist, so ist eS geradezu ungerecht, sie frei zu lassen und die Andere zu belasten. Kann man also die Erstere deshalb nicht veranlagen, weil eS sehr schwierig ist, ihre nicht in Geld zu Tage tretende Leistung-- und Stener- fähigkeit ausreichend zu erfassen, so sind auch jene kleinen Einkünfte frei zu lassen, die sich weniger gut situirte Frauen zu schaffen genöthigt sind. Im bavischen Einkommensteuer gesetz von 1884 hat man daS berücksichtigt und alle« durch eigene Tbätigkeit von Familiengliedern gewonnene Einkommen von der Steuer befreit, wenn es die Höhe von 500 -4k nicht überschreitet. Speciell für Sachsen, sagt Neumann, möchten Vorschriften dieser Art übrigen» noch um so mehr geboten sein, al» der hier beliebte Modu» nicht wie ,n Preußen die Haushaltung, sondern all« eigene Ein *) Zur Gemeindesteuer-Resorm in Deutschland. Mit besonderer Beziehung auf sächsische Verhältnisse von Fr. I. Neumann. Tübingen, 1895. Verlag der H. Lanpp'ichen Buchhandlung. künfte beziehenden Familienglieder als solche trifft, waS manchem Bedenken unterliegt. Denn ganz abgesehen davon, daß diese Art der Veranlagung schon an sich nicht sehr geeignet sein möchte, den Familiensinn zu stärken, könnte sie auch in bedenklichen Widerspruch zu jener Bestimmung der Gewerbeordnungs-Novelle vom 1. Juni l89t treten, wonach seitens aller Gemeinden statutarisch bestimmt werden darf, daß „der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Ellern und Vormünder und nur mit schriftlicher Zu stimmung Vieser an die Minderjährigen behändigt werden darf". In der Tbat liegt solchen Festsetzungen gegenüber doch die Frage nabe, ob es ganz gerecht, ja ob es angänglich ist, Jemand als steuerpflichtig zu behandeln, dessen Einkommen nicht seiner, sondern seiner Eltern Dispositionen unterliegt? Und ob es nicht ein Widerspruch ist, Jemand als selbstständig zu behandeln, wo eS zu zahlen gilt, dagegen als unselbst ständig und unmündig, wo er empfangen soll. Abgesehen von diesen Befreiungen fragt cS sich, ob nicht noch eine weitere Befreiuung der untersten Classen von der Einkommensteuer geboten ist. Und auch diese Frage möchte zu be jahen sein. Nur hat man ihr gegenüber selbstverständlich nicht allein das Landes-, sondern auch das Reichssteuerwesen ins Auge zu fasse», denn Jenes und Dieses haben sich der Natur der Tinge nach zu ergänzen. Man wird erratben, daß der Ver fasser die Steuer auf Lebensmittel, Salz, Brod und Mehl, Fett und Fleisch, Petroleum, Tabak u. s. w. im Auge hat. Nach seiner Berechnung haben die Reichsten und Wohlhabenden etwa 0,6 resp. l,1 Procent ihres Einkommens für Zoll und Sleuer in dieser Hinsicht zu zahlen, dagegen die Bedürftigsten 4—5 Procent. Als Pflicht erscheint eS deshalb, weil eben die ärmeren Classen höhere Ouoten ihrer Einkommen als Steuer für Lebensmittel abzugeben haben, von denselben niedrigere Procenlsätze des Einkommens zu fordern als vom Reichen. Denn Niemand wird bestreiten, daß von diesem und jenem den gleichen Procentsatz von 3 oder 4 Procent zu nehmen, ihnen sehr verschiedene Opfer zumutben heißt, da hiermit dem Einen nur Entbehrliches, dem Anderen dringend Noth- wendiges entzogen werden kann. Und man wird es auch kaum als unbilligen Eingriff in Wohlerworbenes ansehen können, wenn bei der hier gebotenen Vermittelung zwischen Schutz und Opfer dem Neichen z. B. 4 oder 5 Procent, dem Armen zwei oder drei genommen werden. Thalsächlich wird aber eben darin umgekehrt gehandelt. Die höchsten Sätze werden vom Aermsten genommen, die kleinsten vom Reichsten. Und somit muß auf Ausgleichnung dieser Unbilligkeit Bedacht ge nommen werben. Das aber scheint kaum anders möglich als durch eine entsprechend gestaltete Landessteuergesetzgebung mit einer Befreiung der unteren oder untersten Classen von directen Landesiteuern. Fragt man aber, wie der hieraus erstehende Ausfall zu decken wäre, so ist zu beachten, daß gerade in Sachsen in der Richtung höherer Belastung der Wohlhabenden und Reichen vor Kurzem ein großer Schritt vorwärts getban ist, indem zu Gunsten der Staatskasse durch eine Novelle vom März die Progression für alle Einkommen über lOO 000 -4k auf 4 Proc. gesteigert ist. Auf diesem Weg ließe sich weitergebn, um dem Ausfall beizukommen. Eine Ungerechtigkeit liegt nach den Ausführungen des Verfassers auch darin, daß daS Einkommen aus Arbeit in gleicher Weise besteuert wird, wie daS aus Vermögen, daß es gleichgiltig für die Besteuerung ist, ob eS sich um funbirte oder aber um solche Bezüge handelt, die in jedem Augenblicke durch Krankheit oder Invalidität bedroht sein können. Im letzteren Fale muß Gelegenheit gelassen werden, für Krank- hett, Invalidität, Alter u. s. w. Etwas zurückzuiegen, es darf also nicht die gleiche Quote genommen werden, wenn gleiche Opfer auferlegt werden sollen. Verfasser schlägt eine Ver mögenssteuer nach Art der preußischen vor. Durch die- selbe würde nicht nur der obenerwähnte Ausfall gedeckt werden, und hiermit zum Vortheil der Gemeinden weit über die Hälfte der noch einkonimensteuerpflichtigen Bevölkerung von der Staatssteuer zu befreien, also auch das hierauf be zügliche BeranlagungS-, Einschätzung-- und Erhebungsgeschäft wesentlich zu vereinfachen sein, sondern eS könnte namentlich auch daran gedacht werden, mit dem Reste das weitere Opfer einer Ueberweisung der Grundsteuer an die Gemeinden zu bringen und so für diese Steuer zugleich wieder die Möglich keit entsprechender Fortentwickelung zu schaffen. Die vorgeschlagene Reform der Staatssteuer soll den Gemeinden im Lande zu Gute kommen. Aber das eigene Steuerwesen der Gemeinden ist nicht minder reformbedürftig und reformfähig. Sie haben auch fast alle, soweit sie städtischen CdarakterS sind, die Einkommensteuer mit allen ibren Mängeln acceptirt. Eine Vermögenssteuer ist für Gemeinden nicht zu empfehlen, wobl aber könnte bei der Emickätzung ein Unterschied zwischen sundirtem und unfundirtem Einkommen gemacht werden, womit ohne Vermögenssteuer dasselbe erreicht würde In Italien werden bei der sogenannten l»88L stell» riederr» mobile alle Einkommen, soweit sie nicht au» Grundbesitz fließen, in gewisse Classen gebracht: die der Capitalisten werden zu */,, die dcr Gewerbetreibenden zu */,, die Arbeitslöhne zu «/, und die Beamtengehälter zu */, an- gesetzt. Vor Allem aber sollte in den Gemeinden auf jene Ertragssteuern Rücksicht genommen werden, durch welche am Besten dem Verhällniß von Leistung und Gegenleistung entsprochen werden kann. Neumann'S Ausführungen über die Grund- und Gebäude- und Gewerbesteuer, bei deren ersterer auch eine Belastung der soge nannten Conjuncturgewinn« stattsinden soll, suchen ven Nachweis zu führen, daß diese Ertragssteuern die gerechtesten Steuern und. Bei der Gewerbesteuer ist in- Auge zu fassen, daß sie in nicht hohen Sätzen relativ leicht zu veranlagen ist, und daß sie gerade den Bedürfnissen der Gemeinde vorzugsweise rnlspricht. In Preußen gebt da» Verfahren dahin, daß man Classen der Steuerpflichtigen nicht mebr nach Gewerbe- und Ortsgruppe», sondern im Wesentlichen nur nach dem Ertrag oder dem BetriebScapikal der einzelnen Geschäfte bildet, und die Angehörigen der einzelnen Classen dann die nach be stimmten Miltelsätzen ihnen in ihrer Gesammtheit zu- aewiescnen Sleuerbeträge selber unter sich umlegen. Die Einführung einer solchen Abgabe will Verfasser zur Er gänzung communaler Grund- und Gebäudesteuer für commu- nale Zwecke auch in Sachsen empfehleii. Nur müßte daneben, sagt er, auch eine Sondersteuer von viel Arbeiter beschäftigenden und daher die Gemeinde vorzugsweise belastenden Groß betrieben Platz greifen. Zum Schluß kommt der Verfasser auf Reformen aus dem Gebiete der in directen Steuern zu sprechen. Es dürfen auf diesem Gebiet nicht Abgaben befürwortet werden, von denen zu befürchten ist, daß sie den kleinen Mann beschweren, denn letzteres geschieht schon durch die Neichssteuern in be denklicher Weise. Er richtet sein Augenmerk vielmehr auf BesitzveränderungSabaaben, Eingangsabgaben, Lustbarkeits abgaben, Wirtbschaflsabgabe», Abgaben für Gas- und elektrische Anlagen u. s. w. Es würde uns zu weit führen, wollten wir an dieser Stelle auf die Vorschläge des Verfassers im Einzelnen näher eingehen. Man wird in manchen Puncten ihm nicht bei stimmen, namentlich, was seine Ausführungen über die in direkten Steuern anlangt, aber man wird sein Werk mit Aufmerksamkeit lesen und seine Vorschläge sins irg, 68 stnstio prüfen müssen, wenn man sich Reformen nicht unzugänglich erweisen will. Deutsche- Reich. I,. Leipzig. 18. November. Das Reichsgericht hat die von den Nebenklägern im Proceß Mellage (Rector Over beck, I)r. Capellmann re.) eingelegte Revision verworfen. Das Urtheil lautet: Der Ausspruch des UrtbeilS, daß den Nebenklägern die Kosten der Nebeuklage zur Last zu legen seien, wird in Wegfall gebracht, im klebrigen wird die Re vision verworfen. Wenn die Revision bebauptet, eS fehle an genügender Begründung der Fcslslellnnz, daß die Angeklagten den Nebenklägern den Borwurf der bewußten Freiheits beraubung bezw. des Mordes nicht gemacht, so kann dem nicht beigelreten werden. Die Grundsätze der Interpretation und der Logik sind nicht verletzt. Der Vorwurf der bewußt rechtswidrigen Freiheitsberaubung rc. ist gegen die Neben kläger nirgends und jedenfalls nicht mit ausdrücklichen Worten erhoben. Daß aber die Artikel und die Broschüre in ihrem Zusammenhänge geprüft sind, ergiebt sich zur Genüge aus der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des Ur theils. Darauf, ob der Wahrheitsbeweis in allen Puncten gelungen ist oder nicht, kommt cS nicht an. Die zahlreichen Vorkommnisse werden nur zu dem Zwecke von Mellage vor geführt, um das Mariaberger Svstem zu schildern. Es ge nügte, wenn er die wesentlichen Puncte als wahr nachwics, die zur Begründung der Vorwürfe nothwendig waren. Ter Wahrheitsbeweis ist also mit Recht als erbracht an gesehen. Es kommt übrigens darauf gar nickt an, denn da- Urtheil wird dadurch getragen, daß sämmtlichen An geklagten der Schutz deS H. 193 zugebilligt Worten ist. Mellage vertrat berechtigte Interessen in doppelter Hinsicht. Er vertheidigte sich mit denselben Mitteln, mit dem er an gegriffen war. Aber er vertrat auch die berechtigten Inter essen des Forbes, der sich in seinen Schutz begeben halte und der desselben bedurfte, da er in Deutschland fremd und der deutschen Sprache unkundig war. War aber Mellage be rechligt, sich und ForbeS durch daS Mittel der Presse zu ver tkeidigen, so bedurfte er dazu eines Redacteurs sür die Zeitungsartikel und eines Verlegers für die Broschüre. Die Mitangeklagten waren also insoweit seine Bevollmächtigten und nahmen deshalb auch berechtigte Interessen wahr. Es stand deshalb sämmtlichen Angeklagten der Schutz des tz. 193 zur Seite. ^ Berlin, 18. November. Dieser Tage wurde an eine Entscheidung des preußischen Kammergerichts über die Zu lässigkeit und rechtliche Wirksamkeit der sogenannten Gold klausel, d. b. einer Eintragung in das Grundbuch, rurck welche sich der Schulder zur Rückzahlung seiner Schuld in Golv verpflichtet, erinnert. Alsbald gab sich vielfach Ver wunderung darüber kund, daß eine so wichtige Entscheidung ein ganzes Jahr lang unbeachtet, ja unbekannt bleibe» konnte. Die angezogene Entscheidung datirt nämlich vom 22. Oktober >894. Für uns ist diese Verwunderung nicht» weiter als ein Zeichen der übergroßen Vergeßlichkeit einer raschlebigen Zeit. Die Frage der Goldklausel ist schon einmal, und zwar vor gar nicht langer Zeit, iiäm lich am 15. Februar 1894, im preußischen Abge or rne t en Hause verhandelt worden, und das preußische Kainiuergerickl bat nicht erst am 22. Oktober 1894, sondern schon am 27. April 1889 sich genau in dem Sinne des jetzt gefällten UrtbeilS ausgesprochen. In jener Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses war eS der Abgeordnete Arendt, welcher die Justizverwaltung aus die seiner Meinung nach unzulässige Maßregel vorsichtiger Gläubiger, sich Angesichts des bimetallislischen Ansturmes gegen die Gold Währung mittels der Goldklausel vorzusehen, ausiNLrksam machen zu müssen glaubte. Iustizminister von Schilling aber lebnte jede- Eingreifen entschieden ab und zwar unter ausdrücklicher Beziignabme auf die erwähnte Kammcrgerickls entscheidung vom 2? April 1889. Herr Arendt hat später hin allerdings versucht, seine Deduktionen im „Deutschen Wochenblatt" aufrecht zu halten. Aber ohne Glück. Er bat eine eingehende »nd schlagende Widerlegung durch den Geh. Iustizralb Bulling gefunden, auf dessen leseuswcrthe Brochüre: „Die Wirksamkeit der Goldklausel" wir bei dieser Gelegenheit schon um deswillen aufmerksam machen möchten, weil sie eine andere al» die bisber übliche Fassung der Gold klausel empfieblt. Zu dem Zwecke, dem Golddarleiher auch für den Fall, daß nach einem etwaigen Siege der Bimetallisten die Goldmünzen der gegenwärtigen Währung nicht mehr im
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite